18 Jahre Schriftstellerforum!
 
Suchen
Suchabfrage:
erweiterte Suche

Login

Jetzt erhältlich! Eine Anthologie von und mit unseren Usern. Jetzt bestellen! Die erste, offizielle DSFo-Anthologie! Lyrikwerkstatt Das DSFo.de DSFopedia


Deutsches Schriftstellerforum Foren-Übersicht -> Selbsthilfe -> Rechtschreibung, Grammatik & Co
Umschreiben von Präteritum in Präsens?

 
 
Gehe zu Seite 1, 2  Weiter
Neues Thema eröffnen   Neue Antwort erstellen
 Vorheriges Thema anzeigen :: Nächstes Thema anzeigen  « | »  
Autor Nachricht
adelbo
Geschlecht:weiblichReißwolf


Beiträge: 1830
Wohnort: Im heiligen Hafen


Beitrag02.07.2013 14:38
Umschreiben von Präteritum in Präsens?
von adelbo
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Ich stehe vor der Entscheidung mein gesamtes Manuskript umzuschreiben und bin total unsicher. Der Text ist im Präteritum geschrieben, ich habe die ersten beiden Kapitel im Präsenz umgeschrieben und das gefällt mir viel besser.
Da ich aber weiß, dass mein Gefühl eher zu den Meinungen der Minderheiten tendiert, bin ich unsicher. Überarbeiten muss ich sowieso und die Arbeit scheue ich nicht. Von was soll ich es abhängig machen?
 
Die Geschichte spielt über einen Zeitraum von 18 Monaten und enthält viel Dialoge. Ich habe sie vor zwei Jahren geschrieben, da traute ich mich irgendwie nicht an den Präsenz heran.
 
Hat jemand schon einmal alles umgeschrieben?


_________________
„Das ist der ganze Jammer: Die Dummen sind so sicher und die Gescheiten so voller Zweifel.“

Bertrand Russell
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Merlinor
Geschlecht:männlichArt & Brain

Alter: 72
Beiträge: 8667
Wohnort: Bayern
DSFo-Sponsor


Beitrag02.07.2013 16:48

von Merlinor
Antworten mit Zitat

Warum Präsens?

LG Merlinor


_________________
„Ich bin fromm geworden, weil ich zu Ende gedacht habe und nicht mehr weiter denken konnte.
Als Physiker sage ich Ihnen nach meinen Erforschungen des Atoms:
Es gibt keine Materie an sich, Geist ist der Urgrund der Materie.“

MAX PLANCK (1858-1947), Mailand, 1942
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
adelbo
Geschlecht:weiblichReißwolf


Beiträge: 1830
Wohnort: Im heiligen Hafen


Beitrag02.07.2013 16:55

von adelbo
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Ich finde es im Präsens geschrieben wesentlich lebendiger, direkter, habe das Gefühl ich bin eher mitten in der Geschichte drin.
Außerdem habe ich festgestellt, dass es mir wesentlich leichter fällt, in der Gegenwart zu schreiben. Frag mich nicht warum, es hat sich im Laufe der letzten zwei Jahre so entwickelt.
Aber in meinem Hinterkopf ist auch immer wieder, ich schreibe nicht für mich, was ist für andere angenehmer.

Tust du mir einen Gefallen Merlinor und änderst die Überschrift wieder zurück, so wie es richtig sein muss.  Laughing  Dankeschön.   


_________________
„Das ist der ganze Jammer: Die Dummen sind so sicher und die Gescheiten so voller Zweifel.“

Bertrand Russell
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Merlinor
Geschlecht:männlichArt & Brain

Alter: 72
Beiträge: 8667
Wohnort: Bayern
DSFo-Sponsor


Beitrag02.07.2013 17:09

von Merlinor
Antworten mit Zitat

Hm ...

Ich persönlich mag Geschichten nicht besonders, die im Präsens geschrieben sind.
Das hat für mich immer ein wenig den Ruch der Pseudoaktualität und Effekthascherei.
Aber wenn es gut gemacht ist - und es gibt in der Literatur fabelhafte Beispiele dafür - dann hat es sicher seine Berechtigung.

Wenn es Dir also besser liegt und auch gefällt, dann musst Du in den saueren Apfel beißen und umschreiben.
Da darfst Du nicht auf die Meinungen Dritter schielen.
Das ist eine zu gewichtige Entscheidung.
Die kannst - und solltest - nur Du alleine für Dich selbst treffen.

LG Merlinor


_________________
„Ich bin fromm geworden, weil ich zu Ende gedacht habe und nicht mehr weiter denken konnte.
Als Physiker sage ich Ihnen nach meinen Erforschungen des Atoms:
Es gibt keine Materie an sich, Geist ist der Urgrund der Materie.“

MAX PLANCK (1858-1947), Mailand, 1942
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
adelbo
Geschlecht:weiblichReißwolf


Beiträge: 1830
Wohnort: Im heiligen Hafen


Beitrag02.07.2013 17:29

von adelbo
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo Merlinor

Zitat:
Das ist eine zu gewichtige Entscheidung.
Die kannst - und solltest - nur Du alleine für Dich selbst treffen


Ja, ich werde es tun, ich gehe das Risiko ein, dass ich eher eine Minderheit bediene.
Wobei, die Geschichte spielt 2022, darf also ja ruhig aktuell rüberkommen. Und überarbeiten muss ich eh ...  
Danke dir Merlinor, dafür und fürs ändern.  Smile

LG
adelbo


_________________
„Das ist der ganze Jammer: Die Dummen sind so sicher und die Gescheiten so voller Zweifel.“

Bertrand Russell
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Bawali
Geschlecht:männlichKlammeraffe

Alter: 80
Beiträge: 538
Wohnort: Wettingen, Schweiz


Beitrag02.07.2013 18:08

von Bawali
Antworten mit Zitat

Hallo adelbo,

Ja, da kannst Du andere nur sehr schlecht fragen. Die Meinungen sind zu verschieden.
Vielleicht hast Du meinen Thread dazu gesehen: http://www.dsfo.de/fo/viewtopic.php?t=42537

Ich schreibe meinen Roman auch im Präsens. Das ist zwar ein wenig schwieriger als im Präteritum, aber aus den gleichen Gründen wie du sie anführst, habe ich mich dazu entschieden. Aber es ist wohl wirklich abhängig vom Genre und dem Plot.

Es scheint so, dass die meisten im Präteritum schreiben, weil das einfach mehrheitlich üblich ist. Ob es beim Leser weniger ankommt, ist nicht bewiesen.
Im Gegensatz zu Merlinor mag ich Geschichten im Präteritum eher weniger, da sie mir oft im Stil einer Märchenerzählung daherkommen. 'Es war einmal ..'. oder 'Hänsel und Gretel gingen ....'. Ich höre da immer ein wenig den Grosvater im Ohrensessel, wie er mit gewichtiger Stimme dem Enkel eine Geschichte vorliest. Nichts gegen das, aber es müssen doch nicht immer nur Erzählungen sein. Themen aus der Gegenwart, oder wie bei Dir in der Zukunft, können sehr wohl und sehr gut in Präsens wirken.

Ich wünsche Dir kreatives schaffen, auch für das Umschreiben.

lg Bawali


_________________
Ein Freund ist ein Mensch der dich mag, auch wenn er dich kennt. (frei nach Elbert G. Hubbard)
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden Website dieses Benutzers besuchen
Piratin
Geschlecht:weiblichExposéadler

Alter: 58
Beiträge: 2186
Wohnort: Mallorca
Ei 2


Beitrag02.07.2013 18:38

von Piratin
Antworten mit Zitat

Hallo adelbo,

ich persönlich bin kein Fan des Präsens. Oftmals entsteht bei mir beim Lesen der Eindruck, dass die Story besser erzählt wäre, wenn der Autor auf das Präsens verzichtet hätte. Das ist natürlich eine Geschmacksache. Meist lassen sich Zeitsprünge nicht ganz vermeiden und da habe ich schon mehrmals Zeitenunfug zu lesen bekommen, da diese Rücksprünge in der Zeitenwahl nicht zum Präsens gepasst haben. Aufpassen muss man auch, dass in der Abfolge keine Logiklöcher entstehen. Ich ziehe den Hut, wenn es einem Autor gelingt, aber als Lesvergnügen empfinde ich es nicht.
Liebe Grüße
Piratin

Edit. Eins habe ich vergessen ... je nach Genre kann das Präsens natürlich die Spannung hochhalten, wenn der personale Erzähler das Ende der Geschichte vielleicht nicht erlebt. Im Präterium geht man als Leser meist davon aus.


_________________
Das größte Hobby des Autors ist, neben dem Schreiben, das Lesen.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden Website dieses Benutzers besuchen
Nora_Sa
Geschlecht:weiblichBeistrichknarzer


Beiträge: 208
Wohnort: Linz
DSFo-Sponsor


Beitrag02.07.2013 18:41

von Nora_Sa
Antworten mit Zitat

Hiho,

ich habe genau das gemacht, was du gerade vorhast und kann dir sehr genau sagen wo die Schwierigkeiten liegen. Wird aber spät werden heute ... Welchen Erzähler verwendest du denn?

Bis später:
Nora


_________________
Am Ende wird alles gut und wenn es noch nicht gut ist, sorge dafür, dass es noch nicht das Ende ist.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Carizard
Geschlecht:männlichEselsohr

Alter: 32
Beiträge: 449
Wohnort: Überall und Nirgendwo


Beitrag02.07.2013 18:45

von Carizard
Antworten mit Zitat

Hey Adelbo,

mal davon abgesehen, welche Zeit die meisten Leser lieber mögen oder was sich besser verkauft, rate ich dir ganz dringend, einfach das zu machen, was sich für dich besser anfühlt und vor allem, womit du dich beim Schreiben bzw. Bearbeiten deiner Geschichte wirklich wohl fühlst. Wenn das nämlich nicht gegeben ist, wird wahrscheinlich auch nicht das herauskommen, was du dir, mit all deinen Gedanken und Emotionen, dabei gedacht hattest.

Du hast geschrieben, dir gefiele deine Geschichte im Präsens besser, also würde ich sie auch ganz einfach so umschreiben, weil es deine Geschichte ist und nicht eine, die es allen recht machen soll. Das geht bekanntermaßen ja sowieso nicht. Jeder hat einen unterschiedlichen Geschmack. Deine Geschichte ist DEIN Projekt und nicht das der anderen.

Also: Do YOUR thing! wink


_________________
Leben heißt, mehr Träume in seiner Seele zu haben als die Realität zerstören kann.

Phantasie ist viel wichtiger als Wissen, denn Wissen ist begrenzt.

Du kannst dem Leben nicht mehr Tage geben, aber jedem Tag mehr Leben.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
adelbo
Geschlecht:weiblichReißwolf


Beiträge: 1830
Wohnort: Im heiligen Hafen


Beitrag02.07.2013 20:21

von adelbo
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo Bawali,

ich habe in deinem Thread eben gelesen.
Du hast Recht, es gibt einfach zu viele unterschiedliche Meinungen, um nur daraus Rückschlüsse zu ziehen, was evtl. richtig ist.

Das, was ich bisher umgeschrieben habe, gefällt mir richtig gut. Ich habe das Gefühl es kommt Schwung in die Geschichte, zumal ich auch nicht allzuviele Rückblenden darin habe. Aber dafür einige Diskussionen und auch Auseinandersetzungen. Ich kann im Präsens die damit verbundenen Bilder viel intensiver zeichnen.
Mal sehen, wie es sich weiter entwickelt.
Mittlerweile lese ich persönlich auch lieber im Präsens.

Danke für die guten Wünsche. Gleichfalls kreatives Schaffen und viel Erfolg.  Smile

LG
adelbo


_________________
„Das ist der ganze Jammer: Die Dummen sind so sicher und die Gescheiten so voller Zweifel.“

Bertrand Russell
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
adelbo
Geschlecht:weiblichReißwolf


Beiträge: 1830
Wohnort: Im heiligen Hafen


Beitrag02.07.2013 20:28

von adelbo
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo Piratin,

es ist wirklich so, welche Zeitform ist sehr oft auch Geschmacksache.  Und natürlich spielt die Geschichte eine wesentliche Rolle.
 
Gut dass du das Ende einer Geschichte angesprochen hast, ich meine nämlich, dass das Präsens zum Ende meiner Geschichte gut passt.

Mir fällt gerade ein, die Geschichte von MT, dreizehn Tage am Meer,  ist auch im Präsens geschrieben und gefällt mir richtig gut.

Ich riskiere es und wenn es wirklich klappen sollte, bin ich gespannt auf die Rückmeldungen.

LG
adelbo


_________________
„Das ist der ganze Jammer: Die Dummen sind so sicher und die Gescheiten so voller Zweifel.“

Bertrand Russell
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
adelbo
Geschlecht:weiblichReißwolf


Beiträge: 1830
Wohnort: Im heiligen Hafen


Beitrag02.07.2013 20:31

von adelbo
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo Nora_Sa

Die Erzählperspektive ist personal, aus der Sicht der zwei Hauptprotagonisten.

LG
adelbo


_________________
„Das ist der ganze Jammer: Die Dummen sind so sicher und die Gescheiten so voller Zweifel.“

Bertrand Russell
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
adelbo
Geschlecht:weiblichReißwolf


Beiträge: 1830
Wohnort: Im heiligen Hafen


Beitrag02.07.2013 20:32

von adelbo
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo Carizard

Zitat:
Also: Do YOUR thing!
  

Das mach ich.  Smile Danke!

LG
adelbo


_________________
„Das ist der ganze Jammer: Die Dummen sind so sicher und die Gescheiten so voller Zweifel.“

Bertrand Russell
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Mardii
Stiefmütterle

Alter: 64
Beiträge: 1774



Beitrag02.07.2013 22:10

von Mardii
Antworten mit Zitat

Hi adelbo,

komischerweise habe ich selbst vor kurzem eine Geschichte im Präsens geschrieben, obwohl ich eigentlich eine notorische Präteritum-Schreiberin bin. Ich habe überlegt, ob es am zeitnahen Thema liegt und die Figuren jüngere Personen sind. Also das Präsens Zeitnähe und Unmittelbarkeit des Geschehens hervorruft.
Aber Präsens wird immer moderner. Es kann sein, dass ich solchen Leseeinflüssen unterliege. Vielleicht ist bei spannenden Szenen der Thrill auch größer, wenn sie in Gegenwartsform geschrieben sind.
Noch mal zu meiner neuen Geschichte. In der ersten Fassung sind die Sätze wesentlich kürzer, als üblich.
Probleme haben mir Satzgefüge mit Hilfsverben bereitet. Die Flexionen von Sein klingen im Präteritum wesenlich eleganter.Rolling Eyes

LG Mardii


_________________
`bin ein herzen´s gutes stück blech was halt gerne ein edelmetall wäre´
Ridickully
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Nora_Sa
Geschlecht:weiblichBeistrichknarzer


Beiträge: 208
Wohnort: Linz
DSFo-Sponsor


Beitrag03.07.2013 01:01

von Nora_Sa
Antworten mit Zitat

Hi Adelbo,

ich skizziere mal in Kürze meine größten Stolpersteine, beim Umschreiben ins Präsens. Da du nicht den Ich-Erzähler verwendest, hab ich die Textbeispiele kurzerhand geändert.

1) Hölzern: In der Gegenwart/Präsens schreiben verleiht den einzelnen Handlungen eine merkwürdige Steifheit.
Zitat:
"Er ging in die Küche und schmierte sich ein Brot. Anschließend setzte er sich wieder ins Wohnzimmer und begann kauend über das Rätsel nachzudenken."

klingt in meinen Ohren vollendeter, runder und unauffälliger als
Zitat:
"Er geht in die Küche und schmiert sich ein Brot. Anschließend setzt er sich wieder ins Wohnzimmer und beginnt kauend über das Rätsel nachzudenken".

Im Präsens geschriebene Sätze verleihen den Verben nämlich eine viel stärkere Macht. Durch die größere Nähe zur Handlung wird eben auch mehr Nähe zu Details geschaffen, die so in blanker Form plötzlich langweilig wirken und die handelnden Personen außerdem  marionettenhaft erscheinen lassen. Das hat mir ordentlich zu schaffen gemacht und ich begann als Konsequenz davon triviale Handlungsbeschreibungen deutlich straffer zusammenzufassen.



2) Das Problem mit der Zeit, es wurde weiter oben ja schon erwähnt.
Wenn der Protagonist um Neun an einer Konferenz teilnimmt und um halb zehn eine SMS erhält, in Folge dessen er die Konferenz verlassen muss, dann lässt sich das im rückblickenden Präteritum ganz wunderbar zusammenfassen, denn beides hat ja bereits stattgefunden.
Zitat:
Kaum hatte das Meeting begonnen, da vibrierte Svens Handy. "Ich brauch dich sofort. Kannst du runter kommen?" Er bat Brian ihn für fünf Minuten zu vertreten, stand auf und verließ den Raum.

Möchte man diesen Abschnitt ins Präsenz setzen, bekommt man Probleme mit der Zeit. Denn der Protagonist ist ständig in der Gegenwart. Immer! Jetzt und jetzt und jetzt. Der Erzähler weiß niemals und zu keiner Zeit was in der nächsten Sekunde passiert.
Zitat:
Kaum begann das Meeting vibrierte Svens Handy. "Ich brauch dich sofort. Kannst du runter kommen?" Er bittet seinen Kollegen ihn für fünf Minuten zu vertreten, steht auf und verlässt den Raum.

Mmmh, das passt zeitlich vorn und hinten nicht mehr. 1:1 kann man also nicht "mal eben so" die Zeitform korrigieren. *GrübelDenkRadier* Okay, dann schreiben wir:
Zitat:
Mitten im Meeting erhält er eine SMS. "Ich brauch dich sofort. Kannst du runter kommen?" Er bittet Brian ihn für fünf Minuten zu vertreten, steht auf und verlässt den Raum.

Damit ist die zeitliche Formulierung ausgebügelt, aber klingt dieser Absatz jetzt so schön wie der im Präteritum? - Für mich nicht. Im Präteritum versteht man eine knappere Handlungsbeschreibung wie eine Zusammenfassung und der Lesefluss wird dadurch nicht gestört. Im Präsens allerdings entsteht schnell der Eindruck der Erzähler würde zu hastig erzählen.
Ich versuchte auch diese Schwachstelle auszubessern und es entstand folgendes:
Zitat:
Mitten im Meeting erhält er eine SMS. "Ich brauch dich sofort. Kannst du runter kommen?" Verstohlen sieht er sich um. Herr Meier schwafelt mit Eifer über innovative Software, in den nächsten fünf Minuten wird ihn hier niemand vermissen. "Brian, ich muss kurz runter. Bin gleich wieder da", flüstert er seinem Kollegen zu, ignoriert den fragenden Blick und verlässt den Raum.

Smack! Während ich vorher noch gekürzt hatte um hölzerne Handlungsbeschreibungen zu minimieren, wurde hier aus vier kleinen Sätzen plötzlich ein ganzer Absatz. Ich dachte anfänglich meine Fantasie geht mit mir durch, strich wieder alles und versuchte minimalistischer vorzugehen, mit dem Ergebnis, dass es wieder grauenhaft hölzern klang.
Mag sein andere empfinden es anders, doch nach meinen Erfahrungen sollte niemand glauben, man könnte einen Roman im Präteritum einfach ins Präsens umschreiben. Zumal  es neben der Zeitfalle und der Gefahr hölzern zu klingen noch ein Problem gibt.


3) Die Gefühlswelt der Protagonisten. Die wird nämlich durch die größere Nähe zur Handlung ebenfalls deutlich plastischer. Trauer, Einsamkeit oder nur Ratlosigkeit - alles schmeckt im nu nach einem Drama. Ich glaube, ich bin dem inzwischen gerecht geworden, aber es brauchte extrem viel Fingerspitzengefühl und mehr als einmal (ähm, mehr als ein Dutzend Male) ist das Kitschmonster in meine Story gewandert und hat ganze Arbeit geleistet.  Shocked
Ich hoffe das Präsens heute einigermaßen zu beherrschen und muss sagen, es ist genial was man damit anstellen kann. Ich habe den einen oder anderen Text Probelesen lassen und meine Testleser meinten sie hätten sich teilweise wirklich zum atmen ermahnen müssen. Solche Spannung mit dem Präteritum aufzubauen ist mir vorher nie so gut gelungen. Allerdings liegt das wohl eher an mir selbst, denn Steven King, als gern zitierter Meister der Spannung verwendet ja auch eher die klassische Erzählform.

Mein persönliches Fazit: Wer noch nie (längere Texte) im Präsens geschrieben hat und auch sonst erst am Anfang seiner schriftstellerischen Karriere steht, der sollte sich darauf gefasst machen eine völlig neue Erzählwelt zu entdecken aber eben auch erlernen zu müssen.
Bücher im Präsens zu lesen half mir persönlich enorm. Michael Robotham weiß meiner Meinung nach sehr geschmeidig mit dem Präsens umzugehen. Ich glaube alle seine Bücher sind im Präsens geschrieben. (Ca. die Hälfte im personalen Erzähler, die andere aus Ich-Perspektive.) Von ihm habe ich mir einiges abgeguckt. ZB an welchen Stellen man doch lieber ins Präteritum wechseln sollte, um unauffällig ein paar Handlungsstränge zusammenfassen zu können und wie man anschließend einen guten Übergang zurück ins Hier und Jetzt schafft. Ich mag zwar selten Thriller oder Krimis, aber seine fand ich durchaus lesenswert. Das viel zitierte Tribute von Panem fand ich weniger gut geschrieben, die Dame schreibt mir einfach noch zu steif. *hüstelhabichnichtgesagthüstel*

So long, ich hoffe ich konnte helfen:
Nora


_________________
Am Ende wird alles gut und wenn es noch nicht gut ist, sorge dafür, dass es noch nicht das Ende ist.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Bawali
Geschlecht:männlichKlammeraffe

Alter: 80
Beiträge: 538
Wohnort: Wettingen, Schweiz


Beitrag03.07.2013 10:05

von Bawali
Antworten mit Zitat

Hallo Nora_Sa,

Du hast geschrieben:
Zitat:
Mag sein andere empfinden es anders, doch nach meinen Erfahrungen sollte niemand glauben, man könnte einen Roman im Präteritum einfach ins Präsens umschreiben. Zumal es neben der Zeitfalle und der Gefahr hölzern zu klingen noch ein Problem gibt.

Das ist genau die auf den Punkt gebrachte Aussage zu deiner guten Beschreibung:
Text im Präteritum lässt sich nicht einfach durch das Ersetzen der Verben in Präsens umbauen.

Im Präteritum erzählt man eine (soeben) geschehene Geschichte, während man im Präsens eigentlich als Reporter das aktuelle Geschehen widergibt.
Das sind für mich zwei ganz verschiedene Formen. Du hast es mit dem Beispiel des SMS im Meeting sehr schön aufgezeigt. Das letzte Beispiel liest sich für mich wesentlich lebendiger und frischer, als das ursprüngliche Präteritum-Stück.
Darum versuche ich auch, meine Geschichte im Präsens zu verfassen.

Als Problem sehe ich die Zeit und auch die Gefühlswelt nicht. Man muss sich einfach bewusst sein, dass es im Präsens etwas anspruchsvoller ist, solches gut unterzubringen, während man im Präteritum für derartiges fast locker vom Hocker herumspringen kann.

Zitat:
Mein persönliches Fazit: Wer noch nie (längere Texte) im Präsens geschrieben hat und auch sonst erst am Anfang seiner schriftstellerischen Karriere steht, der sollte sich darauf gefasst machen eine völlig neue Erzählwelt zu entdecken aber eben auch erlernen zu müssen.

Diese Aussage von dir Nora_Sa, kann ich nur bedingungslos unterschreiben.

lg Bawali


_________________
Ein Freund ist ein Mensch der dich mag, auch wenn er dich kennt. (frei nach Elbert G. Hubbard)
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden Website dieses Benutzers besuchen
seitenlinie
Geschlecht:männlichReißwolf


Beiträge: 1829

Pokapro 2015


Beitrag03.07.2013 10:26

von seitenlinie
Antworten mit Zitat

Hallo adelbo,

anfangs interessierte ich mich für Film und Drehbücher. Dort gibt es nur Präsens und ich empfand das als „Normalzustand“.

Bei kurzen Geschichten lässt sich der Effekt der Unmittelbarkeit auch gut nutzen. Dabei kann man eine ganze Geschichte
auf das Präsens zuschneiden.

Bei längeren Geschichten überwiegen m.E. die Nachteile.

Der Leser gewöhnt sich an die Zeitform. Das Gefühl, jetzt direkt im Geschehen zu sein, verblasst. Auch Präteritum fühlt
sich beim Lesen wie Gegenwart an.

Der besondere Effekt wird nur dann spürbar, wenn die Geschichte den Wechsel der Zeitform erfordert.
 
Zeitsprünge, nicht nur Rücksprünge, und Zeitraffer sind im Präsens problematisch. Das gilt ebenso für zusammenfassende,
narrative Passagen.

Das Präsens zeigt eine Momentaufnahme nach der anderen. Das kann stressig werden.

Unangenehm können längere Passagen mit einem Ich-Erzähler im Präsens sein. Sie wirken wie eine andauernde, unnatürliche
Selbstbespiegelung. Niemand analysiert und protokolliert ständig jeden Handgriff und Gedanken.


Gruß,
Carsten
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Nora_Sa
Geschlecht:weiblichBeistrichknarzer


Beiträge: 208
Wohnort: Linz
DSFo-Sponsor


Beitrag03.07.2013 10:46

von Nora_Sa
Antworten mit Zitat

Zitat:
Als Problem sehe ich die Zeit und auch die Gefühlswelt nicht. Man muss sich einfach bewusst sein, dass es im Präsens etwas anspruchsvoller ist, solches gut unterzubringen, während man im Präteritum für derartiges fast locker vom Hocker herumspringen kann.


Hallo Bawali,
ich muss schon sagen, ich bin gespannt was du schreibst. Smile

Noch kurze Anmerkungen: Ob die Gefühlswelt ein Problem ist oder nicht, hängt meiner Meinung nach stark vom Können des Autors ab. Und ob anspruchsvoller oder nicht würde ich auch nicht von der Zeit abmachen. Ich habe Cécile von Theodor Fontane gelesen und war anschließend schwer beeindruckt. (Bin es noch immer.) Es fängt die Stimmungen seiner Charaktere derart geschickt ein und benennt dabei die Gefühlszustände höchst selten direkt. Puh ... Hut ab! Ich wünschte, er würde noch leben.
Auch Tolkien ist es gelungen mich stellenweise beim Lesen an den Fingern knabbern zu lassen, ebenso Frank Schätzing in "Limit".

In Anbetracht dieser Leseerlebnisse möchte ich also nicht behaupten das Präsens wäre anspruchsvoller oder wirkungsvoller als das Präteritum. Ich glaube vielmehr es verhält sich beim Schreiben ähnlich wie in der Kunst generell. Nicht die Farben, Materialien oder das Motiv machen das Kunstwerk zu einem solchen, sondern das Können des Künstlers.
Ich glaube allerdings, dass die eigene Schreibstimme die eine oder andere Zeitform bevorzugt und das! sollte man nicht außer Acht lassen.

Soweit zu meinen Gedanken:
Nora


_________________
Am Ende wird alles gut und wenn es noch nicht gut ist, sorge dafür, dass es noch nicht das Ende ist.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Bawali
Geschlecht:männlichKlammeraffe

Alter: 80
Beiträge: 538
Wohnort: Wettingen, Schweiz


Beitrag03.07.2013 10:52

von Bawali
Antworten mit Zitat

seitenlinie hat Folgendes geschrieben:

Das Präsens zeigt eine Momentaufnahme nach der anderen. Das kann stressig werden.
Dann ist für dich das Anschauen eines Filmes Stress? Das hängt doch wohl stark davon ab, wie es geschrieben wurde.

Zitat:
Unangenehm können längere Passagen mit einem Ich-Erzähler im Präsens sein. Sie wirken wie eine andauernde, unnatürliche
Selbstbespiegelung. Niemand analysiert und protokolliert ständig jeden Handgriff und Gedanken.
Diese Aussage ist nicht auf Ich-Erzähler und Präsens beschränkt. Seitenlange Gedankenspiele und Detailbeschreibungen sind auch im Präteritum grotten langweilig.

Gruss Bawali


_________________
Ein Freund ist ein Mensch der dich mag, auch wenn er dich kennt. (frei nach Elbert G. Hubbard)
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden Website dieses Benutzers besuchen
seitenlinie
Geschlecht:männlichReißwolf


Beiträge: 1829

Pokapro 2015


Beitrag03.07.2013 11:12

von seitenlinie
Antworten mit Zitat

Bawali hat Folgendes geschrieben:
seitenlinie hat Folgendes geschrieben:

Das Präsens zeigt eine Momentaufnahme nach der anderen. Das kann stressig werden.
Dann ist für dich das Anschauen eines Filmes Stress? Das hängt doch wohl stark davon ab, wie es geschrieben wurde.

Gruss Bawali

Ja, Film bedeutet mehr Stress. Dauert in der Regel auch nur 90 Minuten.
(Heute wird es durch Szenen-Hopping und ständig wechselnde Einstellungen noch verstärkt.)

Beim Film kann man dem aber entgehen, indem man hin und wieder gedanklich abschaltet und nur Bilder wirken lässt.
Das funktioniert beim Buch nicht.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Bawali
Geschlecht:männlichKlammeraffe

Alter: 80
Beiträge: 538
Wohnort: Wettingen, Schweiz


Beitrag03.07.2013 11:18

von Bawali
Antworten mit Zitat

Hallo Nora_Sa,

Zitat:
Hallo Bawali,
ich muss schon sagen, ich bin gespannt was du schreibst. Smile
Das bin ich auch. smile

Weisst du; in jungen Jahren hat mal ein Lehrer folgendes zu mir gesagt:
Wenn du eine Latte auf 120 cm mit Eleganz und Sicherheit überspringen willst, musst du mit dem Training auf 140 cm beginnen!

Dies hat mein Leben und Handeln ein wenig beeinflusst. Dinge zu tun, von denen ich weiss, dass ich sie einfach machen kann, reizen mich nicht sehr. Ich habe gemerkt, dass ich immer etwas Herausforderung brauchte um Besonderes zu erreichen. Und hier ist es meine Herausforderung, einen guten Roman in Präsens und Ich-Erzählung hin zu bekommen.

lg Bawali


_________________
Ein Freund ist ein Mensch der dich mag, auch wenn er dich kennt. (frei nach Elbert G. Hubbard)
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden Website dieses Benutzers besuchen
seitenlinie
Geschlecht:männlichReißwolf


Beiträge: 1829

Pokapro 2015


Beitrag03.07.2013 11:32

von seitenlinie
Antworten mit Zitat

Bawali hat Folgendes geschrieben:

Zitat:
Unangenehm können längere Passagen mit einem Ich-Erzähler im Präsens sein. Sie wirken wie eine andauernde, unnatürliche
Selbstbespiegelung. Niemand analysiert und protokolliert ständig jeden Handgriff und Gedanken.


Diese Aussage ist nicht auf Ich-Erzähler und Präsens beschränkt.
Seitenlange Gedankenspiele und Detailbeschreibungen sind auch im Präteritum grotten langweilig.


Ich meine den Live-Reporter-Effekt gegenüber der Erzählsituation im Präteritum.
Den gesamten Tagesablauf, Gefühle und Gedanken wie ein Fußballspiel zu kommentieren, wirkt schon etwas eigenartig.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Beiträge der letzten Zeit anzeigen:   
Neues Thema eröffnen   Neue Antwort erstellen
Seite 1 von 2 Gehe zu Seite 1, 2  Weiter

Deutsches Schriftstellerforum Foren-Übersicht -> Selbsthilfe -> Rechtschreibung, Grammatik & Co
Du kannst keine Beiträge in dieses Forum schreiben.
Du kannst auf Beiträge in diesem Forum nicht antworten.
Du kannst Deine Beiträge in diesem Forum nicht bearbeiten.
Du kannst Deine Beiträge in diesem Forum nicht löschen.
Du kannst an Umfragen in diesem Forum nicht teilnehmen.
In diesem Forum darfst Du Ereignisse posten
Du kannst Dateien in diesem Forum nicht posten
Du kannst Dateien in diesem Forum nicht herunterladen
 Foren-Übersicht Gehe zu:  


Ähnliche Beiträge
Thema Autor Forum Antworten Verfasst am
Keine neuen Beiträge Plot, Handlung und Spannungsaufbau
Gliederung, Strukturierung und zeitli...
von BerndHH
BerndHH Plot, Handlung und Spannungsaufbau 25 20.04.2024 07:10 Letzten Beitrag anzeigen
Keine neuen Beiträge Trash
Von Aalen und Verdauungsproblemen
von Admiral Aal
Admiral Aal Trash 0 19.04.2024 13:32 Letzten Beitrag anzeigen
Keine neuen Beiträge Agenten, Verlage und Verleger
Wie lange wartet ihr auf Antwort von ...
von Nezuko
Nezuko Agenten, Verlage und Verleger 14 17.04.2024 16:20 Letzten Beitrag anzeigen
Keine neuen Beiträge Werkstatt
Von Männern und anderen Fehlversuchen
von Cholyrika
Cholyrika Werkstatt 2 02.04.2024 07:33 Letzten Beitrag anzeigen
Keine neuen Beiträge Plot, Handlung und Spannungsaufbau
Planung von Trilogien oder Reihen
von Line Kölsch
Line Kölsch Plot, Handlung und Spannungsaufbau 16 17.03.2024 13:11 Letzten Beitrag anzeigen


Impressum Datenschutz Marketing AGBs Links
Du hast noch keinen Account? Klicke hier um Dich jetzt kostenlos zu registrieren!