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Bücherli
Geschlecht:weiblichLeseratte
B

Alter: 36
Beiträge: 126



B
Beitrag25.11.2012 02:08
Geld
von Bücherli
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo,
ich bin derzeit dabei, zu üben so zu schreiben, dass beim Lesen Bilder auftauchen. Außerdem möchte ich noch meinen "Nachrichten-Schreibstil" verbessern und noch mehr auf die Personen an sich eingehen. Das zeigt sich jetzt in diesem Text. Ich habe noch eine Geschichte daraus gemacht, damit es interessanter klingt. Was haltet ihr davon?

„Guten Tag, Sie haben eine Million Euro gewonnen.“

Sebastian hatte gerade den Hörer in der Hand und konnte kaum sein Glück fassen. Eine Stimme an der anderen Telefonleitung bestätigte ihm das, was er sich sein ganzes Leben lang gewünscht hatte. Sebastian sah vor seinem inneren Auge all seine Träume in Erfüllung gehen. Fünf neue Autos, ein neues Haus, eine neue Küche, eine Fußbodenheizung, die Play Station 4, eine Reise nach Los Angeles, ein Flug ins Weltall, Kleidung von Giorgio Armani.... . Seine Hand, welche den Hörer hielt, begann zu zittern. Er wollte so gerne etwas sagen, aber er brachte keinen Ton mehr heraus. Seine Augen wurden feucht. Er wischte sich die Freudentränen mit der freien Hand ab. Es konnte nicht wahr sein. Das, wovon er schon sein ganzes Leben lang träumte, wurde nun endlich wahr. Seine Hand zitterte immer mehr. Sebastian schaute sich um. War das vielleicht alles ein Traum?? Er fixierte die Uhr. Jedoch nahm er sie so verschwommen wahr, dass er keine Ziffern erkennen konnte. Alles um ihn herum kam ihm irreal vor. Sogar er selbst kam sich unecht vor. War er echt?? War das Telefonat echt??

„Sebastian, wer ist dran??“, sagte seine Frau, welche gerade in das Wohnzimmer hereinkam.

„Wir....haben eine Million gewon...nen..“, stammelte er und schaute seine Frau erleichtert an. Seine Frau war da und redete mit ihm. Also war es kein Traum, sondern Realität. Er atmete auf. Vor lauter Aufregung hatte er den Atem angehalten und es nicht gemerkt. Jetzt kam die Luft aus ihm raus und sein Brustkorb fing an zu schmerzen. Aus dem Blickwinkel nahm er wahr wie seine Frau sich aufs Sofa setzte. Plötzlich nahm er auch sie verschwommen wahr. Sie fing an sich zu drehen. Irgendwelche Sätze kamen aus ihrem Mund, doch er konnte diese nicht mehr hören. Alles wurde schwarz um ihn und er konnte sich nicht mehr auf den Beinen halten.

Am nächsten Tag wachte er auf und sah sich in einem Krankenhaus liegen. Seine Frau saß neben seinem Bett und hielt seine Hand. Sie schaute nach unten und nahm nicht wahr, dass er wieder wach war. Ihre Augen waren verschlossen und ihren Lippen bewegten sich. Anscheinend bettete sie. Er drückte absichtlich ihre Hand fester. Sie öffnete sofort ihre Augen. Um ihren Mund bildeten sich kleine Grübchen. Ihre trüben Augen begannen sofort zu leuchten.

„Sebastian, du bist wieder da. Wie schön!! Ich bin so froh!!“, sagte seine Frau mit einer leicht hysterischen Stimme. Sie drückte seine Hand nun mit beiden Armen fest und fixierte ihn streng.

„Was ist passiert?“, fragte er müde.

„Du hattest einen Herzinfarkt, aber alles wird wieder gut.“, sagte sie nun nicht mehr so aufgeregt.

Nach einer Woche wurde Sebastian entlassen. Er nahm sich einen Tag frei und ging alleine zum Meer. Er hatte eine Tasche bei sich. Er stand nun am Ufer und hörte den Möwen zu. Diese flogen über dem Wasser und gaben schrille Laute von sich. Er war barfuß und der warme Sand umspielte sanft seine Füße. Sebastian schloss für einen Moment die Augen. Diese Stille tat ihm gut. Er nahm das leise und wohltuende Rauschen der Wellen wahr. Sein ganzes Leben war er materiellen Dingen nachgerannt. Dabei hatte er ganz vergessen, dass wirklich wichtige Dinge, nicht mit Geld zu kaufen waren. Er spürte die Sonne auf seiner Haut. Sie wärmte ihn und vor seinen geschlossenen Augen konnte er sie wahrnehmen. Er öffnete wieder die Augen und schaute nach oben. Der Himmel war klar. Ein paar kleine Wolken schwebten durch das unendliche Blau. Einige davon waren durchsichtig und vermischten sich mit dem Himmel. Andere waren rund und groß und wanderten wie bei einem Fußmarsch durch das Blau. Sie bewegten sich wie das Leben sich bewegte. Und beinah wäre er selbst zum Stillstand gekommen. Nur wegen dem Geld. Wie konnte er nur so blind sein?? Er sah wieder aufs Meer. Eine Welle kam groß angerollt auf ihn zu. Eine sanfte Brise wehte ihm ins Gesicht. Sebastian wusste nun was zu tun war. Er öffnete den Koffer und kippte das ganze Geld ins Wasser. Dann drehte er sich um und ging nach Hause. Das größte Geschenk hatte er schon bekommen. Das Leben.

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nebenfluss
Geschlecht:männlichShow-don't-Tellefant


Beiträge: 5994
Wohnort: mittendrin, ganz weit draußen
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Beitrag25.11.2012 16:44
Re: Geld
von nebenfluss
Antworten mit Zitat

Hallo Bücherli,

die Idee ist nicht schlecht, aber auch nicht gerade neu. Ich finde, so eine radikale Charakteränderung wirkt in einem so kurzen Text immer etwas unglaubwürdig, zumal ich nicht genug über deinen Protagonisten erfahre. Er bleibt für mich ziemlich zweidimensional. Den Herzinfakt aber fand ich sehr gelungen!

Sehr häßlich finde ich diese dauernden doppelten Frage- (auch Ausrufe-)zeichen!! Was willst du denn damit??

Da du explizit nach dem Bildhaften gefragt hast: Na ja, geht so. Ich finde hier vieles stilistisch verbesserungswürdig, als Beispiel:

Bücherli hat Folgendes geschrieben:

Er wischte sich die Freudentränen mit der freien Hand ab. ... Jedoch nahm er sie so verschwommen wahr, dass er keine Ziffern erkennen konnte.

In deinem Text kommt oft (mindestens 3x) "wahrnehmen" vor. Das erzeugt an sich aber keine Bildhaftigkeit. In diesem Fall hier würde ich die Freudentränen in den letzten Satz packen, etwa so:
"Durch seine Freudentränen (hindurch) konnte er die Ziffern nur verschwommen erkennen." Also raus mit dieser ganzen Wahrnehmerei.

Teilweise wirkt das Bildhafte etwas bemüht und ist überflüssig, als Beispiel:

Bücherli hat Folgendes geschrieben:

Seine Hand, welche den Hörer hielt, begann zu zittern.

Er telefoniert, natürlich hält seine Hand einen Hörer. Den Einschub kannst du dir also sparen.

und das hier:

Bücherli hat Folgendes geschrieben:

Andere waren rund und groß und wanderten wie bei einem Fußmarsch durch das Blau. Sie bewegten sich wie das Leben sich bewegte.

finde ich verkrampft.

Ein Perspektivwechsel ist mir noch aufgefallen:
Bücherli hat Folgendes geschrieben:

Sie schaute nach unten und nahm nicht wahr, dass er wieder wach war.

Auch hier könntest du das "Wahrnehmen" rausnehmen und die Frau von "außen", aus Sicht des Ich-Erzählers beschreiben.

Noch etwas Logik und Grammatik:

Bücherli hat Folgendes geschrieben:

Eine Stimme an der anderen Telefonleitung

Nein, es ist kein Gespräch auf der anderen Leitung, sondern eine Stimme am anderen Ende der gleichen Leitung.

Bücherli hat Folgendes geschrieben:

Anscheinend bettete sie. Er drückte absichtlich ihre Hand fester. Sie öffnete sofort ihre Augen. Um ihren Mund bildeten sich kleine Grübchen. Ihre trüben Augen begannen sofort zu leuchten.

Sie betet, ein t zu viel. Der Sinn des "absichtlich" und "sofort" erschließt sich mir nicht.

Bücherli hat Folgendes geschrieben:
Nur wegen dem Geld.

Der Genitiv ist dem Dativ sein Tod  Wink

Wirkt jetzt wahrscheinlich schlimmer als es ist ...
sollen nur Anregungen für eine Überarbeitung sein.

Grüße

EDIT: hatt eich vergessen: Am Ende wird aus der Tasche ein Koffer ...
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Funnu
Geschlecht:männlichWortedrechsler

Alter: 37
Beiträge: 78
Wohnort: Essen


Beitrag25.11.2012 18:08

von Funnu
Antworten mit Zitat

Hallo Bücherli,
finde die Idee der Geschichte sehr gut und auch die Wendungen gefallen mir. Der Herzinfarkt kommt sehr überraschend und wurde gut versteckt. Das sich der Prota so kurz, und nach so einem Erlebnis, derart vom Materiellen distanziert finde ich realistisch.
Es gibt durchaus echte Geschichten, aus dem Leben, wo genau so etwas passiert ist.

Unrealistisch finde ich allerdings die Vorstellungen, die der Mann am Anfang schildert. Mit einer Millionen Euro kann man sicherlich einiges machen, dennoch sind seine Vorstellungen utopisch. Vielleicht soll es auch nicht so klingen, dass er sich alles kaufen will. Der Mann wirkt auf mich, wie ein Mann der im Leben steht und der weiß was er sich leisten kann oder nicht.

Die Wiederholungen, die auch nebenfluss schon angesprochen hat, stören auch mich beim Lesen.

1. wahrnehmen (Alternativen: spüren, feststellen, bemerken)

2. Sebastian schloss für einen Moment die Augen...vor seinen geschlossenen Augen konnte...
Auch die selbe Art der Information ohne das etwas Neues erzählt wird.

3. das unendliche Blau... durch das Blau
Es gibt so viele schöne Beschreibungen für den Himmel, bei dieser Wetterlage. Du findest sicher eine Bessere.

Zitat:
„Sebastian, du bist wieder da. Wie schön!! Ich bin so froh!!“, sagte seine Frau...

Mich stört, dass der Prota weg gewesen sein soll. Ich denke er hat viel geschlafen und war nicht komatös. Von daher kann er nicht weg gewesen sein.

Zitat:
Sebastian hatte gerade den Hörer in der Hand und konnte kaum sein Glück fassen.


Ich bin kein Experte in Sachen Grammatik aber ich glaube die Satzstellung in der zweiten Satzhälfte ist falsch:
"...und konnte sein Glück kaum fassen"
würde ich sagen ist korrekt.

LG


_________________
"Sobald man einer Sache Meister geworden ist, soll man in einer anderen Schüler werden"
Gerhart Hauptmann
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buki
Geschlecht:männlichGänsefüßchen

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Beiträge: 39



Beitrag26.11.2012 00:12

von buki
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Hallo Bücherli,
damit beim Lesen Bilder auftauchen, in einer neuen Szene z.B. in einem Nebensatz etwas über die Kulisse aussagen. Später noch ein paar Details nachtröpfeln lassen. Wie sieht das [Wohn-] Zimmer aus, in dem er telefoniert. Was fällt einem als erstes auf, wenn man in einem Krankenhaus die Augen aufmacht (z.B. funktioneller Nachttisch, Neonbeleuchtung)?

Das Entsorgen eines Schatzes konnte ich in ähnlicher Form schon öfter im Kino sehen, aber nicht ohne mich aufzuregen und zu denken: was für ein Rindvieh!

Mit einer Mio Euro kann man sehr viel tun, um dem nächsten Herzinfarkt vorzubeugen.

Der Text lässt sicht flüssig lesen.


buki
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BlueNote
Geschlecht:männlichStimme der Vernunft


Beiträge: 7304
Wohnort: NBY



Beitrag26.11.2012 05:00

von BlueNote
Antworten mit Zitat

Och, mir hat das ganz gut gefallen.
Wenn der gute Sebastian sein Geld einfach so wegkippt, mache ich mir schon ein wenig Sorgen um ihn, wenn er gesundheitlich so angeschlagen ist. Nach einem Herzinfarkt nur einen Tag freinehmen, ob du diese Krankheit in deinem Text nicht zu harmlos nimmst? Deine Schreibe könnte noch ein bisschen abwechslungsreicher, origineller sein, du beginnst deine Sätze z.B. sehr oft mit "Sebastian" oder "Er".

BN
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Bücherli
Geschlecht:weiblichLeseratte
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Beiträge: 126



B
Beitrag27.11.2012 14:21

von Bücherli
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Liebe Feedbackgeber,
danke für eure Anmerkungen! Freut mich sehr, dass euch die Geschichte gefallen hat. Die Verbesserungsvorschläge habe ich mir notiert und werde darauf achten. Ich war überrascht, dass der Herzinfarkt so gut angekommen ist.

Zur Erklärung, warum Sebastian das Geld wegkippt: Ich wollte mit dem Text darstellen, dass er den wahren Wert des Lebens erkennt, also die Dinge, die man nicht kaufen kann. Und deshalb distanziert er sich vom Geld und schmeißt es weg, weil es nicht so wichtig ist. Zumindest nicht wichtiger als das Leben selbst.

Auf das oft vorkommende "wahrnehmen" werde ich versuchen zu verzichten. Das schleicht sich bei mir irgendwie automatisch ein... . Diese Zeichen ??, !! kommen auch weg, habe das gar nicht gemerkt... . Der Einschub mit der Hand sollte darstellen, dass eben diese Hand, die den Hörer hält, zu zittern anfängt und nicht die andere, freie Hand.... .

LG Bücherli
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G.T.
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G

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Beiträge: 680



G
Beitrag27.11.2012 15:12

von G.T.
Antworten mit Zitat

Sei gegrüßt!

So, dann gebe ich mal meinen Senf ab:

Zitat:
„Guten Tag, Sie haben eine Million Euro gewonnen.“

Sebastian hatte gerade den Hörer in der Hand und konnte kaum sein Glück fassen. Eine Stimme an der anderen Telefonleitung bestätigte ihm das, was er sich sein ganzes Leben lang gewünscht hatte. Sebastian sah vor seinem inneren Auge all seine Träume in Erfüllung gehen. Fünf neue Autos, ein neues Haus, eine neue Küche, eine Fußbodenheizung, die Play Station 4, eine Reise nach Los Angeles, ein Flug ins Weltall, Kleidung von Giorgio Armani.... . (Wieso so oberflächlich? Ich fände es sympathischer, wenn der Charakter ganz handfeste Wünsche hat und am Ende einsieht, dass selbst DIE in Relation zum Geschenk des Lebens irrelevant sind. Du zeichnest ihn wirklich arg oberflächlich, ich finde das unnötig. Es würde doch völlig reichen, wenn er sich z.B. ganz fest einen neuen Ferrari wünscht, schon seit vielen, vielen Jahren - und dieser Wunsch wird plötzlich irrelevant. Ich denke, dann wäre auch die Wende und die Aussage des Textes um einiges stärker: Wenn man richtige materielle Wünsche überwindet und verwirft, nicht die, die einem in jeder Werbung eingetrichtert werden.) Seine Hand, welche den Hörer hielt, begann zu zittern. Er wollte so gerne etwas sagen, aber er brachte keinen Ton mehr heraus. Seine Augen wurden feucht. Er wischte sich die Freudentränen mit der freien Hand ab. Es konnte nicht wahr sein. Das, wovon er schon sein ganzes Leben lang träumte, wurde nun endlich wahr. Seine Hand zitterte immer mehr. Sebastian schaute sich um. War das vielleicht alles ein Traum?? Er fixierte die Uhr. Jedoch nahm er sie so verschwommen wahr, dass er keine Ziffern erkennen konnte. Alles um ihn herum kam ihm irreal vor. Sogar er selbst kam sich unecht vor. War er echt?? War das Telefonat echt??
(Hier frage ich mich, ob du (das heißt vielmehr: der Erzähler) den Leser "verarschen", also in die Irre führen willst - denn wenn mir ein fremder Mensch am Telefon sagt, dass ich eine Million gewonnen habe, flippe ich nicht aus, sondern sage "verarschen kann ich mich selber" und lege auf. Ist der Anruf ein Werbegag oder wirklich ein Gewinn? Im ersten Falle wäre Sebastian wirklich der dümmste, oberflächlichste Mensch der Welt (Millionengewinne werden einem doch alle paar Minuten im Internet vorgegaukelt), im zweiten Falle wäre er nicht ganz so blöd, wobei mich auch da wundert: Wo hat er sie gewonnen, hat er an einem Gewinnspiel teilgenommen? Wird man bei einem Gewinn nur mit "Guten Tag" begrüßt, ohne persönliche Anrede? Das kann ich nicht glauben!
Ich fände die erste Variante eigentlich interessanter, dann würde ich mir aber wünschen, dass stärker rüberkommt, warum Sebastian darauf hereinfällt. Irgendein guter Kniff, durch den er geködert wird oder irgendeine private Begebenheit (Motto: gestern erst in den Tarotkarten Glück vorausgesagt), die ihn dazu verleitet, in dieser Situation blauäugig zu sein.)


„Sebastian, wer ist dran??“, sagte seine Frau, welche gerade in das Wohnzimmer hereinkam.

„Wir....haben eine Million gewon...nen..“, stammelte er und schaute seine Frau erleichtert an. Seine Frau war da und redete mit ihm. Also war es kein Traum, sondern Realität. Er atmete auf. Vor lauter Aufregung hatte er den Atem angehalten und es nicht gemerkt. Jetzt kam die Luft aus ihm raus und sein Brustkorb fing an zu schmerzen. Aus dem Blickwinkel nahm er wahr wie seine Frau sich aufs Sofa setzte. Plötzlich nahm er auch sie verschwommen wahr. Sie fing an sich zu drehen. Irgendwelche Sätze kamen aus ihrem Mund, doch er konnte diese nicht mehr hören. (Wenn er Sätze nicht hören kann, wie kann er wissen, dass sie aus dem Mund kommen? Ich würde eher "nicht verstehen" nehmen, das würde eine Blockade des Sprachzentrums suggerieren, wäre m.E. auch eindringlicher.) Alles wurde schwarz um ihn und er konnte sich nicht mehr auf den Beinen halten.

Am nächsten Tag wachte er auf und sah sich in einem Krankenhaus liegen. ("sah sich liegen" finde ich an dieser Stelle etwas unglücklich formuliert. Mir würde gefallen, wenn er die Schwere seiner Glieder, seine Erschöpftheit spürt und dann erst das Krankenhaus wahrnimmt. Die Nachhaltigkeit des Anfalls fehlt mir. )Seine Frau saß neben seinem Bett und hielt seine Hand. Sie schaute nach unten und nahm nicht wahr, dass er wieder wach war. Ihre Augen waren verschlossen und ihren Lippen bewegten sich. Anscheinend bettete sie. Er drückte absichtlich ihre Hand fester. Sie öffnete sofort ihre Augen. Um ihren Mund bildeten sich kleine Grübchen. Ihre trüben Augen begannen sofort zu leuchten.

„Sebastian, du bist wieder da. Wie schön!! Ich bin so froh!!“, sagte seine Frau mit einer leicht hysterischen Stimme. Sie drückte seine Hand nun mit beiden Armen fest und fixierte ihn streng.

„Was ist passiert?“, fragte er müde.

„Du hattest einen Herzinfarkt, aber alles wird wieder gut.“, sagte sie nun nicht mehr so aufgeregt.

Nach einer Woche wurde Sebastian entlassen. Er nahm sich einen Tag frei und ging alleine zum Meer. Er hatte eine Tasche bei sich. Er stand nun am Ufer und hörte den Möwen zu. Diese flogen über dem Wasser und gaben schrille Laute von sich. Er war barfuß und der warme Sand umspielte sanft seine Füße. Sebastian schloss für einen Moment die Augen. Diese Stille tat ihm gut. Er nahm das leise und wohltuende Rauschen der Wellen wahr. Sein ganzes Leben war er materiellen Dingen nachgerannt. Dabei hatte er ganz vergessen, dass wirklich wichtige Dinge, nicht mit Geld zu kaufen waren. (Welch grausamer Satz!) Er spürte die Sonne auf seiner Haut. Sie wärmte ihn und vor seinen geschlossenen Augen konnte er sie wahrnehmen. Er öffnete wieder die Augen und schaute nach oben. Der Himmel war klar. Ein paar kleine Wolken schwebten durch das unendliche Blau. Einige davon waren fast durchsichtig und vermischten sich mit dem Himmel. Andere waren rund und groß und wanderten wie bei einem Fußmarsch durch das Blau. Sie bewegten sich wie das Leben sich bewegte. Und beinah wäre er selbst zum Stillstand gekommen. Nur wegen dem Geld. Wie konnte er nur so blind sein?? Er sah wieder aufs Meer. Eine Welle kam groß angerollt auf ihn zu. Eine sanfte Brise wehte ihm ins Gesicht. Sebastian wusste nun was zu tun war. Er öffnete den Koffer und kippte das ganze Geld ins Wasser. Dann drehte er sich um und ging nach Hause. Das größte Geschenk hatte er schon bekommen. Das Leben.


Also nochmal mein Senf erläutert: Die Idee ist ja nun wirklich nicht neu und recht moralapostolisch. Das heißt nicht, dass die Geschichte nicht geschrieben gehört, aber ich finde, sie sollte um einiges origineller verpackt werden.
Im letzten Absatz habe ich einen Satz als "grausam" bezeichnet, denn mal ehrlich: Die Moral einer Geschichte, die sich durch die Handlung bereits erklärt, dem Leser nochmal mehrmals vor die Nase zu knallen, unterstellt dem Leser mangelndes moralisches Urteilsvermögen. Und ich glaube, das ist nicht gegeben.  Wink
Ich habe oben ja das Gedankenspiel gemacht, was wäre, wenn er gar nichts gewonnen hätte. Ich muss sagen (auch wenn Eigenlob stinkt), dass ich diese Variante besser fände, denn
1. würde sie mit einem etwas faden Erzählschema brechen und etwas Überraschendes reinbringen und
2. würde die Lächerlichkeit der Geldverfallenheit noch stärker zum Ausdruck kommen - sie hat Sebastian krank gemacht, ohne ihm letzten Endes auch nur einen Cent zu bringen.
Wenn du aber bei deiner Variante bleiben willst, würde ich mir wünschen, dass der Gewinn selber plausibler dargestellt wird und dass diese Belehrungssätze am Ende wegfallen. Der letzte Satz ist eigentlich der schlimmste.  Embarassed
Wenn du nur die Natur beschreibst und Sebastians Überwältigtsein von ihr, dann versteht der Leser sofort, was du meinst. Weniger ist gerade bei so moralischen Geschichten wirklich mehr!

Zitat:
Nach einer Woche wurde Sebastian entlassen. Er nahm sich einen Tag frei und ging alleine zum Meer. Er hatte eine Tasche bei sich. Er stand nun am Ufer und hörte den Möwen zu. Diese flogen über dem Wasser und gaben schrille Laute von sich. Er war barfuß und der warme Sand umspielte sanft seine Füße. Sebastian schloss für einen Moment die Augen. Diese Stille tat ihm gut. Er nahm das leise und wohltuende Rauschen der Wellen wahr. Sein ganzes Leben war er materiellen Dingen nachgerannt. Dabei hatte er ganz vergessen, dass wirklich wichtige Dinge, nicht mit Geld zu kaufen waren. Er spürte die Sonne auf seiner Haut. Sie wärmte ihn und vor seinen geschlossenen Augen konnte er sie wahrnehmen. Er öffnete wieder die Augen und schaute nach oben. Der Himmel war klar. Ein paar kleine Wolken schwebten durch das unendliche Blau. Einige davon waren durchsichtig und vermischten sich mit dem Himmel. Andere waren rund und groß und wanderten wie bei einem Fußmarsch durch das Blau. Sie bewegten sich wie das Leben sich bewegte. Und beinah wäre er selbst zum Stillstand gekommen. Nur wegen dem Geld. Wie konnte er nur so blind sein?? Er sah wieder aufs Meer. Eine Welle kam groß angerollt auf ihn zu. Eine sanfte Brise wehte ihm ins Gesicht. Sebastian wusste nun was zu tun war. Er öffnete den Koffer und kippte das ganze Geld ins Wasser. Dann drehte er sich um und ging nach Hause. Das größte Geschenk hatte er schon bekommen. Das Leben.


Ein paar Streichungen, mehr ist es gar nicht - der Leser (in diesem Falle ich) fühlt sich nicht so bevormundet, die Moral von der Geschicht ist klar, was das Geschenk ist, ist auch klar - und viel schöner klar, wenn du es nicht aussprichst, sondern die "letzte Erkenntnis" dem Leser selber überlässt, so dass auch dein Leser ein Stück weit aktiv am Ausgang der Geschichte beteiligt wird.

Und noch ein kleiner Gedanke: Es könnte schön sein, wenn das "Geld", vielleicht zum Schluss, einmal ganz klar als Gegenstand beschrieben wird, der eben seine Bedeutung verloren hat. "Er öffnete den Koffer und kippte die vielen bedruckten Rechtecke ins Wasser." Diese meine Formulierung ist vielleicht nicht der Weisheit letzter Schluss, aber etwas in der Art würde die Profanität des Geldes unterstreichen und nicht zuletzt mal das abstrakte Wort "Geld" auf andere Weise deuten.

Gruß!              G.T.  Wink
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Bücherli
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Alter: 36
Beiträge: 126



B
Beitrag27.11.2012 18:33

von Bücherli
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Hallo G.T.,

ich danke dir für deinen "Senf" und dass du dir die Zeit genommen hast, so ausführlich zu antworten.

Ich habe tatsächlich vor dem Reinstellen hin und her überlegt, ob ich die letzten zwei Sätze drin lasse oder nicht. Ich war mir nicht sicher, ob der Sinn der Geschichte beim Leser wirklich ankommt und habe sie dann beibehalten... . Naja, jetzt weiß ich es besser.  Dass der Gewinn am Telefon nicht originell bzw. realistisch ist, das ist mir bewusst.

Deine Ideen finde ich sehr interessant. Der Text würde dann in eine ganz andere Richtung gehen, aber der Sinn wäre der selbe.

Gruß zurück,

Bücherli
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Wolfi
Geschlecht:männlichKlammeraffe


Beiträge: 600
Wohnort: München


Beitrag27.11.2012 21:33

von Wolfi
Antworten mit Zitat

Hallo Bücherli,

ich hab auch noch etwas an Senf für Deine Zeilen übrig.
Mir hat Dein Handlungsablauf als Gesamtes recht gut gefallen.

Vielleicht etwas zu den einzelnen Handlungen:
Wenn Du heute eine Million im Lotto gewinnst, wirst Du nicht telefonisch benachrichtigt. Da kommt Mr. X von der Lottozentrale zu Dir ins Haus und überbringt Dir die Nachricht persönlich.
Diesen Mr. X kannst du recht gut rausarbeiten. Da kann man viele Zeilen Schreiben.
Dann zum Herzinfarkt. Eine lebensbedrohliche Erkrankung, die mit vielen Worten dargestellt werden kann, was auch Spannung erzeugt. Dein Text dazu: Einfach, mehr nichtssagend. Hier kannst Du Spannung reinsetzen; Kannst auch Kennzeichen wie plötzlich starke Schmerzen im Schulterbereich, Atemnot, Beklemmungsgefühle etc. mit anführen. Wenn deine Ehefrau erfährt, dass Du eine Mille gewonnen hast, die ist besorgt um Dich, läßt Dich keine Minute mehr aus den Augen, wenn Du auf Grund dieser Tatsache einen Herzinfarkt bekommen hast bleibt die bei Dir. Da sehen die Gedanken, die Maßnahmen der Angehörigen ganz anders aus, als wenn du die Erkrankung hast und keine Mille gewonnen.
Dann immer wieder dazwischen "er nimmt wahr", "sie nimmt wahr", dann mal zwischendrinnen wahrnehmen, das kannst Du alles umschreiben, es gibt so viel schöne Wörter, die Du hier einpflegen kannst. Es ist ja auch ein schöner Text, der mit seinen ständigen " Wahrnehmungen" kaputt gemacht wird.
Und zum Schluß denke ich nicht, dass der Prota den Koffer am Strand öffnet und die Kohle in den Wind schießt. Da wird seine Frau wohl ganz schön sauer werden ...

nichts für ungut, will nur ein bisschen reinpfuschen in Deinen Text und ihn etwas Rund machen

Liebe Grüße
Wolfi


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Falls Gott die Welt geschaffen hat, war seine Hauptsorge sicher nicht, sie so zu machen, dass wir sie verstehen können.
(Albert Einstein)
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