das subjektive Adjektiv

[Köbi]

Ihr habt mir die Adjektive gestohlen. Wie soll ich nur ohne Adjektive leben, wie soll ich schreiben? In den kargen Ruinen, dessen was übrigbleibt. Mit einer kastrierten Sprache deren Unvollkommenheit nur von ihrer unendlichen Beschränktheit übertroffen wird.

Wie soll das gehen? Frage ich mich. Wie soll ich malen ohne Farben? Wie atmen ohne Luft? Wenn kein Wasser da ist, dann kannst du nicht schwimmen. Hat mein Großvater stetes gesagt.

Aber dem bezaubernden Effekt des Adjektivs wurde die grundlegende Daseinsberechtigung entzogen - und mein sterbendes Schreibtalent trägt tiefdunkles Schwarz.

Sicher kann ein Bild auch nur in einfachem Schwarz und Weiss gezeichnet werden, doch bleibt es das stets. Gezeichnet. Gezeichnet von der traurigen Wahrheit, dass Adjektive, die Farben des Schreibens, von der sturen Striktheit der unabwendbaren Tragik der fortschreitenden Entwicklung gemeuchelt wurden.

Ich mochte die verspielten Bastarde schaurig gerne – und nun wurde beschlossen sie unbarmherzig auszurotten. Sie mit Stumpf und Stiel den schriftlichen Ergüssen zu entreissen und tiefstmöglichst zu vergraben.

Ich werde es tun! Werde sie mit euch verfolgen und unerbittlich ausmerzen.

Aber wenn dann und wann eines der formvollendet liebenswerten Wörter mich beschämt um Asyl anbettelt. Dann werde ich mich dem progressiven Zwang entgegenstellen. Werde das entzückende Küken eleganter Lieblichkeit unter meine Fittiche nehmen und ihm trostspendende Zuflucht bieten.

Und wenn ihr euch auch eine Welt ohne sie wünscht. Einigen werde ich stets die Treue halten, werde Retten was zu Retten ist. Denn manche sind so zierlich, so unschuldig und rein – sie sind es gewohnt zu geben, zu verschönern und zieren. Geboren um zu beschreiben, um zu huldigen um die anderen Wörter zu ergänzen und bekräftigen!

Einige werdet ihr nicht kriegen! Nicht, so lange ich noch schreiben kann!

[dürüm]

Verspielte Bastarde

Finde ich gut. Netter Text über die gnadenlose Jagd auf eine zu Unrecht  verschriene Wortgattung.

Gerne gelesen.

Gruß
Kerem

[Dienstwerk]

Dafür, dass sie Dir die Adjektvie gestohlen haben, konntest Du aber enorm viele retten und im Text unterbringen.  

Ja, nee - ohne Adjektive geht gar nix! Gern gelesen.

LG, Ana

[nebenfluss]

Hallo Köbi,

mit Interesse gelesen. Leider scheide ich als kritischer Kommentator wegen Befangenheit aus, weil ich gerade an einem Text mit ähnlicher Idee schreibe und du mir  zuvor gekommen bist. Meine Begeisterung darüber kannst du dir wahrscheinlich vorstellen.

Hat mir immerhin klar gemacht, dass auch mein Text wahrscheinlich im "Trash" besser aufgehoben sein wird als in der Prosa oder der Werkstatt.

Nun überlege ich, ob ich nicht doch erst etwas anderes fertig schreibe und einstelle, um etwas "Gras wachsen" zu lassen über deinen Text. Sonst sieht es noch so aus, als hätte ich mich bei dir bedient.

So gesehen, hat mich dein Trash-Werk sehr "bewegt". Hmpf!

Grüße

[Köbi]

Danke!

@nebenfluss: Nur keine falschen Hemmungen. Hau in die Tasten! Ich habe mich nämlich schon oft gefragt, ob es nur mir so geht...

[Nina]

Hallo Köbi,

das hast Du prima erzählt. Gut gemacht! Ein Fehler ist mir aber aufgefallen:

[Köbi]

Na ja, mein Grossvater war etwas eigen. Stolperte manchmal über Buchstaben und so. Und das Korrekturband der Schreibmaschine war schon wiedr leer.

[Nina]

kleiner vorschlag und arbeitsanregung: den nächsten text schreibst du über faule ausreden.

  

[Köbi]

    

Ich würde gerne einen Text über faule Ausreden schreiben. Aaaaaaber... Das geht leider nicht.
Weil “faul“ ist ein - lass mich Ausreden – Adjektiv. Und jetzt it eine Tate von meinem Keyboard abgefallen. Rate mal welche. Manchmal gehr ie, und dann wieder nicht. Und owas will ja wirklich niemand leen. Kann man das überhaupt lesen. Ha, jetzt geht sie wieder!
Jetzt könnte ich vielleicht einen Text über Ausreden schreiben. Aber besser wäre eine Rede, nicht wahr? Weil es ist ja eine AusRede. Dazu fehlt mir aber die Rhetorik. Die müsste ich erst lernen. (Und ich hab gehört das geht zurück bis zu den alten Griechen.)
Ich brauche gar keine Ausreden. Ich habe Erfahrung und nenne sie ganz einfach Notlügen. Notlügen sind zulässig. Not macht erfinderisch. Erfinderisch ist kreativ, konstruktiv und adjektintensiv. Kurz ich habe, wie du siehst, schlicht keine Zeit zu schreiben, weil ich noch ein paar Wörter erfinden muss. Das muss ja auch ab und zu mal jemand machen, sonst haben wir plötzlich  zu wenig Möglichkeiten uns auszudrücken oder auszureden.
Davon abgesehen sind faule Ausreden verdorben, das bin ich zwar auch, aber lass dir einreden, dass meine Ausflüchtigkeitsfehler, immer taufrisch daherkommen. (Also Opa selig war schon recht alt.)
Es wäre sicher interessant, einen Text über faule Ausreden zu schreiben, wenn das Subjekt nicht so träge daherkäme oder ein Adjekt wäre. Ich wär der Superladjektiv, würde mich hineinsteigern, über mich hinauswachsen...
Das Adjekt war übrigens kein Fehler, ich habe das bewusst da hingeschrieben. Vielleicht wäre ich gar der Superladjekt. Ich weiss auch nicht, was ein Adjekt ist. Jetzt muss ich das herausfinden und vielleicht finde ich danach endlich Zeit diesen Text zu schreiben.

stetes zu Diensten
 
Köbi

[Duffydoof]

Ich bin dafür, dass der Beitrag über mir einen eigenen Thread bekommt. Und dann mit deinem ersten kleinen Beitrag als Vorgeschichte. Deine Verliebtheit in das Spielen mit den Worten ist unschlagbar. Ich kannte mal jemanden, der sich auch darin versucht hat. Der war zwar ebenso kreativ, hat aber mein Verständnis der Regeln der deutschen Sprache missachtet. Und du machst das nicht. Du verwendest immerhin Adjekte! Die bisweilen neben Attributen und Partizipkonstruktionen die anschaulichste, wichtigste und gleichzeitig missachtetste Wortgruppierung ist. Wunderschön.

[Köbi]

Danke für die Blumen.