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Dieses Werk wurde für den kleinen Literaten nominiert Der Kreisläufer


 
 
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Hard2drive
Geschlecht:männlichLeseratte

Alter: 65
Beiträge: 107
Wohnort: Köln


Beitrag13.11.2011 19:05
Der Kreisläufer
von Hard2drive
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Der Kreisläufer  von Paul Sanker
 
Die Welt schien stillzustehen als S. erfuhr, dass seine Mutter verstorben war. Sein Vater lebte schon seit über zehn Jahren nicht mehr. Tiefe Trauer überfiel ihn, als er an seine Eltern dachte. Was hatten sie schon von ihrem Leben gehabt?
Nur Arbeit von früh bis spät, Ängste und Sorgen. Angst davor, dass das Geld nächsten Monat für ihre Bedürfnisse nicht ausreichen könnte. Sorgen, ob er - der einzige Sohn - den rechten Weg im Leben finden würde.
Deprimiert und am Sinn von allem und jedem zweifelnd, machte S. einen Spaziergang durch den nahen Wald, um in der Einsamkeit seinen tristen, melancholischen Gedanken nachhängen zu können.
Als er so Trübsal blasend eine Stunde seines Weges gegangen war, sah er auf einer Lichtung einen Mann, der unermüdlich und konzentriert immer im Kreise lief.
Der Mann mag etwa fünfzig oder auch sechzig Jahre alt gewesen sein. Das Alter war bei ihm schwer zu schätzen, so grau und unscheinbar wirkte er. Sein Körper war dürr und ausgezehrt und er trug nur ein Unterhemd, eine kurze Hose und Turnschuhe, so, als trainiere er für das goldene Sportabzeichen.
Der Kreis, den er immer im Uhrzeigersinn ablief, hatte einen Durchmesser von vielleicht zehn Metern. Er musste schon sehr lange gelaufen sein, denn das Gras der Lichtung war auf seiner Rennstrecke dem lehmigen Erdboden gewichen.
S. blieb stehen und sah dem Mann interessiert zu, wie er so unentwegt und verbissen Runde um Runde drehte. Sein Atem war dabei rasselnd und keuchend. Schweiß rann von der Stirn über das ungesund blaurot verfärbte Gesicht.
"Guten Tag, mein Herr!", rief S. dem Kreisläufer zu und hob zum Gruß seine Hand.
"Wie gehts, wie stehts?" Der Mann warf ihm einen kurzen, mürrischen Blick zu. Er schien nicht gerade erfreut darüber zu sein, in seinem Lauf gestört zu werden.
"Stören Sie mich bitte jetzt nicht! Es ist noch viel zu tun", keuchte er und wandte die volle Aufmerksamkeit wieder seinem Treiben zu.
"Was habt Ihr denn da zu tun?", erkundigte sich S. stirnrunzelnd und überlegte, ob er vielleicht etwas Wichtiges übersehen hatte.
"Das seht Ihr doch, oder etwa nicht?", japste der Mann.
"Ich gehe meinen Weg." S. rieb sich nachdenklich das Kinn, als er die Worte des Mannes vernahm.
"Für mich sieht es eher so aus, als ob Ihr nur im Kreise rennt, guter Herr." Der Mann schien durch S. Worte irritiert worden zu sein, denn er geriet kurz ins Straucheln. Gerade noch rechtzeitig gewann er wieder das Gleichgewicht und setzte seinen Weg laut fluchend fort.
"Da seht Ihr, was Ihr anrichtet, werter Herr! Fast wäre ich durch Euer dummes Geschwafel gestürzt." Er warf S. einen zornigen Blick zu. S. glaubte, dass das Gespräch damit beendet sei und wollte seinen Spaziergang durch den Wald fortsetzen, da redete der Mann unerwartet weiter.
 
"Viele haben bereits vergeblich versucht, mich vom rechten Weg abzubringen", zischte er S. nach Luft ringend zu.
"Doch niemandem ist es gelungen. Ich kenne meine Aufgabe ganz genau und weiß um meine Pflicht." Er grinste S. triumphierend und hämisch an. Speichelbläschen hatten sich in seinen Mundwinkeln angesammelt.
"Aber was ist denn Eure Pflicht? Worin besteht Eure Aufgabe?", wunderte sich S.
"Tut doch nicht so dumm und macht gefälligst Eure Augen auf!", blaffte der Mann zurück.
"Ihr seht doch, dass mein Weg noch nicht zu Ende ist und ich weiterrennen muss, bis das Ziel erreicht ist!" Inzwischen war die Schläfenader des Kreisläufers dick angeschwollen und pulsierte bedenklich. S. schüttelte ratlos den Kopf.
"Aber Ihr rennt doch immer im Kreis, guter Mann. Dabei gibt es kein Ziel, das Ihr erreichen könntet." Der Mann versuchte ein heiseres Lachen, als er die Worte von S. vernahm, doch er hätte sich dabei fast verschluckt, sodass nur ein würgendes Husten aus seinem Halse kam.
"Ihr vernebelt mir nicht meine Sinne durch Euer hinterhältiges Geschwätz. Ihr seht doch genau, dass der Weg weiter geht! Und wo es einen Weg gibt, da existiert auch ein Ziel! Man muss nur beharrlich dieses Ziel verfolgen und darf sich nicht von Unkenrufern und Neidhammeln davon abbringen lassen." Dabei warf er S. einen vielsagenden Blick zu.
S. verstand nicht, was der Kreisläufer ihm damit sagen wollte. Seufzend setzte er sich ins Gras und machte es sich bequem. Er reckte und streckte die Glieder und genoss die Wärme, die die Frühlingssonne auf seinem Gesicht verbreitete.
"Wer sollte neidisch auf Euch sein, mein Herr? Ihr rennt von früh bis spät im Kreis und kommt dennoch nicht vom Fleck. Außerdem sieht das nicht gesund aus, was Ihr da treibt." Beunruhigt sah S., wie die Rötung des Kopfes einer beunruhigenden Blässe gewichen war. Außerdem bemerkte S. ein leichtes Taumeln des Mannes.
 
"Natürlich! Das typische Argument der Faulenzer und Tunichtgute!" Strafend und mit einem verächtlichen Zug um die Lippen, rannte er an S. vorbei, ohne ihn eines Blickes zu würdigen.
"Ich renne jeden Tag und jede Nacht meine Strecke. Meine Geschwindigkeit beträgt zwanzig Kilometer in der Stunde. Ich habe also am heutigen Tag bereits 240 Kilometer zurückgelegt. Und der Tag ist noch längst nicht vorbei!", schrie er triumphierend, wobei ihm die Spucke von der Lippe spritzte.
"Das bedeutet, dass ich heute meinem Ziel um 240 Kilometer näher gekommen bin. Und wo bleibt Ihr?" Wieder der Versuch eines Lachens, der in einem Röcheln endete.
S. wurde nachdenklich. Vielleicht hatte der Kreisläufer ja recht. Er entschied, es auch einmal zu versuchen und schloss sich dem Mann an. Er folgte ihm dichtauf und rannte hinter ihm im Kreis her. Der Mann nahm dies mit Zufriedenheit zur Kenntnis. Anerkennend nickte er und sprach weiter.
"Gut so, mein Freund! Ich wusste, dass Ihr ein Einsehen haben werdet und Euch auf Eure Pflicht besinnen würdet. Also vorwärts, vereint sind wir noch stärker!" Damit reckte er enthusiastisch den Arm nach vorne, wobei er allerdings fast wieder ins Straucheln geraten wäre, so geschwächt war der Mann.
So liefen die beiden eine Weile schweigend im Kreis herum. Eine Stunde, dann zwei... Schließlich hatte S. genug und verließ den Kreis.Erschöpft atmete er mehrmals tief durch und schüttelte den Kopf.
„Nein. Dieses ewige im Kreise Rennen ist nichts für mich. Sehen Sie? Ich fange auch schon an zu schwitzen. Doch wozu? Wo ist der Lohn für die Schinderei?“ Obwohl der Mann sah, dass S. nicht mehr hinter ihm herlief, rannte er ungerührt weiter. S. fragte sich, woher der Kerl die Kraft nahm, stunden- und tagelang ohne Pause im Kreis zu laufen.
„Ihr seid ein Versager,mein Herr! Jawohl, das sind Sie!“, keuchte der Mann.
„Wenn ich mein Ziel erreicht habe, werde ich fürstlich belohnt werden für die Mühen und Plagen, die ich auf mich genommen habe. Dem Tüchtigen gehört die Welt. Und die Faulen und Säumigen werden das Nachsehen haben.“
S. schüttelte entschieden den Kopf, während er mit verschränkten Armen dem Mann zusah, wie der sich zu Tode schindete.
„Nein, guter Mann. Das glaube ich nicht. Was habt Ihr denn mit Eurer Rennerei geleistet? Was habt Ihr bewirkt, außer, einen Kreis aus Lehm ins Gras zu trampeln? Welchen Dienst habt Ihr dem Leben damit getan?“ Der Mann starrte S. nun hasserfüllt an. Die Augen waren weit aufgerissen und schienen ihm fast aus dem Kopf zu fallen.
„Pah! Ich habe wenigstens eine Aufgabe im Leben. Und was tut Ihr? Ihr lungert faul herum und haltet Maulaffen feil.“
S. sah den Mann mit einem traurigen Lächeln an. Plötzlich tat ihm der Kerl leid, obwohl der ihn die ganze Zeit über beleidigt hatte.
„Ich wünsche Euch von Herzen alles Gute, mein Freund und viel Glück bei Eurem Weg auf der Suche nach dem Ende des Kreises.Ich für meinen Teil setze lieber meinen Spaziergang fort und erfreue mich an neuen unbekannten Bergen und Tälern, zu denen mich der Waldweg führt. Jede Wendung der Straße soll mir neue Geheimnisse offenbaren, die mein Herz und meine Seele bereichern.“ Damit ging er frohgemut davon, erleichtert, endlich vom Anblick des ewig im Kreis herumirrenden Mannes befreit zu sein.
Und je weiter er ging und je mehr er sich an dem ergötzte, was er sah, den Reichtum und die Schönheiten der Natur,umso mehr dachte S. mit Liebe und Dankbarkeit an seine verstorbenen Eltern.
Er hatte plötzlich begriffen, dass deren Leben keineswegs so traurig und nutzlos war, wie er geglaubt hatte. Denn Vater und Mutter hatten ihn durch ihre Liebe zu einem Menschen geformt, der erkennt, was das Leben lebenswert macht und welcher Weg nur im Kreise und nicht zum Ziele führt.
Und mit einem mal fing die Welt wieder an, sich zu drehen...



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derSibirier
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D
Beitrag13.11.2011 20:41

von derSibirier
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Hallo Paul

Starker Text mit schwachem Ende. Schade, sonst könnte man sagen: "ausgezeichnet". Kürzen könnte man das ganze etwas, das immer wieder beschriebene "im Kreise laufen" macht müde.

Grüße
Sibirier
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The Brain
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Beitrag13.11.2011 21:01

von The Brain
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Hallo,

irgendwie erscheint mir die Geschichte mit dem Kreisläufer eigentümlich vertraut. Habe ich sie schon einmal irgendwo gelesen?
Nach meinem bescheidenen Lesergeschmack brauchst du die Eltern nicht. Der Text, insbesondere das Ende könnte durch das Streichen dieser Passagen noch gewinnen.

Einmal verwendest du eine "falsche" Anrede :

Zitat:
„Ihr seid ein Versager,mein Herr! Jawohl, das sind Sie!“, keuchte der Mann.


Bleibst du deiner Linie treu, sollte es   "Jawohl, das seid Ihr!" heißen?


Ein guter Text!



Grüße

Brain


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derSibirier
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Beitrag13.11.2011 21:12

von derSibirier
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Obwohl ich der Brain am liebsten widersprechen würde, muss ich ihr recht geben. Die Eltern sind ein schlechter Einfall, die den Text, vor allem den Anfang, schmälern. Verabschiede dich von ihnen, auf gut deutsch, schmeiß sie aus dem Text.

Grüße
Sibirier
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BlueNote
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Beitrag13.11.2011 21:28

von BlueNote
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Hi Hard2Drive,

deine Geschichte besteht aus einem starken (simplen?) Bild, das sich einem Leser sehr einprägt. Sie ist aber auch in einer sehr merkwürdigen Sprache erzählt, was sich sogar bis in die wörtliche Rede hineinzieht. Die beiden Männer drücken sich seltsamerweise genauso kompliziert aus wie der Erzähler. Warum?

Es wurde gesagt, der Schluss passe nicht zum Rest. Aber vielleicht passt der Rest ja doch (so wie er erzählt ist) zum Schluss, weil die Sprache die ganze Zeit schon den Tonfall eines Märchens hatte und dazu würde die Moral des Schlusses doch ganz gut passen.

So ganz begeistert bin ich von dem Text nicht (ich habe schon viel Besseres von dir gelesen.) Aber einigermaßen gefallen hat mir das schon, was ich gelesen habe.

BN
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Gast







Beitrag13.11.2011 23:55

von Gast
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Wenn ich 'philosophisches' lese, wird mir ja direkt Angst. So gesehen fand ich es nicht schlimm (bis auf den Schluss).

Lob gab es, ich halte gegen.

Mir stören die Regieanweisungen nach der jeweiligen Rede. Wenn Dialog, dann Dialog, dann muss sich die Stimmung genau daraus ergeben. Alles was danach gesetzt ist, muss eher den Dialog in Frage stellen, denn ihn zu erläutern.
Das Grinsen, die Wut, die Erschöpfung muss aus der wörtlichen Rede erkennbar sein und wenn verstärkt, dann nie durch ein erwartbares Bild.
Wörtliche Rede kürzer - nicht ins 'reden' fallen. Wörtliche Rede ist immer schwer lesbar, weil sie selten einen guten Lesefluss hat.

Mir fehlt die Stimmung.
Sowohl beim Tod der Eltern, als auch im Wald. Da rennt einer in Shorts im Kreis. Das surreal, das ist merkwürdig, das ist, als wäre man in eine Welt geraten, die leicht nach links verschoben ist.
Aber die beiden wirken, wie an der Kasse beim Supermarkt.

Die Idee (Eltern raus, braucht es nicht, wenn schon so Text, dann dem Leser auch zutrauen, dass er die Fabel findet) ist interessant. Da stimmt vieles.

mit Gruß
debruma
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Hard2drive
Geschlecht:männlichLeseratte

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Beiträge: 107
Wohnort: Köln


Beitrag14.11.2011 08:51

von Hard2drive
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Ich danke euch sehr für die interessanten Kommentare, die mir zeigen wie schwer es ist, stilistisch eine brauchbare Parabel hinzukriegen. In der Form war das mein erster Versuch.

Interessant ist vor allem auch, dass euch das Ende bzw. "die Eltern" stören, d.h. sie seien überflüssig. In der Tat spielten sie für mich (tragischerweise?) eine ganz wichtige Rolle. Für wen der Kreisläufer stehen soll in unserer Gesellschaft ist sicher nicht schwer zu erkennen. Die Frage stellt sich aber, wie ist er zum Kreisläufer geworden? Und warum läuft der Spaziergänger nicht mit? Und genau da kommt das Familiensystem ins Spiel.
Mir ist durchaus bewusst, dass es gerade in einem Forum wie DSFO von Individualisten mit eigenwilligem Ego nur so wimmelt. Dennoch behaupte ich mit Überzeugung, dass wir so sind wie wir sind, zu mindestens 50% unserer Herkunftsfamilie verdanken (?).
Das bedeutet: wir sind gar nicht so frei in unseren Entscheidungen wie wir immer so trotzig glauben. In Familiensystemen folgen die Generationen häufig einem bestimmten Muster. Z.B., dass es ganze Ärztedynastien gibt, wo der Urgroßvater bis zum Enkel immer den gleichen Beruf gewählt haben. Oder wenn Trunksucht, Spielsucht, Untreue zur Familien"tradition" wird.
Genauso kann ich zum "Kreisläufer" werden. Und erst wenn ich das erkenne, d.h. dass ich aus "Liebe" zu meinem Vater oder Großvater diesen Weg gehe, erst dann gewinne ich die Freiheit, bewusst einen anderen Weg zu gehen. Das heißt: Wir müssen hinschauen!

Zu der "seltsamen" Sprache bis hinein in die wörtliche Rede...
Ja, das war der Versuch der Verfremdung. Der Mann, der immer nur im Kreis läuft ist grotesk. Will heißen: in der Realität passiert das nicht. Ich wollte darum versuchen, auch den Sprachstil aus der heutigen Realität (Wirklichkeit) herauszuziehen. Allerdings muss ich gestehn, dass das nur dazu geführt hat, irgendwie halbwegs kafkaesk zu erscheinen.


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Nina
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Beiträge: 5000
Wohnort: Berlin


Beitrag14.11.2011 11:32

von Nina
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hallo hard2drive,

sehr schöne geschichte/parabel. na ja, was heißt schön? du weißt was ich meine: schön erzählt.

der vorgang des im kreis-rennens vollzieht sich für viele ein leben lang. (manche fühlen sich sogar wohl damit, oder denken, dass sie sich wohl fühlen, bis sie sich nicht mehr ... ach egal. *g*). der protagonist in deiner geschichte ist ein sympathischer mensch. er sagt dem anderen, dass es sinnlos ist, was er tut und das er damit aufhören soll. aber der andere ist ja so vertieft, ... hat sich versteift auf eine idee ... im grunde könnte er froh sein, dass es da jemanden gibt, der ihm die notwendige (hilfreiche) aufmerksamkeit schenkt, sollte man meinen, aber der will ja nichts hören. wer will schon hören, dass er irrwege geht? manchen menschen sollte man zuhören ...
andererseits - immer weiter machen und immer dieselben fehler machen, ist auch ein weg.
der "beste" weg ist der des bewusstseins ... und auf den findet ja der protagonist auch wieder zurück am ende der parabel, nachdem er "einer fremden idee" eine zeitlang folgte und klar wurde, dass es eine fremde und (für ihn) sinnlose idee ist. er gelangte also zu bewusstsein und damit wieder auf den "richtigen weg".

mir gefällt deine parabel. kafkaesk finde ich sie nicht. sie hat einen absurden anteil, ja, aber das ist ja lediglich eine überzeichnung des vorgangs, was in vielen leben alltäglich, alljährlich bei denen geschieht, die unbewusst sind, die sehr überzeugt sind von ihren ideen (und wegen). anschaulich auch, wie es manchmal die fehler der anderen braucht, damit einem selbst etwas klarer wird. (jeder kann immer noch als schlechtes beispiel dienen ...).

was mir am antagonist gefällt ist, dass er zwar am lautesten schreit, aber am wenigsten ahnung hat. im grunde ein blindgänger ist, der den anderen aus voller, tiefster überzeugung anblafft und keine ahnung von tuten und blasen hat und sich selbst völlig aus den augen verloren hat. er handelt aus bestem wissen und gewissen und aus vollster überzeugung. aber er ist unbewusst und blind und festgefahren. nur das bemerkt er nicht, oder will es nicht bemerken.

ich würde rein gar nichts an der geschichte ändern hier, weil sie sehr gut ist. da ist nichts zuviel und nichts zu wenig.

nominiert!

lg
nina


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Hard2drive
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Wohnort: Köln


Beitrag14.11.2011 12:51

von Hard2drive
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Ich danke dir, Nina!  Very Happy

Es stimmt. Die am wenigsten Ahnung haben, die schreien am lautesten. Ein besonderes Kreisläufer-Exemplar ist der workaholic.  Hüte dich vor workaholics!!
Sie schaden nicht nur sich selbst, sondern machen ihre Mitmenschen krank. Tief im Innern fühlen sie, dass etwas mit ihnen nicht stimmt. Dieses Gefühl wird unerträglich. Also versuchen sie, ihre Mitarbeiter (Mitmenschen) dazu zu bringen, sich genauso zu verhalten. Denn dann wird das perverse Verhalten zur Normalität.
Diese Menschen sind Meister der Manipulation, (Fehl-)Motivation und setzen andere brutal unter Druck.


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PaperSkin
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Beiträge: 8



P
Beitrag20.11.2012 01:31

von PaperSkin
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Hallo Hard2drive!

An deinem Text gefällt mir seine Einfachheit, er liest sich leicht und auch, wenn dies ein Kritikpunkt war, störe ich mich nicht an den "ewigen Kreisen".
Was mir jedoch unangenehm auffiel war, dass S. und der Herr, der im Kreis lief, sich größtenteils mit "Ihr" und "Euch" ansprachen anstatt von "Sie". Ersteres ist heute einfach nicht mehr zeitgemäß und dadurch, dass du springst, wirkt es auch so, als seist du dir noch nicht zu hundert Prozent sicher gewesen bei der Anrede.
Kann das sein?
Ich muss mich den anderen insofern anschließen, dass S.' Eltern keine Bedeutung für diese Geschichte haben, denn nachdem ich von ihnen las, dachte ich, dass nun ein Text folgt, der sich sehr stark mit seiner Psyche und Vergangenheit auseinandersetzt, was dann jedoch nicht der Fall war. Auf der einen Seite war ich darüber ein bisschen enttäuscht, da der Anfang auf mich wirkte wie der Beginn eines längeren Projekts, aber ich muss nun, da ich den ganzen Text gelesen habe, sagen, dass es gut ist, dass du dich für eine Parabel entschieden hast. Und auf der anderen Seite war ich sehr positiv überrascht, da du eine ganz andere Richtung eingeschlagen hast, als ich dachte und diese auch noch recht gut umgesetzt hast.
Mir sind jedoch noch ein paar andere Sachen aufgefallen, bei denne evtl. Verbesserungsbedarf vorhanden ist:


Zitat:
Welchen Dienst habt Ihr dem Leben damit getan?“ Der Mann starrte S. nun hasserfüllt an. Die Augen waren weit aufgerissen und schienen ihm fast aus dem Kopf zu fallen.


Mir persönlich missfällt es sehr, dass du das Wort hasserfüllt verwendest, obwohl sehr schnell deutlich wird, dass der Kreisläufer es zutiefst verachtet, dass S. nicht weiterläuft. An dieser Stelle halte ich Hass dennoch für eine zu starke Emotion. Wie wäre es, wenn du stattdessen tatsächlich "voll Verachtung" oder "erzürnt". etc verwendest?
Das "Die" habe ich bloß markiert, weil ich eher "Seine" Augen geschrieben hätte.

Was nicht unbedingt von Nöten, jedoch ganz schön wäre, sind Aktionen, die du S. noch ausführen lassen kannst.
Zitat:
"Aber was ist denn Eure Pflicht? Worin besteht Eure Aufgabe?", wunderte sich S.

An dieser Stelle könntest du nach "[...], wunderte sich S." vielleicht noch ein "Mit verschränkten Armen begutachtete er den Herrn skeptisch." etc. einfügen. Es würde das Ganze ein bisschen lebendiger machen, ist in diesem Fall jedoch nicht unbedingt nötig.

Nochmal zusammenfassend:

> entscheide dich zwischen "Ihr" und "Sie"
> Nimm die Eltern raus, die machen dir deinen eigentlich guten Text schwammig, weil man sie nicht recht im Kontext sieht.
>Verleih S. evtl. ein bisschen mehr Form

...und alles ist gut :)

LG
PaperSkin
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buki
Geschlecht:männlichGänsefüßchen

Alter: 72
Beiträge: 39



Beitrag20.11.2012 11:15

von buki
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Seien wir dankbar, daß es genug Kreisläufer gibt, die unsere Zivilisation durch ihre Massenträgheit am Laufen halten. Würden sie alle erleuchtet und begännen zu philosophieren, käme das Chaos.

Wer als Nichtkreisläufer Ressourcen übrig hat, möge sie einsetzen um einen traurigen Kreisläufer etwas aufzumuntern.

buki
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Doris D.
Geschlecht:weiblichGänsefüßchen
D


Beiträge: 46



D
Beitrag20.11.2012 11:44

von Doris D.
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Hallo Hard2drive,

mir gefällt die etwas altertümliche Erzählweise.
Vielleicht, weil ich Märchenleser bin. Vielleicht, weil sie die Geschichte entrückt in eine andere Welt - nicht von hier. Eben eine Parabel und keine Realität.

Ich bin mir nicht sicher, ob die Eltern den Text verlassen sollten. Schließlich sind sie Anlaß, dass S. sich überhaupt auf den Weg macht. Oft werfen solche Schläge einen Menschen aus der Bahn und bringen ihn auf einen ganz anderen Kurs, auf den er von allein nie gekommen wäre.

Eine Geschichte, die ermuntert über unsere Lebensführung nachzudenken, unsere Zielsetzung und unsere Wurzeln.

Danke dafür.

LG,
Doris D.
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