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Brauche Hilfe: Das "Lame main character"-Syndrom

 
 
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wunderhuhn
Leseratte


Beiträge: 172

Der bronzene Spiegel - Prosa


Beitrag13.11.2012 22:56
Brauche Hilfe: Das "Lame main character"-Syndrom
von wunderhuhn
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo,

ich habe ein merkwürdiges Problem, auf das ich immer wieder bei dem Versuch, meine Hauptfiguren zu charakterisieren, stoße.

In der ersten Fassung meiner Geschichte gab es nur einen (männlichen) Protagonisten; dementsprechend war die Geschichte auch aus seiner Perspektive erzählt. Zudem gab es eine weibliche Nebenfigur, seine Arbeitskollegin. Ich hatte die ganze Zeit über große Schwierigkeiten damit, meinem Prota Leben einzuhauchen und ein lebendiges Bild von ihm für mich selbst zu entwickeln. Der Kerl erschien mir einfach total farblos und nichtssagend.
Hingegen hatte ich von der Nebenfigur, wann immer sie auftrat, einen vollkommen klaren Eindruck und ich hatte keine Zweifel daran, wie sie sein und rüberkommen sollte.

Irgendwann entschied ich mich dann, die Nebenfigur ebenfalls zu einer Protagonistin zu machen. (Das Setting der Story bzw. eigentlich der ganze Plot hat sich auch mittlerweile geändert.) Zumindest am Anfang der Geschichte hängen recht viele Ereignisse an ihr, bis sie Bekanntschaft mit dem anderen Protagonisten macht und sie zusammen unterwegs sind. Und auf einmal habe ich das gleiche Problem bei ihr, das ich vorher bei dem männlichen Prota habe: Ich weiß nicht mehr, wer sie ist, sie erscheint mir plötzlich farblos und langweilig, jetzt, wo der Fokus stärker auf ihr liegt als zuvor und die Geschichte zu einem Teil aus ihrer Perspektive erzählt werden soll.

Ich habe versucht, meinen Eindruck, den ich zuerst von ihr hatte, wieder zurück auf sie zu übertragen, aber irgendwie gelingt mir das nicht.
Die Ursachen für dieses Problem von mir kann ich nur ahnen, aber ich vermute, dass ich vielleicht einfach Angst habe, bezüglich der Charakterisierung der Figuren falsche Entscheidungen zu treffen, weil sie ja durch ihren Prota-Status ziemlich wichtig in der Geschichte sind, und vielleicht habe ich einfach ein Problem damit, eine endgültige (oder zumindest endgültig erscheinende) Entscheidung zu treffen, wie ein_e Protagonist_in sein soll.

Nichtsdestotrotz behindert mich das jetzt natürlich ziemlich und ich weiß einfach nicht, wie ich dieses Problem überwinden soll. Ich habe schon diverse Szenen geschrieben, in der ich versucht habe, die Protagonisten als mal so und mal so herauszustellen, um ein Gefühl dafür zu bekommen, was zu ihnen passen könnte, aber so richtig zufriedenstellen tut mich das auch noch nicht.

Habt ihr vielleicht einen Tipp für mich?


(Hinweis: Diesen Beitrag habe ich auch in den NaNoWriMo-Foren gepostet: http://www.nanowrimo.org/en/forums/europe-germany/threads/95426)
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Jenni
Geschlecht:weiblichBücherwurm


Beiträge: 3310

Das goldene Aufbruchstück Die lange Johanne in Gold


Beitrag13.11.2012 23:43

von Jenni
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Vielleicht sind beide Protagonisten nicht die geeigneten Erzähler für Deine Geschichte. Vielleicht könntest Du es mit einem externen Erzähler versuchen? Z.B. eine Nebenfigur (die dabei aber eine Nebenfigur bleibt)?
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Nicki
Geschlecht:weiblichBücherwurm

Alter: 68
Beiträge: 3613
Wohnort: Mönchengladbach
Ei 10


Beitrag13.11.2012 23:58

von Nicki
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Hast du vorher ein Profil deiner Protas erstellt? Also von allen, auch von den Nebenfiguren? Wenn du diese Charaktereigenschaften so genau wie möglich festhältst, kannst du bei Szenen, bei denen du dir unsicher bist, immer wieder darauf zurückgreifen.
Ich habe bei meinen Protas zum Teil Interviews gemacht, von einer fiktiven Zeitung. Manchmal schaue ich dort wieder nach, wenn ich das Gefühl habe, die Person hat sich zu sehr verändert.
EIne gewisse Charakterentwicklung ist jedoch von Vorteil.


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Nicki

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wunderhuhn
Leseratte


Beiträge: 172

Der bronzene Spiegel - Prosa


Beitrag14.11.2012 00:13

von wunderhuhn
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@Jenni:
Lustig, den Vorschlag hat mir ein Freund heute auch gemacht! Aber ich weiß nicht, so richtig kann ich mir das auch nicht vorstellen…
Ich habe sogar schon überlegt, ob ich mir irgendeinen generischen zentralen Protagonisten ausdenken und dann alle anderen Hauptfiguren um ihn/sie herum mir überlegen könnte, da in diesem Fall meine beschriebene Blockade ja nicht greifen dürfte, und dann den generischen Prota hinterher nach getaner Arbeit einfach wegwerfe Embarassed Aber irgendwie find ich das auch sehr herzlos :/

@Nicki:
Ich schaffe es ja nicht mal so richtig, das zu machen. Ich "traue" mich einfach nicht richtig, weil ich irgendwie Angst habe, das sei dann so in Stein gemeißelt. Ich habe eine Vorlage für ein Polaritätsprofil, wo man Kreuzchen setzen kann, je nach dem, zu welchen jeweils entgegengesetzten Eigenschaften die Figur eher tendiert; aber das traue ich mich nicht, auszufüllen :/
Ansonsten habe ich Character Sheets, in denen ich die verschiedenen Dimensionen einer Figur wie den sozialen Hintergrund, Interessen etc. festhalte, und auch Interviews oder zumindest etwas ähnliches habe ich schon geschrieben. Aber insgesamt hilft das alles einfach nicht gegen das Gefühl, dass die Figur mir total schwammig und farblos erscheint Sad
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Nordlicht
Geschlecht:weiblichWaldschrätin


Beiträge: 3761



Beitrag14.11.2012 00:46

von Nordlicht
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Das Problem hab ich auch oft - meist gelingt mir eine wichtige Nebenfigur viel besser als der/die Prota.
Ich hab das bisher so gelöst, dass ich die Nebenfigur in ihrem Status belasse und ihr einfach ein paar Macken, Flair, Mut, whatever klaue und es der blassen Prota dranschuster. Also in Szenen, wo die Nebenfigur aufgrund ihrer lebhafteren, tieferen Gestaltung droht, der Prota die Show zu stehlen, lasse ich dann die Prota Handlung X durchführen oder sich so-und-so verhalten. Komme mir dabei jedesmal gemein vor, weil ich die Nebenfigur viel lieber mag, aber wat soll's. Klappt ziemlich gut smile


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Mr. Curiosity
Exposéadler

Alter: 35
Beiträge: 2545
Wohnort: Köln
Der goldene Käfig


Beitrag14.11.2012 01:02

von Mr. Curiosity
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Ich glaube, das Problem liegt darin, dass gute Geschichten vom Unausgesprochenen leben. Solange man nicht in den Gedanken einer Figur drin ist, trägt sie etwas Geheimnisvolles in sich, z.B. hinsichtlich der Art wie sie handelt, warum sie diese und jene Macke hat, usw. Es sind dann diese Freiräume, die sie für den Leser interessanter machen. Bei einer Hauptfigur liegt oft alles direkt offen, sowahr man in der personalen dritten oder Ich-Perspektive schreibt.
Vielleicht wäre es eine Möglichkeit, Diskrepanzen zu schaffen, zwischen der Selbstwahrnehmung der Figur und ihrem tatsächlichen Handeln, die Protagonistin vielleicht etwas unzuverlässiger zu gestalten (?)


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Aber nicht, solange es mich gibt, kapiert?! Es sei denn, du willst das draußen austragen."

(Ernest Hemingway in "Midnight in Paris")
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mati
Eselsohr
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Beiträge: 203



M
Beitrag14.11.2012 01:59
Re: Brauche Hilfe: Das "Lame main character"-Syndr
von mati
Antworten mit Zitat

wunderhuhn hat Folgendes geschrieben:
Habt ihr vielleicht einen Tipp für mich?


Hast Du darüber nachgedacht, dass dies gar keine Schwäche ist, sondern ein Stilwerkzeug, das man unbewusst benutzt? Der Prota ist die ruhig geführte Kamera, die alles um sie herum aufnimmt und reflektiert. Deine Charaktere wirken nur, weil der Prota es zurückhaltend zulässt. Würde er sich um des Protas Willen herausheben wollen, hättest Du unter Umständen einen Film mit Wackelkamera. Das ist nicht jedermann Geschmack.
Man kann auch den Prota zum Pfau machen und die Komparsen verblassen lassen. Hauptsache, es gibt einen Kontrast. Das wiederum ist eine Stilfrage.
In Deinem Fall würde ich probieren, ob die Reflektion Deines Prota auf das Gebimmel um ihn herum ausreicht, die Geschichte zu erklären. Z.B. wenn er sich über die weibliche Prota ärgert, mit ihr lacht, unter seiner Liebe zu ihr leidet, usw.


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Karin
Geschlecht:weiblichLeseratte

Alter: 46
Beiträge: 193



Beitrag14.11.2012 10:52

von Karin
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Hallo Wunderhuhn,
ich kann richtig gut nachvollziehen, was du meinst. Das ist, als ob man auf einmal mit seinem Teenieschwarm zusammen leben muss und feststellt, dass er auch nur ein Mensch ist. Mit VIELEN Fehlern. Und natürlich genauso Opfer der alltäglichen Banalitäten wie jeder andere Mensch auch.

Ich selbst habe in meiner aktuellen (und einzigen) Geschichte das Problem nicht so sehr, weil ich aus vielen Perspektiven schreibe. Allerdings gibt es einen mysteriösen Charakter, bei dem ich unbedingt vermeiden will, dass er sein geheimnisvolles Image verliert. Deshalb bekommt er keine eigene Perspektive, auch wenn er eine Hauptfigur der Geschichte ist.

Ich habe bis jetzt noch keine Listen mit Charaktereigenschaften angelegt -- zumindest nicht schriftlich. Im Kopf habe ich natürlich schon gewisse Vorstellungen. Es hilft mir aber sehr, jeden Charakter mit einem Schauspieler zu besetzen. Wenn ich ein Bild im Kopf hat, läuft sofort meine "Vorurteilsmaschine" an und der Charakter entwickelt sich von allein in eine bestimmte Richtung. So kann ich leicht vermeiden, dass das Profil zu schwammig wird. Und es macht mir Spaß, den Charakter gemeinsam mit dem Schauspieler zu entwickeln (hoffentlich hört sich das nicht zu durchgeknallt an).

Eine andere Sache, die gegen das LMC-Syndrom hilft: Think BIG!
Wenn es um das Setting oder die Situation geht, kann es mir gar nicht außergewöhnlich genug sein. Wenn man seinen Charakter 50% seiner Szenen in einer Küche rumsitzen lässt, stellt sich bei mir immer gleich so ein "Lindenstraßen"-Gefühl ein. Warum nicht auch mal ein feines Restaurant, ein Hotel, ein riesen Frachter, eine Fabrikhalle, exklusive Clubs, ein Parteitag, ein Zelt in der Wüste oder der Gipfel des Mount Everest? Als Schriftsteller hat man doch so viele Möglichkeiten...

Wobei ich nicht alle Küchenszenen verteufeln will. Als Gegensatz bei RICHTIG coolen Charakteren kann Würstchenschnippeln sogar ein schöner Kontrast sein.
Und wenn man doch gewöhnliche Situationen beschreiben will/muss, dann könnte man sich auch hier auf das Außergewöhnliche konzentrieren. So macht man auch seinen Charakter außergewöhnlich.

Liebe Grüße
Kaa
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Schreibmaschine
Geschlecht:weiblichKlammeraffe


Beiträge: 529



Beitrag14.11.2012 12:10

von Schreibmaschine
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Mir scheint, dass du keine dreidimensionalen Charaktere hinkriegst. Das geht vielen Autorinnen und Autoren so.
Allerdings ist das eines der wichtisgten, wenn nicht das Wichtigste in einer Geschichte.

Ich arbeite seit einer Weile an einem Schreibratgeber und dreidimensionale Charaktere sind darin u.a. ein großes Thema.
Zwar ist mein Manuskript noch in einem sehr frühen Stadium, aber evtl. können einige Punkte dir ja trotzdem schon helfen.

Mal ein paar ganz kurze Tipps (einige Überschriften aus meinem Manuskript):

- Protagonisten sollten ein reiches Innenleben besitzen.

- Hauptfiguren sollten starke Charaktere sein.

- Kein Charakter sollte nur negative oder nur positive Eigenschaften haben.

- Insbesondere der Hauptcharakter sollte auch seine "Macken" haben.

- Das Weiterentwicklungspotential des Protagonisten ist wichtig.

- Der Hauptcharakter braucht ein Ziel oder einen Wunsch.

- Der Hauptcharakter sollte kein Opfer sein.

- Es ist sehr wichtig, dem Charakter Motivationen zu geben, die der Leser verstehen und nachvollziehen kann.

- In aller Regel sollte zumindest der Protagonist ein dynamischer Charakter sein.

- Es ist auch möglich, dem Protagonisten Widersprüche zu geben.

- Ganz wichtig ist es, dem Protagonisten eine Vergangenheit zu »geben«, die ihn zu dem gemacht hat, was er ist.


Auf jeden dieser Punkte näher einzugehen würde den Rahmen hier sprengen. Falls du aber Fragen zu einzelnen Punkten hast, kannst du mir gerne eine PM schreiben.

Liebe Grüße,
Alison
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Rote Wölfin
Geschlecht:weiblichLeseratte

Alter: 64
Beiträge: 195



Beitrag14.11.2012 13:22

von Rote Wölfin
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Liebes Wunderhuhn,
schau mal:


http://www.schriftsteller-werden.de/charakterentwicklung/charakterbogen/


wenn dein Prota hinter dir steht und anfängt mit dir zu reden - ist das kein Fall für die Klapse - sondern dann bist du so weit - SEINE Story zu erzählen.

Der Fragebogen reicht nicht.
Fange an, ihn zu interviewen, ihm die peinlichsten Fragen zu stellen.
Bringe ihn mit deiner Fragerei  auf die Palme.
Du wirst sehen, wie sichtbar er dann wird.

Ich wünsche dir Erfolg und bleib dran!

Die Wölfin


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Das Schönste, was wir erleben können, ist das Geheimnisvolle. (Albert Einstein)

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KeTam
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Alter: 49
Beiträge: 4952

Das goldene Gleis Ei 1
Ei 10 Ei 8
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Beitrag14.11.2012 13:27

von KeTam
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Hallo wunderhuhn,

ich habe zwar keinenTipp für dich, ich kann selbst welche brauchen.
Ich wollte dir nur sagen, dass es mir ähnlich geht. Die Nebenfiguren gelingen mir locker und werden lebendig, bei den Hauptcharaktären, finde ich das viel schwerer. Woran es liegt? Ich denke, dass ich bei den Nebenfiguren einfach lockerer bin. Und sie nehmen nicht so viel Raum ein, deshalb ist es leichter diesen mit Leben zu füllen.
Ich lese mir auch mal die Anregungen durch.

Lg, KeTam.
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Merlinor
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Beiträge: 8676
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DSFo-Sponsor


Beitrag14.11.2012 13:48

von Merlinor
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Hallo Wunderhuhn

Für mich ist das ganz einfach: Wenn Dein Hauptcharakter, der „Held/die Heldin“ Deiner Geschichte nicht lebt, dann HAST Du keine Geschichte.

Von ihm oder mit ihr musst Du träumen, sowohl am Tag als auch in der Nacht. Sämtliche Abenteuer musst Du durch seine oder ihre Augen erleben, musst in seinen Gedanken sitzen und in allen Handlungen mit ihm fiebern.
Dann kannst Du ihn mit den wildesten Verstrickungen des Plots konfrontieren, er wird auf seine Art darauf reagieren.
Übrigens nicht immer wie vorhergesehen und schon gar nicht, wie geplant.
Er muss also tatsächlich leben, auch wenn sein Lebensraum nur diese kuriose Welt in Deiner Fantasie ist.

Geschichten kann man nicht wirklich planen. Sie haben ihr eigenes Leben und können lediglich erzählt werden.
Natürlich darfst Du Steine hineinwerfen, mit ihnen herumspielen und herumprobieren. Es ist ja auch eine Simulation.
Aber wie in den Träumen, die Dich des Nachts überfallen, ist auch hier Dein Einfluss begrenzt. Die Geschichte entwickelt sich nach ihren eigenen Gesetzen, und wenn Du es gut machst, lässt Du ihr dazu den nötigen Freiraum.
Sie wird es Dir danken, denn sie WILL ja erzählt werden.

Wenn sich also in Deiner Vorstellung keine lebendigen Charaktere tummeln, die reale Abenteuer bestehen, dann fehlt es Dir an der wichtigsten Zutat: an der Geschichte.
Dann heißt es abwarten und träumen, bis sich eine einstellt.

Planen kann man in diesem Prozedere lediglich, wie man diese Geschichte dann so gekonnt erzählt, dass Zuhörer oder Leser mit offenen Mündern, großen Augen und glühenden Ohren vor dem Erzähler, oder vor dem Buch sitzen und nur noch eines wollen: Wissen, wie es weitergeht ...

LG Merlinor


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„Ich bin fromm geworden, weil ich zu Ende gedacht habe und nicht mehr weiter denken konnte.
Als Physiker sage ich Ihnen nach meinen Erforschungen des Atoms:
Es gibt keine Materie an sich, Geist ist der Urgrund der Materie.“

MAX PLANCK (1858-1947), Mailand, 1942
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Noweti
Geschlecht:weiblichLeseratte


Beiträge: 119



Beitrag14.11.2012 14:09

von Noweti
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@Wunderhuhn: Ich glaube, manchmal liegt das vielleicht auch einfach am Plot bzw. an der Idee. Man ist so darauf erpicht, die Geschichte so zu schreiben, wie man sie sich zurecht gelegt hat, dass man die Charaktere dabei etwas aus den Augen verlieren kann oder nicht so den Bezug zu ihnen findet. Dabei sollte es ja eigentlich so sein, dass erst durch die Charaktere die Geschichte lebendig wird. Da heißt es dann: umdenken und gegebenenfalls den angestrebten Pfad einfach mal verlassen.
Klingt jetzt wirsch, wenn ich das nochmal lese, aber ich weiß nicht, wie ich es anders formulieren kann.  hmm  Embarassed
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Nicki
Geschlecht:weiblichBücherwurm

Alter: 68
Beiträge: 3613
Wohnort: Mönchengladbach
Ei 10


Beitrag14.11.2012 14:22

von Nicki
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Hast du es schon einmal mit einem Foto versucht?
Bei Google Bilder hast du Millionen Möglichkeiten, eingeschränkt durch die Suchbegriffe, die du eingibst. Muss ja nicht immer Mr. Sexy persönlich sein oder Miss Universum.
Wenn man ein Bild vor Augen hat, kann man sich die Figur besser vorstellen und es ist wirklich so, sie begleitet dich den Tag über, du überlegst, was würde sie in dieser Situation machen usw.
Genau so, wie Merlinor es hier geschrieben hat.
Merlinor@
Zitat:
Von ihm oder mit ihr musst Du träumen, sowohl am Tag als auch in der Nacht. Sämtliche Abenteuer musst Du durch seine oder ihre Augen erleben, musst in seinen Gedanken sitzen und in allen Handlungen mit ihm fiebern.


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Mr. Curiosity
Exposéadler

Alter: 35
Beiträge: 2545
Wohnort: Köln
Der goldene Käfig


Beitrag14.11.2012 14:27

von Mr. Curiosity
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Ich sehe es ähnlich wie mati. Eine Geschichte kann auch durch einen Nicht-Protagonisten getragen werden. Für mich spricht nichts dagegen, dass sich ein Perspektivträger selber zurücknimmt und so Raum für eine interessantere Figur lässt.

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"Wenn du Schriftsteller sein willst, dann sag, dass du der Beste bist ...
Aber nicht, solange es mich gibt, kapiert?! Es sei denn, du willst das draußen austragen."

(Ernest Hemingway in "Midnight in Paris")
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wunderhuhn
Leseratte


Beiträge: 172

Der bronzene Spiegel - Prosa


Beitrag14.11.2012 15:14

von wunderhuhn
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Vielen Dank für eure zahlreichen Antworten. Mal der Reihe nach:


@Nordlicht:
Das ist ja schon ein bisschen dreist Very Happy Aber das werde ich mal probieren, ist wahrscheinlich immer noch besser als das mit dem generischen Wegwerfprotagonisten ^^

@Mr. Curiosity:
Ich kann nachvollziehen, was du meinst, und Karin beschreibt ja ein ähnliches Phänomen bei einem Protagonisten von ihr.

@mati:
Ich weiß nicht, ob das etwas für mich ist bzw. ob ich mir das für meine Geschichten vorstellen kann. Ich möchte eigentlich schon bunte Protagonisten, die die Geschichte mit Eifer tragen, und nicht irgendwelche austauschbaren Kameraleute :/

@Karin:
Das klingt gar nicht durchgeknallt, im Gegenteil: Ich kann mir gut vorstellen, dass das funktioniert. Die eigenen Figuren gegen andere, bereits etablierte Figuren oder auch echte Menschen zu kontrastieren, von denen man schon einen klaren Eindruck hat, wie sie sind, könnte mir tatsächlich helfen. Das werde ich auch mal probieren, danke!

@Schreibmaschine:
Ich hoffe, ich klinge nicht zu harsch, das ist jedenfalls nicht meine Absicht mit folgendem Satz: Was du geschrieben hast, ist mir in der Theorie alles bekannt; ich habe schon mehrere Schreibratgeber gelesen und weiß prinzipiell auch selbst, was ich von einer Geschichte erwarten würde. Aber in der Praxis kann ich es nicht richtig umsetzen, weil mich einfach das Gewicht der Entscheidung, die ich darüber treffen muss, wie Prota XY nun sein soll, so niederdrückt. Ich führe das weiter unten noch etwas aus.



Okay, ich schreibe jetzt mal im Fließtext weiter, weil ich sonst wahrscheinlich anfange, mich in meinen Einzelantworten zu wiederholen:

Ich glaube, ich habe das Problem, dass ich mich sehr schnell an bestimmten Ideen z.B. zum Plot festbeiße und dann nicht mehr loslasse, selbst wenn ich merke, dass es mit der Idee nicht vorangeht bzw. sie mich eher blockiert. Aber ich habe dann irgendwie einfach Angst davor, wieder in der Luft zu hängen mit allem und nicht zu wissen, wie ich weitermachen soll.
KeTam hat es auch gut umrissen: Ich bin schlicht zu unlocker, was meine Hauptfiguren angeht. Bei den Nebenfiguren hab ich das Gefühl, ich kann ja nicht viel falsch machen, aber die Protas fühlen sich immer gleich in Stein gemeißelt an, wenn ich jemanden mal so und so handeln lasse, als könnte ich das nie wieder nachträglich umschmeißen.
Zudem habe ich ein bisschen das Problem, dass ich bei jeder neuen Geschichte, die ich anfange, oft so etwas denke wie: "Das ist jetzt DIE EINE Geschichte!" Will heißen, ich habe dann Erwartungen an die Geschichte, dass ich in ihr und mit den in ihr auftretenden Charakteren alles verarbeiten werde, was mich irgendwie interessiert. Das führt dann dazu, dass ich nicht weiß, wie ich Hintergrundgeschichten, Eigenschaften etc., die mich reizen, am besten aufteile. Ich vergesse schnell, dass ich wahrscheinlich noch viele Geschichten schreiben werde und dass es keinen Grund gibt, in eine einzige Geschichte jetzt alles reinpacken zu wollen. Aber ich komme trotzdem nicht so richtig davon los, vielleicht auch, weil ich noch nie wirklich etwas Längeres, komplett selbst Ausgedachtes zuendegebracht habe.
Zumindest habe ich das als Gründe dafür ausgemacht, dass ich so zögerlich bin, meine Hauptfiguren zu charakterisieren. Möglicherweise liegt es auch daran, dass ich einfach erst mal lernen muss, Charaktere (und einen Plot) zu entwickeln, da ich lange Zeit nur Fanfictions geschrieben habe und dort natürlich die Charaktere schon so weit entwickelt sind, dass es leicht fällt, ihnen Konflikte anzudichten, die genau auf ihre Schwachstellen gehen und all das, worauf Schreibmaschine hinauswollte.

 Idea Für mein aktuelles Problem mit meiner Protagonistin hat sich übrigens gestern Abend (unter der Dusche ^^) eine ungewöhnliche Lösung ergeben:
Es scheint das Dorf zu sein, in dem sie aufgewachsen ist und am Anfang der Geschichte auch leben sollte, das mich so blockiert hat. Ich habe jetzt einfach entschieden, dass sie aus den und den Gründen vor kurzem zu ihrer Tante in ein ganz anderes Gebiet gezogen ist und somit das Anfangsdorf zunächst nicht geschildert werden braucht. Das hat neue Plotmöglichkeiten eröffnet und irgendwie fühle ich mich jetzt schon viel befreiter. Auch eine erste Szene bei der Tante daheim hat im Hinblick auf die Charakterisierung der Prota schon gut geklappt.
Manchmal helfen einem bzw. behindern einen auch die merkwürdigsten Dinge…
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Piratin
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Ei 2


Beitrag14.11.2012 15:32

von Piratin
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Hallo wunderhuhn,

schön, dass Dir gestern eine Lösung eingefallen ist und ich hoffe, dass Du nicht bald wieder am Gleichen Punkt angelangst.
Was in Deiner Beschäftigung mit den Figuren fehlt (oder Du hast es nur nicht erwähnt) ist deren Lebenslauf. Das hilft mir, wenn ich irgendwie festhänge. Meine Figuren haben verschiedene Lebenserfahrung hinter sich vom Kindergarten an (ob sie sich geprügelt haben, abseits standen, einer Clique angehörten, welche Musik sie hörten, welche Klamotten, Sport ... etc). Wenn ich mich dann frage, wie der Charakter in dieser Situation agieren würde, versetze ich mich in sein bisheriges Leben. Und ... gerade der Protagonist darf sich innerhalb der Geschichte verändern oder an einem Problem wachsen oder scheitern. Außerdem ist es wichtig, jeder Figur bis zu kleinsten Nebenfigur hin eine Prämisse zu geben. Ist die einmal festgelegt, ahnt man, wie sie sich in bestimmten Situationen verhalten wird.

Zitat:
Bei den Nebenfiguren hab ich das Gefühl, ich kann ja nicht viel falsch machen, aber die Protas fühlen sich immer gleich in Stein gemeißelt an, wenn ich jemanden mal so und so handeln lasse, als könnte ich das nie wieder nachträglich umschmeißen.

Nichts aber auch gar nichts ist in Stein gemeißelt. Wenn der langhaarigen Brünetten morgen einfällt, zum Punk zu werden und die Haare ab sind und die Stoppeln grün leuchten ... Hey! Was für eine Entwicklung.
Ohne die Nebenfiguren ist der Prota "Nichts". Durch sie wird er zur lebendigen und interagierenden Figur. Außer das Setting ist der "Spielpartner" wie zum Beispiel der undurchdringliche Dschungel, in dem der Prota sich verlaufen hat oder der verlassende Planet auf dem er notlandet.
Liebe Grüße
Piratin


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Murmel
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Beiträge: 6380
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Beitrag17.11.2012 18:01

von Murmel
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Ich habe einen Tipp für dich.

Nehme deiner Hauptfigur die Perspektive weg und beschreibe sie aus der Sicht der zweitwichtigsten Person. Das geht, man soll's nicht glauben.


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Melba
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Beiträge: 5
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Beitrag06.03.2013 14:45
Re: Brauche Hilfe: Das "Lame main character"-Syndr
von Melba
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wunderhuhn hat Folgendes geschrieben:
In der ersten Fassung meiner Geschichte gab es nur einen (männlichen) Protagonisten; dementsprechend war die Geschichte auch aus seiner Perspektive erzählt. Zudem gab es eine weibliche Nebenfigur, seine Arbeitskollegin. Ich hatte die ganze Zeit über große Schwierigkeiten damit, meinem Prota Leben einzuhauchen und ein lebendiges Bild von ihm für mich selbst zu entwickeln. Der Kerl erschien mir einfach total farblos und nichtssagend.
Hingegen hatte ich von der Nebenfigur, wann immer sie auftrat, einen vollkommen klaren Eindruck und ich hatte keine Zweifel daran, wie sie sein und rüberkommen sollte.

Hmmm...interessant. Kann es sein, dass dem Protagonisten Ziele fehlten?  Ziele sind ja das, was eine Person in einem Roman definiert, wozu ein langfristiges Ziel gehört (Rettung der Welt, Frau X für sich zu gewinnen, oder oder oder) und viele kurzfristige Ziele (das Date mit Frau X nicht zu vermasseln Embarassed beispielsweise).
Was treibt Deine Hauptfigur an? Was will er auf lange Sicht? Und durch welche Handlungen will er das erreichen? Welche Hindernisse stellen sich ihm in den Weg und wie geht er damit um? Wie jemand mit Hindernissen umgeht, sagt ja auch schon viel über seinen Charakter aus und verleiht ihm Farbe.  Smile
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