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Flussab


 
 
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Oliver.Twist
Leseratte

Alter: 38
Beiträge: 123
Wohnort: Hamburg


Beitrag02.11.2012 02:37
Flussab
von Oliver.Twist
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Flussab

Bäche zieht es sich zu gießen
zu sammeln und schwellen ins Hierland
und nicht mehr zu gehn.
Bei Bächen da spieletest böslos
du blattgrünes Kind dich hinfort.

Herbstkind mit Schleifenhaar
Erdenlieb, hüpfäugiges.
Was willst du hier – sag?
Sind Ziegel nicht Kiesel, nicht dein,
Und Öle und Kolben nicht herbstlich,
sind pünktlich und hart.

Aus Wünschen wird Träumen
am Ort da die Türen nicht lehnen,
voll der Jugend Spottes die Greise sind,
und man die Strecken der Wege
an jedem ihrer Schritte verwünscht,
bis man, gestrauchelt, sie segnet.

Zu den Girlanden zenitwärts blick auf,
wenn Bilder der Alten auch loschen:
stolz überm Schalle der Fahrbahn prahlt
ein Farbenreich diesseits der Lüfte –
diese Augen gehören dir nicht;
im strengen Zug der Fluorophore
spült es sie fort, wie einst mich.

In Vitrinen die Weisheit bleibt sauber,
mit feinstem Kristall stoßen an,
es wird nun gemeinsam gesunken.
Gegossen, geschwollen ins Größte:
umspielt uns das Salz.
Die Ströme, die Flüsse, die
machen dich zucken wie kalten
Fisch unterm Eisen. Geh nicht

geh nicht mehr zum Bach.

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firstoffertio
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Beiträge: 5854
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Beitrag02.11.2012 17:47

von firstoffertio
Antworten mit Zitat

Dieses Gedicht beeindruckt mich, obwohl ich nicht ganz dahinter komme.
Aber es hat einen wunderbaren Stil, der mich reinzieht in den Fluss.

Bildlich sehe ich Natur und Autos, Verkehr, Strassen, im Gegensatz dazu.
Dann auch einen Lebenslauf, von unschuldigem Kind zu  Jugend, die die Alten verlacht, Straucheln und dann doch von Alten Rat bekommen.

In der letzten Strophe dann aber Einsehen, dass Straucheln nicht verhindert werden kann, Vitrinen sind steril.

Den Schluss verstehe ich noch nicht.

Nur so ein paar Eindrücke. Ich hoffe, andere haben noch mehr.
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Oliver.Twist
Leseratte

Alter: 38
Beiträge: 123
Wohnort: Hamburg


Beitrag04.11.2012 02:16

von Oliver.Twist
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo firstoffertio, danke.

Was Du sagst, kann ich nachvollziehend in diese Worte hineindenken, ohne weiteres. Solche Assoziationen sind wie ein Einsiedlerkrebs, der in dem Gedicht wie in einer Muschelschale wohnen kann. Jeder Krebs dieser Art kann das Gedicht zum Laufen bringen, jeder auf seine eigene Weise.
Wenn auch manche Gedichte vielleicht eher Coladosen sind als Muscheln. Aber in Zeiten, wo das Meer voll Coladosen schwimmt, sollte man denn auch Coladosen malen.

Zum Ende:
Geborgenheit, die war, ist vielleicht nicht mehr zu finden, so wie sie zu finden war, als sie war. Und die spätere, kältere Welt ist vielleicht genau aus jener einstigen Geborgenheit heraus gewachsen, und hat diese auf schlechte Weise in sich aufgehoben. Kein glückliches Entrinnen zurück gibt es, das gelingen kann: denn rinnen geht nur mit dem Strom, Richtung Meer.

Viele Grüße!,
Oliver
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Aranka
Geschlecht:weiblichBücherwurm
A


Beiträge: 3106
Wohnort: Umkreis Mönchengladbach
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A
Beitrag04.11.2012 17:39

von Aranka
Antworten mit Zitat

Hallo Oliver Twist,

du hast so eine ganz besondere Art deine Gedanken in Sprache zu gießen.  Und ich kann mich nicht erwehren, alleine dies gewinnt mich schon für den Text, ohne mich nun gleich genau und kritisch zu fragen: was ist es, das dich da so beeindrucken will.
Nehme ich nur mal die erste Strophe: dieses blattgrüne Kind, das nicht nur spielt, nein, sich „hinfort“ spielt und dann auch noch „böslos“. Ja so ein Kind kann mich schon an deinen Fluss entführen und nun schwimme ich ein wenig flussab (falsche richtung/ganz schön anstrengend ) und versuche zwischen deinen Zeilen einzusammeln, was mir entgegentreibt.
Doch zuerst lasse die Bäche „ins Hierland schwellen“. Bäche deute ich mal als Quellbäche, Ursprünge und auf ihre Weise auch im Hier und Jetzt vorhanden, aber auf welche Weise?.

In der zweiten Strophe wird das blattgrüne Kind ein Herbstkind. Da ich in dem Herbst eher ein blattbraunes Kind vermuten würde lese ich hier einmal ein Stück verstrichene Zeit. Und wer stellt nun am „Herbst-Bach“ dem Kind die Frage? Vielleicht stellt es sie sogar selbst: Was suchst du hier? Haben sich die Kiesel von einst in Ziegel verwandelt? Das „hinfortspielen“ in „pünktlich und hart“? Man könnte es so lesen, muss es aber nicht, aber die Stimmung an diesem Bach verändert sich, zumindest in meinem Gespür. In der Sprache finde ich hier so einen Gegensatz zwischen „hüpfäugig“, das ich mit dem Kind verbinde und eine neugierige Leichtigkeit spüre auch in der Wortbewegung. Dagegen steht: „Öle /Kolben“, sie sind so schwer, bleiben liegen, wo man sie hinspricht.

Zitat:
Aus Wünschen wird Träumen
am Ort da die Türen nicht lehnen,


Solche vielschichtigen Verse mag ich sehr. Sie bleiben mir verschlossen und öffnen dennoch Räume: „Türen die nicht lehnen“, sind entweder weit offen oder fest verschlossen. Und so bleibt diese gesamte Strophe in ihrer Zwiegespaltenheit zwischen „Straucheln“ und „Segnen“.

Im folgenden tauchen mich die Zeilen weit unter in eine Metaphorik, in der mir nur noch manchmal ein Kiesel greifbar wird, ansonsten vieles davonschwimmt.

Der Schluss hinterlässt eine fast melancholische Stimmung:

Zitat:
Die Ströme, die Flüsse, die
machen dich zucken wie kalten
Fisch unterm Eisen. Geh nicht

geh nicht mehr zum Bach.


Die Frage: was willst du hier? wird beantwortet: geh besser nicht mehr an den Bach.
Warum? Ist Erinnertes so verändert? Kalter Fisch unterm Eisen? Ich habe hier zwar kein reales Bild, worauf die Metapher beruht, aber sie ruft bei mir etwas Künstliches, ohne Herzschlag, ohne Blut in den Adern hervor. Der eh schon mit „kalt“ assoziierte „Fisch“ wird durch das Adjektiv nah an einen Pleonasmus geführt und das wird dann durch die Vorstellung, das unter Eisen noch etwas zucken soll in ein Paradoxon (logisch betrachtet) geführt. Diese Metapher hat eine starke „Innenzirkulation“, fast widersprüchliche Bewegungen und für mich droht sie zu zerreißen.
Ist das der Zustand des blattgrünen Kindes, das an den Bach zurückkehrt?
Ein fast Zerreißen oder erdrückt werden unter Eisen?
Inhaltlich bleibt vieles verschlossen, jedoch empfinde ich das erst einmal nicht als Mangel, eher als Gefühl, dass der Text noch vieles an „Reichtum“ vorhält.

Was natürlich dann etwas schwer fällt ist, den Text als solchen von seiner Sprache und Machart zu betrachten.

Nur hin und wieder stoße ich auf Stellen, wo ich mich frage, warum:

Zitat:
In Vitrinen die Weisheit bleibt sauber,


zum Beispiel hier die verdrehte Syntax. Warum nicht: In Vitrinen bleibt die Weisheit sauber

Oder diese Stelle:

Zitat:
stolz überm Schalle der Fahrbahn prahlt
ein Farbenreich diesseits der Lüfte –


Da entrückt die Sprache (die aus einer anderen Zeit entliehen scheint) mir dann den Zugang. Warum Schalle und nicht Schall? Und steckt in prahlt nicht „stolz“ schon drin?

Hier sind so zwei Zeilen, wo ich beim Lesen einfach in einen Rhythmus des „Leiern“ gerate und der Text mir von der Aussage und Wirkung in den Klang abdriftete.
Was finde ich denn hier vor? Hier habe ich doch das Aufeinanderstoßen einer wörtlich gemeinten Sprache und einer metaphorischen, oder sehe ich das falsch?, Du hängst jedoch beiden das gleiche Sprachgewand über und da wehrt sich etwas in mir.

Zitat:
„überm Schall der Fahrbahn prahlt
ein Farbenreich diesseits der Lüfte“


so hätte ich wahrscheinlich geschrieben. Mit dem Wort „prahlt“ wechselt erkennbar die Ebene. Das klingt für mich ehrlicher und es kann einmal kurz die „Wörtlichkeit“ der Sprache (zeile 1) eine Vorstellung erzeugen. Ich weiß nicht, ob ich mich verständlich machen konnte?

Eine weitere Frage:
Zitat:
„diese Augen gehören nicht dir“

Worauf bezieht sich das „diese“. Der Satz fällt ein wenig in den Text hinein.

Ich bin sicher, dass da eine Menge drin steckt, es gibt unendlich reizvolle Stellen und es zeigt sich auch ein sehr eigenwilliger Stil. Dennoch bleibt hier und da so ein Gefühl der fehlenden oder brüchigen Textlogik (ich meine nicht die Logik der Wirklichkeit außerhalb, sondern die in der Textwirklichkeit).
Kann natürlich sein, dass sie mir verborgen bleibt, aber du wirst sie ja überprüfen können.
Ich versuche sie immer zu finden, um den Text genau an dieser seiner inneren „Logik/Struktur“ zu erfassen. Gelingt mir hier nicht ganz. Muss aber nicht das Manko des Textes sein. Kann mein Unvermögen sein.
Werde bestimmt noch eine Weile darin herumkramen und noch einiges entdecken. Werde auf jeden Fall die Diskussion hier gespannt verfolgen. Ich bin sicher, noch viel Interessantes und Besonderes von dir zu lesen.

Schönen Restsonntag. Aranka


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Oliver.Twist
Leseratte

Alter: 38
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Wohnort: Hamburg


Beitrag04.11.2012 22:56

von Oliver.Twist
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo Aranka,

hab vielen Dank fürs Teilen deiner ausführlichen Beschäftigung! Einige interpretatorische Möglichkeiten sind mir durch Dich erst bewusst geworden, hab vielen Dank dafür.

Zu den Punkten Deiner Kritik.
"Kalten Fisch" nehme ich gar nicht in Richtung eines Pleonasmus wahr; ich finde beim Wort "Fisch" bemerkenswert, dass es entweder als zählbares Einzelindividuum, oder aber als konsumierbare Substanz begriffen werden kann. Durch den Verzicht auf einen Artikel meinte ich, beide Möglichkeiten anklingen zu lassen, wobei die ent-individualisierte, zur bloßen Masse gemachte Form von "Fisch" auch durch sein Sein "unterm Eisen" herausgekehrt wird. - Beim Eisen dachte ich übrigens nicht an meterdicke Schwermetallplatten; ein Zucken ist ihm also möglich, dem Fisch. ;-)

Zitat:
In Vitrinen die Weisheit bleibt sauber,

An der Zeile hab ich mich auch eine Weile abgearbeitet, und ich bin nicht überzeugt, dass ich damit wirklich schon so zufrieden bin. Ursprünglich hießen die Zeile sowie die darauffolgende übrigens
Zitat:
Hinter Glas die Weisheit bleibt sauber
mit Perlen im Glas stoßen an,

Ich habe mich dann gegen die Doppelung von "Glas" und endlich für sein Verschwinden als unmittelbar auftauchenden Begriff entschieden. - Die Satzstellung empfinde ich nicht als unpassend verdreht. Ich lese den Satz so: "In Vitrinen die Weisheit" wird ergänzt um das Prädikat "bleibt sauber". (Die Lesart "In Vitrinen" als Ortsangabe, bezogen auf "die Weisheit bleibt sauber" liest sich auch für mich wie gestelzte Sprache.) "In Vitrinen bleibt die Weisheit sauber" klingt mir zu nüchtern, pragmatisch feststellend. Der Satz ist eher für die Vitrinenreklame geeignet als für mein Gedicht. :-)

Zitat:
stolz überm Schalle der Fahrbahn prahlt
ein Farbenreich diesseits der Lüfte –

Der pathetisch-deklamierende Ton ist gewollt. In solchen Ausdrücken macht sich für mich das Erhabene, auch schrecklich-schöne der modernen Welt fest. Mit dem Gestus des Ölschinken-Malers, der überwältigt vor der Schönheit eines Motivs erschaudert, versuchen, die Erhabenheit des menschgemachten Großen, oft brachialen und erschlagenden, zu verstehen. Diese menschgemachte Umgebung ist schließlich das, was uns umgibt und prägt. Und auch, wenn ein pragmatischer und affektarmer Umgang mit dieser Umgebung gang und gebe ist, kann man ihr mit dem romantizistischen Auge doch auch beeindruckendes abgewinnen. Auch wenn einem diese Art zu blicken eher fremd ist, kann man in ihr vielleicht eine gewollte Naivität, oder einen Kniff zur Entfremdung der Realität sehen. In diesem Falle also ein Mittel, um die Realität aus ihrem Status als etwas selbstverständlichem zu heben. - Auf die vermeintliche Redundanz von "stolz" und "prahlen" gehe ich, entschuldige, jetzt nicht weiter ein. Wenn wir anfangen über Redundanzen zu reden, sind wir für meinen Geschmack viel zu sehr beim kleinkarierten Hin- und Herschieben von Brocken von Logik, als es dem Sprechen über Lyrik noch angemessen wäre. - Ein wenig am Rande der Schwülstigkeit rangieren die Verse, ja. Ich finde, die sollen das. :-) (Deine Version wäre aber ohne Bauchschmerzen denkbar.)

Zitat:
diese Augen gehören dir nicht;

...kommt unvermittelt, ja. Motivisch wird da an "hüpfäugig" und "Zu den Girlanden zenitwärts blick auf" angeknüpft. Die Abruptheit kann harscher, imperativer Ton sein. Wie schon "Was willst du hier – sag?". Muss aber nicht. Es kann auch einfach die etwas "out of the blue" (sic) kommende Feststellung sein, dass das alles hier, was dich so mächtig umfängt, und was dich so aufblicken macht, nicht deins ist. Noch nicht einmal die Augen, noch nicht einmal du selbst bist deins. Diese Feststellung ist so prekär, so erschlagend, dass sie für mein Gefühl ganz unvermittelt, ohne Einleitung, in dem Moment gesagt werden kann und muss, in dem sie gemacht wird. Ich kann Dein Befremden aber auch nachvollziehen.

Nochmal vielen Dank für Deine Zeilen, auch Dir noch einen schönen Sonntagabend!
Viele Grüße:

Oliver
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Aranka
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A
Beitrag04.11.2012 23:10

von Aranka
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Hallo Oliver,

danke für deine ausführliche Antwort. Gibst mir so eine gute Chance, dein Gedicht noch einmal mit etwas anderem Blickwinkel zu lesen. Ich empfinde deinen Text schon als einen bewusst gestalteten und mir ist es auch immer wichtig, den Ton eines Gedichtes und die Gestaltungsidee eines Textes zu erfassen und auch ernst zu nehmen.

Deine Antwort ist hilfreich und ich werde mich auch fragen, ob der text es nicht hätte alleine leisten können. Danke. Gruß Aranka


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firstoffertio
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Beitrag04.11.2012 23:25

von firstoffertio
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Huch, ich Einsiedlerkrebs beginne nach deinen Antworten etwas zu erahnen. Oft geht es mir so, dass auch die Erklärungen von Autoren mir nicht ganz eindeutig sind.

Aber kurz gefasst nun: Es ist darin eigentlich Zwiespältiges: Eine Bewunderung einerseits des LI für vieles menschlich technisch Errungene, eine Abweisung des Nostalgischen, ein Versuch das Ironische zwischen beidem festzumachen. Hier denke ich an die Fische, die einerseits blauäugig natürlich in den Köpfen schwimmen, andererseits in Riesenencontainerschiffen gefangen und in Dosen verarbeitet werden." Geh nicht zum Bach" als Warnung an den Romantiker, der noch in alten Idealen gefangen ist. Falls ich jetzt richtiger liege, lag ich vorher recht falsch, nicht?
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Oliver.Twist
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Beitrag05.11.2012 00:27

von Oliver.Twist
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Hey firstoffertio,

ich hoffe vor allem, Du liegst bequem... - Ich hab zwar selbst oft recht ausgeprägte Vorstellungen davon, was man in Lyrik hineininterpretieren darf, und was eben nicht. Vollkommene Beliebigkeit bringt nicht so viel Freude. -Aber Deine Vorschläge von vorgestern sind so verquer nicht. Und so konkret, wie du es jetzt eben geschrieben hast, brauchen wir das Gedicht auch gar nicht auf einen Punkt zu bringen. Ich glaube, so ein Gedicht eröffnet schon ein "Bedeutungsfeld", in dem einiges möglich ist. Manches ist geradeheraus verbalisierbar, anderes bleibt sehr viel subtiler...
Und ich mag Romantik. Und auch Nostalgie kann ich zumindest nachvollziehen. Natürlich sollte man sich in beidem nicht blindlings verlieren. Aber das Schöne erkennen zu wollen, und auch, es zum Ideal zu nehmen, ist, finde ich erst einmal, im Prinzip doch nicht das schlechteste.

Spricht man eigentlich von lyrischem Ich, wenn es so implizit ist wie in meinem Gedicht da? Ich hätte jetzt nicht "lyrisches Ich" dazu gesagt... Aber vielleicht kann mans sagen, das weiß ich gar nicht.

Schönen Abend noch, Du muschelbehaustes Schalentier.

Oliver
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gitano
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Beitrag05.11.2012 12:39

von gitano
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Für eine laute Lesung wäre ich gespannt welche Assoziationen ein Sprecher bei diesem Text herausstellt. Die Auswahl wäre groß....auch die Irrtumswahrscheinlichkeit was ein Publikum durch einmaliges Hören aufnehmen kann. Und dies bringt mich auf die Idee ein und den gleichen Text zweimal zu lesen...vielleicht auch dreimal...mit je verschieden herausgestellten Bildern. Ich glaube, nur in dieser Methode kann man solchen assoziativen Anklängen gerecht werden.
Die Akzeptanzschwelle ist bei einem lesungspublikum sicher besser als in der Lyrikszene selbst. Auch ich war gestern noch skeptisch beim Lesen heute suche und finde ich Bilder und schnelle Blitzlichter ...auch Fetzen..
und erst als einer der Kaleidoskopblicke sichtbares ergab kam die Anfreundung...Liebe ist es (noch?) nicht.

Liebe Grüße aus dem Taunus
gitano
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Oliver.Twist
Leseratte

Alter: 38
Beiträge: 123
Wohnort: Hamburg


Beitrag05.11.2012 22:48

von Oliver.Twist
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Hallo Gitano,

wenn ich ein Gedicht gesprochen höre, stellt sich bei mir ein ganz anderes Verstehen ein, als wenn ich es lese. Abhängig ist der Eindruck natürlich auch von der Art des Vortrags. Und bei mancher Lyrik kann ich bei einer gesprochenen Version nur einen Bruchteil dessen begreifen, das sich mir erschließt, wenn ich sie lese. Es ist halt das übersichtlichste, einen sprachlichen Inhalt derart vor sich ausgebreitet zu sehen, ihn in aller Ruhe betrachten zu können, und nicht in den zeitlichen Ablauf einer gesprochenen Botschaft gebannt zu sein. Daher finde ich es für viele Lyrik angemessen, wenn man sie sich zunächst über das Lesen erschließt. (Mein Gedicht da oben muss ich wohl dazuzählen...) Der Weg vom Lesen zum Vortrag, also das Überdenken und "Lebendigmachen" von Bedeutung und Sprachklang, ist ein richtig spannender Vorgang, das finde ich auch!

Viele Grüße!,
Oliver.
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