18 Jahre Schriftstellerforum!
 
Suchen
Suchabfrage:
erweiterte Suche

Login

Jetzt erhältlich! Eine Anthologie von und mit unseren Usern. Jetzt bestellen! Die erste, offizielle DSFo-Anthologie! Lyrikwerkstatt Das DSFo.de DSFopedia


Deutsches Schriftstellerforum Foren-Übersicht -> Prosa -> Werkstatt
Eine ehrliche Haut


 
 
Neues Thema eröffnen   Neue Antwort erstellen
 Vorheriges Thema anzeigen :: Nächstes Thema anzeigen  « | »  
Autor Nachricht
Thomas Martin
Geschlecht:männlichErklärbär
T

Alter: 31
Beiträge: 1
Wohnort: Gütersloh


T
Beitrag10.10.2012 18:29
Eine ehrliche Haut
von Thomas Martin
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Faruk war ein für seine Schafsinnigkeit geachteter junger Mann. Er lebte in einem kleinen Dorf im Atlasgebirge, weit ab von jeglicher Zivilisation. Bereits vor vielen Generationen hatten sich seine Vorfahren auf einem Hochplateau angesiedelt und sein Dorf gegründet. Es war ein Dorf wie jedes andere auch, abgesehen von einer kleinen Besonderheit: Die Einwohner konnten nicht lügen. Nie hatte es ihnen jemand beigebracht und es war auch nie jemand auf die absurde Idee gekommen die Unwahrheit zu sagen. Abgesehen von dieser kleinen Ungewöhnlichkeit war das Dorfleben harmonisch und friedfertig.

Von dem Hochplateau auf dem die Siedlung lag, konnte man leicht weite Teile des Landes überblicken und bei besonders klarem Wetter meinte Faruk in der Ferne ein metallisches Glänzen erkennen zu können. Auch wenn noch niemand jemals das Dorf in Richtung des Glanzes verlassen hatte, waren die meisten Dorfbewohner davon überzeugt, dass es sich dabei um etwas Fremdes möglicherweise sogar Gefährliches handeln musste. Denn der klare Bach, der die gesamte Bevölkerung mit Wasser versorgte und in der in der Nähe des Dorfes entsprang, trübte sich immer mehr je näher er dem seltsamen Glänzen kam. Aufgrund dieses bösen Omens hatte sich bisher auch nie jemand getraut in Richtung des Dämonenspiegels, wie ihn die Dorfbewohner nannten,  zu wandern.

Faruk war ein braver Junge. Er mochte das Leben in seinem Dorf. Sein Vater war dort aufgewachsen, ebenso sein Großvater und die Generationen vor ihm. Eigentlich zog ihn nichts von dort weg, doch als er sich eines Tages auf der Suche nach Brennholz in die unteren Bereiche des Berges begeben hatte, erspähte er einen großen majestätisch wirkenden Vogel. Wie ein in Vergessenheit geratener Gott zog er einsam und mächtig seine Bahnen durch die Lüfte. So etwas Erhabenes und Prachtvolles hatte Faruk noch nie gesehen. Er wollte mehr von dem Wesen sehen, doch da flog es schon weiter. Angezogen von seiner Erscheinung folgte Faruk dem ihm unbekannten Vogel weiter ins Tal hinab. Das geflügelte Wesen weckte seine Abenteuerlust. Wenn dieser Vogel es schafft den Berg zu verlassen, würde er das auch können. “Er wird mich von nun an leiten.”, dachte Faruk und lief ihm wie berauscht hinterher. Unbemerkt glitt er auf Wellen der Euphorie und Neugier immer weiter in Richtung des Glänzens. Auf seinem Weg rauschten ihm Myriaden von Einfällen und Gedanken wie Wasserfälle durch den Kopf. Seine Kindheit, seine Freunde, seine Träume. Hatte er nicht schon oft davon geträumt, das Dorf zu verlassen? Wollte er nicht immer schon einmal so frei sein wie der Vogel, dem er folgte? In Gedanken versunken lief er weiter. Da erspähte er auf dem Boden einen glitzernden Stein. Erwartungsvoll griff er danach. Sollte ihn nun auch noch das Glück umarmt haben? Gespannt untersuchte er den Gesteinsbrocken. Doch von nahem betrachtet verlor er sein glitzerndes Kleid- es handelte sich um gewöhnlichen Schiefer.

Als er wieder aufblickte hatte er den majestätischen Vogel aus den Augen verloren. Verzweifelt suchte er den Horizont ab. Wo war er? Wie sollte es nun weitergehen? Er war Faruks einzige Orientierungsmöglichkeit. Wem sollte er nun folgen? Die kalte Hand der Einsamkeit griff nach Faruk, hielt ihn in ihren Klauen gefangen und zerdrückte seine Hoffnung auf ein neues Leben. Doch dort am Horizont-eine Silhouette! Faruk rannte. Er rannte so schnell wie er noch nie gerannt war. Sein Atem ging schneller und schneller. Schweiß rann ihm übers Gesicht. Der Vogel war hinter einer Hügelkuppe verschwunden, doch gleich musste er ihn erreicht haben. Als er den Hügel erklommen hatte, saß der Vogel bereits dort und sah in erwartungsvoll an. So nah war Faruk ihm noch nie gekommen. Endlich konnte er alle Einzelheiten seines Gefieders erkennen. Es schimmerte hell und leuchtend. Das Tier schien eine Aura pulsierender Energie zu umgeben. Bevor ihm Faruk noch näher kommen konnte, erhob sich der Vogel um wieder seinen Thron der Lüfte zu besteigen. Immer noch berauscht von seinem Anblick beobachtete er den Aufstieg des Geflügelten. Plötzlich zerreißt ein gellender Blitz die Prozession. Die Majestät der Lüfte fällt. Dunkler Regen befleckt den Boden unter ihm. Der Zauber ist gebrochen.

Ein Mann trat aus dem Dickicht eines Busches. Er war grün gekleidet und hatte seine Kapuze tief ins Gesicht gezogen, sodass Faruk ihn nicht hatte erkennen können. In der Hand trug er ein Gewehr. “Ja ich habe ihn erwischt! Ein Blattschuss!”, freute er sich. Auf Faruks zornige Frage wie er es wagen könnte ein solch magisches und erhabenes Tier zu töten, entgegnete er lediglich: “Das ist doch nur ein Vogel. Die fliegen hier doch zu Millionen rum. Außerdem mag meine Frau solche Tiere. Am liebsten mit Reis.” Auf die Frage warum er überhaupt jage, hatte er jedoch nur eine seltsame Antwort. Er sei gerne in der Natur und erfreue sich daran. Und dann brachte er sie um? Als ihn Faruk auf den offensichtlichen Fehler in seiner Argumentation hinwies, reagierte der Jäger verärgert. Er mache das ja schließlich nicht aus Lust am Töten, sondern weil es ihn entspanne. Er könne ja jederzeit damit aufhören. Allerdings mochte seine Frau es, wenn er für einige Zeit nicht zuhause war und so ermögliche er ihr einige Zeit für sich. “Was für ein grausamer Mensch”, dachte Faruk.

Zumindest erklärte der Mann sich bereit Faruk mit in die Stadt zu nehmen. Und je näher sie dieser mit dem Auto kamen, desto klarer wurde es ihm, dass es sich dabei um das Glänzen handeln musste. Sie passierten merkwürdige, riesige Gebäude. Von Zeit zu Zeit erzählte ihm der Jäger um was für Häuser es sich dabei handele. Manche von ihnen wirkten so gigantisch und beeindruckend, dass Faruk kaum glauben konnte, dass darin Kleidung hergestellt oder Kühe geschlachtet wurden. Nach einiger Zeit erspähte er ein besonders prachtvolles Gebäude. Es war groß angelegt, Säulen schmückten seine Eingangshalle und die mit allerlei Erkern verzierte Fassade war in hellen Rosatönen gestrichen. Die Fenster waren mit langen Vorhängen verhangen, doch von Zeit zu Zeit meinte Faruk leuchtende Katzenaugen dahinter zu erkennen. Dort musste ein König wohnen! Nur ein sehr reicher Mann könnte sich solch einen Palast leisten. Als er seinen Begleiter darauf ansprach, lachte der nur und erklärte, dass man sich in diesem Haus Freude kaufen konnte. Allerdings nur stundenweise. Das verstand Faruk nicht. Auch die ärmlich gekleideten Frauen, die aus dem Gebäude traten, schienen nicht besonders erfreut zu sein. “Was für eine paradoxe Stadt”, dachte Faruk.   

In der Stadt angekommen lief er einige Zeit lang orientierungslos durch die Straßen. Doch je länger er herumirrte, desto enttäuschter war er. Er wusste nicht was er erwartet hatte, doch dies war es nicht. Es bedeutete nicht die ersehnte Möglichkeit auf ein neues Leben. In solch einer Umgebung würde er sich wahrscheinlich niemals zurechtfinden. Das Glänzen hatte seinen Zauber verloren. Graue Asche der Enttäuschung verdunkelte Faruks Traumbild.

Nach einiger Zeit kam Faruk auf einen großen Platz auf dem sich viele Menschen versammelt hatten. Kaum hatte er den Platz betreten wurde er von einem gut gekleideten Herrn  angesprochen, der ihm von der Stadt erzählte, wie sehr ihm die Einwohner am Herzen lägen und was er gerne verändern würde. Da ihn als Gast die Geschehnisse innerhalb des Ortes recht wenig angingen, entgegnete Faruk lediglich, dass ihm die Stadt und deren Bewohner gleichgültig seien. Daraufhin versprach ihm der beredsame Mann Geld und persönliches Glück. Dafür müsste er demnächst lediglich ein Kreuz auf einem Zettel machen. Doch als Faruk ihm eröffnete, dass er nur Gast in der Stadt sei, wandte sich der gut gekleidete Mann schnell wieder ab. Kurz darauf kam ein anderer Mann auf ihn zu und versprach ihm dieselben Dinge wie der erste. Auch dafür solle er nur ein Kreuz für ihn auf einem Zettel machen. Faruk war verwirrt. Hatten ihm nicht beide das gleiche versprochen? Machte es da überhaupt einen Unterschied was er ankreuzte? Natürlich mache es das, entgegnete der Mann. Die andere Seite würde die Stadt ruinieren. “Was für absurde Menschen doch in dieser Stadt leben”, dachte Faruk.  

Nachdem Faruk nun einige Zeit in der wunderlichen Stadt zugebracht hatte, beschloss er sich zu verlieben. Möglicherweise würde er dann die Menschen hier besser verstehen. Also ging er durch die Straßen und suchte eine Frau. Als ihm schließlich ein passendes Exemplar ins Auge fiel, sprach er sie an und eröffnete ihr, dass er gerne mit ihr kopulieren würde. Doch entgegen allen Erwartungen hatte sein Vorhaben nicht den gewünschten Erfolg und die Frau lief davon, nannte ihn einen Schmutzfink und rief nach der Polizei. Diese erschien schließlich auch, nachdem es Faruk bei einigen weiteren Frauen und einem frauenähnlichen Mann versucht hatte. Die Polizisten brachten ihn auf das Revier um ihn dort zu befragen. Dort musste er allerlei seltsame Fragen beantworten. Die Beamten wollten ihm nicht glauben, dass er aus den Bergen stamme und deswegen in keiner Einwohnerliste verzeichnet war. Warum glaubten sie ihm nicht wenn er es doch sagte? Schließlich tauchten zwei weitere uniformierte Männer auf, die ein Gespräch mit ihm begannen. “Wie geht es Ihnen Herr Faruk?” Nachdem er den beiden seine emotionale Verfassung, das leicht taube Gefühl seines rechten mittleren Zehs und seine unerfüllten Hoffnungen auf die Position als Holzbeauftragter in seinem Dorf erläutert hatte, sahen ihn die beiden Männer völlig verdattert an. Schließlich fand der kleinere der Beiden seine Sprache wieder und fragte mit unsicherer Stimme wie ihm denn die Stadt gefalle. “Ich finde sie absolut grauenhaft. Ich habe versucht mich anzupassen und die Lebensweisen hier kennen zu lernen, doch es geht nicht. Ich würde lieber allein mit einem Rudel hungriger Wölfe in einer Höhle leben, als in dieser Stadt. Bei den Wölfen weiß man zumindest woran man ist.”, antwortete Faruk wahrheitsgemäß. Dann fragten sie ihn ob er die Frauen auf der Straße sexuell belästigt habe. Natürlich hatte er das nicht. Er wollte sich lediglich verlieben. Doch auch diese Antwort schien die Polizisten nicht zufriedenzustellen. “Wollen sie mich eigentlich veralbern? Halten sie mich für einen Idioten? Ich kenne eure Tricks doch”, schrie ihn der größere der beiden Beamten an. “Nein veralbern will ich sie nicht, eigentlich möchte ich nur hier heraus, denn allmählich beginnen sie mich  mit ihren Fragen zu nerven. Und ja, ich halte sie tatsächlich für einen Idioten. Warum sollten sie mich sonst immer wieder das Gleiche fragen?”, entgegnete Faruk. Daraufhin wurde er aus Gründen, die er nicht verstand in eine Zelle geworfen. “Was für seltsame Umgangsformen diese Menschen doch haben”, dachte Faruk.

In seiner Zelle war er allerdings nicht allein. Fünf weitere Mithäftlinge teilten mit ihm den engen und kahlen Raum. Überraschenderweise konnten sie alle nicht verstehen, warum sie eingesperrt worden waren. Sie seien unschuldig, versicherten sie Faruk. Das verwirrte ihn. Als es Abend wurde, erhielt jeder der Insassen ein karges Mahl, das kaum sättigen konnte. Ein großer, bulliger Häftling namens Judd forderte daraufhin einen Zellengenossen auf ihm sein Essen zu geben. Dieser verneinte das jedoch, da er selbst hungrig sei. Daraufhin kam es zu einer Auseinandersetzung zwischen den beiden, wobei Judd schließlich seinem Mithäftling einen solch heftigen Schlag verpasste, dass dieser durch die Luft geschleudert wurde und regungslos in einer Ecke liegen blieb. Während des ganzen Geschehens standen die anderen Häftlinge nur unbeteiligt dabei, einige wandten sich sogar davon ab. Faruk war geschockt und unfähig etwas zu tun. Ein Gefühl von Hilflosigkeit machte sich in ihm breit. Nach dem Kampf forderte Judd von den anderen Insassen, dass sie den Wärtern nichts von dem Geschehenen berichten sollten. Der Verletzte habe sich lediglich am Bett gestoßen. “Aber das stimmt doch nicht! Die Wärter haben ein Recht zu erfahren was hier passiert ist!”, rief Faruk. “Niemand hat ein Recht auf Wahrheit. Du wirst lügen. Denk dir von mir aus irgendetwas anderes aus, aber du wirst nicht erzählen was hier passiert ist. Ansonsten passiert mit dir das gleiche wie mit dem Haufen Elend dahinten!”, sagte Judd und baute sich bedrohlich vor ihm auf. Da traf Faruk die Erkenntnis. Das stimmte nicht mit dieser Stadt. Sie war krank und hohl. Ein schwelender Brand der Unwahrheit höhlte sie aus und verbrannte das Gemeingefühl ihrer Bewohner. Die restlichen Tage in der Zelle verbrachte Faruk hinter einem Schild von Schweigen bis er schließlich wieder in die vermeintliche Freiheit entlassen wurde.

Lügen. Sie schienen ihn zu umgeben. Sie schrien ihn an, verhöhnten ihn von allen Seiten. Auf Plakaten, in Zeitungen oder im Fernsehen starrten sie ihn an. Ihr hässliches Antlitz machte Faruk zu einem Getriebenen. Er lief und lief, flüchtete sich in abgelegene Gassen um Schutz in der Dunkelheit zu suchen. Doch selbst dort verfolgte ihn die böse Fratze der Lüge. Sie lauerte hinter der Fassade eines jeden Obdachlosen, eines jeden Polizisten, ja eines jeden Einwohners dieser verkommenen Stadt. Sie trieb ihn hinaus, hinaus in die weite Steppe in der er endlich wieder vom Duft der Freiheit umhüllt wurde. Dieser trug ihn wie eine weiße Feder im Wind zurück in sein Dorf. Ganz ehrlich.

Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
G.T.
Geschlecht:männlichKlammeraffe
G

Alter: 38
Beiträge: 674



G
Beitrag13.10.2012 21:16

von G.T.
Antworten mit Zitat

Moin!

Falls du dich wunderst, dass keiner auf deinen Text eingeht: Er ist viel zu lang (über 2000 Worte), das erschlägt einen ja. Mangelnde Absätze in Dialogen verschlimmern das noch. 800 Worte reichen völlig.
Und es wird auch gerne gesehen, wenn sich ein Neuer auf dem Roten Teppich vorstellt, dann wissen wir auch eher, was du mit deinen Texten erreichen willst etc. pp.

Mehr sag ich mal nicht. Wenn du Feedback willst, würde ich dringend raten, zu kürzen und dich vorzustellen.
Das Wort "Schafsinnigkeit" ist übrigens herrlich, das klau ich mir!  Razz

Gruß!    G.T.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
wunderhuhn
Leseratte


Beiträge: 171

Der bronzene Spiegel - Prosa


Beitrag13.10.2012 22:38
Re: Eine ehrliche Haut
von wunderhuhn
Antworten mit Zitat

Hallo Thomas,

ich habe deinen Text gelesen und im folgenden ein paar Anmerkungen dazu gemacht. Du hast bisher nichts dazu gesagt, was du dir von den Kritiker_innen hier wünscht, oder anderweitig etwas zu dir geschrieben, darum kann ich nur sagen, was mir besonders aufgefallen ist.
Hier und da gibt es kleinere Kommafehler, lies da noch mal genauer drüber (picke ich jetzt nicht im einzelnen raus).


Edit: G.T. ist mir mittlerweile schon zuvorgekommen, ich schicke trotzdem mal ab.


Thomas Martin hat Folgendes geschrieben:

Bereits vor vielen Generationen hatten sich seine Vorfahren auf einem Hochplateau angesiedelt und sein Dorf gegründet. Es war ein Dorf wie jedes andere auch […]

Schlechte Idee, lieber genauer beschreiben, wie man sich das Dorf vorzustellen hat. Kann ja sein, dass ich, wenn ich an ein Dorf denke, grüne Wiesen und Kühe darauf vor Augen habe - das wird bei einem Dorf in einem Gebirge aber wohl nicht der Fall sein, deshalb würde ich mir hier mehr Beschreibungen wünschen.


Thomas Martin hat Folgendes geschrieben:

Von dem Hochplateau auf dem die Siedlung lag, konnte man leicht weite Teile des Landes überblicken und bei besonders klarem Wetter meinte Faruk in der Ferne ein metallisches Glänzen erkennen zu können. Auch wenn noch niemand jemals das Dorf in Richtung des Glanzes verlassen hatte, waren die meisten Dorfbewohner davon überzeugt, dass es sich dabei um etwas Fremdes möglicherweise sogar Gefährliches handeln musste. […]

Der Wechsel von Faruk auf das seltsame Glänzen, das die Dorfbewohner beunruhigt, ist recht gut gemacht. Im Gegenzug finde ich dann allerdings den Wechsel zurück mit dem Satz "Faruk war ein braver Junge" etwas zu abrupt.


Thomas Martin hat Folgendes geschrieben:

Faruk war ein braver Junge. Er mochte das Leben in seinem Dorf. Sein Vater war dort aufgewachsen, ebenso sein Großvater und die Generationen vor ihm. Eigentlich zog ihn nichts von dort weg, doch als er sich eines Tages auf der Suche nach Brennholz in die unteren Bereiche des Berges begeben hatte, erspähte er einen großen majestätisch wirkenden Vogel. Wie ein in Vergessenheit geratener Gott zog er einsam und mächtig seine Bahnen durch die Lüfte. […] Auf seinem Weg rauschten ihm Myriaden von Einfällen und Gedanken wie Wasserfälle durch den Kopf. Seine Kindheit, seine Freunde, seine Träume. Hatte er nicht schon oft davon geträumt, das Dorf zu verlassen?

Die beiden fett markierten Stellen widersprechen sich meines Erachtens; zumindest bin ich beim Lesen drüber gestolpert.
"Wie ein in Vergessenheit geratener Gott": schöner Vergleich, gefiel mir.


Thomas Martin hat Folgendes geschrieben:

In Gedanken versunken lief er weiter. Da erspähte er auf dem Boden einen glitzernden Stein. Erwartungsvoll griff er danach. Sollte ihn nun auch noch das Glück umarmt haben? Gespannt untersuchte er den Gesteinsbrocken. Doch von nahem betrachtet verlor er sein glitzerndes Kleid- es handelte sich um gewöhnlichen Schiefer.

Hier fiel mir auf, dass ich überhaupt keine Vorstellung von der Umgebung habe, in der sich Faruk gerade befindet. Ist er noch in dem Wald (war das überhaupt ein Wald? Das hast du nicht beschrieben), wo er Brennholz suchen wollte, ist er zwischen Geröll auf einem Abhang des Berges…?


Thomas Martin hat Folgendes geschrieben:

Ein Mann trat aus dem Dickicht eines Busches. Er war grün gekleidet und hatte seine Kapuze tief ins Gesicht gezogen, sodass Faruk ihn nicht hatte erkennen können. In der Hand trug er ein Gewehr. “Ja ich habe ihn erwischt! Ein Blattschuss!”, freute er sich. Auf Faruks zornige Frage wie er es wagen könnte ein solch magisches und erhabenes Tier zu töten, entgegnete er lediglich: […]

Wie kommt es, dass Faruk und der Mann einander verstehen können, wenn Faruks Dorf so weit abgelegen ist? Hier fehlte mir auch ein bisschen die Angabe eines Genres. Bei einem Märchen oder einer Fabel wäre es in Ordnung, wenn Figuren einander einfach kommentarlos verstehen können, da braucht das m.E. nicht unbedingt hinterfragt zu werden, aber da ich mir hier nicht sicher bin, welchem Genre ich den Text zuordnen soll, merke ich es mal an.


Der Vogel scheint leider nur Mittel zum Zweck zu sein, um Faruk in diese Stadt zu bekommen, kann das sein? Finde ich etwas unglücklich gelöst.


Thomas Martin hat Folgendes geschrieben:

Das Glänzen hatte seinen Zauber verloren.

Hier habe ich mich gefragt, ob damit vielleicht das Glänzen vom Anfang gemeint sein könnte, vor dem die Bewohner von Faruks Dorf Angst haben? D.h., die Stadt, die (in ihren Augen) unverständlichen Lebensgewohnheiten?


Der Teil mit den Wahlversprechen ist eine nette Parodie, allerdings begann es mich da ein bisschen zu nerven, dass Faruk nach jedem Absatz immer nur solche "Was für ein grausamer Mensch"-, "Was für eine paradoxe Stadt"-Sätze denkt, die wenig über Faruk aussagen. Da sich das aber durch den Text fortsetzt (bin noch nicht durch mit Lesen und schreibe meine Kommentare währenddessen), scheint es sich auch eher um eine Art Parabel zu handeln, bei der Faruk wohl eher "Träger" einer Idee (bzw. einer Gegenidee zu all dem, was er erlebt) ist denn eine echte, für sich selbst stehende Figur. Wieder wäre es gut, wenn man das Genre wüsste, dem du deinen Text zuordnest.



Thomas Martin hat Folgendes geschrieben:

Nachdem Faruk nun einige Zeit in der wunderlichen Stadt zugebracht hatte, […]

Wo denn eigentlich? Wohnt er bei dem Mann, der ihn mitgenommen hat? Das geht mir jetzt alles ein bisschen zu schnell.

Thomas Martin hat Folgendes geschrieben:

“Ich finde sie absolut grauenhaft. Ich habe versucht mich anzupassen und die Lebensweisen hier kennen zu lernen, doch es geht nicht. Ich würde lieber allein mit einem Rudel hungriger Wölfe in einer Höhle leben, als in dieser Stadt. […]

Warum geht er eigentlich nicht einfach wieder nach Hause, wenn es ihm nicht gefällt? Kann er nicht? Findet er nicht zurück? Hat er keinen Kontakt mehr zu dem Mann vom Anfang?


Thomas Martin hat Folgendes geschrieben:

Lügen. Sie schienen ihn zu umgeben. Sie schrien ihn an, verhöhnten ihn von allen Seiten. Auf Plakaten, in Zeitungen oder im Fernsehen starrten sie ihn an. Ihr hässliches Antlitz machte Faruk zu einem Getriebenen. Er lief und lief, flüchtete sich in abgelegene Gassen um Schutz in der Dunkelheit zu suchen. Doch selbst dort verfolgte ihn die böse Fratze der Lüge. Sie lauerte hinter der Fassade eines jeden Obdachlosen, eines jeden Polizisten, ja eines jeden Einwohners dieser verkommenen Stadt. Sie trieb ihn hinaus, hinaus in die weite Steppe in der er endlich wieder vom Duft der Freiheit umhüllt wurde. Dieser trug ihn wie eine weiße Feder im Wind zurück in sein Dorf. Ganz ehrlich.

Dieser Absatz ist sprachlich schön, zündet für mich aber nicht richtig, weil Faruk für mich eine (um es mal in deinen Worten zu sagen) hohle Figur bleibt. Jede andere Figur könnte seinen Platz einnehmen, weil er keine Alleinstellungsmerkmale hat außer der Tatsache, dass er eben aus diesem Bergdorf kommt und wie alle Bewohner dort immer die Wahrheit sagt. Das war es aber auch schon, ich konnte keine Charakterzüge an ihm entdecken, die irgendwie bemerkenswert wären. Für eine Parabel oder ein Gleichnis ist es wohl okay, dann würde ich aber überlegen, ob Faruk wirklich einen Namen haben sollte oder ob er vielleicht lieber als "der Junge" oder etwas Ähnliches, Allgemeineres bezeichnet werden sollte, wie das (zumindest nach meiner Erfahrung) oft in Parabeln gemacht wird.

Den letzten Satz würde ich weglassen, der wirkt in meinen Augen oberlehrerhaft und ruiniert das Ende mit einer unnötigen (und noch dazu seltsamen) Pointe.


Würde mich freuen, wenn du dich nochmal melden würdest.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Beiträge der letzten Zeit anzeigen:   
Neues Thema eröffnen   Neue Antwort erstellen
Seite 1 von 1

Deutsches Schriftstellerforum Foren-Übersicht -> Prosa -> Werkstatt
Du kannst keine Beiträge in dieses Forum schreiben.
Du kannst auf Beiträge in diesem Forum nicht antworten.
Du kannst Deine Beiträge in diesem Forum nicht bearbeiten.
Du kannst Deine Beiträge in diesem Forum nicht löschen.
Du kannst an Umfragen in diesem Forum nicht teilnehmen.
In diesem Forum darfst Du keine Ereignisse posten
Du kannst Dateien in diesem Forum nicht posten
Du kannst Dateien in diesem Forum nicht herunterladen
 Foren-Übersicht Gehe zu:  


Ähnliche Beiträge
Thema Autor Forum Antworten Verfasst am
Keine neuen Beiträge Feedback
Eine Frau wie ich hat immer ein Gehei...
von Hera Klit
Hera Klit Feedback 0 23.04.2024 09:26 Letzten Beitrag anzeigen
Keine neuen Beiträge Rezensionen
,,Die Ärztin“- ein Theaterstück m...
von Oneeyedpirate
Oneeyedpirate Rezensionen 0 19.04.2024 22:53 Letzten Beitrag anzeigen
Keine neuen Beiträge Roter Teppich & Check-In
Hallo an alle und eine kleine Vorstel...
von Oneeyedpirate
Oneeyedpirate Roter Teppich & Check-In 2 18.04.2024 22:53 Letzten Beitrag anzeigen
Keine neuen Beiträge SmallTalk im DSFo-Café
Machen Sie eine typische Handbewegung
von hobbes
hobbes SmallTalk im DSFo-Café 1 17.04.2024 13:23 Letzten Beitrag anzeigen
Keine neuen Beiträge Redlight District
Felsenthron (eine Liebeserklärung)
von V.K.B.
V.K.B. Redlight District 3 10.04.2024 23:27 Letzten Beitrag anzeigen

BuchEmpfehlungEmpfehlungBuchBuchEmpfehlungEmpfehlungEmpfehlungEmpfehlungBuch

von Günter Wendt

von mondblume

von EdgarAllanPoe

von Magpie

von BiancaW.

von Beobachter

von Nina

von d.frank

von Mana

von Murmel

Impressum Datenschutz Marketing AGBs Links
Du hast noch keinen Account? Klicke hier um Dich jetzt kostenlos zu registrieren!