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berlin


 
 
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fictionality
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Beitrag14.08.2012 21:58
berlin
von fictionality
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

berlin

an jeder ecke
wurde mir ein döner
versprochen

(trotzdem schweiften meine augen
hungrig über die neonreklame
am ku'damm)

an jeder ecke
wurde mir eine großstadt
versprochen

(die ich vor lauter
bäumen manchmal
nicht erkennen konnte)

an jeder ecke
setzt man einen link
auf den berliner charme

(der in real life von
parolengrölenden nazis auf
rechts umgeleitet wird)

an jeder ecke
sieht man den bläulichen
schimmer von brandenburg

(der alles wie klebstoff
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lilli.vostry
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Beitrag14.08.2012 22:21
aw:berlin
von lilli.vostry
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Hallo Fictionality,

hm. Stünde da nicht der Titel "Berlin", könnte Deine Beschreibung dieser Stadt weitgehend auf fast jede andere deutsche Großstadt zutreffen, abgesehen von den Eigennamen Kudamm und Brandenburg...

Das LI ist enttäuscht, dass es dort nicht viel anders als anderswo in der Provinz aussieht und zugeht: Döner, Neonreklame, gar störende Bäume und grölende Nazis...

Es ist m.E. auch keine Lyrik, sondern ein Prosatext mit Zeilenfall.
Die Form ist auch nicht durchgängig beibehalten; erst heißt es "wurde mir versprochen... usw."; dann ganz allgemein von "man" gesprochen, wird noch weiter weggerückt von den eigenen Aussagen.

Überzeugt mich nicht trotz interessanter Grundidee.

Grüße,
Lilli


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fictionality
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Beitrag17.08.2012 10:10

von fictionality
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Hallo!

Also ich finde schon dass es sich um Lyrik handelt. Vielleicht keine, die in eine der Kategorien hier passt (weshalb ich den Text auch unter "Sonstiges" eingeordnet habe), aber eben doch Lyrik. Vielleicht "freie Lyrik"?

Es ist ein Text über meine eigenen Erfahrungen während eines Berlin-Besuchs. Das habe ich alles selbst erlebt. Dass ich von "ich" zu "man" wechsle, stört den Lesefluss m. E. nicht.

Gruß, Sven


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jim-knopf
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Beitrag17.08.2012 14:29

von jim-knopf
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guten tag,

da ja letztendlich das einzig haltbare kriterium für ein gedicht der zeilenumbruch ist, so ist natürlich auch dieser text ein gedicht. ganz davon abgesehen, dass die einteilung in lyrik, prosa und sonstwas eigentlich nur von wissenschaftlicher bedeutung und für uns schreibende völlig irrelavant sein sollte, so kann es meiner meinung nach auch kein qualitätskriterium sein, wie sehr sich ein text in ein vorgefertigtes gattungsschema zwängen lässt. gerade weil sich die literatur doch gerade dadurch auszeichnet, dieser vorgefertigten schemata regelmäßig zu durchbrechen. so lässt sich ein großer teil der gedichte im zwanzigsten jahrhundert auch einfach in prosa lesen. lyrik sind sie trotzdem. gute lyrik sogar teilweise. ein argument ist das also nicht. vor allem kein argument, dass mit der qualtität des textes etwas zu tun hat.

zum anderen finde ich den übergang von der ich-form zur man-form durchaus machbar und schlüssig. grade den letzten abschnitt mit brandenburg und dem klebstoff finde ich gelungen. auf der anderen seite muss ich fictionality doch insofern zustimmen, dass das ganze noch ein wenig austauschbar wirkt. bis auf die berlinspezifischen bezeichnungen wenig individuell, was dem ganzen vielleicht ein wenig die spannung nimmt. trotzdem finde ich es lyrisch interessant umgesetzt. ein wenig mehr kanten (wie sie berlin doch zweifelsohne hat) würden dem ganzen vielleicht noch ganz gut tuen.

viele grüße
roman


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Gast







Beitrag17.08.2012 19:28

von Gast
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hi jim,

das
Zitat:
da ja letztendlich das einzig haltbare kriterium für ein gedicht der zeilenumbruch ist, so ist natürlich auch dieser text ein gedicht.
ist deine ziemlich unmaßgebliche ansicht, die von so gut wie niemandem, der ernsthaft sich mit lyrik beschäftigt, geteilt wird. die ansicht, daß zu lyrik mehr gehört als willkürlich gesetzte zeilenumbrüche, werden dir übrigens auch die meisten derer bestätigen, die selbst aus untschiedlichstem grund vers libre schreiben und formlyrik als veraltet ablehnen.

kunst ist nicht beliebig, dichtkunst auch nicht. dein haltung würde bedeuten, daß jeder selbst festlegt, was lyrik ist. dann aber kannst du die hier geübte verfahrensweise, nicht veröffentlichungsfähige texte in die werkstatt zu verschieben, umgehend auf den müllhaufen werfen, weil jeder sagen kann: das ist für ein gedicht und ende der ansage.

eigentlich läuft es immer wieder darauf hinaus, welche qualitätskritieren lasse ich denn dafür zu, um mit ihnen nachvollziehbar zu bewerten, was lyrik ist und was gestammel, prosa oder sonstwas.

dieser text ist in der tat grenzwertig, da er bis auf
Zitat:
an jeder ecke
sieht man den bläulichen
schimmer von brandenburg

(der alles wie klebstoff
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eine ansammlung durch banaler trivialitäten bringt. zum glück hat er eine gestalterische struktur, also eben doch eine form, so daß man hier unter dem zudrücken aller augen, auch der hühneraugen, von lyrik sprechen kann. und, da ich berlin gut kenne, man kann der gesamtschau etwas abgewinnen, das ist schon recht treffen, aber nicht aufregend.

wäre da nicht
Zitat:
an jeder ecke
sieht man den bläulichen
schimmer von brandenburg

(der alles wie klebstoff
zusammen hält)
das hat was, in der tat, und entschädigt fast für den trivialen rest, aber eben nur fast. sag mal, lieber fictionality, hast du davon mehr? dafür
Zitat:
an jeder ecke
sieht man den bläulichen
schimmer von brandenburg

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könnte ich mich wirklich ganz erheblich erwärmen! Wink

lg w.
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fictionality
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Beitrag17.08.2012 20:44

von fictionality
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Also, prinzipiell teile ich Romans Meinung über Lyrik. Zwar gibt es Kriterien, diese sollten aber gerade Lyriker nicht allzu ernst nehmen, da Lyrik doch die freieste Ausdrucksform von allen ist, in der Experimente nicht nur erlaubt, sondern erwünscht sind.

@ Walther: Ja, natürlich habe ich noch mehr Texte. Nach und nach stelle ich sie hier ein. Es ist eben ein ganz persönlicher Text, weil er meine Erfahrungen in Berlin 1:1 wiederspiegelt. Da könnte man kritisieren, dass er nicht objektiv genug ist. Mag sein. Dennoch ist er für mich etwas Besonderes. Ich habe versucht, durch die letzten beiden Absätze etwas mehr Objektivität hereinzubringen, was mir beim letzten, wie du schon erwähnst, auch gelungen ist.

Üblicherweise veröffentliche ich hier nur bereits publizierte Texte, zum einen wegen Copyrights, zum anderen, weil es m. E. ein Kriterium dafür ist, ob der Text auch hier reingehört.

Danke für die Anmerkungen! Vielleicht schau ich noch mal drüber, vielleicht fällt mir ja auch hier und da was Besseres ein.

Gruß, Sven


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jim-knopf
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Beitrag17.08.2012 21:23

von jim-knopf
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guten abend,

Zitat:
Zitat:
da ja letztendlich das einzig haltbare kriterium für ein gedicht der zeilenumbruch ist, so ist natürlich auch dieser text ein gedicht.
ist deine ziemlich unmaßgebliche ansicht, die von so gut wie niemandem, der ernsthaft sich mit lyrik beschäftigt, geteilt wird.


eine definition von lyrik ist bekanntermaßen sehr schwierig, da sich für jede definition ettliche gegenbeispiele aus der literatur bringen lassen. das ist eine frage, die, wie ich schon sagte, für die literaturwissenschaft wichtig ist. die literaturwissenschaft sucht nach zusammenhängen und möchte eine passende definition für jegliche lyrik bringen. es ist dabei völlig unerheblich, ob es dabei um gute oder schlechte lyrik geht. die formenvielfalt vor allem des zwanzigsten jahrhunderts hat so eine allgemeine definition allerdings fast unmöglich gemacht. das einzige formale kriterium das übrig geblieben ist, ist der zeilenumbruch. Jedes Gedicht besitzt Zeilenumbrüche. Tut ein Text das nicht, so ist er kein Gedicht. Und das ist keine unangemeßene meinung, das ist die lehrmeinung der literaturwissenschaft. der kleinste gemeinsame nenner. anders lässt sich er sich nirgendwo festlegen. wie auch? nochmal: es geht gar nicht um gute oder schlechte lyrik. es geht um charakterisietungen. eine definition, nachdem prosa mit zeilenumbrüchen keine lyrik ist (und deshalb weniger wert), ist nicht haltbar. das ist wischiwaschi, das ist willkürlich. und wir reden hier von wissenschaftlichkeit, weil es außerhalb der wissenschaft eine definition von lyrik nicht braucht. eine defintion von lyrik ist immer wissenschaftlich, weil sie nur so sinn macht. aber außerhalb davon ist sie nutzlos und taugt vor allem nicht zum erkennen der qualität eines textes. ein text kann schlecht sein. aber er ist nicht schlecht, weil er keine lyrik ist. und nur weil ein gedicht schlecht ist, ist es noch lange keine lyrik mehr. der begriff lyrik hat nichts mit qualität zu tun. es gibt auch schlechte romane oder schlechte theaterstücke. und wenn ich die jegliche lyrik - wie schon gesagt - auf einen gemeinsamen nenner bringen will, dann bleibt als einziges kriterium, das jedes gedicht umfasst, nur der zeilenumbruch.

gruß
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jim-knopf
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Beitrag17.08.2012 21:26

von jim-knopf
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Zitat:
kunst ist nicht beliebig, dichtkunst auch nicht. dein haltung würde bedeuten, daß jeder selbst festlegt, was lyrik ist. dann aber kannst du die hier geübte verfahrensweise, nicht veröffentlichungsfähige texte in die werkstatt zu verschieben, umgehend auf den müllhaufen werfen, weil jeder sagen kann: das ist für ein gedicht und ende der ansage.


noch ganz kurz dazu:
du verwechselst hier den begriff lyrik mit guter lyrik. lyrik kann wahnsinnig schlecht sein. und bleibt trotzdem lyrik. es geht um vormahle kriterien. nicht um qualität. natürlich kann jemand behaupten, er hätte lyrik geschrieben. und natürlich kann ich den text dann trotzdem verschieben, weil er sehr schlecht. das hat aber nichts damit zu tun, dass der text trotz allem lyrik ist, solange er die formalen kriterien - sprich: die zeilenumbrüche - einhält.

gruß
roman


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toltec-head
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Beitrag17.08.2012 22:06

von toltec-head
Antworten mit Zitat

Nunja.

Und was ist mit dem Prosagedicht? Nur zur Erinnerung: Die "Petits Poèmes en Prose" von Baudelaire stammen aus den 1850er Jahren. Seitdem fester Gattungsbestandteil der Lyrik. Zeilenumbrüche? Nihil. Handelt es sich um Lyrik? Völlig unbestritten.

Sowohl in der "Saison in der Hölle" als auch in den "Illuminations" von Rimbaud finden sich Gedichte mit Zeilenumbrüchen als auch solche ohne. Reime und Zeilen mit Versmaß finden sich übrigens auch, wenn auch nur vereinzelt eingestreut.

In Deutschland hat Trakel meist vom Zeilenumbruch Gebrauch gemacht, aber nicht immer. "Traum und Umnachtung", "Offenbarung und Untergang" sind Prosagedichte.

In England findet man das Prosagedicht sehr früh schon bei William Blake ("Die Hochzeit von Himmel und Hölle").

Man stelle sich einmal Rimbaud, Trakel und William Blake vor - und Walther, wie er ihnen seinen Elchtest für Lyrik erklärt. Gäbe ein schönes Proasgedicht denke ich.

Noch kurz zum Gedicht von fictionality.

Finds leider sehr schlecht. Eine Aneinanderreihung von Klischees.

Zitat:
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(der in real life von
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Hier und auch anderswo ist von real life nichts zu spüren. Auch der Himmel über Berlin wird übrigens überschätzt.
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jim-knopf
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Beitrag17.08.2012 22:34

von jim-knopf
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toltec-head hat Folgendes geschrieben:
Nunja.

Und was ist mit dem Prosagedicht? Nur zur Erinnerung: Die "Petits Poèmes en Prose" von Baudelaire stammen aus den 1850er Jahren. Seitdem fester Gattungsbestandteil der Lyrik. Zeilenumbrüche? Nihil. Handelt es sich um Lyrik? Völlig unbestritten.

Sowohl in der "Saison in der Hölle" als auch in den "Illuminations" von Rimbaud finden sich Gedichte mit Zeilenumbrüchen als auch solche ohne. Reime und Zeilen mit Versmaß finden sich übrigens auch, wenn auch nur vereinzelt eingestreut.

In Deutschland hat Trakel meist vom Zeilenumbruch Gebrauch gemacht, aber nicht immer. "Traum und Umnachtung", "Offenbarung und Untergang" sind Prosagedichte.

In England findet man das Prosagedicht sehr früh schon bei William Blake ("Die Hochzeit von Himmel und Hölle").

Man stelle sich einmal Rimbaud, Trakel und William Blake vor - und Walther, wie er ihnen seinen Elchtest für Lyrik erklärt. Gäbe ein schönes Proasgedicht denke ich.


prosagedichte sind nach literaturwissenschaftlicher betrachtung keine lyrik. sie sind prosa. also kein bestandteil der gattung lyrik. und bevor beschwerden kommen: das hab ich mir auch alles nicht ausgedacht. steht auch so in jedem lexikon. es bräuchte keine gattungsbegriffe, wenn ich sie nicht irgendwo abgrenzen könnte.

gruß
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firstoffertio
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Beitrag17.08.2012 23:15

von firstoffertio
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Ich stimme eher Jim als Walther zu.
Aber ich habe eine Frage zu Prosagedichten, von denen mir noch nicht viele untergekommen sind. Es sieht aus wie Prosa, aber kann es denn in einem Buch gedruckt werden wie auch immer, oder legt der Autor doch die Zeilenenden fest?

Zu deinem Gedicht, fictionality: Ich verstehe, es soll mir etwas über Berlin sagen. Es sagt mir aber, die ich Berlin nicht kenne (außer einem Schulbesuch vor fast vierzig Jahren), sehr wenig über Berlin.
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toltec-head
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Beitrag18.08.2012 09:47

von toltec-head
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jim-knopf schrieb:

Zitat:
prosagedichte sind nach literaturwissenschaftlicher betrachtung keine lyrik. sie sind prosa. also kein bestandteil der gattung lyrik. und bevor beschwerden kommen: das hab ich mir auch alles nicht ausgedacht. steht auch so in jedem lexikon. es bräuchte keine gattungsbegriffe, wenn ich sie nicht irgendwo abgrenzen könnte.


Geb doch mal bitte ein Beleg für diese Deine Aussage. Prosagedicht läuft bei Wikipdia jedenfalls unter lyrischer Form.

Wer´s noch wissenschaftlicher mag:

Zitat:
Das Prosagedicht ist in der deutschen Literaturwissenschaft seit jeher als recht heikles literarisches Phänomen angesehen worden: Zum einen verweigert es sich in seinem Oszillieren zwischen Prosa und Lyrik der klassischen Gattungstrias. Es ist ein Störelement und erzwingt eine Revision des Gattungssystems. Zum anderen bleibt das deutsche Prosagedicht merkwürdig blass im Vergleich zum schillernden gesamteuropäischen Kontext der Gattung, die geprägt ist von Größen wie Charles Baudelaire, Arthur Rimbaud, Stéphane Mallarmé und Ivan Turgenev.

Das Seminar setzt nach einer kurzen kritischen Diskussion der Gattungstrias bei zwei Vorläufern in der deutschen Literatur ein: gelesen werden die Hymnen an die Nacht von Novalis, deren handschriftliche Versfassung mit der gedruckten Prosafassung verglichen wird, und der Roman Flegeljahre von Jean Paul, in den sog. "Streckverse" eingebaut sind. Anschließend sollen die Kleinen Prosagedichte (Le Spleen de Paris) von Charles Baudelaire als 'Geburtstexte' des modernen Prosagedichts und als paradigmatischer Ausdruck der literarischen Moderne gelesen werden. Als noch einflussreicher für die deutsche Literatur erwiesen sich jedoch Ivan Turgenevs Gedichte in Prosa, da Baudelaire erst sehr spät übersetzt wurde (u.a. von Stefan George). Dem folgt die Lektüre von Prosagedichten von Hugo von Hofmannsthal, Stefan George und Rainer Maria Rilke. Wo immer es möglich ist, werden dabei Prosa- und Versfassung verglichen und Widersprüche zwischen dichterischem Schaffen und poetologischen äußerungen aufgezeigt (etwa wenn Rilke in seinem Vortrag "Moderne Lyrik" Prosagedichte verwirft und zeitgleich Prosagedichte verfasst).



http://www.komparatistik.phil.uni-erlangen.de/personal/gilbert/prosagedichte.shtml
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toltec-head
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Beitrag18.08.2012 10:28

von toltec-head
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Will mal noch auf folgendes hinweisen:

Der Zeilenumbruch war in der Antike unbekannt. Das Material, auf das geschrieben wurde, war schlichtweg zu teuer.

Die Georgica von Vergil lassen sich zb im Manuskript nicht von Prosa unterscheiden.

Man schaue selbst:

http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:Vergilius_Augusteus,_Georgica_141.jpg&filetimestamp=20110430201549

Nun sind die Georgica selbstverständlich einem strengen Versschema unterworfen und schon deshalb keine Prosa.

Aber was ist mit den Psalmen?

Inwiefern diese im hebräischen Original einem Versschema unterworfen sind, weiß ich nicht. Für das Abenland war jedoch eh die griechische Übersetzung der Septuaginta maßgebend. Und diese ist in freien Metren gehalten. Zeilenumbrüche selbst in neuzeitlichen Drucken: nihil. Gedicht? Aber, hallo! Es handelt sich schließlich um eine der bedeutendsten Liedersammlung, die es überhaupt gibt.

Würd mal die These wagen, dass die Psalmen-Übersetzung Pate für alle modernen Prosagedichte gestanden hat.
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fictionality
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Beitrag18.08.2012 21:33

von fictionality
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toltec-head hat Folgendes geschrieben:
Nunja.
Noch kurz zum Gedicht von fictionality.

Finds leider sehr schlecht. Eine Aneinanderreihung von Klischees.


Hm. Also "sehr schlecht" lasse ich nicht gelten. Wenn ich was nicht gut finde, schreibe ich immer "gefällt mir nicht" oder so etwas. Ist einfach höflicher. Man muss ja nicht immer gleich den Ranicki rausholen Smile

BTW: Mir ist bewusst, dass es nicht mein bester Text ist. Es ist eine persönliche Erfahrung als One-Day-Berlintourist. Vielleicht benenne ich es einfach um in "Ein Tag in Berlin" oder so. So wird deutlicher, was damit gemeint ist.

Gruß, Sven


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toltec-head
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Beitrag18.08.2012 22:31

von toltec-head
Antworten mit Zitat

fictionality schrieb:

 
Zitat:
Wenn ich was nicht gut finde, schreibe ich immer "gefällt mir nicht" oder so etwas. Ist einfach höflicher.


Denke, so wie man in Gedichten kompromisslos sein sollte, kann man sich auch Höflichkeiten bei Urteilen sparen. Hat niemand was von.

Hoffe, Jim ist nicht von einem Band seines Universallexikons erschlagen worden :)
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jim-knopf
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Beitrag19.08.2012 13:37

von jim-knopf
Antworten mit Zitat

toltec-head hat Folgendes geschrieben:
jim-knopf schrieb:

Zitat:
prosagedichte sind nach literaturwissenschaftlicher betrachtung keine lyrik. sie sind prosa. also kein bestandteil der gattung lyrik. und bevor beschwerden kommen: das hab ich mir auch alles nicht ausgedacht. steht auch so in jedem lexikon. es bräuchte keine gattungsbegriffe, wenn ich sie nicht irgendwo abgrenzen könnte.


Geb doch mal bitte ein Beleg für diese Deine Aussage. Prosagedicht läuft bei Wikipdia jedenfalls unter lyrischer Form.


wikipedia ist oft nicht der richtige ansprechpartner smile
dort steht, es handelt sich um ein gedicht in prosa. eine präzise aussage zur gattungszugehörigkeit ist das nicht.
ich hab hier nur metzlers literaturlexikon rumliegen. da heißt es, ein Prosagedicht sein ein "Prosatext mit poetisch-lyrischen Eigenschaften", also "eine Form der Kurzprosa".
das problem der gattungszugehörigkeit ist freilich, dass das prosagedicht gerade dazu geschaffen würde, diese gattungen zu sprengen.

von psalmen und antiker lyrik ohne zeilenumbruch hab ich leider zu wenig ahnung. vielleicht wurde das zeilenende durch irgendein zeichen kenntlich gemacht? dein link geht leider nicht.

gruß
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Mr. Curiosity
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Der goldene Käfig


Beitrag19.08.2012 14:02

von Mr. Curiosity
Antworten mit Zitat

Zitat:
das einzige formale kriterium das übrig geblieben ist, ist der zeilenumbruch. Jedes Gedicht besitzt Zeilenumbrüche. Tut ein Text das nicht, so ist er kein Gedicht.


Das stimmt schon. Allerdings wird das Problem dahin verlagert, dass definiert werden muss, was ein Vers ist.
Ich habe es aufgegeben, klare Definitionen zu suchen. Wenn ich bei einem Gedicht keinerlei Sinn in den Zeilenumbrüchen sehe, dann ist es (für mich!) eben kein Gedicht, ohne dass ich einen Anspruch auf Absolutheit erhebe.
Der "Elchtest" funktioniert im Übrigen überhaupt nicht. Später evtl.  etwas zum Gedicht.

LG David


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"Wenn du Schriftsteller sein willst, dann sag, dass du der Beste bist ...
Aber nicht, solange es mich gibt, kapiert?! Es sei denn, du willst das draußen austragen."

(Ernest Hemingway in "Midnight in Paris")
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Hardy-Kern
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Beitrag19.08.2012 15:17

von Hardy-Kern
Antworten mit Zitat

Habe mich mal verirrt.
Als bäuerlicher Ostprosaner und Nichtlyriker, möchte ich sagen, dass ich  gut aufgeklärt wurde, was in Berlin abgeht. Dort stehen die Türken mit Dönern, die Nazis brüllen überall rum und Berlins Bäume bewachsen alles, trotzdem die Linden, "Unter den Linden", längst abgeholzt sind.

Hätte mich nicht gewundert, wenn auf dem "Alex" 10.000 Chinesen gestanden hätten, die mit Stäbchen Currywürste gegessen hätten und Japaner mit Suchie jonglierten.

Diesen anderen Planet, Berlin, zu erklären, bedarf es doch wohl einiger Eindrücke mehr? Dieser ökologisch- politische Versuch eine Hauptstadt zu interpretieren, etwas schwach, denke ich mal.

Da liebe ich meine Prosa, kann erklären was ich meine und der Leser muss nicht über jede Kleinigkeit nachdenken! Smile

Hardy
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