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Trimak Gänsefüßchen
Alter: 62 Beiträge: 25 Wohnort: Hamburg
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29.07.2012 18:47 Der Holzweg von Trimak
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Hi. Ein Anfang, um im Kreis der 15 mitlesen zu dürfen
Der Holzweg
Ich war in eine Nebenstraße geraten. Eine, die ich zwar von früheren Spaziergängen her kannte, die mir aber gerade eben in dem Augenblick so intensiv in die Aufmerksamkeit geriet, als ich an ihr vorübergehen wollte, dass ich meine bis dahin gefassten Vorsätze verwarf und beschloss, ihr die eingeforderte Aufmerksamkeit zu schenken.
Die Straße war eng, die Häuser alt und hoch, viele von ihnen standen leer. Ihre Eingänge waren mit Brettern vernagelt, einige Fenster zugemauert, damit nicht Landstreicher oder Obdachlose von den Wohnungen Besitz ergreifen und den Plänen der Eigentümer, so sie denn welche hatten, unbequeme Hürden errichten konnten. Der Arme als Mitmensch sei zu bemitleiden, so die bürgerliche Moral, der Besitzlose jedoch ein potenzieller Dieb, der selbstverständlich nach nichts anderem trachten kann, als sich in den Besitz von irgend etwas zu bringen, das wem wohl gehört? Eben. Davor sei der Herr und Besitz im übrigen zu bewahren.
Dies schrie mir von den halbtoten Fassaden entgegen, als ich mich einem Hauseingang näherte, der noch belebt zu sein schien. Das Gebäude machte einen auf eine andere Weise heruntergekommenen Eindruck als die in seiner Nachbarschaft. An vielen Stellen fehlte der Fassadenschmuck, Fensterscheiben waren zersprungen, es roch nach Schimmel und Moder. Aber unübersehbar hatte ein kundiger Sachverstand die Trümmer einer plausiblen Ordnung folgend beiseite geräumt und loses entweder abgebaut oder doch wenigstens so sicher befestigt, dass es nicht weiteren Schaden anrichten konnte. Wer in diesem Haus auch leben mochte, er verstand seine Organe, hatte aber nicht genug Kraft, sich den Schäden des Verfalls mit Neuem zu widersetzen.
Als befände ich mich in einem Tagtraum war ich vor der Tür stehen geblieben. Ich hatte beide Hände in den Taschen meines Mantels versenkt und war in einen heftigen Streit mit mir selbst geraten, ob ich wohl eine herausziehen und an die Tür klopfen sollte, als sie sich öffnete und ein älterer Herr heraustrat, der von mir nicht die geringste Notiz nahm.
Ruhig und ohne Eile zog er die Tür hinter sich zu, verschloss sie sorgfältig, rüttelte prüfend daran und lief, in dem er sich zum Gehen wandte, geradewegs in mich hinein.
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Aranka Bücherwurm
A
Beiträge: 3106 Wohnort: Umkreis Mönchengladbach
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A 29.07.2012 19:23
von Aranka
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Hallo Trimak,
beschließt deinen Geschichtenanfang (so wie ich es verstanden habe/oder bin ich da auf dem Holzweg?) an einer Stelle, an der man gerne weiter lesen möchte. Hinterlässt ein gutes Bild, wer kennt es nicht, dieses noch einmal rasche Überprüfen, ob die Tür auch wirklich geschlossen ist.
Deine Sprache lässt sich gut lesen, ein angenehmer Wechsel der Satzlängen. Ich bin in der Straße drin, gute Beschreibung. Würde vielleicht an zwei, drei Stellen etwas aus einem Satz herausnehmen.
Zitat: | die mir aber (gerade eben) in dem Augenblick so intensiv in die Aufmerksamkeit geriet |
„aber eben gerade in dem“ ein paar viel Füllworte und „gerade eben“ sagt das gleich wie „in dem Augenblick“ . Ließe „gerade eben“ weg.
Zitat: | Wer in diesem Haus auch leben mochte, er verstand seine Organe |
Meinst du hier die „Organe“ des Hauses, oder seine eigenen. So bezieht sich „seine“ auf „er“. Es muss ansonsten „dessen“ heißen. Finde auch „Organe“ in dem Zusammenhang gewöhnungsbedürftig. Meinst du die Seele des Hauses?
Zitat: | und (l)Loses entweder abgebaut |
Zitat: | Ruhig und ohne Eile zog er die Tür hinter sich zu |
Ohne Eile zog er.../ Für mich ist das „ruhig“ keine großartig andere Aussage. Würde darauf verzichten. Der Satz hat ohne die Aufzählung mit „und am Anfang mehr Kraft.
Zitat: | als ich mich einem Hauseingang näherte, der noch belebt zu sein schien. |
Meinst du wirklich, dass der Eingang belebt schien oder dass das Haus noch bewohnt ist? Würde das vielleicht präziser schreiben.
Ich hoffe, meine Anmerkungen sind in Ordnung, auch wenn der Text nicht in der Werkstatt steht.
Ich bin gespannt, wie es weitergeht. Gruß Aranka
_________________ "Wie dahingelangen, Alltägliches zu schreiben, so unauffällig, dass es gereiht aussieht und doch als Ganzes leuchtet?" (Peter Handke)
„Erst als ihm die Welt geheimnisvoll wurde, öffnete sie sich und konnte zurückerobert werden.“ (Peter Handke) |
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Trimak Gänsefüßchen
Alter: 62 Beiträge: 25 Wohnort: Hamburg
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29.07.2012 19:56 @Aranka von Trimak
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Hi Aranka,
Deine Anregungen sind völlig OK vielen Dank dafür. In dem ich meinen Erzähler dieses: "gerade eben...so intensiv in die Aufmerksamkeit geriet..." sagen lasse, will ich ihm einen Erzählstil anheften, eine Denkweise, die sich in seiner Ausdrucksweise wiederspiegelt. Er ist ja kein professioneller Berichterstatter sondern ein Mensch wie du und ich, mit Bildungsgrad, Erfahrung, Lebensauffassung usw.. Ich hatte auch mit "...just in dem..." geliebäugelt.
Deine Anregung "...verstand dessen Organe..." werde ich gern übernehmen. In dem ich dies Wort: 'Organ' verwende, verfolge ich die Absicht, das Haus als Lebensform einzuführen, als Organismus, wie ein Tier oder eine Pflanze.
"Ruhig und ohne Eile" - , das ist vermutlich meinem Alter oder meiner Erziehung geschuldet. Ich kann sehr wohl in Eile etwas ruhig abwickeln. Oder eben nicht. Nervös, doch ohne Eile, Hektisch, doch ohne Eile. Ich versuche eine Charaktereigenschaft unterzubringen. Wenn das nicht rüberkommt füge ich mich selbstverständlich , vielleicht: "Ruhig, ohne Eile..." als Aufzählung? Wäre das treffender?
Mal seh'n wie's weitergeht ...
LG Trimak
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Trimak Gänsefüßchen
Alter: 62 Beiträge: 25 Wohnort: Hamburg
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30.07.2012 15:24 usw von Trimak
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Ich gebe zu, ich habe diesen Anfang nur eingestellt um die 15 Einträge voll zu machen, die nötig sind, damit ich alle Beiträge der Mitforisten lesen darf. Darum war ich wohl etwas nachlässig.
Ich habe @Arankas Vorschläge beherzigt, noch ein paar Zeilen drangehängt, und hoffe, dass sich der Text jetzt besser lesen lässt…
Was das Einstellen in die richtigen threats angeht, bitte ich um Nachsicht. Ich bin noch nicht mit allem im Forum vertraut.
LG Trimak
Ich war in eine Nebenstraße geraten. Eine, die ich zwar von früheren Spaziergängen her kannte, die aber, als ich an ihr vorübergehen wollte, so intensiv Beachtung von mir verlangte, dass ich meine bis dahin gefassten Vorsätze verwarf, ihr die eingeforderte Aufmerksamkeit schenkte, und in sie hinein abbog.
Die Straße war eng, die Häuser alt und hoch, viele von ihnen standen leer. Ihre Eingänge waren mit Brettern vernagelt, einige Fenster zugemauert, damit nicht Landstreicher oder Obdachlose von den Wohnungen Besitz ergreifen und den Plänen der Eigentümer, so sie denn welche hatten, eine unbequeme Hürde errichten konnten. Der Arme als Mitmensch sei zu bemitleiden, so die bürgerliche Moral, der Besitzlose jedoch ein potenzieller Dieb, der selbstverständlich nach nichts anderem trachten kann, als sich in den Besitz von irgend etwas zu bringen, das wem wohl gehört? Eben. Davor sei der Herr und Besitz im übrigen zu bewahren.
Dies schrie mir von den halbtoten Fassaden entgegen, als ich mich einem Hauseingang näherte der noch nicht aufgegeben zu sein schien. Das Gebäude machte einen auf eine andere Weise heruntergekommenen Eindruck, als die in seiner Nachbarschaft. An vielen Stellen fehlte der Fassadenschmuck, Fenster waren eingeschlagen, es roch nach Schimmel und Moder. Aber unübersehbar hatte ein kundiger Sachverstand die Trümmer einer plausiblen Ordnung folgend beiseite geräumt und Loses entweder abgebaut oder doch wenigstens so sicher befestigt, dass es nicht weiteren Schaden anrichten konnte. Wer in diesem Haus auch leben mochte, er verstand dessen Organe, hatte aber nicht genug Kraft, sich den Schäden des Verfalls mit Neuem zu widersetzen.
Als befände ich mich in einem Tagtraum, war ich vor der Tür stehen geblieben. Ich hatte die Hände in den Taschen meines Mantels vergraben und war in einen heftigen Streit mit mir selbst geraten, ob ich wohl eine herausziehen und an der Tür klopfen sollte, als sie sich öffnete und ein älterer Herr heraustrat, der von mir nicht die geringste Notiz nahm.
Ruhig, ohne Eile, zog er die Tür hinter sich zu, verschloss sie sorgfältig, rüttelte prüfend daran und lief, in dem er sich zum Gehen wandte, geradewegs in mich hinein.
"Hast du keine Augen im Kopf?" fauchte er mich an. Ein hagerer Mann, mit müden, vom Alter trübe gewordenen Augen in abgetragenen Kleidungsstücken hoher Qualität.
"Nein" sagte ich höflich.
"Ein Spaßvogel. Ha! Na Großartig." Er machte eine wegwerfende Handbewegung. "Verlottertes Gesocks! Kreatur! Augen im Kopf und wozu?"
'Ein verdammt tiefer Graben', dachte ich, 'der hat keine Kinder. Oder sie haben ihn verraten. Oder er sie.'
"Was hast du hier zu suchen? Hier gibt es nichts, hier ist nichts zu holen. Verschwinde!" blaffte er mich an und tat, als müsse er sich mir in den Weg stellen, einen Angriff abzuwehren.
"Das sehe ich." sagte ich. "Mit beiden Augen."
"Klugscheißer. Was willst du." fragte er und fixierte mich.
"Es wird schwer, das einem alten Idioten zu erklären." antwortete ich. "Soll ich's mal versuchen? Ich gehe hier spazieren."
"Was hast du denn für einen Ton am Leibe!" rief er entrüstet.
"Ich wußte nicht, dass man zum Betreten dieser Straße einen Passierschein braucht. Wie vertrottelt muß man denn sein, dass man einen bekommt? Ist das hier eine bewachte Anlage? Luxussaniert?"
Er hob die Hand, als wolle er mich ohrfeigen, und mußte grinsen. "Du hast Verstand. Das gefällt mir."
Schwarz und weiß. Wenn nicht ich es war, ihm seinen Besitz zu nehmen, konnte ich, so wie ich mich ausdrückte, nur Eigentum sein. Ich mußte jemandem gehören, dressiert worden sein, einen Herren haben, der mich schickte, weil er haben wollte was ihm gehörte. Das übliche Programm began:
"Wie heißt du?" fragte er.
"Kommst du nie drauf."
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