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Maestro Eselsohr
Alter: 67 Beiträge: 338
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18.06.2012 17:12 Schreibkunst oder Kitsch? von Maestro
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Hallo zusammen,
habe noch mal einen Blick in Ralphies (sehr gute) Schreibwerkstatt geworfen.
Insbesondere was Beschreibungen und schwache Verben und Adjektive angeht.
Eine Textpassage bei mir lautet:
"Hinter dem Haus war ein sehr großer Hof mit einer Jauchegrube in der Mitte.
Dahinter ein Stück Garten, dass meinen Großeltern geblieben war. Die Stallungen entlang der rechten Hofseite beherbergten nur noch ein paar Hühner und Kaninchen. Im Schweinestall waren noch drei Schweine, die sie vor der Enteignung retten konnten. Die gesamte linke Hofseite war in zwei Etagen unterteilt. Der untere Teil, in dem früher die Traktoren und Mähdrescher gestanden hatten, war nun leer. In der oberen Etage war der Heuboden gefüllt mit Strohballen. "
Ein schwacher Absatz, da allein "war ein sehr großer..."
Neufassung:
"Hinter dem Haus zeugte ein sehr großer Hof noch von den früheren Aktivitäten. Die Jauchegrube in der Mitte diente auch heute noch als Depot für den Schweine- und Hühnermist. Grünweißer Gänsekot schwamm obenauf, und wenn die Sonne über die Dächer der Stallungen und der Scheune in den Hof fiel, verbreitete sich ein furchtbarer Gestank in diesem Karree. "
Mein Problem ist nun, dass mir die zweite Fassung zu "kitschig" klingt.
Liegt das an meinem literarischen Unverständnis oder -vermögen?
Ist meine Sichtweise falsch, oder de zweite Teil nur (auch) schlecht geschrieben.
Bitte mal wieder um eure Meinungen.
(Vielleicht gibt es ja auch einen Mittelweg)
Danke euch schon mal
LG Maestro
_________________ Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell |
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Lanea Leseratte
Beiträge: 190 Wohnort: Derzeit: Toronto
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18.06.2012 17:22
von Lanea
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Hi,
also "kitschig" kann ich den neuen Teil nicht finden. Aber unschön. Ich persönlich mag in der Beschreibung eines heruntergekommenen Hofs Worte wie "Aktivitäten", "Depot" und "Karree" nicht lesen, das schafft m.E. Distanz. Ich kann es nicht "fühlen".
Grüße
Lanea
_________________ Wenn einer, der mit Mühe kaum
gekrochen ist auf einen Baum,
schon meint, daß er ein Vogel wär,
so irrt sich der. |
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Schreibmaschine Klammeraffe
Beiträge: 529
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18.06.2012 17:29
von Schreibmaschine
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Ich erkenne keinen Kitsch in dem von dir genannten (zweiten) Beispiel.
Schwache Verben sind ein sehr häufiger Anfängerfehler. Man kann so viel mehr ausdrücken, wenn man starke Verben verwendet. Wenn man es allerdings gar nicht gewöhnt ist (sei es wegen der bisherigen Bücherwahl und/ oder dem eigenen Schreibstil) kann es befremdlich wirken.
Mach doch mal ein paar Schreibübungen. Such in einem deiner Texte schwache Verben. Dann schreib dir die Sätze raus und versuche für jedes schwaches Verb mindestens drei starke zu finden, die man einsetzen könnte. Es muss keine literarische Meisterleistung sein. Einfach mal versuchen. Wenn du magst, kannst du alle drei neuen Sätze aufschreiben. Anschließend vergleiche alle vier Sätze (deinen alten und die neuen) miteinander. Und frage dich, welcher Satz von den vieren am meisten aussagt. Wenn du sie dir alle mal anschaust, wird dir auffallen, dass dein ursprünglicher Satz schon mal ausscheidet.
Wenn du diese Übung ein paar mal gemacht hat, gewöhnst du dich dran und wirst am Ende erstaunt sein, wie sehr dein Text / deine Texte von dieser (eigentlich kleinen) Änderung profitieren.
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_Jessica_ Leseratte
Alter: 42 Beiträge: 123
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19.06.2012 06:40
von _Jessica_
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Hm, also mir gefällt die erste Fassung besser. Das liegt an den interessanten Zusatzinformationen die du einflechtest, wie „…dass meinen Großeltern geblieben war“
oder das die Schweine zum Schlachten verkauft wurden. Die Beschreibungen im zweiten Absatz sind zu umständlich, zum Beispiel „zeugten von“, „der furchtbare Gestank“.
Detaillierte Beschreibungen könnten dem Text gut tun, dann müsstest du dich nicht auf die Verben und Adjektive verlassen. Den furchtbare Gestank könntest du so beschreiben: Es roch nach faulendem Schlamm und Ställen, in den lange Zeit vergessen wurde, ein letztes Mal auszumisten. Und: Hinter dem Haus lag ein verwilderter Hof, in dem es nur noch wenige Aktivitäten gab, der seiner Blütezeit nahe kamen.
_________________ Between the idea. And the reality. Between the motion. And the act. Falls the Shadow. (Thomas Stearns Eliot, 1888-1965, Poet, Dramaturg und Literaturkritiker) |
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Seitenschneider Eselsohr
Beiträge: 324
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13.07.2012 18:05 Re: Schreibkunst oder Kitsch? von Seitenschneider
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Maestro hat Folgendes geschrieben: |
Mein Problem ist nun, dass mir die zweite Fassung zu "kitschig" klingt.
Liegt das an meinem literarischen Unverständnis oder -vermögen?
Ist meine Sichtweise falsch, oder de zweite Teil nur (auch) schlecht geschrieben.
Bitte mal wieder um eure Meinungen.
(Vielleicht gibt es ja auch einen Mittelweg)
Danke euch schon mal
LG Maestro |
Hallo Maestro,
sowas passiert wenn man nach Mustern von Schreibwerkstätten arbeitet. Ich erkenne dich als Autor in der 2. Fassung nicht mehr wieder.
Die erste Fassung legt wert auf bestimmte Objektbeschreibungen ,die Du nicht mit geschwollener oder künstlich aufgesetzter Ausdrucksweise ersetzen solltest.
Davon mal abgesehen wirst du solch einen Stil auch nicht lange durchhalten und spätestens dann wird es auffällig ,dass du nicht authentisch bist und dein Werk im schlimmsten Fall an vielen Stellen kopiert wirkt.
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