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Autor |
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Frank D. Badenius Gänsefüßchen
Alter: 64 Beiträge: 27 Wohnort: Lindau (Bodensee)
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09.05.2016 12:06 Und blickt ihm nach von Frank D. Badenius
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Der junge Ast, am alten Baum
Treibt Blüten, bunt und wunderbar
Ist zart und biegsam, weich und fest
Und in sich ganz und ganz und gar
Ein Baum im Baum, vom Stamm ein Teil
Verletzlich, offen, wund und heil
Und voller Kraft und Mut und unbeflecktem Stolz
Und so viel mehr als nur ein Stückchen Holz
Er wiegt sich, schüttelt sich und denkt
Welch wundersames Ding, das dort
Am Aste eines Astes hängt
Und will und will und kann nicht fort
Er rüttelt mehr, es schüttelt ihn
Er weiß bald gar nicht mehr warum
Die Zeit hat ihm den Weg verziehen
Und doch, er schaut sich manchmal um
Ein Baum im Baum, vom Stamm ein Teil
Verletzlich, offen, wund und heil
Und voller Kraft und Mut und unbeflecktem Stolz
Und so viel mehr als nur ein Stückchen Holz
Da fällt ein Zweig, und fällt so schnell
Und wird getragen nur vom Wind
Der alte Baum schaut hoch, es ist so hell
Und blickt ihm nach, dem Kind
Weitere Werke von Frank D. Badenius:
_________________ Dies ist meine Signatur. Prima. |
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Aikaterini Schneckenpost
Alter: 34 Beiträge: 14
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12.05.2016 13:18
von Aikaterini
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Hallo nochmal Frank!
Nach deiner Prosa schau ich mir doch gleich deine Lyrik an.
Ein Gedicht bietet ja immer Raum für Interpretationen, da ist ja genau das Besondere daran.
Ich persönlich sehe in deinen Versenen einen Baum, in dem sich der Trieb eines anderen Baumes oder Busches eingenistet hat. Er gehört nicht wirklich zum Baum und ist doch ein Teil von ihm. Er sehnt sich danach, sich zu lösen, was ihm letztlich auch gelingt.
Der Baum sieht ihm nach wie seinem Kind (in diesem Fall eher Adoptivkind). Besonders in dem Satz „Die Zeit hat ihm den Weg verziehen“, erkenne ich die Liebe des Baumes zum fremden Trieb.
Weiter habe ich nur Feinheiten anzumerken:
Zitat: | Und in sich ganz und ganz und gar |
„Ganz und ganz“ gefolgt von „und gar“ liest sich mich sehr holprig, mehr als handle es sich um einen versehentliche Wortwiederholung.
Zitat: |
Und voller Kraft und Mut und unbeflecktem Stolz
Und so viel mehr als nur ein Stückchen Holz |
Vom Inhalt finde ich diese beiden Sätze mit am stärksten. Bloß 4 Mal „und“ auf so dichtem Raum ist mir persönlich zu viel. Würde die „unds“ am Satzanfangen beide Mal streichen.
Zitat: | Da fällt ein Zweig, und fällt so schnell
Und wird getragen nur vom Wind |
Auch hier könnte „und“ wegfallen, würde den Lesefluss meiner Meinung nach geschmeidiger machen.
Zitat: | Der alte Baum schaut hoch, es ist so hell
Und blickt ihm nach, dem Kind |
Vielleicht anstatt „dem Kind“ „seinem Kind“ Würde es stärker machen auf emotionaler Ebene.
Danke für das schöne Gedicht.
Noch viel Freude beim Verse schreiben.
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James Blond Eselsohr
Alter: 71 Beiträge: 448 Wohnort: HAMBURG
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12.05.2016 14:44
von James Blond
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Ich kann die Begeisterung für dieses Gedicht nicht teilen. Beim Lesen fallen mir gravierende Unregelmäßigkeiten in der Form, sprachliche und inhaltliche Mängel auf.
1. Zur Form:
Wozu verlängerst du das Metrum hier zum 5-hebigen Jambus?
Zitat: | Und voller Kraft und Mut und unbeflecktem Stolz
Und so viel mehr als nur ein Stückchen Holz
...
Der alte Baum schaut hoch, es ist so hell
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In den Strophen Kreuzreim und im Refrain Paarreim hinterlässt einen Eindruck von Unruhe.
2. Sprache
Das Gedicht ist um ein Wort herum geschrieben: "und". Zählt man "und", incl. "bunt" "wunderbar", "wund", "wundersam" hinzu, kommt man auf 26 x "und" bei 24 Versen.
Auch sonst wird mit Wiederholungen nicht gegeizt:
3 x "Ast", 6 x "Baum", 3 x "so", 2 x "fällt", "wund"-"wunderbar"-"wundersam"
Zwar sehe ich die Absicht hinter den Wiederholungen, einen Lese-Rhythmus zu erzeugen, der in etwa das Schwingen im Wind nachvollzieht, doch geht der Schwung durch die häufigen Kommata innerhalb der Verse gleich wieder verloren.
3. Inhalt
Der Inhaltskern, dass einem Ast durch den Wind ein Zweiglein entrissen wird, wird unnötig aufgebläht und verkompliziert durch merkwürdige Abschweifungen, die einen recht diffusen Eindruck hinterlässen. Wozu die vielen aufwertenden Hinweise auf "Kraft" und "Mut", auf "unbefleckten Stolz", die wiederholten Adjektivlisten, die uns die Binseneinsicht "mehr als nur ein Stückchen Holz" nahebringen sollen, es aber nicht vermögen?
Ist das "Kind", dem der alte Baum zum Schluss nachschaut, tatsächlich eine geeignete Metapher für einen herab gewehten Zweig? Ich möchte das trotz aller Aufwertungen bezweifeln. Das Gedicht hat mich davon nicht zu überzeugen vermocht.
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Matthias Jecker Eselsohr
M
Beiträge: 328
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M 17.05.2016 18:42
von Matthias Jecker
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Hallo
ich finde super:
- die starke Fokussierung (auf ein Thema und eine Metapher)
- die rhythmischen Variationen (Ort der Betonung, Länge der Zeilen, ...)
- die recht einheitliche Stilrichtung in Ausdruck und Syntax (welche zusätzlich zum Umgang mit den Versen das Volksliedhafte betont).
wurde ein wenig verwirrt, weil es einmal "dort" heisst, als wäre der Betrachter ausserhalb des Bildes. Denke aber, dass das "dort" reimgeschuldet entschuldbar ist und lese deinen Text als Metapher auf menschliches Geschehen, Fühlen, Denken.
Gruss
MJ
(Und Gruss an James Blond, den ich verschollen glaubte)
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firstoffertio Show-don't-Tellefant
Beiträge: 5854 Wohnort: Irland
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17.05.2016 23:01
von firstoffertio
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Das Er am Anfang der dritten Strophe hatte ich immer noch auf den jungen Ast bezogen. Es ist aber der alte Baum, nicht? Das hat mich irritiert.
Den jungen Ast als Baum im Baum zu bezeichnen? Ich weiß nicht...
Selbst wenn ich an Fraktale denke...
Dagegen
gefallt mir diese Zeile:
"Und in sich ganz und ganz und gar"
auch die beiden
"Und so viel mehr als nur ein Stückchen Holz"
Das Kind dagegen finde ich wieder nicht recht überzeugend.
Dazu muss man schon ziemlich bemüht die Verbindung zu Stammbäumen aufmachen.
Was möglicherweise dein Ausgangspunkt war?
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Frank D. Badenius Gänsefüßchen
Alter: 64 Beiträge: 27 Wohnort: Lindau (Bodensee)
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01.06.2016 10:11
von Frank D. Badenius
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Hi zusammen,
vielen Dank für das Feedback. Ist schon spannend, welche unterschiedliche Meinungen da zusammenkommen. ;o)
Ja, der Stammbaum war ein Ausgangsgedanke. Und hätte ich gerade mein Mikro zu fassen, würde ich eine Aufnahme machen und einstellen. Dann ließe sich vielleicht noch besser nachvollziehen, warum ich bei der Reimform etwas "schludere". ;o)
Bis hierhin jedenfalls: nochmals Danke!
Lieben Gruß,
Frank
_________________ Dies ist meine Signatur. Prima. |
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