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Perry Exposéadler
P Alter: 71 Beiträge: 2509
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Aranka Bücherwurm
A
Beiträge: 3106 Wohnort: Umkreis Mönchengladbach
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A 28.05.2012 11:18
von Aranka
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Hallo Perry,
schon gleich vorab, was ich dir hierlassen kann sind meine Leseweise, meine Gedankengänge, die dein Text ausgelöst hat, vielleicht erste Ansätze von Interpretation. Ein Kommentar im Sinne von Äußerungen zu Form, Inhalt und Gehalt oder gar Wertungen oder Vorschläge wird das nicht. Sehe da auch keine Notwendigkeit. Mich hat dein Text in eine gedankliche Auseinandersetzung geführt, für mich stimmte da alles und so kann ich dich nur an meinem Leseakt teilhaben lassen.
Titel: tritt ein
Ich fühlte mich angesprochen, aufgefordert.
Zitat: | endlos der gang mit türen ohne schilder |
Der Text führt mich in einen endlosen Gang unbeschilderter Türen und wenn ich nicht endlos öde geradeaus laufen will und mich wie eine Gefangene dieses Flures fühlen will, muss ich einen Entschluss fassen und eine der Türen öffnen. Aber nichts hilft mir, den Entschluss im Sinne meines Verständnisses von Entscheidung (analysieren, prüfen, abwägen) zu treffen. Also ist es egal, es ist Zufall, was ich da öffne. ?
Ein Wagnis also. Frage mich, was ist das für ein Flur. Hat er überhaupt etwas zu bieten hinter seinen Türen?
Zitat: | jede könnte zu- oder ausgang sein
zu dem was wir hoffen oder fürchten |
Ich bin beruhigt. Das Wagnis könnte sich lohnen. Der Flur, ein Bild für den Gang durch das Leben? Ohne das Wagnis des Türeöffnens bleibt ein Verkümmern in diesem Flur. So mal mein erster Leseansatz.
Zitat: | ich nehme eine zur linken
und spüre den hauch des todes
untermalt vom pfeifen der stalinorgeln |
Das LI ist mutig, öffnet eine Tür und wird mit dem Tod konfrontiert, wenn auch nur mit einem Hauch davon. Heftiger treten hier die Stalinorgeln ins Bild und ins Ohr.
Ein Raum, indem das LI feindlich empfangen wird, ein unangenehmes Pfeifen, ein Beschuss, weniger gezielt, dafür dauerhaft und breit gestreut. Der Aufenthalt in diesem Raum lässt sicherlich manche Wünsche sterben und Befürchtungen wachsen. (das kann ich nun auf viele Lebensetappen abbilden.) Ein wenig schwer fällt es mir den zarten Todeshauch mit dem Bild der Stalinorgeln zusammen zu bringen. Aber es gibt verschiedene Wege, den Tod (auch den der Wünsche) zu erleben.
Zitat: | so weit die füße auch tragen
stehe ich letztlich wieder auf dem korridor
beschließe das nächste mal anzuklopfen |
Das LI sieht und denkt weiter in heftigen Bildern, in Kriegsgeschehnissen. Auch wenn der Ton, die Sprache sachlich, fast emotionslos bleibt, holt diese Zeile den gleichnamigen Film vor mein Auge. Die Flucht aus der Gefangenschaft und der Versuch einer Heimkehr ist das, was ich jetzt einmal aus dem Film als Deutungsebene für diesen Text vereinfacht herausziehe. Und auch die Endlosigkeit dieser Flucht, das an den Rand der eigenen Kräfte geraten. Dieses „auch“ ist das einzige Wort, in dem ich die Anwesenheit des LI spüre. Und ich lese: egal wie weit ich mich schleppe, es reicht nicht aus!
Das LI landet wieder in dem gleichen Flur, vor den gleichen Türen der immer neuen Möglichkeit des Gelingens oder Scheiterns. Aber es hat sich etwas geändert. Das LI ist ein anderes. Es steht in diesem Flur mit den Erkenntnissen, Erfahrungen dieses ersten Zimmers.
Und es bleibt ihm nichts, als erneut eine Tür ins Ungewisse zu öffnen.Es nimmt sich vor anzuklopfen. Es kann nicht hineinsehen ins Zimmer, aber es kann versuchen hineinzuhorchen, auf eine Antwort zu warten, eine Einladung.
Das ist nicht viel. Es wird weiterhin Mut und Zutrauen und Vertrauen brauchen, um auch die nächste Tür zu öffnen. Und auch hier wird es neue Erfahrungen, neue Überraschungen erleben.
Es gibt eine nächstes Mal und solange hat es eine Chance, sowohl Wünschen als auch Befürchtungen zu begegnen, der Hauch des Todes wird ab einer gewissen Zeit/Erfahrung wohl leise in jedem Zimmer wehen.
Soweit meine Leseweise. Die Bilder geben viel Raum für meine Gedanken, auch wenn sie nicht unbedingt mit deinen übereinstimmen werden.
Gerne gelesen. Gruß Aranka
Hallo Perry,
ein Nachtrag:
Wie immer, wenn ich mich ein wenig intensiver mit einem Gedicht beschäftigt habe, trage ich es noch eine Weile in meinem Kopf herum. Von Beginn an haben mich die Stalinorgeln und die Anspielung auf den Film irritiert und ich konnte sie nicht zu meiner Zufriedenheit mitlesen.
Nachdem ich nun mit deinem Text ganz entspannt den Spargel für heute Mittag geschält habe, muss ich meinen Gedanken etwas hinzufügen.
Ich denke nicht, dass dir diese beiden Bezüge zum 2. Weltkrieg nur als Folie unter dem Text dienen sollten. Ich selbst bin nach dem Krieg geboren, bin aber als Kind eines Vaters, der mit nur einem Bein aus sibirischer Gefangenschaft nach Haue kam, groß geworden. Wenn er nun diesen Text lesen würde, oder ich ihn als die Frau, mit dieser Kindheitserfahrung, dann würde ich folgendes ergänzen: Alle, die einen Krieg überlebt haben, egal welchen, die werden hinter jeder Tür das Pfeifen irgendwelcher Geschosse und vielleicht auch sogar mehr als nur den Hauch des Todes spüren. Das Heimkommen ist ein nie Endenwollendes und ganz gleich welchen Wünschen und Träumen diese Überlebenden nahe kamen, Tod und bitterer Kampf überfielen sie nicht nur in ihren Träumen, auch in vielen Lebensphasen.
Ich denke, mein Vater hätte sich in diesem Gedicht wiederfinden können.
Wozu das Spargelschälen gut sein kann. Schöne Restpfingsten Aranka
_________________ "Wie dahingelangen, Alltägliches zu schreiben, so unauffällig, dass es gereiht aussieht und doch als Ganzes leuchtet?" (Peter Handke)
„Erst als ihm die Welt geheimnisvoll wurde, öffnete sie sich und konnte zurückerobert werden.“ (Peter Handke) |
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Perry Exposéadler
P Alter: 71 Beiträge: 2509
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