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Meine erste "Prosa-würdige" Geschichte


 
 
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Writter
Geschlecht:männlichGänsefüßchen
W

Alter: 34
Beiträge: 18
Wohnort: Solothurn


W
Beitrag23.04.2012 21:22
Meine erste "Prosa-würdige" Geschichte
von Writter
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Wie es der Titel schon sagt. Die erste Kurzgeschichte ,die ich mich traue über die Werkstatt hinaus zu veröffentlichen Very Happy

Hoffentlich wird sie nicht gleich gesteinigt. Wink

Das Geständnis

"Amüsant."
Nach unsagbar langen Minuten des Schweigens war dies das Einzige, was Sir Cumberland, seinerseits wohl grösster Bewunderer als auch erbittertster Jäger dieses Monsters, zu hören bekam.
"Und doch ein wenig zu melodramatisch. Ich musste fast weinen."
Cumberland wandte sich vom Zeugenstuhl ab und blickte in die Trauer und Wut erfüllten Gesichter der Hinterbliebenen.
"Dubiose Anschuldigungen einer achtklassigen Hure und die Schilderung dieses Balges … Zusammenfassend ein wenig löchrig, nicht?"
Unglücklicherweise konnte dem nicht widersprochen werden.
"Obschon ich mich durchaus als lustvolle Person beschreiben würde, mein Motiv ist mir trotzdem nicht ersichtlich."
Neben seinem sadistischen und eiskalten Wesen musste man diesem Verbrecher auch eine beängstigende Intelligenz zugestehen.
"Dieses Verfahren ist eine Farce. Als rechtschaffener Bürger werde ich hier öffentlich gekreuzigt."
Für viele im Raum wäre selbst diese Strafe zu milde.
"In diesem Saal reiht sich Witzfigur an Witzfigur."
Wütendes Gebrüll erklang aus den hinteren Sitzreihen. Einige der Anwesenden sprangen aus ihren Stühlen und hätten den Prozess zu gerne auf ihre Weise beendet.
"Es scheint, Verzweiflung macht sogar Mäuse mutig."
Erst zehn bullige Gerichtsdiener vermochten die Menge zu zähmen.
"Wie langweilig."
Drei Hammerschläge ertönten, bevor der zusehends überforderte Oberrichter zu Ordnung und Ruhe aufrief.
"Ihr seid so still, Cumberland. Soll nicht lieber die Meute für Euch sprechen?"
Zwei Jahre hatte er gebraucht, um diese Bestie zu fassen. Nun endlich vor Gericht stehend, musste er zusehen, wie seine Anklageschrift systematisch in Stücke gerissen wurde.
"Ich sehe es in Euren Augen, Ihr habt noch ein Ass im Ärmel. Nicht wahr?"
So war es. Erst gestern meldete sich ein verängstigter Mann bei ihm. Die Geschichte, die Cumberland zu hören bekam, könnte sich für die Anklage als rettende Kavallerie erweisen.
"Ich warte!"
Als sich die hölzernen Doppeltüren des Gerichts öffneten und ein kleinwüchsiger, in Seide gehüllter Mann den Raum betrat, ging ein lautes Raunen durch den Saal.
"Ihr wagt es?"
Niemand geringeren als den Vater des angeblichen Serienmörders präsentierte Cumberland dem Gericht.
"Richter, was macht diese Person hier? Ich protestiere energisch!"
Das zuvor ruhige und souverän wirkende Gemüt des Angeklagten schien allmählich einem hektischen und unüberlegten Treiben zu weichen.
"Und wenn schon. Soll der alte Mann sprechen."
Das tat er. Dreissig Minuten lang stand der Greis zwischen den Sitzreihen und berichtete über Kindheit, Schicksal und Charakter seines Sohnes. Dieser schäumte vor Wut.
"Das ist Euer Plan? Ihr wollt mich wütend machen?"
Der Vater ignorierte die Worte seines Sohnes und erzählte weiter.
"Halt deinen Mund!"
Er fuhr weiter fort.
"Hast du nicht gehört, niemand will deine Geschichten hören!"
Der Richter wies den ganz und gar nicht mehr Gefassten darauf hin, dass dies in der Kompetenz des Gerichts liege.
"Das höre ich mir nicht länger an."
Die Reaktionen wurden immer hitziger.
"Wie kannst du es wagen von Familie und Liebe zu sprechen?"
Der Angeklagte, inzwischen feuerrot angelaufen, erhob sich schliesslich und sprach zu seinem Erzeuger jene Worte, die Cumberland sehnlichst erwartet hatte.
"Du willst es wirklich wissen, alter Mann? Es ist alles deinetwegen! Bei jedem der Stiche habe ich an dich gedacht, jeden ihrer Schreie habe ich dir gewidmet. Du nennst mich Monster? Ich wurde zum Monster erzogen!"
Totenstille herrschte im Raum. Langsam wurde dem Geständigen bewusst, das er sich gerade selbst zum Galgen geführt hatte. Eine Minute hatte er seine soziophatische Selbstbeherrschung verloren, das genügte.
"Sehr gut gespielt, Cumberland. Ein Geniestreich, der meiner würdig ist!"
Etliche Zuschauer fielen sich weinend in die Arme. Danach setzten Sprechchöre ein, die sofortige Gerechtigkeit, namentlich eine Exekution des Schuldigen, forderten.
Dieser setze nur ein hämisches Grinsen auf.
"Gerechtigkeit eins, … Bestie fünfzehn!"



_________________
Man sollte reif für die beste Gesellschaft sein, um sie meiden zu können.
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ALU
Geschlecht:männlichSchneckenpost

Alter: 62
Beiträge: 14
Wohnort: Krefeld


Beitrag27.04.2012 09:37

von ALU
Antworten mit Zitat

Hallo Writter,

"Amüsant."

Nach mehrmaligem lesen muss ich sagen, die im wahrsten Sinne des Wortes kurze Geschichte gefällt mir. Guter Anfang. Verrät gerade genug um sich ein Bild der Situation zu machen und verschweigt genügend um sich zu fragen: "Was in aller Welt geht da vor?"

Ich hatte ein paar Schwierigkeiten zu erkennen, wer genau spricht, weil Du auf Begleitsätze in der wörtlichen Rede verzichtest. Geht aber, wenn man aufmerksam liest.

Den Schlusssatz, "Gerechtigkeit eins, … Bestie fünfzehn!", versteh ich allerdings nicht.

Gruß ... Andreas
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CAMIR
Geschlecht:weiblichEselsohr

Alter: 38
Beiträge: 202
Wohnort: Baile Átha Cliath


Beitrag08.05.2012 00:17

von CAMIR
Antworten mit Zitat

Zitat:

Den Schlusssatz, "Gerechtigkeit eins, … Bestie fünfzehn!", versteh ich allerdings nicht.

Ich hab es so verstanden, dass der Mörder 15 Menschen tötete aber die Justiz ihn dafür nur einmal bestrafen kann. Dass er also im Endeffekt immer noch "vorne" liegt.

Ich fand die Geschichte auch recht interessant, aber musste sie zweimal lesen, um zu verstehen wer da redet.
Obwohl ichs glaub ich besser gefunden hätte, ansatzweise zu erfahren was der Vater da spricht. smile


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"I think it's important to say that when it comes to the appropriate timing,
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Kajleen
Geschlecht:weiblichErklärbär


Beiträge: 3



Beitrag11.06.2012 22:49

von Kajleen
Antworten mit Zitat

Mit dem ersten Wort hattest du meine Aufmerksamkeit und obwohl ich am Anfang noch nicht so ganz mitgekommen bin, kann man sich das Geschehene am Schluss gut zusammenreimen! Wirklich gut gelungene Kurzgeschichte, besonders hat mir gefallen wie du z.B. den überforderten Richter oder die Gerichtsdiener erwähnt hast. Das bringt irgendwie die richtige Atmosphäre rüber :)
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