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Rote Orange


 
 
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Erman
Geschlecht:männlichEselsohr


Beiträge: 486
Wohnort: Erde


Beitrag04.04.2012 14:39
Rote Orange
von Erman
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat




ö


Es ist so dunkel, dass es durchaus möglich ist,
dass sich das Ende der Welt anbraut.
Ich glaube, es wird bald regnen.
Die Vögel im Park sind so still.
Nichts ist so, wie es den Anschein hat.
Wir auch nicht.

In unserer Straße wächst ein großer Baum,
wir alle könnten uns unter seinen Blättern verstecken,
dabei bräuchten wir unsere Kleider nicht.
Du sagtest: Ich fühle mich wie eine alte Küchenschabe.
In Gedanken bin ich ein Reisender auf einem Schiff voller Geister.

Jetzt kommt nicht mal ein Seufzer von draußen.
Wenn uns jemand ein Kind auf die Türschwelle gebracht hat,
dann schläft es.
Alles schlottert an der Kante unseres Daseins
mit einem charmanten Lächeln.

Du sagtest: Das ist deswegen, weil es Dinge gibt auf dieser Welt,
auf die wir nicht wirken können.

Und da hörte ich wie die Orange mit der Farbe des Blutes
vom Tisch rollte und mit einem dumpfen Geräusch
auf den Boden schlug.



Gewidmet: Den Eltern vermisster Kindern.

LG Erman

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Jocelyn
Bernsteinzimmer

Alter: 59
Beiträge: 2251
Wohnort: Königstein im Taunus
Das Silberne Fahrrad Ei 1



Beitrag04.04.2012 21:31
Re: Rote Orange
von Jocelyn
Antworten mit Zitat

Hallo Erman,

das ist ein schönes Gedicht mit Sprachgefühl.
Nur einige Kleinigkeiten gefallen mir persönlich nicht:
Erman hat Folgendes geschrieben:

...
Nichts ist so, wie es den Anschein hat.
Wir auch nicht.

In unserer Straße wächst ein großer Baum,
wir alle könnten uns unter seinen Blättern verstecken,
dabei bräuchten wir unsere Kleider nicht.
Du sagtest: Ich fühle mich wie eine alte Küchenschabe.

Jetzt kommt nicht mal ein Seufzer von draußen.
Wenn uns jemand ein Kind auf die Türschwelle gebracht hat,
dann schläft es.
Alles schlottert an der Kante unseres Daseins
mit einem charmanten Lächeln.

Du sagtest
...



Der Satz " Wir auch nicht", klingt so umgangssprachlich und unbedeutend. Irgendwie passt er nicht rein. "Nicht einmal wir." Das fände ich besser.

"Wir alle" finde ich auch nicht gut, weil ich den Eindruck beim Lesen gewinne, dass du im Dialog mit einer zweiten Person stehst. Zu viel Hinweis. Ohne "alle" wäre das Fürwort offener, ich käme dann eher auf die Idee der Identifikation, weil sie mir nicht von dir aufgezwungen worden wäre.

"Dabei bräuchten wir...." Dabei als Einleitung? Mag ich ausdruckstechnisch hier nicht, irgendwie überflüssig. Ein schlichtes "Und" hätte gereicht.
"Jetzt kommt nicht mal..." Vom Ausdruck her gar nicht schön. "Jetzt" bezeichnet außerdem die Gegenwart. Dann springst du aber im Umfeld mit "sagtest" in der Vergangenheit rum. Die Worte der anderen Person wirken aber bis in die Gegenwart hinein, oder? Ich würde keine Zeitsprünge machen. Schreib alles in der Gegenwart und du wirst eine größere Wirkung erzeugen.

Hat mir aber gefallen, kannst ja überlegen, ob dir was reinpasst, Jocelyn.


_________________
If you dig it, do it. If you really dig it, do it twice.
(Jim Croce)

Die beständigen Dinge vergeuden sich nicht, sie brauchen nichts als eine einzige, ewig gleiche Beziehung zur Welt.
(Aus: Atemschaukel von Herta Müller, Carl Hanser Verlag, München 2009, Seite 198)

"Si Dieu n'existait pas, il faudrait l'inventer."
(Voltaire)
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gold
Geschlecht:weiblichPapiertiger


Beiträge: 4943
Wohnort: unter Wasser
DSFo-Sponsor


Beitrag04.04.2012 23:35
Re: Rote Orange
von gold
Antworten mit Zitat

Erman hat Folgendes geschrieben:





Es ist so dunkel, dass es durchaus möglich ist,
dass sich das Ende der Welt anbraut.
Ich glaube, es wird bald regnen.
Die Vögel im Park sind so still.
Nichts ist so, wie es den Anschein hat.
Wir auch nicht.

In unserer Straße wächst ein großer Baum,
wir alle könnten uns unter seinen Blättern verstecken,
dabei bräuchten wir unsere Kleider nicht.
Du sagtest: Ich fühle mich wie eine alte Küchenschabe.
etzt kommt nicht mal ein Seufzer von draußen.
Wenn uns jemand ein Kind auf die Türschwelle gebracht hat,
dann schläft es.
[Du sagtest: Das ist deswegen, weil es Dinge gibt auf dieser Welt,
auf die wir nicht wirken können.

Und da hörte ich wie die Orange mit der Farbe des Blutes
vom Tisch rollte und mit einem dumpfen Geräusch
auf den Boden schlug.



Gewidmet: Den Eltern vermisster Kindern.

LG Erman



hallo Erman,

dein Gedicht gefällt mir sehr, sehr gut.

In Gedanken bin ich ein Reisender auf einem Schiff voller Geister.J

dieses Bild bedeutet für mich, wie unwirklich und schwankend man sich in dieser Welt, die dem Untergang geweiht ist, fühlt.

color=blue]Alles schlottert an der Kante unseres Daseins
mit einem charmanten Lächeln.[/color]

zunächst störte ich mich an dem charmanten Lächeln.  Aber dann wurde mir bewusst, dass es eine Illusion ausdrückt, dass es eine Art Galgenhumor ist.
Dieses charmante Lächeln ist verführerisch und trügerisch und vom Untergang bedroht.

danke für deine starken Bilder!

Lg Gold
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Wasserwaage
Eselsohr

Alter: 107
Beiträge: 224
Wohnort: Terra incognita


Beitrag04.04.2012 23:51

von Wasserwaage
Antworten mit Zitat

lieber Erman,

deine Verse nehmen mich an die Hand.
An deiner Sprache will ich nichts kritisieren. Sie begegnet mir sehr natürlich,
echt, ausdrucksstark. Grammatik, Rechtschreibung, Interpunktion...sind erlernbar.
Worten eine derartige Tiefe zu verleihen, steht dazu in keinerlei Verhältnis. Deine Verse in diesem Werk sind tiefgehend.

Der Schlussvers hat mich getroffen wie eine Kanonenkugel.

Danke für dieses sehr berührende Gedicht!

J.


_________________
ich vergebe der Sprache, den Worten und mir
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bananenfisch
Leseratte
B


Beiträge: 142



B
Beitrag05.04.2012 00:41
Re: Rote Orange
von bananenfisch
Antworten mit Zitat

Erman schrieb:

Zitat:
Nichts ist so, wie es den Anschein hat.


Das ist Lustig; entweder ein Kleinod des Paradoxen, oder fraktal verschachtelt. Auf jeden Fall etwas, das die Denkerbirne schier zerbrechen lässt.

Anschein: Etwas sieht nach etwas anderem aus.

Eingesetzt: Nichts ist so, wie etwas, das nach etwas anderem aussieht.

Der originale Satz lautet ja: Nichts ist so, wie es scheint. Ich befürchte, dass "scheint" etwas anderes ist, als "Anschein".

Viel Spaß beim Nachdenken

beste Grüße
Bananenfisch
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Max Sin
Geschlecht:männlichLeseratte


Beiträge: 169



Beitrag05.04.2012 12:24
Die große Offensive
von Max Sin
Antworten mit Zitat

Lieber Erman,
ich schleiche jetzt schon eine ganz weile rein metaphorisch um dein Gedicht herum. Aber ich musste es erst mehrmals lesen bevor ich dazu etwas sage. Ansonsten wäre nur: "Das finde ich toll!", dabei herumgekommen.
Zitat:
Nichts ist so, wie es den Anschein hat.
Wir auch nicht.

Mir gefällt das "Wir auch nicht", gerade weil es so einfach ist.
Zitat:
Und da hörte ich wie die Orange mit der Farbe des Blutes
vom Tisch rollte und mit einem dumpfen Geräusch
auf den Boden schlug.

Diese Stelle erinnert mich sehr stark an eine Textstelle in einem Buch das ich vor kurzem las. Deshalb lösen die Blutorangen auch, in diesem Falle, eine große Assoziationswelle bei mir aus.
Das Bild aber, auch wenn es eigentlich eher abstrakt wirkt, gefällt mir.
Mit der Küchenschabe habe ich leider so meine Probleme, ich verstehe sie nicht und eigentlich mag ich sie hier auch nicht. Aber das ist nur meine persönliche Meinung.

Max


_________________
„Ich wollte ja nichts als das zu leben versuchen, was von selber aus mir heraus wollte. Warum war das so sehr schwer?“
- Hesse
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Erman
Geschlecht:männlichEselsohr


Beiträge: 486
Wohnort: Erde


Beitrag06.04.2012 12:14

von Erman
pdf-Datei Antworten mit Zitat

@Liebe Jocelyn,

Vielen dank dafür, dass Du mein Gedicht gelesen und kommentiert hast.
Du schreibst, dass Dir der Satz ''Wir auch nicht.'' nicht so gefällt.
Ich denke, dass auch einfache Worte in ihrer Aussage sehr wichtig sein können. Oftmals können sie das, was wahr und unabdingbar ist, ohne Umschweife verdeutlichen.

In der Straße wohnen auch andere Eltern, darum sehe ich das ''alle'' durchaus berechtigt.
"Dabei bräuchten wir...." Ich weiß was Du meinst, doch ich kann es nicht jedem recht machen.
"Jetzt kommt nicht mal..." Das LI ist die ganze Zeit in der Gegenwart, es sind seine Gedanken,
die ihm, obwohl selbst desillusioniert , durch den Kopf gehen.

Ich bedanke mich aber für dein Mitdenken und die konstruktiven Vorschläge, die ich hier als ehrlich von Dir gemeint sehe.

Lieben Gruß
Erman


@Liebe gold,

Vielen dank fürs lesen und die Resonanzen. Sie spenden mir Mut zum Weiterschreiben.
Es macht mir eine besondere Freude, zu sehen, dass meine Zeilen richtig interpretiert werden.
Danke auch für ''...starke Bilder''..

Beste Grüße
Erman


@Liebe Wasserwaage,

Vielen dank für deine aufmunternden Worte.
Es freut mich zu lesen, dass Dir meine Verse gefallen haben.
Ja, die RS und Grammatik machen mir noch etwas zu schaffen, doch ich übe sehr fleißig.
Das große Kompliment; ''Der Schlussvers hat mich getroffen wie eine Kanonenkugel.''
beflügelt und ermutigt mich zu weiteren Gedichten, hab vielen dank dafür.

Lieben Gruß
Erman


@Lieber Max,

Vielen dank für die Positiven Zeilen.
Dein ''...ich schleiche jetzt schon eine ganz weile rein metaphorisch um dein Gedicht herum.''
Genau das wollte ich beim Leser erzielen.....Du sagst es.

Mit der ''Küchenschabe'' wollte ich auf die Mutter hinweisen, die sich als zertretet fühlt.
Weill sie den Verlust nicht ertragen kann. Obwohl ich mir dabei nicht ganz sicher war, die
Küchenschabe als Metapher zu nehmen.

Noch ein Mal, vielen Dank für deinen Kommentar.

Lieben Gruß
Erman.
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BlueNote
Geschlecht:männlichStimme der Vernunft


Beiträge: 7304
Wohnort: NBY



Beitrag06.04.2012 12:53

von BlueNote
Antworten mit Zitat

Hi Erman,

dein Gedicht gefällt mir, es ist gut gemacht, hat einen sehr schönen Klang.
Ein paar Dinge möchte ich anmerken, die du noch einmal überdenken kannst.

Zitat:

Es ist so dunkel, dass es durchaus möglich ist,
dass sich das Ende der Welt anbraut.

möglich wäre, das Ende der Welt anbraute.
Konjunktiv.

Anbraut gefällt mir nicht ganz optimal.

Dann sind da die verschiedenen Zeiten, deren Verwendung für mich nicht ganz schlüssig ist:
Zitat:

Es ist so dunkel
Wenn uns jemand ein Kind auf die Türschwelle gebracht hat,
Und da hörte ich


Dafür, dass das Gedicht einen sehr ernsthaften Hintergrund hat, kommt es mir ein bisschen harmlos daher (Widmung).

Vielleicht ist es doch nicht nötig, den Zusammenhang zu Eltern vermisster Kinder herzustellen?

Viele Grüße

BN
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Erman
Geschlecht:männlichEselsohr


Beiträge: 486
Wohnort: Erde


Beitrag06.04.2012 18:25

von Erman
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo BlueNote,

danke fürs Lesen und die Resonanzen.

Was die erste Zeile betrifft, stimme ich dir zu. Ich denke, ich werde sie abändern.
in etwa so: ''Es ist so dunkel, als ob sich das Ende der Welt ankündigen wollte''


Zur Widmung möchte ich betonen, dass ich bei diesem Thema Zurückhaltung, bzw einen sensiblen Umgang damit, für angebracht halte.

Noch ein Mal vielen Dank für die konstruktiven Ideen.

Mit besten Grüßen
Erman
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