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Deutsches Schriftstellerforum Foren-Übersicht -> Antiquariat -> Postkartenprosa 03/2012
Brüderbande

 
 
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Amarenakirsche
Geschlecht:weiblichEselsohr

Alter: 30
Beiträge: 394
Wohnort: tief im Westen


Beitrag25.03.2012 19:00
Brüderbande
von Amarenakirsche
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Brüderbande

Die Buchstaben verschwimmen vor meinen Augen zu einer grauen Suppe. Ich reibe mir die Schläfen. Dieser Fall ist verdammt wichtig für meine Karriere. Missmutig starre ich aus dem Fenster in den Regen.
Es klopft. Auch das noch.
„Herein“, brumme ich unwillig.
Meine Sekretärin steckt den Kopf durch die Tür, das Gesicht vor Aufregung Feuerrot. „Herr Herold, Sie müssen unbedingt kommen!“
Stöhnend rappele ich mich auf. „Haben Sie nicht Mittagspause?“
„Schon…“ Sie zieht mich auf den Flur. „Aber ich habe jemanden getroffen, den Sie sehen müssen.“
Im Empfangsraum steht ein Bettler. Ein Mann in zerschlissener Jeans und abgewetzter Lederjacke. Eine dunkle Sonnenbrille verbirgt seine Augen.
„Chef, er hatte dieses Foto bei sich.“ Melanie reicht mir ein zerknittertes Stück Papier.
Deswegen hält sie mich von der Arbeit ab? Unwillig betrachte ich das Bild - und schnappe nach Luft. Das kann doch nicht wahr sein! Ich blinzele, doch es ist kein Traum. Die beiden Jungen auf dem Foto bleiben stehen, genauso, wie ich sie seit Jahren auf meinem Schreibtisch stehen sehe. In dem kleinen silbernen Fotorahmen neben den Büroklammern. Das Bild zeigt mich und meinen Zwillingsbruder.
Mit großen Augen sehe ich den Bettler an. „Achim?“ Nur ein Flüstern kommt über meine Lippen. Mein Herz rast in meiner Brust.
Er hört auf zu kauen. Dreht den Kopf ein wenig, sodass er mich besser hören kann. Er ist blind. Mein Gott, es ist wirklich Achim!
Im Bruchteil einer Sekunde bin ich bei ihm. Ich schließe ihn in die Arme, so fest, dass ich ihn beinahe erdrücke.
„Ulli“, flüstert er leise, ungläubig.
Hinter mir fällt eine Tür ins Schloss. Melanie lässt uns allein.
Vorsichtig löse ich mich von ihm, kann den Blick jedoch nicht abwenden. „Verdammt, wie lange ist das her?“
Ein kleines Grinsen spielt um seine Mundwinkel. „Zweiundvierzig Jahre. Du bist mit sechzehn von zuhause weg. Hast mich einfach allein gelassen, du Mistkerl!“
Ich knuffe ihn gegen die Schulter. Dann führe ich ihn in mein Büro, während er weiterredet.
„Vor ein paar Jahren habe ich gehört, dass du in Berlin bist. Anwalt, Respekt! Da musste ich einfach hinterher. Ich hab unser altes Kinderfoto eingesteckt und gewartet, dass es jemand erkennt.“
Sanft bringe ich Achim zur Couch. Er macht es sich bequem, seine Hände tasten über das Leder. „Dir geht es ziemlich gut, oder?“
Ihm nicht, das sieht man sofort. „Zieh bei mir ein“, entfährt es mir. „Ich habe genug Platz für uns zwei.“
Lächelnd lehnt er sich zurück. „Gerne.“
Einen Moment lang herrscht Stille. Warme, vertraute Stille.
„Es hat aufgehört zu regnen“, murmelt mein Bruder.
Er hat Recht. Vor dem Fenster hängen zwar noch dicke Wolken, doch am Rand ist ein Stück blauer Himmel zu erkennen. Hoffnung.

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Traumtänzerin
Fähnchen Fieselschreib

Alter: 30
Beiträge: 1178



Beitrag25.03.2012 20:50

von Traumtänzerin
Antworten mit Zitat

Die Geschichte des verlorenen Bruders. Nichts sehr innovatives, aber dennoch sehr gut umgesetzt. Dieser Text besticht durch seine tolle Sprache.
Gefällt mir ausgesprochen gut!!

Auch wenn diese Reaktion auf mich etwas ... stark bzw. unnatürlich wirkt:
Zitat:
Ihm nicht, das sieht man sofort. „Zieh bei mir ein“, entfährt es mir. „Ich habe genug Platz für uns zwei.“
Lächelnd lehnt er sich zurück. „Gerne.“
Einen Moment lang herrscht Stille. Warme, vertraute Stille.


Ansonsten ... Klasse!

Deshalb gibt's von mir 8 Federn.

LG,
Traumtänzerin


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Title sponsored by Boro, (c) by Alogius
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Es genügt nicht, keine Meinung zu haben. Man muss auch unfähig sein, sie auszudrücken.
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Eine spitze Zunge ist in manchen Ländern schon unerlaubter Waffenbesitz.
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Dem wird befohlen, der sich selbst nicht gehorchen kann. (Nietzsche)
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Inquisition war in der frühen Neuzeit der ganz große Burner.
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Rufina
Geschlecht:weiblichKlammeraffe


Beiträge: 693



Beitrag25.03.2012 22:50

von Rufina
Antworten mit Zitat

Hallo,

Vorgabe:
Umgesetzt.

Sprache:
Mancherorts stimmt die Konjugation der Verben, glaube ich nicht ganz: rappele - rapple, blinzele - blinzle. Ansonsten sind hier und da noch Zeichensetzungsfehler drin: fehlende Leerzeichen vor und nach den Auslassungspunkten, fehlende Kommas, Komma statt Punkt. Hier ist das mit dem Stehenbleiben arg missverständlich formuliert:
Zitat:
Die beiden Jungen auf dem Foto bleiben stehen, genauso, wie ich sie seit Jahren auf meinem Schreibtisch stehen sehe.


Inhalt:
Routiniert aufgebaut, aber auch nicht herausragend in Sachen Originalität. Was mir nicht ganz einleuchtet: Er trägt vermutlich den gleichen Nachnamen wie sein Bruder, kann ihn aber nicht anders ausfindig machen, als ihn mühsam über das Foto zu suchen? Da wäre doch eine Anfrage beim Einwohnermeldeamt naheliegender ...
"Hoffnung." zum Schluss ist mir zu viel. Ein bisschen Deutungsspielraum dürftest du mir als Leser schon noch lassen und der blaue Himmel am Rand sagt schon genug  Wink.

Viele Grüße
Rufina


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Noch sind wir zwar keine gefährdete Art, aber es ist nicht so, dass wir nicht oft genug versucht hätten, eine zu werden. (Douglas Adams)
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Dienstwerk
Geschlecht:weiblichReißwolf

Alter: 55
Beiträge: 1254
Wohnort: Gera/Markkleeberg
DSFo-Sponsor Goldene Harfe


Beitrag26.03.2012 00:29

von Dienstwerk
Antworten mit Zitat

Neutraler Befederungskommentar - wenn es die Zeit erlaubt, später evtl. mehr.

LG, Ana
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Gast







Beitrag26.03.2012 14:10

von Gast
Antworten mit Zitat

Haben die kein Telefon?

Das bemüht mir zu viele Zufälle - und nochzumal, also wenn man schon weiß, jemand ist in Berlin und Anwalt. Da lässt sich doch mehr machen, als mit einem Kinder-Foto auf der Straße rumstehen?

Und: wieso wundert sich der Bruder so gar nicht, dass der andere blind ist? oder wusste er das? Überhaupt auch das 'von zu Hause weg' - da steckt so viel Drama drin, was hier einfach weggefreut wird ... nee. Nicht meines.  Sad
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Hitchhiker
Geschlecht:weiblichEselsohr

Alter: 34
Beiträge: 227
Wohnort: Münster


Beitrag26.03.2012 14:18

von Hitchhiker
Antworten mit Zitat

Liebe/r PoKaPro Autor/in,

vom Schreibstil her finde ich die Geschichte ganz in Ordnung, die Umstände unter welchen sich die Brüder wiederfinden erscheinen mir aber sehr weit hergeholt, weshalb ich mich auch nicht komplett  in die Geschichte hineinversetzen konnte.
Von mir gibt’s eine durchschnittliche Bewertung.


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Das hier ist 'ne verdammt harte Galaxis. Wenn man hier überleben will, muss man immer wissen, wo sein Handtuch ist!
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Maestro
Geschlecht:männlichEselsohr

Alter: 67
Beiträge: 337



Beitrag26.03.2012 16:07

von Maestro
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Natürlich regt ein solches Foto zur Schilderung eines zufälligen Wiedersehens an. Das ist auch nicht Negatives. Was mich an dieser Geschichte allerdings stört, ist ein zu viel an Input.
Muss der Achim unbedingt blind sein?
"Da musste ich unbedingt hinterher" sollte wohl "hier her" heißen.
Das Angebot bei ihm einzuziehen kommt ebenso wie die Zusage zu überraschend und unglaubwürdig daher. Dies und den Regen zugunsten einer näheren Schilderung der Brüder weg zu lassen, hätte mehr gebracht.

Ich vergebe vier Federn.

Maestro


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Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell
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junimond7
Geschlecht:weiblichLeseratte

Alter: 50
Beiträge: 141
Wohnort: schönste Stadt der Welt


Beitrag26.03.2012 16:53

von junimond7
Antworten mit Zitat

man stellt sich nicht mit einem uraltfoto irgendwo hin und wartet das es "zufällig" jemand erkennt
ganz "zufällig" dann auch noch die sekretärin des gesuchten bruders, der das gleiche bild "zufällig" auf seinem schreibtisch stehen hat, obwohl der seinen bruder 42 jahre nicht sehen wollte (sonst hätte er ihn ausfindig machen können)
sorry, diese geschichte liegt mir gar nicht


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Misch ein bisschen Torheit in Dein ernsthaftes Tun und Trachten. Albernheiten im rechten Moment sind etwas Köstliches.
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mondblume
Geschlecht:weiblichReißwolf

Alter: 45
Beiträge: 1138
Wohnort: Costa Brava


Beitrag26.03.2012 21:28

von mondblume
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Das ist eine schöne Geschichte. Etwas unlogisch finde ich, dass der anfangs erwähnte Fall noch so wichtig für seine Karriere sein soll, wenn er doch schon 58 Jahre alt ist? Das hat mich ein wenig irregeführt, da ich zu Beginn annahm, er sei um die dreissig, vierzig. (Nicht, dass man auch im späten Alter noch Karriere machen könnte, aber vielleicht wäre ein Hinweis auf die Wichtigkeit für seine Kanzlei angebrachter?)

Jetzt bin ich natürlich neugierig, warum der Bruder blind ist.  Cool


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Belzustra
Geschlecht:weiblichEselsohr

Alter: 38
Beiträge: 344
Wohnort: Belgien


Beitrag26.03.2012 23:35

von Belzustra
Antworten mit Zitat

Hallo,

die Geschichte ist ganz in Ordnung geschrieben. Das Bild des Bettlers und des Anwalts ist natürlich recht stark und emotional, jedoch auch ordinär. Warum konntest du ihn nicht zu dem Chef seiner eigener Firma machen, weil er irgendwann in der Vergangenheit was doofes erfunden hat und davon stinkreich geworden ist? Diese Anwaltsidee finde ich etwas langweilig.

LG
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halcyonzocalo
Geschlecht:männlichEinsamer Trancer

Alter: 34
Beiträge: 1202
Wohnort: Irgendwo im Nirgendwo


Beitrag27.03.2012 19:01

von halcyonzocalo
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Eine ganz nette Geschichte. Nicht sonderlich spektakulär, aber solide geschrieben, ohne grobe Schnitzer (aber eben auch ohne große Überraschungen). Das honoriere ich mit 6 Federn.

_________________
Die minimaldeterministische Metaphernstruktur mit ihrer mytophoben Phrasierung spiegelt den ideeimmanent abwesenden Bedeutungsraum.
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Nicki
Geschlecht:weiblichBücherwurm

Alter: 68
Beiträge: 3611
Wohnort: Mönchengladbach
Ei 10


Beitrag27.03.2012 21:12

von Nicki
Antworten mit Zitat

Wegen Zeitmangel und nach reiflicher Überlegung habe ich mich dazu entschlossen, nur Federn zu vergeben, aber nicht zu kommentieren. Meine Bewertung setzt sich zusammen aus dem Bauchgefühl, dass da etwas steht, das mir gefällt, das ich gerne lese, das ich verstehe.
Weiterhin ob die Themenvorgabe eingehalten worden ist und ob grobe Rechtschreib und Grammatikfehler auftauchen.
Wer wissen möchte, warum sein Text meine Federnanzahl bekommen hat, fragt mich am besten nach den Osterferien, wenn ich wieder im Lande bin.


_________________
MfG
Nicki

"Wer immer tut, was er schon kann, bleibt immer das, was er schon ist." Henry Ford
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*Trommelfeuer* November 2017 Eisermann Verlag
*Silvesterliebe* 30. November 2018 Eisermann Verlag
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Canyamel
Geschlecht:männlichEselsohr


Beiträge: 350
Wohnort: Saargemünd


Beitrag27.03.2012 21:59

von Canyamel
Antworten mit Zitat

Beim ersten Lesen dachte ich: Naja... Und wo ist der Clou?! Mir kam die Sprache zu wenig originell vor, und die Handlung und die Beschreibungen zu abgegriffen und nicht recht glaubwürdig. Der eine Bruder haut mit 16 ab, lässt den anderen alleine, macht dennoch eine Karriere als Anwalt. Viele Fragen, keine Antworten.

Aber beim zweiten Lesen musste ich feststellen, dass diese Geschichte gerade durch ihre einfache Sprache, die scheinbaren Klischees, die unspektakuläre Dramaturgie und die offenen Fragen eine starke Wirkung entfaltet.

Das ist nicht perfekt, aber es ist gut!


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Jede Art zu schreiben ist erlaubt, nur die langweilige nicht. (Voltaire)
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hobbes
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Beitrag27.03.2012 23:03

von hobbes
Antworten mit Zitat

Das ist mal ein Anfang, den ich gut finde.
Leider hat er mit dem Rest der Geschichte nicht mehr viel zu tun.

Dann versteh ich die Sekretärin nicht. Warum holt sie ihren Chef aus seinem Büro (anstatt seinen Bruder hinter sich her ins Chefbüro zu ziehen)? Gerade, wo sie so aufgeregt ist - wieso unnötig Zeit verplempern?

Zitat:
Die beiden Jungen auf dem Foto bleiben stehen

Na klar, bleiben die stehen, es ist ja ein Foto. Das führt völlig in die Irre. Ich vermute, Du willst sowas sagen wie "das Bild ist immer noch da (er träumt nicht)".

Dann verstehe ich nicht, dass der Bettlerbruder relativ teilnahmslos und abwartend herumsitzt. Melanies Aufregung dürfte ihm doch wohl kaum entgangen sein, selbst, wenn sie ihm nichts verraten hat.

Außerdem - warum ist Achim so froh, ihn zu sehen? Wenn er ihm so viel bedeutet, hätte er sich doch selber mal auf den Weg machen können?

Und den Schluß find ich auch unpassend. Stille, ok. Ungläubige, das Ganze erst mal sacken lassende Stille. Aber dass dann der Bruder mit einem Wetterbericht aufwartet - nö, das gefällt mir nicht.

Außerdem fallen mir die vielen kurzen Sätze unangenehm auf. Eigentlich bin ich ja ein Fan kurzer Sätze, aber hier wird das ein bisschen zu sehr (und zu unpassend) ausgereizt, wodurch das Ganze auch ein wenig monoton wird.

Daher erstmal nur 4 Federn.
(Aber das kann sich bei erneutem Lesen und im direkten Vergleich noch ändern)


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Miles Davis
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StefSteff2005
Geschlecht:weiblichWortedrechsler


Beiträge: 58



Beitrag28.03.2012 18:18

von StefSteff2005
Antworten mit Zitat

Die Geschichte ist gans anrürend, aber für mich nicht glaubwürdig. Wieso sehen sich die Brüder so lange nicht, obwohl sie sich nacheinander sehnen? In Berlin jemanden ausfindig machen an Hand eines Kindefotos...
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Mardii
Stiefmütterle

Alter: 64
Beiträge: 1774



Beitrag28.03.2012 18:36

von Mardii
Antworten mit Zitat

Die entscheidende Stelle ist, als Hr. Herold das Foto betrachtet, das ihm seine Sekretärin reicht. Das müsste anschaulicher, zwingender rüberkommen. Er sieht das Bild an, sieht den Bettler und nur ein Moment, so wie ein Foto entsteht, ist die Erkenntnis da. Alles zielt auf diesen Nu hin. So hat die Geschichte wenig Spannung. Bis auf Feuerrot sauber geschrieben.

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The Brain
Geschlecht:weiblichReißwolf

Alter: 65
Beiträge: 1966
Wohnort: Over the rainbow


Beitrag28.03.2012 19:30

von The Brain
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Hallo lieber Autor,


Zitat:
Die beiden Jungen auf dem Foto bleiben stehen, genauso, wie ich sie seit Jahren auf meinem Schreibtisch stehen sehe.


Den Satz musst du mir erklären ...

Eine unspektakuläre Geschichte. Sprachlich ausbaufähig. Der Inhalt allerdings lahmt deutlich. In der heutigen Zeit einen Anwalt in Berlin ausfindig zu machen, dürfte sich weitaus einfacher gestalten, als mit einem Foto durch die Straßen zu laufen - und das seit einigen Jahren?
Da hängt es ...



Liebe Grüße

Brain


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Dinge wahrzunehmen,
der Keim der Intelligenz

(Laotse)

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Die Kindheit endet nicht mit dem Erwachsenwerden.
Sie begleitet dich durch all deine Lebenstage.

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(Hermann Hesse)
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ney
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Beitrag28.03.2012 19:42

von ney
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vorweg: die geschichte ließ sich flüssig lesen, es gab keine groben brüche oder logikfehler. auch war man sofort in der geschichte drin. doch aufgrund des titels fand ich den verlauf der geschichte recht vorhersehbar, es gab keine überraschende wende und auch die figuren wirkten nicht wirklich frisch. neu war nur, dass sich der bruder diesmal recht schnell besonnen hat, dem anderen zu helfen.

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Marcio
Gänsefüßchen
M


Beiträge: 34



M
Beitrag28.03.2012 20:35

von Marcio
Antworten mit Zitat

Zunächst sehr gut. Dann werden mir die Emotionen zu sehr mit dem Holzhammer aufgezwungen. Die Geschichte endet auch schlapp und kitschig. Die Symbolik tut fast schon weh.
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Kara
Geschlecht:weiblichEselsohr
K

Alter: 46
Beiträge: 293



K
Beitrag29.03.2012 09:41

von Kara
Antworten mit Zitat

Hallo Inko!
Deine Geschichte finde ich ganz nett, jedoch packt sie mich nicht. Irgendwie fehlen mir weitere Hintergrundinformationen oder ein Konflikt, den ich vielleicht nicht entdecken konnte.
Eine kleine Lapalie am Rande, aber die Bezeichnung  "Bettler" finde ich  nicht glücklich. Klar weiß ich, was gemeint ist, aber wie gesagt, mehr Hintergrundinfos (dreidimensionale Charaktere)  wären toll gewesen, um den Figuren mehr Substanz zu geben.  
LG, Kara


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lady-in-black
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Beiträge: 1474
Wohnort: Killer Förde
Der goldene Käfig Extrem Süßes!


Beitrag29.03.2012 11:05

von lady-in-black
Antworten mit Zitat

Moin,  smile

wieder ein Text, der souverän geschrieben ist. Und doch ... mit seiner Glaubwürdigkeit bleibt er etwas auf der Strecke, weshalb er mich inhaltlich auch nicht besonders berührt.
Ein blinder Bettler, der lediglich anhand eines Fotos seinen Zwillingsbruder sucht ... das war doch etwas too much, um mehr als das Mittelfeld zu erreichen.  Rolling Eyes


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- Nein, Stil ist nicht das Ende vom Besen.
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Psychosus
Geschlecht:männlichGänsefüßchen

Alter: 34
Beiträge: 47



Beitrag29.03.2012 11:59

von Psychosus
Antworten mit Zitat

Die Geschichte sagt mir nicht so viel. Sie ist rührend, eine gute Beobachtung von Brüderlichkeit oder Familiarität ist darin:
Zitat:
Einen Moment lang herrscht Stille. Warme, vertraute Stille.


Es fällt mir sogar schwer, fest zu machen, was eigentlich das Problem ist. Vielleicht, dass das Thema eine große psychologische Seite hat, die hier, in diesem Format, nur ansatzweise angerissen werden kann. Da fehlt mir zu viel. Ich weiß nur, dass Uli ein etwas gestresster Anwalt und Achim (cooler ;)) blinder Bettler ist.

Von der Erzählweise ist es nicht schlecht geschrieben, es liest sich einigermaßen flüssig, teilweise aber auch zu abgehackt (viele Hauptsätze..) für meinen Geschmack. Im richtigen Kontext erzeugt das ja normalerweise Geschwindigkeit, während hier eher eine Monotonie geschaffen wird, die nicht ganz zur Emotionalität passt. Es ist dann auf der einen Seite zu wenig Beschreibung, wodurch die Charaktere keine richtige Farbe bekommen, und auf der anderen Seite wird zu viel des gerade stattfindenden Moments weggenommen, wie hier:

Zitat:
Mit großen Augen sehe ich den Bettler an. „Achim?“ Nur ein Flüstern kommt über meine Lippen. Mein Herz rast in meiner Brust.
Er hört auf zu kauen. Dreht den Kopf ein wenig, sodass er mich besser hören kann. Er ist blind. Mein Gott, es ist wirklich Achim!


Mir gefällt besser: "Mit großen Augen sehe ich den Bettler an. „Achim?“
Er hört auf zu kauen. Dreht den Kopf ein wenig, sodass er mich besser hören kann. Er ist blind. Mein Gott, es ist wirklich Achim!"
Das Erstaunen, das Uli empfindet, wird meiner Meinung nach hinreichend beschrieben durch seine geweiteten Augen und die im Raum hängende Frage "Achim?" und schließlich "Mein Gott". Ich kann mir da schon vorstellen, was mit ihm los ist. Das, was dazwischen noch kommt, ist eine Wiederholung der gleichen Metapher.

Diese Sätze lassen sich vereinfachen/verändern:

Zitat:
Im Bruchteil einer Sekunde bin ich bei ihm. Ich schließe ihn in die Arme, so fest, dass ich ihn beinahe erdrücke.


Ich stürze auf ihn zu und umarme ihn so fest, dass ich ihn beinah erdrücke. Der "Bruchteil einer Sekunde" ist ein automatisierter Ausdruck, den man heutzutage ganz selbstverständlich benutzt, und weil das so ist, hat er nicht mehr viel Wert. So empfinde ich das zumindest. Werde das nicht bewerten, weil es Geschmackssache ist, aber ich wollte es loswerden.

Zitat:
„Ulli“, flüstert er leise, ungläubig.


Man sieht, dass die Geschichte noch in der Entwurfsphase ist. Entweder leise oder ungläubig. Was solls sein? Entscheidungen treffen!

Zitat:
Sanft bringe ich Achim zur Couch.


Da treffe ich auf einen Konflikt mit meiner Vorstellungskraft. Ich weiß, dass man jemanden sanft streicheln, sanft unterbrechen, sanft ansehen, sanft berühren, sogar sanft bewegen kann, aber jemanden sanft an einen anderen Ort bringen? Zärtlich wäre hier wohl etwas zu intim (zumindest für unsere rauhe, nach Männlichkeit lechzende Gesellschaft). Langsam, achtgebend, tattrig, behutsam! Da ist es. Behutsam willst du sagen.

Zitat:
„Es hat aufgehört zu regnen“, murmelt mein Bruder.
Er hat Recht. Vor dem Fenster hängen zwar noch dicke Wolken, doch am Rand ist ein Stück blauer Himmel zu erkennen. Hoffnung.


Geht es Uli schlecht? Er scheint Hoffnung gebraucht zu haben. Bis hier hin wusste ich das allerdings noch nicht. Sicher, er hat Schwierigkeiten mit seinem derzeitigen Fall, aber er ist immerhin Anwalt mit eigener Kanzlei, und mehr erfahre ich über ihn ja nicht. Ohne mehr Informationen kann ich nur spekulieren (was zugegebenermaßen Spaß macht, aber damit schreibe ich eigentlich meine eigene Geschichte). Deshalb wundere ich mich darüber, es aus Ulis Perspektive/Perspektive des personalen Erzählers zu lesen.

Generell zur Idee dahinter: deine Idee war "Foto = alt" dann "lange Zeit passiert nichts" und "emotionales Wiedersehen". Deine Pointe war das Wiedersehen, das zusammengetroffen ist mit dem Moment, von dem du selbst angefangen hast dir die Ereignisse auszudenken. Du springst von der Annahme "Brüder" über einige Jahrzehnte nach vorn, und von diesem Punkt aus arbeitest dich dann rückwärts vor (sich rückwärts vorarbeiten..?;)). Damit machst du es dir einfach, weil du den Leser vor vollendete Tatsachen stellst. Uli ist Anwalt geworden und Achim Bettler und blind. Gut. Alles ist möglich! Das wusste ich aber schon vorher. Meinetwegen hätte Achim auch Mönch in der Karibik und Uli fliegende Kanonenkugel beim Zirkus sein können. Da hätte ich noch was zu lachen gehabt.
Mich hätte deshalb interessiert, was in der Zwischenzeit bei den beiden passiert ist. Ein Ende zu schreiben ist einfach, wenn man schon eine Pointe im Kopf hat. Aber zur Pointe hinzuleiten oder sie sogar nur anzudeuten ohne zu viel oder zu wenig zu sagen ist das eigentlich schwierige. Dann das verständlich in eine 450-Wort-Fassung zu stecken: wow! Respekt, sagt Achim.

Ansonsten gut erzählt. Mein Tribut an den Autor oder die Autorin/die Autorin oder den Autor.
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