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Mr. Curiosity Papiertiger
 Alter: 35 Beiträge: 4485 Wohnort: Köln
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seppman Weltfriedenstreiber
S Alter: 42 Beiträge: 943 Wohnort: Yaren
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S 23.03.2012 00:18
von seppman
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Moin
David
Ich sag mal was mir nicht gefällt:
Da fehlt wenigstens ein, wenn nicht 2 Komma in Strophe eins.
Da müßte man eventuell umbauen, so dass kein Komma nötig wird.
außerhalb
der stadt rechnet später das wasser
in spiegelungen sterne hoch und züge
die schwellen der gleise wie millisekunden
ins nichts.
mit dem dicken kann ich nichts anfangen, es bringt mich raus und gehört irgendwie nicht zu der schönen Wasserhochrechnung
Grüße seppman
_________________ Ich bin Flexitarier, ich esse dann, wenn ich Hunger, das worauf ich Hunger habe und verlass mich da völlig auf mein Bauchgefühl. Nebenbei bin ich Anhänger der Multitoleranzbewegung. |
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Mr. Curiosity Papiertiger
 Alter: 35 Beiträge: 4485 Wohnort: Köln
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 23.03.2012 01:51
von Mr. Curiosity
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Hi seppman,
grammatikalisch geht das aber. Womit ich persönlich haderte, war die Formulierung "ins nichts". So etwas ist mir eigentlich zu schwammig und verbraucht. Allerdings war es hier tatsächlich, was ich ausdrücken wollte und daher nahm ich es dennoch.
Mh .. die Stelle mit dem "morgen anspannen", da weiß ich nicht, ob die so dolle ist.
Ich denke gerade ein bisschen laut, sorry ^^
Danke für den Kommi
David
_________________
"Wenn du Schriftsteller sein willst, dann sag, dass du der Beste bist ...
Aber nicht, solange es mich gibt, kapiert?! Es sei denn, du willst das draußen austragen."
(Ernest Hemingway in "Midnight in Paris") |
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firstoffertio
Show-don't-Tellefant

Beiträge: 6083 Wohnort: Irland
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 23.03.2012 23:02
von firstoffertio
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Ich habe auch Probleme mit diesem Text. Er ist sehr hermetisch.
Die Stelle, die seppmann erwähnt hat, ist mir auch unklar. Da fehlt das Verb, nicht?
Ich kann das nicht an das Verb davor (rechnet (Sterne hoch)) anhängen.
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Mr. Curiosity Papiertiger
 Alter: 35 Beiträge: 4485 Wohnort: Köln
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 24.03.2012 03:26
von Mr. Curiosity
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Hallo firstoffertio,
von der Grammatik her kann man "rechnet" als Prädikat auch an die "Züge" dranhängen. Ich hab den Satz hier absichtlich so gestaltet, damit er wie ins Nichts konstruiert wirkt, korrespondierend mit dem dazu entsprechenden Vers. Ein weiteres Verb würde ihn zu sehr verankern für meinen Geschmack.
Keine Ahnung, als wie hermetisch Leser mein Werk empfinden ^^ Ich persönlich meine, schon Schwierigeres geschrieben zu haben. Aber natürlich kann ich das von meiner Warte aus schlecht beurteilen.
LG David
_________________
"Wenn du Schriftsteller sein willst, dann sag, dass du der Beste bist ...
Aber nicht, solange es mich gibt, kapiert?! Es sei denn, du willst das draußen austragen."
(Ernest Hemingway in "Midnight in Paris") |
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Wasserwaage Eselsohr
 Alter: 106 Beiträge: 225 Wohnort: Terra incognita
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 26.03.2012 05:04
von Wasserwaage
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hallo David,
zur Interpunktion meinerseits: habe mir die Freiheit erlaubt,
dein Kleinod lesend, jegliche I. auszulassen - absolut eine Frage des lyr. Verdauungstraktes,
doch ich genoss dadurch soeben jede einzelne Silbe! Bei diesem Text geht sowas, m.A.n.
Allerdings denke ich auch, dass seitens des Autors bereits ein hohes Maß an Sprachvermögen gegeben sein sollte,
sobald er seinem Text solche Freiräume erlaubt. Ebenso verhält es sich mit dem Auslassen von Verben,
will ich mal behaupten. Ein aufmerksamer Leser kann diese bewusst gesetzten ´Atemräume´ erkennen.
Ich schätze sie sehr, bin ihnen jedoch bisher leider nur selten begegnet.
der stadt rechnet später das wasser
in spiegelungen sterne hoch
Das halte ich für unverschämt (gut!)
fantastisch finde ich auch die dunkelziffer des augusts
Und bei alledem gelingt es dir auch noch, gedankliche ´Schnittmengen´ durch bestens gesetzte Zeilenumbrüche zu bilden.
Ich staune.
Das verwendete "nichts" ist mir bei diesem Feuerwerk gar nicht aufgefallen.
Jetzt aber behaupte ich, dass es so direkt nach den ´millisekunden´ passt.
Die Sekunden erscheinen dadurch wie gefühlte Minuten. Ich glaube, du verstehst(?)
Zitat: | Mh .. die Stelle mit dem "morgen anspannen", da weiß ich nicht, ob die so dolle ist... |
bin mal so frei und stell das in den Raum. Kann natürlich gut sein,
dass diese Anregung mit deiner Dialektik nichts zu tun hat, was ich grade schlecht beurteilen kann
...
nur so viel morgen
tagt mich noch dass ich/tagt in mir dass ich
nicht falle
...
bewundernd lässt du mich zurück.
WW
p.s.:...und Was bitte *verb* du mir jetzt noch übrig, du Schuft?![/quote]
_________________ ich vergebe der Sprache, den Worten und mir |
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gnomerich Wortedrechsler
G
Beiträge: 63
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G 26.03.2012 09:50
von gnomerich
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Hei,
der erste eindruck ist
gefällt mir.
an einer stelle bin ich jedoch hängengeblieben:
"züge die schwellen der gleise" - sorry, aber das "züge" wirft mich aus der bahn, kann ich nix mit anfangen..
"drehe mich auf der mauer" - in der letzten strophe, wiederholt ja das anfangsbild. steht hier nun etwas sachlich, "unträumerisch" da - vielleicht etwas farbe mit rein packen? oder die morgenspannung, die noch ausreicht oder ein "immer noch" ??
bei dem titel "inventur des sommers" hätte ich selbst spontan, nach deinen ersten bildern, ein abzählen der bunten blumen oder der grünen blätter oder so etwas noch erwartet. Erwähne ich nur, da du ja gerne meinungen hören willst, was du draus machst, ist deine sache..
aber vielleicht bekommt man durch "laute gedanken des lesers" eine anregung?
"meine
träne ist der letzte vektor
der mich hier verortet dunkel
ziffer des augusts. "
hier fehlt mir vor "dunkel ziffer" ein komma oder punkt?? schmeißt mich sonst aus dem lesefluss.. genauso wie in der ersten strophe vor "dass"..
lg und ein echt schönes vernetztes starkes gedicht!
gnomi
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Perry
Exposéadler
P Alter: 70 Beiträge: 2392
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seppman Weltfriedenstreiber
S Alter: 42 Beiträge: 943 Wohnort: Yaren
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S 26.03.2012 19:09
von seppman
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Moin
Wie wäre
und züge schwellen auf gleisen
wie Millisekunden ins Nichts
?
Grüße seppman
_________________ Ich bin Flexitarier, ich esse dann, wenn ich Hunger, das worauf ich Hunger habe und verlass mich da völlig auf mein Bauchgefühl. Nebenbei bin ich Anhänger der Multitoleranzbewegung. |
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Perry
Exposéadler
P Alter: 70 Beiträge: 2392
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P 27.03.2012 00:56 Hallo Seppman, von Perry
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nach meinem Verständnis schwellen nicht die Züge auf Gleisen, sondern
die Züge (rechnen) die Schwellen der Gleise wie ...
LG
Perry
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Oliver.Twist Leseratte
 Alter: 37 Beiträge: 126 Wohnort: Hamburg
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 31.03.2012 20:34 Interpretation von Oliver.Twist
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Weil das Gedicht mir gefällt, möchte ich gerne darauf eingehen; zur Analyse der Form ist aber ja nun schon ein wenig geschrieben worden. Ohnehin reizt mich das Interpretieren gerade mehr.
Die Verbindung von "tanzen" und "mauer" lässt mich an das Kinderlied "Auf der Mauer, auf der Lauer" denken, bei dem in jeder Strophe das Wort "Wanze" um einen Buchstaben verkürzt wird, bis nur mehr eine Pause verbleibt.
Das Tanzen als "Traumtänzer" findet entspannt und in "drehender", somit entrückt anmutender Art statt. Die nötige Anspannung, nicht zu fallen, findet als Anspannung eines "morgen" statt. "morgen" wäre in diesem Zusammenhang wohl das Bewusstsein eines "morgen", also das Bewusstsein einer Zukunft, somit Hoffnung auf noch zu verlebende Zeit und die in ihr möglichen Geschehnisse.
Der hereinbrechende Regen hat einen die Bodenszenerie sehr aktiv bearbeitenden Charakter: die Tropfen "zählen" die Dachpfannen der menschlichen Behausungen und die Steine der Wege, auf denen Menschen sich bewegen. Sie haben so ein sehr "begreifendes", "verstehendes" Wesen - im Hinblick auf die Zählung von Behausungen und Wegen mutet es gar "verwaltend" an.
Außerhalb dieser Ballung von menschlichen Heimen "rechnet später das wasser | in spiegelungen sterne hoch": Der taghellen Stadt wird eine wenig oder nicht bevölkerte Dunkelheit gegenübergestellt; auch hier findet eine berechnende, begreifende Tätigkeit der landschaftlichen Umgebung statt: das Wasser dokumentiert mit dem Spiegelbild gewissermaßen die Gestalt des Nachthimmels.
Mit den "Zügen" taucht wieder ein zivilisatorisches Motiv auf, wobei durch den Zeilenumbruch vor "die schwellen der gleise" zunächst auch an Atemzüge gedacht werden kann; in der Tat könnte selbst noch "schwellen" in einem traditionellen poetischen Duktus auf das Schwellen einer Brust, oder eben eines Atemzuges bezogen sein. Es sind hier also mit der traditionell-poetischen und der industriell-technischen zwei Bilderwelten angelegt, deren Dichotomie einer entspricht, die sich vor dem Hintergrund der klassisch-romantischen Tradition als künstlerischem Gegenpol zu einer durch Industrialisierung und kapitalistischer Zurichtung geprägten Wirklichkeit auftut. Die "millisekunden", in denen die Gleisschwellen überquert werden illustrieren den technischen Fortschritt als eben den zweiten dieser beiden Gegenpole. Das "nichts" ist die Unbekannte, die sich am Ende der exponentiellen Steigerungskurven, die der technische Fortschritt mit sich bringt, auftut: ein "Nichts" als die nicht vorhandene Antwort auf die Frage: "wohin führt uns das alles?", oder: "wohin fährt dieser Zug, in dem wir da sitzen?".
Das lyrische Ich verharrt in seiner Traumtänzerei; es fixiert seine Aufmerksamkeit auf das, was von der durchrationalisierten und verwalteten landschaftlichen Umgebung noch übrig ist. Der Gefühlsausdruck des Ich, seine Träne, ist, in dieser ansonsten von Ratio überformten Welt, das Letzte, was ihm noch einen Halt im Hier und Jetzt verleiht. Es wird ein Sich-fremd-fühlen deutlich; der zweifelnden Frage "wohin gehöre ich?" kann nur auf der Grundlage der eigenen (traurigen) Gefühle "dunkel" geantwortet werden, und auch diese Gefühle zeigen sich als rational begriffene ("vektor") Entitäten.
Mit der Formulierung "dunkel|ziffer des augusts" wird wiederum ein mit Verwaltung konnotierter Begriff einem poetisch konnotierten gegenübergestellt und ersterer dem letzteren gewissermaßen "übergestülpt". Die "Dunkelziffer" hat aber noch einen weiteren interessanten Aspekt: sie bezeichnet bekanntermaßen diejenige Größe, die von der verwaltenden Erkenntnis nicht erfasst wird. Die Dunkelziffer ist das, was sich dem berechnenden, strukturierenden Auge entzieht. Somit kommt ihr eine Bedeutung bei, die der der "Träne" eng verwandt ist: sie bezeichnet das unverwaltete, nicht-rationalisierte, das, mit Adorno: "nichtidentische".
Das Motiv des Rationalisierens wird schon in der oben erwähnten Kinderlied-Metapher deutlich: die "Wanze", also ein unliebsames, als Ungeziefer abgetanes Tier, wird nach und nach zum Verschwinden gebracht, um allem, was im Gegensatz zur Wanze für wünschenswert und existenzwürdig befunden wurde, alleinige Geltung zu verschaffen. An ihrer Stelle verbleibt nur mehr eine Pause. In der ähnlichen Position des gesellschaftlich desintegrierten befindet sich der "Traumtänzer", der sich der rationalisierten Umgebung nicht einfügt, sondern, von seiner Hoffnung auf etwas besseres am Leben und Tanzen erhalten, sich selbstvergessen im Kreise dreht. Seine Umgebung wird, mit einem "herauszoomenden" Blick als eine durch und durch rationalisierte gezeigt, der zudem das Element des sich beschleunigenden, des dem "Nichts" zustrebenden, zueigen ist. Dessen ungeachtet verharrt das Ich in seiner entrückten, und dadurch widerspenstigen Haltung. In der zuletzt angesprochenen Zeitlichkeit des Geschehens ("august") leuchtet weiterhin auf, dass das Ich seine Zeit nicht nach den Maßgaben der Umgebung einzuteilen bereit ist, sondern seine Lebenszeit nach eigenem Gutdünken verwendet.
Denkbar wäre eine Auslegung von "august" auch im Sinne der klassischen Clownsfigur eines "dummen August", der, wie eben das lyrische Ich, ein gutwilliger, der berechnenden Vernunft abgetaner Charakter ist. Auch an das Volkslied "O du lieber Augustin" mag man denken, in dem das Dahinschwinden von Menschen und materiellen Gütern im Angesicht der Pest thematisiert ist: eine trivial-künstlerische Reflexion von Niedergang par excellence.
Gern gelesen, mit bestem Gruß -
Oliver Twist
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Mr. Curiosity Papiertiger
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 31.03.2012 23:36
von Mr. Curiosity
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Danke für deinen Kommentar ..
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"Wenn du Schriftsteller sein willst, dann sag, dass du der Beste bist ...
Aber nicht, solange es mich gibt, kapiert?! Es sei denn, du willst das draußen austragen."
(Ernest Hemingway in "Midnight in Paris") |
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