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"Klischee"

 
 
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adelbo
Geschlecht:weiblichReißwolf


Beiträge: 1830
Wohnort: Im heiligen Hafen


Beitrag22.03.2012 18:51
"Klischee"
von adelbo
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Wenn ich mir die Kommentare durchlese, (auch oder besonders bei Wettbewerben) springt mir sehr oft als Kritikpunkt "Klischee" ins Auge. In allen möglichen Formulierungen. Z.B. hier wird das Klischee des braven Familienvater benutzt oder das Klischee des Hausmütterchen oder das Klischee des einsamen reichen Mannes usw.  Oder das klingt mir zu sehr nach einem Klischee.
Kann man dem nur aus dem Wege gehen, in dem man keine Texte schreibt, die den schnöden Alltag betreffen? Oder gibt es Tricks, Tipps, um den Kritikern den Wind aus den Segeln zu nehmen.


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lady-in-black
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Beiträge: 1474
Wohnort: Killer Förde
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Beitrag22.03.2012 19:15

von lady-in-black
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Hi adelbo,  Smile

der einzige Tipp, den ich dir geben könnte, sieht wie folgt aus:

Wenn du selbst bereits ahnst, dass man es dir als Klischee vorhalten könnte, dann würde ich, durch einen entsprechenden Hinweis im Text, diesem befürchteten Vorwurf selbst vorbeugen.
Also bei einem Text über eine Frau, die z.B. nicht rückwärts einparken kann, würde ich sie bei passender Gelegenheit, also vielleicht im Auto, genau über das Klischee, dem sie ja leider entspricht, fluchen oder verzweifelt sein lassen.

Natürlich kann man über Klischees auch humorvoll schreiben, sie damit dem Leser "versüßen" ...
aber ich glaube, das hattest du jetzt nicht gemeint.  Laughing


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BlueNote
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Beiträge: 7304
Wohnort: NBY



Beitrag22.03.2012 19:21

von BlueNote
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Also, ich würde gerne einen Text über eine Frau lesen, die nicht rückwärts einparken kann. Klischees stören mich jetzt überhaupt nicht.
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SilentVellamo
Geschlecht:weiblichLeseratte


Beiträge: 121



Beitrag22.03.2012 19:43

von SilentVellamo
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Sind Klischees denn so schlecht? Immerhin erleichtern sie uns in gewisser Weise auch den Alltag, weil wir Leute zunächst mal grob in Schubladen einordnen können. Sehen wir sie nie wieder - nicht schlimm, dann haben sie auch keine Bedeutung für uns. Sehen wir sie öfter, haben wir die Möglichkeit, die Person näher kennen zu lernen und das Klischee zu verfeinern. Schließlich haben wir ein mehr oder minder komplettes Bild von der Person, aufgebaut auf einem Klischee.

Genauso kann man, denke ich, auch in Geschichten mit Klischees hantieren. Sie sollten nicht komplett zutreffen; die Frau, die nicht rückwärts einparken kann, sollte also vielleicht nicht auf rosa stehen und einen Handtaschenhund besitzen. Aber wenn wir eine Frau haben, die nicht rückwärts einparken kann, dafür aber erfolgreich eine Rechtsanwaltskanzlei leitet - was ist daran falsch?

So oder so wird man, denke ich, immer irgendwelche Klischees bedienen. Von daher würde ich nicht krampfhaft versuchen, diese zu umgehen, sondern der nach Klischee handelnden Person einige unklischeehafte Züge verleihen.

Vellamo
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Nicki
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Beitrag22.03.2012 21:20

von Nicki
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Vielleicht braucht jede Geschichte eine Prise Klischee als Wahrheitsgehalt, damit sie nicht unglaubwürdig wird.
Beispiel: In meiner Story gibt es einen Schlagzeuger, Anfang zwanzig. Tätowiert, fast rasierter Kopf, Lederklamotten. Soweit das Klischee, das man von so einem erwartet. Aber : Er ist seit den Kindergartentagen mit seiner Freundin zusammen, hat sie brav geheiratet, schiebt den Kinderwagen und wechselt die Pampers seines Babys. Trinkt und raucht nicht. Wenn ich nur die nicht klischeehaften ( was ist das für ein Wort?) genannt hätte, wäre er als Rockbandmitglied nicht mehr authentisch genug gewesen.
Ich glaube, die Mischung macht es. Und die Eigenschaften, die für die Story benötigt werden.


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MfG
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hobbes
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Beitrag22.03.2012 21:33

von hobbes
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Ich vermute, "Klischee" (als Kritik) wird oft als Verkleidung für Langeweile benutzt. Oder in Ermangelung "besserer" Argumente verwendet.
Für mich ist es das, was Nicki in ihrem Beispiel beschrieben hat (wobei das Beispiel ja gerade kein Klischee ist) - eine Figur vereint einfach all die handelsüblichen Vorurteile und Vorstellungen in sich, es ist nichts dabei, was den Leser überrascht oder vom üblichen abweicht.
Ich habe letztens einen Krimi gelesen, in dem ganz am Rande ein böse dreinblickender Russe auftauchte. Und ich dachte: "Also der kann jetzt echt nicht der Täter sein, das wäre einfach viel zu vorhersehbar". Noch dazu in der Form, wie er dargestellt wurde. Natürlich hatte er einen Bart, natürlich sprach er merkwürdiges Deutsch und natürlich hatte er einen stechenden Blick.
Gähn.
Am Ende war er dann doch der Täter. Das hat mich (neben einigen anderen Dingen) dermaßen genervt, dass ich mein Geld künftig für andere Autoren ausgeben werde.


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Gast







Beitrag22.03.2012 22:37

von Gast
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N’abend Adelbo,

damit rennst du bei mir offene Türen ein. Ich habe ja schon mal eine Geschichte geschrieben über eine Frau, die ins Altersheim kam. Und ... prompt hieß es: och neee ... son Klischee.
Ich meine, manchmal wird „Klischee“ einfach verwechselt mit Dingen, die sehr oft passieren. Z. B. Alle Blondinen sind dumm = Klischee oder eben alle Frauen können nicht parken = Klischee. Dagegen: alte Leute werden gerne abgeschoben = kein Klischee, sondern traurige Tatsache. Wie du dem wirklich entgehen kannst, weiß ich auch nicht. Wahrscheinlich ist die Flucht nach vorne, so wie die Lady es rät, noch die beste Lösung. Ob das die Kritiker milder stimmt, bleibt dann abzuwarten.

Liebe Grüße
Monika
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Akiragirl
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Beitrag22.03.2012 23:26

von Akiragirl
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Hey Adelbo,

ich glaube auch, Klischee hat sehr viel mit Langeweile zu tun. Klischee bedeutet, dass dem Leser zu einem Thema nichts Neues, nichts Interessantes geboten wird; nur das, was er schon zigfach so ähnlich gelesen, gesehen oder gehört hat.
Klischees sind auch immer ein Spiegel der Zeit. War früher die treusorgende Hausfrau ein Klischee, ist es heute vielleicht die auf Krampf auf stark getrimmte, toughe und im Herzen doch liebesbedürftige Sex-and-the-City-Schlampe (solche Figuren bevölkern moderne Frauenromane ja leider zuhauf)  Rolling Eyes
Klischeehaft ist für mich, wenn die Figur nichts Eigenes hat oder die Handlung vollkommen vorhersehbar ist. Klischeehaft sind Texte, die mir wie Patchworkdecken anderer Werke vorkommen.
Das heißt nicht, dass man damit nicht auch Erfolg haben kann. Aber gerade das Brechen von Klischees bringt oft die größten Überraschungen; ich nehme da immer gern als Beispiel Dr. House, der als erster TV-Arzt überhaupt mal kein bisschen dem bis dato üblichen Klischee (Schwarzwaldklinik) entsprach. Die Leute wollen nicht immer wieder dasselbe; gerade engagierte und interessierte Leser freuen sich, wenn mal etwas nicht nach Schema F abläuft (wobei es natürlich auch immer die gibt, die ihr Schema F lieben, aber das ist dann eine Zielgruppenfrage ...)

Ok, ich seh schon, ich hab mich mal wieder verfranst  Confused


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seitenlinie
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Beitrag22.03.2012 23:36

von seitenlinie
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Klischees sind geil, der Leser wartet drauf. Nur die werten Autorenkollegen rümpfen verächtlich ihre Nasen.
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czil
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Beitrag22.03.2012 23:37

von czil
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Klischees rufen Langeweile hervor?
Wenn du über ganz normale Leute schreibst, dann sind die langweilig. Wir alle sind das irgendwie, oder?
Wenn man bloß die Oberfläche betrachtet. Klar, wenn die Oberfläche flach bleibt sieht man den Kiesel schon ganz früh, der golden oder schwarz am Grund liegt. Wenn sie sich ein wenig kräuselt ist das nicht so einfach.
Andererseits stimme ich voll und ganz überein, dass ein finsterer Geselle so wie beschrieben, nie der Täter sein darf. Das wäre übler Missbrauch des Klischees.
Manchmal habe ich den Eindruck, dass vielleicht gerade dieser Missbrauch es ausmacht, dass viele, vor allem selberschreibende Wesen, dagegen fast so allergisch sind wie gegen Adjektive.

Aber: Warum sollte ich mir für eine Erstcharakteristik einer (vielieicht) noch bedeutungsvoll werdenden Nebenfigur immer auf Teufelkommraus was unbedingt originelles aus den Fingern saugen?
Der Russe kann ein typischer Russe sein, gebrochen Deutsch reden und Wodka saufen wie ein Loch, wenn er dann zwei Kapitel später als hübsches Mordopfer dient. Muss ich dem unbedingt eine Vita verpassen von der Geburt über seine ersten Gehirnschäden durch Dostojewski- und sonstigen Missnutzen von Genussmitteln bis zu seinem schmerzenden Backenzahn oder gar dem seiner Oma?

Und, anders gedacht: wenn ich mir die ganze Pfütze von nordischen Krimis an schau, kann man mit Klischees doch auch ganz gut Geld verdienen?


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hobbes
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Beitrag23.03.2012 00:14

von hobbes
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czil hat Folgendes geschrieben:
Klischees rufen Langeweile hervor?
Wenn du über ganz normale Leute schreibst, dann sind die langweilig. Wir alle sind das irgendwie, oder?
Wenn man bloß die Oberfläche betrachtet. Klar, wenn die Oberfläche flach bleibt sieht man den Kiesel schon ganz früh, der golden oder schwarz am Grund liegt. Wenn sie sich ein wenig kräuselt ist das nicht so einfach.

Und was willst Du nun lesen? Geschichten die an der Oberfläche entlangschrammen oder solche, die in die Tiefe gehen?
Ich will an manchen Tagen nicht in die Tiefe abtauchen. Da brauch ich dann auch solche "Traumschiff"-Romane, in denen ich genau weiß, was passiert, wer wen bekommt und dass am Ende alles gut ausgeht.
Aber auch die müssen wenigstens irgendwas haben, Witz oder sonstwas. Ansonsten nerven sie mich nämlich auch sehr schnell.

czil hat Folgendes geschrieben:
Aber: Warum sollte ich mir für eine Erstcharakteristik einer (vielieicht) noch bedeutungsvoll werdenden Nebenfigur immer auf Teufelkommraus was unbedingt originelles aus den Fingern saugen?

Wer will das denn?

czil hat Folgendes geschrieben:
Der Russe kann ein typischer Russe sein, gebrochen Deutsch reden und Wodka saufen wie ein Loch, wenn er dann zwei Kapitel später als hübsches Mordopfer dient.

Da bin ich ganz Deiner Meinung.


czil hat Folgendes geschrieben:
Und, anders gedacht: wenn ich mir die ganze Pfütze von nordischen Krimis an schau, kann man mit Klischees doch auch ganz gut Geld verdienen?

Ich lese gern nordische Krimis. Langweilig finde ich die keineswegs. Außer, dass die Ermittler alle mehr oder weniger depressiv drauf sind, sind das doch sehr unterschiedliche Figuren, die alle ihre speziellen Eigenarten haben. Bisher waren alle, die mir begegnet sind, auf ihre ganz eigene Art depressiv  smile .


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zwima
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Beitrag23.03.2012 09:04

von zwima
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seitenlinie hat Folgendes geschrieben:
Klischees sind geil, der Leser wartet drauf. Nur die werten Autorenkollegen rümpfen verächtlich ihre Nasen.


Hier unterschreibe ich mal. Ein gewisses Maß an Klischee wird mMn vom Leser sogar erwartet, damit er sich in der Geschichte wohl fühlt und auskennt. Wenn ich mir einen Liebesroman kaufe, möchte ich, dass der tolle Kerl am Schluss mit dem netten Mädel zusammen ist.

Außerdem: Alles ist schon mal geschrieben worden. Zu versuchen, etwas komplett neues zu machen wird schnell krampfig und mir ist eine gehörige Portion Klischee lieber, als Krampf.


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Gast







Beitrag23.03.2012 09:17

von Gast
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Zitat:
Klischees sind geil, der Leser wartet drauf. Nur die werten Autorenkollegen rümpfen verächtlich ihre Nasen.


Nope. Der Leser ist ebenso dankbar, wenn es ihm erspart wird, das Klischee.

Klischee bedeutet immer, das zu schreiben, was zu erwarten war. Das abgelatschte wie das vertraute. Mit dem Klischee bewegt sich Autor auf der sicheren Seite, denn was er kennt, wird er schon fressen. Der Leser.

Anderseits hängt einem die einparkende Blondine einfach irgendwann zum Halse raus und man wünscht sich, Autoren würden mehr tun, als Standardbausteinchen zusammensetzen. Auch der Leser wünscht sich das, grundsätzlich. Deswegen sind Superseller immer Brüche mit Klischees.

In Foren hänge ich auch rum, weil ich gern mal was lesen will, was ich nicht auf dem Wühltisch kaufen kann.
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Klaus
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Beitrag23.03.2012 10:27

von Klaus
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(Pro)these:

Klischees* und/oder klischeebehaftete Redewendungen* sind so lange nicht abgegriffen, bis der sie auslösende Faktor nicht eliminiert ist. Gezielt und sparsam eingesetzt, verfehlen diese* auch heute nicht ihre Wirkung.
Klischees beinhalten die Gefahr einer vorschnellen Vorverurteilung; sie dienen der Manipulation und Manifestation. Vor der Verwendung von Klischees sollte versucht werden, diese aufzubrechen und mittels anderer Formulierungen Umstände oder auch Missstände aufzuzeigen, zu vermitteln oder sie ad absurdum zu führen.
Ich verwende auf diese Weise also kein Klischee, sondern ich bediene mich lediglich seiner. Ich halte das für vollkommen legitim. Sonst würde ja über gar nichts mehr geschrieben werden.
Tatsachen (Wahrheiten) sind keine Klischees. Aber wie das mit der Wahrheit nun mal so ist: Wenn sie  einem ewig um die Ohren gehauen wird, hängt sie einem irgendwann zum Hals heraus. Da der Mensch aber von Natur aus faul ist, deklariert (oder klassifiziert) er diese Tatsache einfach als Klischee, und ist die Wahrheit erst einmal los - ist ja auch unbequem, so eine Wahrheit, zumal man ja nicht direkt betroffen ist, der eigene Dunstkreis also nicht verletzt wurde, wird oder wie auch immer.


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(Jean-Jacques Rousseau)
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_Jessica_
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Beiträge: 123

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Beitrag23.03.2012 11:37

von _Jessica_
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Interessante Diskussion - Ich behaupte sogar, dass man in bestimmten Genres oder auch, wenn man für eine Zielgruppe schreibt, Klischees bedienen muss. Letztendlich wird das Interesse der Leser durch seine Erfahrungen gespeist, er greift wieder zu dem, was ihm gefallen hat. Gleichzeitig will er natürlich etwas Neues. Also braucht er seinen Helden, der mit einigem „klischeehaften“ ausgestattet ist, nur in immer wieder abgeänderten Varianten:

Nicki hat Folgendes geschrieben:
Ich glaube, die Mischung macht es. Und die Eigenschaften, die für die Story benötigt werden.


Wenn solche Beurteilungen -"zu klischeehaft"- fallen, wird es wohl daran liegen, dass das Klischee eben nicht neu verpackt und mit anderem Interessanten gespickt wurde. Vielleicht drückt sich die Jury, oder wer auch immer in dem Moment bewertet, auch zu oberflächlich aus. Eigentlich wollen sie sagen: Schon zu oft gelesen, dass ist bereits Klischee, gib mir etwas Neues!


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adelbo
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Beitrag23.03.2012 14:47

von adelbo
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Hallo Zusammen  love

Vielen Dank für die vielen Meinungen. Bin im Moment etwas im Stress. Werde mich heute abend ausführlich melden.

Grüße an Alle aus dem hohen, heute besonders schönen, Norden.

adelbo


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czil
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Beitrag23.03.2012 15:26

von czil
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hobbes hat Folgendes geschrieben:
Bisher waren alle, die mir begegnet sind, auf ihre ganz eigene Art depressiv

Na, eben.

Man will ja nicht immer in die Tiefe schauen, da gebe ich dir ganz recht. Und genau deshalb finde ich dieses ewige Verhindern von Klischees um jeden Preis nervig.
Wenns sich anbietet: gerne.


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hexsaa
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Beitrag23.03.2012 17:42

von hexsaa
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czil hat gesschrieben:

Zitat:
Man will ja nicht immer in die Tiefe schauen, da gebe ich dir ganz recht. Und genau deshalb finde ich dieses ewige Verhindern von Klischees um jeden Preis nervig.


Nervig ist es wirklich, wenn man krampfhaft versucht, jedes Klischee zu vermeiden, dabei kommt nicht selten albernes oder nicht nachvollziehbares heraus.

Ich muss dabei an den Film About Schmidt mit Jack Nicholson denken. Herr Schmidt ist ein wandelndes Klischee, ein Mittsechziger, der nur schlecht mit seinem Ruhestand und dem plötzlichen Tod seiner Frau zurechtkommt. Doch dann schwingt er sich in sein Wohnmobil und fährt quer durch die USA, um die Hochzeit seiner Tochter zu verhindern. Dieses unerwartete Verhalten macht Herrn Schmidt letztendlich doch zu jemand ungewöhnlichem.

Was ich damit sagen will: Bis zu einem gewissen Punkt kann und muss man sogar Personen schaffen, die bestimmte Klischees bedienen. Sind sie aber eingebettet in eine ungewöhnliche Geschichte oder erleben eine Veränderung, macht das gar nichts.

LG
hexsaa


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Maestro
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Beitrag23.03.2012 18:44

von Maestro
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Wollte man jedem Klischee aus dem Wege gehen, gäbe es wohl nur noch erfundene Figuren. Ich bewege mich hauptsächlich in dem Bereich
"Geschichten aus dem Leben". Hier lassen sich Klischees nur vermeiden, wenn die Geschichte unglaubwürdig wird. So oder so, die Schelte kommt.
Wenn ich über die Liebe schreibe, ist es wohl eher unwahrscheinlich, dass Er sich in eine kleine buckelige Frau mit drei Warzen im Gesicht verliebt. Schreibt man aber über die große, blonde immer fröhliche, schreit alles sofort "Klischee!" Dann noch der Kommentar "Schon tausendmal gelesen"
und deine Geschichte ist im Ar...  bevor sie begonnen hat.
Das scheint allerdings ein Phänomen in den Foren zu sein. Würde das jeder Verlag so sehen, gäbe es nur noch sehr wenige Bücher zu kaufen.
 
LG

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Nordlicht
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Beitrag23.03.2012 19:21

von Nordlicht
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Die meisten (großen) Verlage wollen einen großen Grad Klischee in den Geschichten sehen. Das verkauft sich, egal was für ein No Name der Autor ist. Je individueller und abgespaceter der Text, desto höher die Chance, dass er abgelehnt wird (und da können einem schon Kleinigkeiten das Genick brechen, über die man nur den Kopf schütteln kann - ist aber leider so).

Ja, natürlich gibt es die viel zitierten Ausnahmen - aber die sind genau das: Ausnahmen. Die Chance, im Lotto zu gewinnen, hat man ja auch.


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hobbes
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Beitrag23.03.2012 20:08

von hobbes
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Ich meine immer noch, es sind zweierlei Dinge.

Einmal Klischees in Texten.
Klar gibt's die. Sogar erfolgreich. Wurde hier ja schon ausführlich beschrieben.

Wenn jetzt unter einem Text die Kritik kommt "bäh - Klischee" wage ich mal zu behaupten, dass nicht das Klischee an sich kritisiert wird, sondern dass der Text ein generelles Problem hat, vermutlich gähnende Langeweile.
(Warum der Kritiker statt "also das Problem mit diesem Text ist folgendes ..." nur "Klischee" schreibt - das hat Klaus schon teffend beschrieben)

Gerade die Bücher, bei denen man ziemlich genau weiß, was als nächstes passiert, müssen etwas bieten, um den Leser bei der Stange zu  halten.


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adelbo
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Beitrag23.03.2012 20:35

von adelbo
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Danke noch einmal für die ausführlichen Meinungen.  Cool

Ich sehe mich ein wenig in meiner Meinung bestätigt, dass es ganz ohne "Klischee", in der Regel nicht funktioniert. Vor allem wenn man das tägliche Leben in seinen Geschichten zum Thema hat.
(Ich bin ja mittlerweile auch so weit, (bereit) in meinen Geschichten die Unwahrheit zu schreiben.  Laughing , um sie aufzumotzen, von Klischees abzulenken.)
Zudem wird "was ist ein Klischee", sehr differenziert gesehen.
Gehe ich auf die Suche nach individuellen, "anderen" Texten, ist die Grenze zum Klischee sehr schnell erreicht.
Will ich etwas lesen um zu denken, siehst du, es geht anderen auch so wie mir, werde ich mir keine Gedanken über das Thema Klischee machen.

Klischee = Langeweile, ich glaube das ist ein springender Punkt. Darüber sollte ich mir die meisten Gedanken machen.
Wenn bewusst Klischee, dann wie?

Andererseits sollte m.E. der persönliche Anspruch eines Lesers, nicht eine Abwertung einer Geschichte, mit der Begründung alles nur Klischee nach sich ziehen. Ich finde, da sollte es dann auch als Begründung heißen, ist mir zu langweilig oder auch ganz einfach, interessiert mich nicht.

LG
adelbo


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