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Meine Kindheitserinerungen an der Nordsee


 
 
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joogy2
Geschlecht:männlichSchneckenpost
J

Alter: 61
Beiträge: 11



J
Beitrag18.03.2012 14:17
Meine Kindheitserinerungen an der Nordsee
von joogy2
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Es gab zwei Supermärkte und zweimal in der Woche auch einen großen
Wochenmarkt bei uns in Voslapp, einen Stadtteil von Wilhelmshaven. Ich
weiß noch wie ich eines Sommers vor einen Obststand barfuss einkaufte
und sich mein Blick auf Süßkirschen fesselte.
Ein Stand, der aus Holz gebaut war, überspannt mit dunkel rotem Leinen,
wo durch Dachränder die Sonne ihr warmes Licht strahlte und meinen
schmalen Rücken wärmte.
Es war das Jahr 1969 und ich war gerade 7 Jahre alt. Auf den schmalen
Straßen in unserer Gegend fuhr nur selten ein Auto und gab uns die
Gelegenheit oft ungestört zu spielen.
Im Sommer, wenn dann ein Platzregen unsere Strassen überschwemmte,
stürmten wir in Badehose nach draußen vor unserem Wohnhaus und ließen
uns vom lau warmen Sommerregen Nassregnen. Alle Kinder unseres
Wohnhauses waren in solchen Momenten auf der Straße. Wir sprangen nur so
herum, von Pfütze zu Pfütze und legten uns auch ins warme Regenwasser,
ich spürte den warmen Asphalt auf meiner Haut, ein so schönes Gefühl,
dass mich Geborgenheit fühlen ließ. Dann, als der Regen aufhörte, kam
die Sonne hinter den noch einzeln vorhandenen dunkelblauen mit
schneeweißen vermischten Wolken hervor und brachte das Regenwasser auf
dem Asphalt zum verdampfen, wobei ich auf dem Gehwegrand an der Straße
saß und mir der weiße dampf in meine Nase kroch, ein duft nach feuchtem
Sand. Ich weiß noch, als ich eines Tages in den Salzwiesen, gleich c.a.
200 m von unserem Wohnhaus entfernt so dahin lief und an eine bestimmte
Stelle kam, die mir einen besonderen Eindruck hinterlies. Es war ein
strahlender Sommertag und es war gerade Ebbe, es lag ein Duft nach Watt
in der Luft. Ich legte mich ins Grass und schaute in den hellblauen
Himmel, der mit einzelnen weißen Wolken verziert war und schloss meine
Augen. Es kehrte eine himmlische Ruhe in mich ein und ich lauschte dem
herannahenden Summen der Bienen und Hummeln, die ihr Tageswerk auf den
bunten Salzwiesen verrichteten, und so gleich sich wieder aus meiner
Nähe entfernten. Ich lauschte diesem Summen nach, und ich fühlte die
Sommerwärme --- eine tiefe Ruhe war in mir. Der leichte Wind brachte die
teilweise vergilbten Gräser in eine sanfte hin und her Bewegung, die
Wildblumen und Halme bogen sich in den Gezeiten des Windes. Am Fuße des
Deiches stand ein alter verrosteter Pferderechen und ein altes aus
Holzplanken gebautes Ruderboot, wo noch der hellblaue Anstrich zu sehen
war, wo der Zahn der Zeit sein Gebrechen in den Planken hinterlies. Das
Boot lag schräg auf der Seite in ein ausgetrockneten kleinen See, der
sich durch die Herbststurmfluten bildete. Am Bug des Bootes war eine
kleine Wasserfläche, wo sich der stumpfe Bug wiederspiegelte und das
Sonnenlicht in dem warmen Salzwasser brach und an der Bootswand in immer
wiederkehrenden, glitzernden Wellen ein temperamentvolles Specktakel
abspielte. Unser Strand, er hieß Geniusstrand, verlief gleich hinter den
Salzwiesen in einer langgestreckten Landzunge, die aus weichen
krümeligen Sand bestand und mit kleinen Muscheln vermischt war, der zur
See hin breiter wurde und eine gute Fläche zum Sonnenbaden erlaubte. Die
vielen Kinder spielten mit bunten Wasserbällen, bauten mit ihren Eltern
Standburgen, auf diesen meist bunte Fahnen im wahrmen Nordsee Wind
wehten. In der Mitte des Strandes, in der Nähe des Wassers, war ein
großes aus braunen Holzplanken gebautes Holzhaus, welches auf einer
weißen Betonanhöhe und in rechteckiger Form mit abgerundeten Ecken
stand, wo ich oft als Kind hochlief und sich unter meinen kleinen Füßen
Sandkrümel rieben. Es war dort ein Kiosk und ein Souvenirladen
eingerichtet. Wir Kinder bekammen dann von unseren Elten 30 Pfennig und
durften uns dort ein leckeres Eis kaufen.
Es war ein Samstag morgen in Voslapp und pünktlich um acht Uhr läuteten
die Glocken von der nahen Kirche. Ich lag im Bett und wachte auf. Ein
strahlender Sommermorgen hatte begonnen. Ich schlief am Fenster und über
meinen Kopf an der Wand hing mein kleines selbst gebautes
rotgestrichendes Holzregal mit zwei Brettern. Es stand ein kleines Radio
auf dem Regal. Ich schaltete es morgens gerne an. Die Sonne war schon
lange aufgegangen und die Strahlen glitzerten durch das Geäst unseres
Kastanienbaumes, der direkt vor dem Fenster stand. Ich schaute aus dem
Fenster und die Sonnenstrahlen funkelten in meinen Augen, die zwischen
großen, saftig grün gefärbten Blättern hindurch schien. Ich verschränkte
meine Arme hinter meinen Kopf und fühlte die warme Sonne in meinen
Gesicht funkeln und im Radio erklang eine Sanfte Frauenstimme – zwischen
Hamburg und Taiiti -. Ein Freund klingelte an unserer Tür und fragte
meine Mutter, ob ich nach draußen zum spielen komme. Wir Kinder spielen
oft auf dem Hof zwischen Wiesen, kleinen Gräben und Ackern und die
Nachbarn hatten leise Musik in ihren Wohnungen laufen als der Tag
begann. Es gab bei Voslapp-Altona auch einen Bauernhof, wo die Weiden im
Herbst sich in weites grün mit darüberliegenden Morgennebel bedeckten.
Ich fuhr mit meinen kleinen Fahrrad am Rande der Felder dahin, schaute
nach vorn auf den Vorderreifen der die noch feuchten Sandkrümel, auf den
grauen- schwartzgefleckten Betonplatten des Fahrradweges auf dem Weg zur
Schule langsam zerknirschten.
Sonntag morgen im November des Jahres 1974. Diesig ist es draußen! Ich
schaue aus dem Fenster und stelle fest --- alles ist feucht, kalt und
tot --- still ist es draußen, der kalte Winter naht.
Das Geäst war feucht und kalt und das braune, teilweise vergilbte Laub
war klamm. Wir spielten dick eingepackt mit Gummistiefeln an den Füßen
oft in den kleinen Wäldern, die sich in den Schilfgebieten bildeten und
bis zu 8m große Bäume heranwuchsen ließen. In der feuchten Kälte fällten
wir Bäume, um eine Hütte im Schilfwald zu bauen. Wir zogen los und
machten uns mit unseren Messern und kleiner Stielaxt bewaffnet auf den
Weg in den teilweise karge mit Bäumen bewachsen Schilfgebiet. Das Schilf
wuchs üppig , welches hellgelb mit besonders betonten dunkelgrauem
Federkleid an den Spitzen, bekleidet mit ein paar schwachen weißen Fäden
durchzogenen waren, sich besonders vor unseren Augen abhebten.
Gleich hinter unserem Voslapper Deich begann die Nordsee. In den Jahren
meiner Kindheit und Jugend erlebte ich viele schöne Sommer. Es war Ebbe
und auf dem Watt haben sich beim zurückgehen der Flut viele kleine
Pfützen gebildet. Ich ging durch das Watt und unter meinen kleinen Füßen
spürte ich den weichen matschigen warmen Schlick, der sich durch meine
Zehen quetschte. Die Priele, die mal breit, mal schmal sich durch das
weite Watt schlängelten, und sich in der Weite verlierten, in das
entfernte Meer mündeten, waren halb voll mit warmen salzigen Meerwasser,
in denen man Granat fangen konnte. Die Ufer der großen Priele, die halb
aus dem Wasser ragten, waren rissig und bröckelten manchmal schief
hängend in das klare warme Wasser ab. In der Nähe des alten, aus
braunen, von der rauhen Nordsee gezeichneten, auf Stahlbeinen, dem
Stürmen trotzend stehenden Voslapper Leuchtturm, fand ich mal einen
toten Schellfisch, der in der tief hängenden spätnachmittag Sonne
glitzerte,
mal silbern, mal rot, grün und mal bläulich.
Frühling ist es geworden und wir Kinder tobten draußen herum --- wir
Kinder fuhren alle mit unseren kleinen Fahrrädern durch die Gegend. Wir
machten Verfolgungsjagten fuhren lachend herum immer schneller --- wir
fuhren durch einen kleinen schwarz geteerten Weg , der am Anfang und am
Ende zu beiden Seiten hin Siedlungshäuser stehen hatte, dazwischen waren
die langen Gärten und in der Mitte ein schmaler Graben, der mir grünen
Algen bewachsen war. Wir fuhren durch die schmalen Gräben mit unseren
Fahrrädern, die gefüllt waren mit klaren sauberen Regenwasser, welches
nur so dahin spritzte zu allen Seiten,wodurch unsere Hosen total Naß
wurden, aber das war uns egal. Am nahe gelegenen Deich fuhren wir auch
oft herum, auf der eine wagenbreiten Straße, die mit hellgrauen
Betonplatten aneinandergereiht eine gerade strecke bildeten. Auch auf
den Deich fuhren wir durch einen schmalen Trampelfad , wo auf beiden
Seiten hohes Gras wuchs.
Manchmal hielten wir an und gingen zum Fuße des Deiches auf die Seeseite
und setzten uns im Kreis hin und machten aus den zuvor gesammelten
kleinen Ästen von Sträuchern, die da so in der Gegend wuchsen ein Feuer,
welches wir mit grauen runden mittelgroßen Steinen umrandeten. Der Rauch
stieg senkrecht nach oben --- hellblauer Qualm. Machmal gaben wir noch
Laub ins Feuer, weil es meist noch feucht war sehr Qualmte, aber es roch
einfach wunderbar. Wir nahmen auch mal Kartoffeln von zu Hause mit und
steckten einen Stock durch die Erdäpfel und hielten sie ins Feuer, so
lange bis sie gar waren, dann schelten wir mit unseren Taschenmessern
die verkohlte Schale ab und aßen die Kartoffel mit Salz bestreut, es
schmeckte uns wunderbar . Die Dämmerung brach herein --- dunkelblaue
Wolken schoben sich immer mehr ins Firmament. Die Flut war gegangen und
das weite Watt lag frei. Die Seevögel sangen im monotonen Klang und man
hörte das Watt leben. Mit dem monotonen Klang in den Ohren machten wir
uns auf, nach Hause zu gehen, es war Abendbrotzeit . Zu Hause
angekommen, zog ich erst mal meine klamme Hose aus und stellte die
Schlick verklumpten Schuhe in das Badezimmer. In der Stube saßen meine
Eltern und Geschwister schon zusammen. Das Fenster der Stube stand offen
und ich lehnte mich noch hinaus. Es war schon fast dunkel geworden und
eine Amsel flog aufgeschreckt mit lautes kreischen davon und verschwand
in der Dunkelheit immer leiser werdend...
Eines Tages, Im heißen August des Jahres 1973, ging ich früh um 8 Uhr
nach draußen. Ich war fast 11 Jahre alt und wollte mit meinen
Spielkameraden spielen. Auf dem Hof, hinter unseren langen aus roten
Klinkern und mit einen großen Spitztdach gebauten Wohnhauses, welches
nur zwei hundert Meter vom Deich entfernt stand, lag schon die warme
Morgensonne auf dem Gemäuer und den Gärten und den saftig grünen Wiesen
auf denen viele Gänseblümchen und Löwenzahn blühten. Keiner war zu
sehen, oder zu hören. Ich nahm mein kleines Fahrrad und fuhr zum Deich,
aber auch dort war niemand zu sehen, wie ausgestorben. Dann traf ich
doch noch jemanden, der mir erzählte, das ein Abendteuerspielplatz
eröffnet wurde, ganz in der Nähe. Dort kann man mit Holzhütten bauen und
es wurden noch viele andere Freizeitprogramme angeboten. Als ich dort
hinfuhr, waren meine ganzen Freunde schon da. Wir waren die ersten, die
eine Hütte bauten, leider war diese nicht wasserdicht und bei Regen
tropfte es überall durch, welches wir später mit Dachpappe zu verhindern
wußten. Wir waren oft auf dem Abendteuerspielplatz, denn das Watt, die
Salzwiesen und letztendlich unseren Strand gab es nicht mehr. Man hat
"Aufgepüllt"und Land gewonnen, weil man Industrie ansiedeln wollte.
Jetzt hat man uns auch den noch übriggebliebenen kleinen Rest unseres
Geniusstrades weggenommen, weil die einen Containerhafen bauen den so
genannten "Jade-Weser-Port". Unsere Kinder spielen heute in
Freizeitclups, auf den Abenteuterspielplatz...aber das ist nur ein
künstlich geschaffendes Abenteuer....einfach nicht echt....Schade für
uns alle.
 
 
 
..
 
 

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Akiragirl
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Beitrag18.03.2012 14:20

von Akiragirl
Antworten mit Zitat

Hallo joogy,

bitte hör auf, deine ganzen Werke im Roten Teppich zu posten. Die gehören in die Werkeboards (Prosa-Werkstatt oder Lyrik-Werkstatt).
Sonst müssen die armen Mods nachher sehr viel verschieben.

LG
Anne


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Akiragirl
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Beitrag18.03.2012 16:36

von Akiragirl
Antworten mit Zitat

Hallo Jürgen,

ich habe deine PNs gelesen, kann dir allerdings nicht antworten. Wahrscheinlich hast du irgendwo bei den Einstellungen angeklickt, dass andere User dich nicht per PN kontaktieren können.
Sieh dich einfach mal eine Weile im Forum um, stell dich kurz vor, dann werden sich viele deiner Fragen ganz von selbst beantworten smile

LG
Anne


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