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Jahreswechsel


 
 
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Isa
Geschlecht:weiblichLeseratte


Beiträge: 153
Wohnort: München


Beitrag03.01.2012 18:13
Jahreswechsel
von Isa
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hi!
Dies ist nur eine kleine Momentaufnahme und ich fürchte, es ist mir nicht so ganz gelungen, einerseits die Komik aufzuzeigen, die aus der Situation heraus entstanden ist, andererseits über die Frage nachzudenken, wer eigentlich am anderen Ende eines Computers sitzt... (Mit dem Schluss bin ich auch nicht zufrieden...) Ich stells mal (dennoch) rein.


Jahreswechsel

„Mist“, fluchte Julia leise und kippte kurz entschlossen den Inhalt der Flasche ins Waschbecken. Es blubberte, während sie mit heißem Strahl die vanillefarbenen Reste der Reinigungsmilch im Siphon versenkte. Was hatte sie nur falsch gemacht, das Rezept war viele Male erprobt, seit sie vor einem Jahr damit begonnen hatte, Kosmetik selbst herzustellen.

Es war bestimmt das Wildrosenöl schuld, das immer ein wenig tranig roch und auch im Kühlschrank  nicht lange hielt, grübelte Julia fieberhaft, während sie im Geiste die Rezeptur abrief. Wildrosenöl, Emulgator, Orangenblütenwasser und Auszüge von Gurke oder Olive, welche die Haut vor Feuchtigkeitsverlust schützen sollten. Auch wenn Julia kurz vor Jahreswechsel eigentlich Wichtigeres zu tun gehabt hätte, holte sie ihr Rührbuch hervor, studierte sorgfältig die Anleitung, stellte die Substanzen zusammen und begann von Neuem zu mischen.

Die  kleine Digitalwaage, die sie zu Weihnachten bekommen hatte, machte sie Sache wesentlicher leichter, wenn es auch schnell gehen musste, da die Anzeige im Minutentakt erlosch. Angestrengt maß sie das Hydrolat ab, gab in ein zweites Becherglas das Öl mit der Sheabutter hinein und stellte beides auf die Herdplatte, da die Flüssigkeiten auf siebzig Grad erhitzt werden mussten, um sich anschließend durch Zusammengießen und kräftiges Rühren zu einer geschmeidigen, duftenden Emulsion zu verbinden.

Von duftend konnte keine Rede sein, musste Julia sich eingestehen, während sie betrübt mit einem dünnen Glasstäbchen im Orangenblütenwasser rührte. Es stieg ihr ein unangenehm scharfer, geradezu fauliger Geruch in die Nase, vermutlich wurde das Parfum durch die Wärme verstärkt. Alarmiert roch Julia an der braunen Apothekerflasche, die sie bei einem neuen Versand kostengünstig im Angebot erworben hatte, der sein Lager zum Ende des Jahres räumen wollte.

Wenigstens war der Übeltäter entlarvt. Julia eilte zum Computer, da die Feiertage vor der Türe standen und sie ohne Hydrolat nicht mischen konnte, und rief die Internetseite ihres vertrauten Händlers ab. Zum Glück war das Passwort gespeichert. Neroli, tippte Julia bereits ein wenig getröstet in die Tastatur, benannt nach dem gleichnamigen ätherischen Öl, das das aus der Blüte des Orangenbaumes gewonnen wird. Orangenblüten wurde eine anregende, leicht stimmungshebende Wirkung nachgesagt, wie Julia dankbar feststellen konnte. Rasch gab sie den gewünschten Artikel ein und ab ging die Post. Sekunden später erhielt sie eine automatische Email-Bestätigung mit der Aufforderung, Vorabkasse zu leisten.
„Vorabkasse“, sie hatte noch nie Vorabkasse gemacht, ein Verfahren, das alles verzögerte, sondern bislang unbürokratisch und vor allem schnell die Ware gegen Rechnung erhalten.

Es verstrich keine Minute, da erschien eine zweite Mail in radebrechendem Deutsch mit rot markiertem Hinweis, die Ware auch gegen Lastschrift erhalten zu können.
Julia war überrascht. Konnte der Computer etwa Gedankenlesen und hatte ihre Not erkannt oder saß doch ein lebendiger Mensch am anderen Ende der Leitung, eine Frage, die sie sich schon oft gestellt hatte.

Sie erhielt umgehend die Antwort, nachdem sie eine Telefonnummer gewählt hatte, die im Schreiben angegeben war. Eine Stimme mit ausländischem Akzent versicherte ihr freundlich, die Ware schnell auszuliefern mit den besten Wünschen für das Neue Jahr. Es kam so etwas wie Nähe auf zu einer völlig Fremden, und doch reichte der winzige Moment, um eine Art Wärme zu transportieren, was auf elektronischem Wege niemals möglich sein würde.

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Hardy-Kern
Kopfloser

Alter: 74
Beiträge: 4841
Wohnort: Deutschland


Beitrag03.01.2012 20:20
Re: Jahreswechsel
von Hardy-Kern
Antworten mit Zitat

Isa hat Folgendes geschrieben:

Es verstrich keine Minute, da erschien eine zweite Mail in radebrechendem Deutsch mit rot markiertem Hinweis, die Ware auch gegen Lastschrift erhalten zu können.
Julia war überrascht. Konnte der Computer etwa Gedankenlesen und hatte ihre Not erkannt oder saß doch ein lebendiger Mensch am anderen Ende der Leitung, eine Frage, die sie sich schon oft gestellt hatte.


Das ist gut gemacht, lache immer noch. Der gute, alte Computer und die lieben Ausländer, die dann doch noch die Situation für Julia retten. Bin erstaunt über das Fachwissen, alle Achtung.

Allerdings reizt mich die unbändige Ausdauer der weiblichen Intuitionen und Experimente, zum ständigen Erhalt der glatten Haut zu heftigen Schmunzeleinheiten, die meine verkraterten Gesichtszüge auch behandlungsbedürftiger machen.

Da kann man glatt auf die Eselsmilch der verführererischen Clopatra, Quatsch, Cleopatra neidisch werden. Smile

Hardy
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Isa
Geschlecht:weiblichLeseratte


Beiträge: 153
Wohnort: München


Beitrag03.01.2012 20:39

von Isa
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo Hardy,

Danke fürs Lesen und Kommentieren!

Zitat:
Allerdings reizt mich die unbändige Ausdauer der weiblichen Intuitionen und Experimente, zum ständigen Erhalt der glatten Haut zu heftigen Schmunzeleinheiten, die meine verkraterten Gesichtszüge auch behandlungsbedürftiger machen
.

Soll ich dir eine Rezeptur zukommen lassen?
 Smile

LG, Isa
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adelbo
Geschlecht:weiblichReißwolf


Beiträge: 1830
Wohnort: Im heiligen Hafen


Beitrag10.01.2012 17:40

von adelbo
Antworten mit Zitat

Hallo Isa,
deine Momentaufnahme ist ganz gut und die Idee gefällt mir, aber du hast das richtige Gefühl, dass das was du erzählen wolltest, nicht ganz rüber kommt. In meinen Augen kommt es zu kurz.
Ich überlege schon eine Weile wie du mehr auf diesen Höhepunkt hinarbeiten könntest.
Rein vom Gefühl her würde ich sagen, einfach den Dialog am Telefon in wörtlicher Rede schreiben.
So erzählt bringt er nicht viel Wirkung rüber.
Ich habe dir in deinem Text, den ich gut geschrieben finde, ein paar Anmerkung gemacht. Vielleicht kannst du etwas damit anfangen.


Zitat:
Mist“, fluchte Julia leise und kippte kurz entschlossen den Inhalt der Flasche ins Waschbecken. Es blubberte, während sie mit heißem Strahl die vanillefarbenen Reste der Reinigungsmilch im Siphon versenkte. Was hatte sie nur falsch gemacht, das Rezept war viele Male erprobt, seit sie vor einem Jahr damit begonnen hatte, Kosmetik selbst herzustellen.

Es war bestimmt das Wildrosenöl schuld, das immer ein wenig tranig roch und auch im Kühlschrank nicht lange hielt, grübelte Julia fieberhaft, ( fieberhaft grübeln?) während sie im Geiste die Rezeptur abrief. Wildrosenöl, Emulgator, Orangenblütenwasser und Auszüge von Gurke oder Olive, welche die Haut vor Feuchtigkeitsverlust schützen sollten. Auch wenn Julia kurz vor (dem) Jahreswechsel eigentlich ( eigentlich weglassen) Wichtigeres zu tun gehabt hätte, holte sie ihr Rührbuch hervor, studierte sorgfältig die Anleitung, stellte die Substanzen zusammen und begann von Neuem zu mischen.

Die kleine Digitalwaage, die sie zu Weihnachten bekommen hatte, machte sie (die) Sache wesentlicher leichter, wenn es auch schnell gehen musste, da die Anzeige im Minutentakt erlosch. Angestrengt maß sie das Hydrolat ab, gab in ein zweites Becherglas das Öl mit der Sheabutter hinein und stellte beides auf die Herdplatte, (Punkt und weiter die Flüssigkeiten mussten…) da die Flüssigkeiten auf siebzig Grad erhitzt werden mussten, um sich anschließend durch Zusammengießen und kräftiges Rühren zu einer geschmeidigen, duftenden Emulsion zu verbinden.

Von duftend konnte keine Rede sein, musste Julia sich eingestehen, während sie betrübt mit einem dünnen Glasstäbchen im Orangenblütenwasser rührte. Es stieg ihr ein unangenehm scharfer, geradezu fauliger Geruch in die Nase,(Punkt, neuer Satz?)  vermutlich wurde das Parfum durch die Wärme verstärkt. Alarmiert roch Julia an der braunen Apothekerflasche, die sie bei einem neuen Versand kostengünstig im Angebot erworben hatte, der sein Lager zum Ende des Jahres räumen wollte.

Wenigstens war der Übeltäter entlarvt. Julia eilte zum Computer, da die Feiertage vor der Türe standen und sie ohne Hydrolat nicht mischen konnte, und rief die Internetseite ihres vertrauten Händlers ab. Zum Glück war das Passwort gespeichert. Neroli, tippte Julia bereits ein wenig getröstet in die Tastatur, benannt nach dem gleichnamigen ätherischen Öl, das (dass) das aus der Blüte des Orangenbaumes gewonnen wird. Orangenblüten wurde eine anregende, leicht stimmungshebende Wirkung nachgesagt, wie Julia dankbar feststellen konnte. Rasch gab sie den gewünschten Artikel ein und ab ging die Post. Sekunden später erhielt sie eine automatische Email-Bestätigung mit der Aufforderung, Vorabkasse zu leisten.
„Vorabkasse“, sie hatte noch nie Vorabkasse gemacht, ein Verfahren, das alles verzögerte, sondern bislang unbürokratisch und vor allem schnell die Ware gegen Rechnung erhalten. (Der Satz klingt ein wenig unbeholfen.)
Es verstrich keine Minute, da erschien eine zweite Mail in radebrechendem Deutsch mit rot markiertem Hinweis, die Ware auch gegen Lastschrift erhalten zu können.
Julia war überrascht. Konnte der Computer etwa Gedankenlesen und hatte ihre Not erkannt oder saß doch ein lebendiger Mensch am anderen Ende der Leitung, eine Frage, die sie sich schon oft gestellt hatte.

Sie erhielt umgehend die Antwort, nachdem sie eine Telefonnummer gewählt hatte, die im Schreiben angegeben war. Wörtliche Rede? Eine Stimme mit ausländischem Akzent versicherte ihr freundlich, die Ware schnell auszuliefern mit den besten Wünschen für das Neue Jahr. Es kam so etwas wie Nähe auf zu einer völlig Fremden, und doch reichte der winzige Moment, um eine Art Wärme zu transportieren, was auf elektronischem Wege niemals möglich sein würde.


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„Das ist der ganze Jammer: Die Dummen sind so sicher und die Gescheiten so voller Zweifel.“

Bertrand Russell
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Isa
Geschlecht:weiblichLeseratte


Beiträge: 153
Wohnort: München


Beitrag10.01.2012 20:27

von Isa
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo adelbo,

deine Kritik kann ich gut gebrauchen.  Danke schön!

Vor allen Dingen auch der Tipp mit der wörtlichen Rede am Ende, das ist es mit Sicherheit, was (unter anderem...) fehlt. Ich finde, selbst das gemurmelte "Neroli" hat es schon aufgelockert....

LG, Isa
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alineverena
Geschlecht:weiblichGänsefüßchen

Alter: 36
Beiträge: 24
Wohnort: Berlin


Beitrag11.01.2012 23:50

von alineverena
Antworten mit Zitat

Liebe Isa,

ich persönlich finde die Idee gut, ich glaube, da kannst du noch einiges rausholen. Ich will den Text gar nicht groß zerpflücken, nur ein paar Anmerkungen darüber, was mir beim Lesen so im Kopf herumgegangen ist:

- mich haben die Sätze, die durch Kommas in die Länge gezogen werden, ein wenig gestört. Gerade bei der Beschreibung, wie man die Textur herstellt, würde ich persönlich kurze, prägnante Sätze verwenden, die den Handlungsfluss schneller vorantreiben.

- dass das Passwort noch im Computer gespeichert war, fand ich eine irrelevante Information

- die Kommunikation mit dem ausländischen Mitarbeiter könntest du als Dialog formulieren (wurde ja bereits erwähnt), und meiner Meinung nach in Relation zum übrigen Text ein wenig weiter ausbauen.
Vielleicht mit einer "Erklärung" des Protas am Telefon, wieso die Bestellung unbedingt unbedingt so schnell wie möglich bei ihr eingehen sollte und ein lustiger Kommentar der Stimme am Telefon. Dadurch wird die unbekannte Person des Onlinehandels ein wenig greifbarer für den Leser, man fragt sich noch mehr, wer denn da tatsächlich am anderen Ende der Leitung sitzt smile

Ich hoffe, das hilft dir ein wenig smile

LG


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