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Deutsches Schriftstellerforum Foren-Übersicht -> Antiquariat -> 5. FFF
Als einer einen Berg bestieg und keiner wieder runterkam.

 
 
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adelbo
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Beiträge: 1830
Wohnort: Im heiligen Hafen


Beitrag08.01.2012 15:14

von adelbo
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Akiragirl hat geschrieben
Zitat:
@Adelbo: Wie ich schon im 7200 Sekunden-Thread sagte, mir geht es genauso.
Vielleicht müssen wir und alle anderen uns einfach damit abfinden, dass Geschmäcker unterschiedlich sind und z.T. erheblich voneinander abweichen. Nicht jeder hat für jede Art von Kunst Verständnis - und das ist wohl okay so.

Ich würde aber sehr gerne diese Art Kunst, (wenn es denn Kunst ist) verstehen und bemühe mich darum.
BN hat versucht eine Erklärung zu geben.
Zitat:
Nun, beim näheren Hinsehen kann man sagen, dass die Erzählweise schon eine besondere ist. Die beschriebenen Dinge sind klar und deutlich "erkennbar", ergeben zusammen jedoch ein recht surreales Bild.

Nur ist das für mich leider keine Erklärung. Eine besondere Erzählweise, weil beschriebene Dinge klar und deutlich erkennbar sind.  Embarassed

Oder Lorraine
Zitat:
... und wenn ich euch sage, dass ich diesen Text einfach lieben gelernt habe, dass ich ihn bei jedem Lesen noch schöner fand, in seiner Poesie, seiner Wahrheit, seiner gnädigen Kürze?


Bei Poesie kann ich noch folgen, nur welche Wahrheit? Und gnädige Kürze als Maßstab, wie soll ich das verstehen?

Mr. Curiosity
Zitat:
Mir gefällt das beim wiederholten Lesen auch sehr gut. Erinnert mich in der Art der Absurdität ein bisschen an Samuell Beckett. Problem ist eben, dass das für mich eindeutig kein Überqueren eines realen Bergpasses ist, sondern einer "theatermäßigen" textuellen Konstruktion.

Wie unterscheide ich eine theatermäßige textuelle Konstruktion von einfach dahingeworfenen Wörtern?

Meine Beweggründe in diesem Fall einmal genau zu hinter fragen, sind, dass ich mich oft sehr dumm fühle, wenn ich manche Kommentare und manche Texte lese. Weil ich sie einfach nicht verstehe.  
Beispielsweise kann ich bei abstrakten Bilder sehr gut mit den verschiedenen Interpetationsmöglichkeiten leben, aber in der Literatur geht es um Worte und die haben klare Bedeutungen.


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„Das ist der ganze Jammer: Die Dummen sind so sicher und die Gescheiten so voller Zweifel.“

Bertrand Russell
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lady-in-black
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Beitrag08.01.2012 15:21

von lady-in-black
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BlueNote hat Folgendes geschrieben:

Aber ich habe so das Gefühl, dass das Mercedes ziemlich egal ist.


Mir ist übrigens ebenfalls ziemlich egal, wer diesen Text letztlich verfasst hat ... schließlich wurde er anonym eingestellt und bewertet.

Die durch ihn entstandene Diskussion finde ich aber höchst interessant ... und irgendwie auch berechtigt! Rolling Eyes
Denn wie kaum ein anderer macht er aktuell deutlich, wie unterschiedlich "Kritiker" bei ihren Bewertungen an einen Text herangehen ... oder mit ihm umgehen.  Wink

Manchmal kann ich wirklich nur verwundert mit dem Kopf schütteln, wenn auf "Massentauglichkeit" getrimmte Texte - die ich in ähnlicher 08/15-Form schon unendlich oft gelesen habe -  belobigt und mit relativ gleichmäßiger Federung bedacht werden, die ihnen am Ende eine ebenso relativ gute Platzierung einbringen.  

Und je stärker die "Masse" der Kritiker diese Vorgehensweise praktiziert, befürwortet bzw. "belohnt", desto mehr - jetzt wiederhole ich mich - werden uns Erwähnungen von Bushaltestellen Übelkeit verursachen.

Selbstverständlich wird es immer ehrliche Kritiker geben, die ebenso ehrlich zugeben, dass sie einen Text wirklich nicht verstanden haben. Von denen rede ich auch gar nicht.
Aber auch bei einem Text, den ich inhaltlich nicht oder nicht ganz verstehe, kann ich im Zweifelsfall immer noch erkennen, ob es wirres, unverständliches oder abgehacktes Zeug unter Alkoholeinfluss war ... oder ein eigener, durchgängiger Schreibstil mit eigenen, anderen/besonderen Gedankengängen zugrunde liegt.  

Und vor allem kann man auch für sich selbst erkennen, ob man den Text sofort als "Müll" abhakt ... oder sich gedanklich doch noch damit beschäftigt, z.B. sich fragt, was der Autor wohl mit der einen oder anderen Sache gemeint haben könnte ... also Neugier geweckt wird.
Meiner festen Überzeugung nach sollte man daher einen Text, der einen in irgendeiner Form zum Nachdenken anregt, auch entsprechend bewerten ... und nicht dafür abstrafen, dass er nicht ins bevorzugte Schema F passt.  

Merci's Text war meiner Überzeugung nach KEIN Kandidat für den Sonderpreis ... aber für mich war er der einzige Text, der mir deutlich (positiv) in Erinnerung geblieben ist, auch wenn ich ebenfalls nicht 100%ig weiß, was sie mir genau damit sagen wollte.  Laughing
Muss ich aber auch nicht wissen, weil sie stattdessen über den Text meine eigene Fantasie in Gang gebracht hatte ...  Daumen hoch


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- Ich würde mich gerne geistig mit Dir duellieren ... aber ich sehe Du bist leider unbewaffnet.
- Nein, Stil ist nicht das Ende vom Besen.
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anuphti
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Beitrag08.01.2012 16:15

von anuphti
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Tja, mir ging es jetzt ähnlich wie Akiragirl und adelbo, ich habe Mercis Text mehrfach gelesen und einfach nicht verstanden.

Irgendwie hatte ich den Eindruck, dass die Gedankengänge nicht logisch miteinander verknüpft waren, medizinisch gesehen war mein Verdacht, dass jemand den Text geschrieben hat, der unter Alkoholeinfluss stand.

Und dabei stellt sich mir natürlich dann auch die Frage, verstehe ich solche Texte auch deshalb nicht, weil ich keinen Alkohol trinke und deshalb eine bestimmte Art zu schreiben nie verstehen werde?

Gibt es Texte, die nicht den "logischen Verknüpfungen" eines nüchternen Gehirns folgen, bzw. müssen Text überhaupt logisch sein?

Was ich prinzipiell verneinen würde. Und dann aber auch weiß, dass ich (bzw. mein Gehirn) logische Strukturen bevorzugt. (Mein persönlicher Geschmack).


Zitat:
Zuerst traf ich auf Mona.
Warum "zuerst"? Auf wen traf sie ""dann"? Sie lehnte an einem Baum, ganz ohne Schuhe, und fragte mich nach dem Weg. Spätestens hier hatte ich den Eindruck, dass Mona "etwas komisch" ist, im Sinne von "ihren Ausflug im Winter im Hochgebirge hat sie nicht tiefer durchdacht".
Ich deutete nach oben und sie nickte. Probleme habe sie und Luft benötigte sie (hier bin ich über den gemischten Konjunktiv gestolpert, erst "habe" also Konjunktiv I und dann "benötigte" also Konjunktiv II), und von der gebe es dort oben reichlich, meinte sie.
„Still sein solltest du!“(warum???, so schlimm (und viel) ist das doch gar nicht, was Mona da sagt?), sagte ich. Sie schwieg, aber beleidigt ("aber" beleidigt klingt total schräg und im Zusammenhang für mich auch falsch ...  Embarassed ) und auch nicht sehr lange. Ein einsames Reh wollte sie füttern und auch einen Hasen. Ihr kleiner Zoo interessierte mich nicht. Richtig wütend wurde sie und schrie und tobte (völlig überzogene Reaktion, die mich wieder eine "leichte geistige Gestörtheit" der Protagonistin vermuten ließ Embarassed ) und ich zeigte zur Lawine, die auf uns zugerast kam, da wurde sie endlich still, richtig lange.
Wir sprangen in Watte, in richtig kalte Watte, die aber sogleich hart wurde wie Beton. Dieser Satz geht an dem realen Ereignis des von einer Lawine "Überrolltwerdens" diametral vorbei (man "springt" nicht in eine Lawine)  ) Soweit ein paar meiner Gedankengänge zu diesem Text ...



Was wiederum nicht heißt, dass ich mich an sprachlichen Elementen (völlig losgelöst vom Kontext) erfreuen kann, manchmal sind es nur einzelne Wörter, manchmal Satzteile, manchmal ganze Passagen.

Aber die habe ich in diesem Text nicht gefunden.

 Embarassed

Liebe Grüße
Nuff


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lady-in-black
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Beitrag08.01.2012 17:17

von lady-in-black
Antworten mit Zitat

anuphti hat Folgendes geschrieben:
Und dabei stellt sich mir natürlich dann auch die Frage, verstehe ich solche Texte auch deshalb nicht, weil ich keinen Alkohol trinke und deshalb eine bestimmte Art zu schreiben nie verstehen werde?



 Shocked ... @anuphti: Ich bin gerade höchst beunruhigt, weil ich quasi seit meiner Geburt Anti-Alkoholikerin bin ... und den Text trotzdem gut fand.
Wäre es jetzt aus medizinischer Sicht angebracht, bei mir eine Computertomographie meines Schädels zu machen?  Embarassed

Oder sollte ich lieber mit dem Trinken anfangen, um mir andere Texte schön zu saufen ...  Rolling Eyes

Fragen über Fragen ...

Liebe Grüße
lib
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Akiragirl
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Beitrag08.01.2012 17:17

von Akiragirl
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lady-in-black hat Folgendes geschrieben:

Aber auch bei einem Text, den ich inhaltlich nicht oder nicht ganz verstehe, kann ich im Zweifelsfall immer noch erkennen, ob es wirres, unverständliches oder abgehacktes Zeug unter Alkoholeinfluss war ... oder ein eigener, durchgängiger Schreibstil mit eigenen, anderen/besonderen Gedankengängen zugrunde liegt.  

Eben das konnte ich bei diesem Text offenbar nicht ...

@Anja: Ich finde den Begriff Opportunismus beleidigend, weil er irgendwo unterstellt, die Gewinnertexte/autoren hätten etwas gemacht, dass sie nichtmal selber mögen, nur um "gemocht" zu werden und gewissermaßen ihre "Ideale" verraten.

Etwas seltsam finde ich es schon, dass jetzt plötzlich Diskussionen aufkommen, von wegen wer hier verdient auf welchem Platz ist oder nicht. Mir fällt auf, dass diejenigen, die sich über die "falschen" Bewertungen der Kritiker beschweren, selbst nicht kommentiert und befedert haben.
Ich meine, so ist eben Demokratie. Man kann sich aufregen, dass alle anderen blöd sind und falsch abstimmen, oder man beteiligt sich.

Sorry, aber musste raus.  Confused


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anuphti
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Beitrag08.01.2012 17:35

von anuphti
Antworten mit Zitat

lady-in-black hat Folgendes geschrieben:
anuphti hat Folgendes geschrieben:
Und dabei stellt sich mir natürlich dann auch die Frage, verstehe ich solche Texte auch deshalb nicht, weil ich keinen Alkohol trinke und deshalb eine bestimmte Art zu schreiben nie verstehen werde?



 Shocked ... @anuphti: Ich bin gerade höchst beunruhigt, weil ich quasi seit meiner Geburt Anti-Alkoholikerin bin ... und den Text trotzdem gut fand.
Wäre es jetzt aus medizinischer Sicht angebracht, bei mir eine Computertomographie meines Schädels zu machen?  Embarassed

Oder sollte ich lieber mit dem Trinken anfangen, um mir andere Texte schön zu saufen ...  Rolling Eyes

lol lol lol

Wahrscheinlich hast Du einfach nur eine Art schräge Neuronenverschaltung, die den willkürlichen Assoziationen unter Alkoholeinfluss ähneln, quasi "verhaltensoriginell lol...

Fragen über Fragen ...

Liebe Grüße
lib
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@Akiragirl

Ich finde es interessant, dass sich diese Diskussion vor allem dadurch entzündet hat, dass Merci bekanntermaßen gut schreibt und drei bekannte (ebenfalls hier im Forum anerkanntermaßen gut schreibende) Kommentatoren etwas erkannt haben, was anderen verborgen blieb.

Jetzt daraus eine Diskussion über U- und E- (wofür steht eigentlich "E"?) Literatur zu machen, finde ich überzogen. Und nachdem diese Wettbewerbe tatsächlich "Publikumswettbewerbe sind, finde ich es absolut gerechtfertigt, dass das Publikum entscheidet.
Und Bestseller sind in den seltensten Fällen auch literaturpreisverdächtig.

Liebe Grüße
Nuff


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Gast







Beitrag08.01.2012 17:51

von Gast
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Hey Anne,
wenn du dich beleidigt fühlst, dann tut mir das leid, was ich meinte, war ganz bestimmt nicht, dass Leute etwas schreiben, das ihnen selbst nicht gefällt (ich muss allerdings zugeben, dass ich augenblicklich an deinen thread "Veröffentlichung oder Spass am Schreiben" denken musste, als die Auflösung da war).

Wenn ich deinen Text lese, dann sehe ich, wie jemand (auch) schreiberisch geradzu um sich ballert, jemand hat Spass gehabt daran, das zu schreiben, ich sehe einen massentauglichen Film, ich sehe ... und ich finde jetzt schon, dass es hier zu weit führt, wir sind ja bei mercis Text.

Ich bemerke keine Diskussion über "verdiente" Plätze, ganz ehrlich, da gehst du mE ein bisschen weit. Um das klar zu stellen: Jeder ist da, wo die anderen ihn hingewählt haben. Und wenn mir das nicht passt, dann mache ich bei so einem Wettbewerb doch gar nicht mit, oder?

Mercis Beitrag hat mich besonders berührt, und ich mache einen Unterschied für mich, ob ein Text es nötig hat, sich eines breiten Publikums zu versichern, oder, wie hier, aus sich selbst heraus funktioniert, ohne dass ich den Film dazu schon gesehen haben muss ...
Dass das eine ganz persönliche Herangehensweise ist, scheint klar, und bitte, mein Einwurf war nicht so bös gemeint, wie du ihn nehmen willst. Und schon gar nicht beleidigend.

Anja
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lady-in-black
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Beitrag08.01.2012 18:10

von lady-in-black
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Akiragirl hat Folgendes geschrieben:

Mir fällt auf, dass diejenigen, die sich über die "falschen" Bewertungen der Kritiker beschweren, selbst nicht kommentiert und befedert haben.
Ich meine, so ist eben Demokratie. Man kann sich aufregen, dass alle anderen blöd sind und falsch abstimmen, oder man beteiligt sich.

Sorry, aber musste raus.  Confused


Liebe Anne,  smile

galt das etwa mir?
Nun, ich war - wie ich auch zu Beginn des FFF's mitteilte, wegen Krankheit gezwungen abzubrechen. Ich habe lange auf der Nase gelegen und daher auch in den letzten Tagen nicht mehr geschafft, alle Texte zu lesen und zu bewerten.

Ich denke nicht, dass mich das entmündigt, nachträglich noch eine eigene Meinung über EINEN bestimmten Text zu haben bzw. an einer Diskussion zu beteiligen.

Sorry, aber das musste ebenfalls raus.  Wink


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Nemo
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Beitrag08.01.2012 18:14

von Nemo
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Ich möchte auch mal meine Gedanken zu dieser Diskussion loswerden, weil ich zugeben muss, mir derer reichlich zu machen:
Ich habe mich immer gefragt, warum meine persönlcihen Favoriten bei diesen Wettbewerben immer irgendwo dahin dümpeln, warum sich meine Sichtweise auf Literatur nicht in der letztlichen Rangfolge niederschlägt und was das über meinen Literaturgeschmack aussagt. So habe ich diesem Text hier sechs Federn gegeben, weil er durch sein stetes Schwanken eine innere Konflikthaftigkeit produziert, die sehr viel Spannung bereithält. Hier gibt es immer irgendein Wanken; irgendetwas wird immer gekippt, fortgeräumt und wie von einer Lawine weggespült. Man beachte nur die hohe Dynamik der inneren Veränderungen:
Zitat:

„Still sein solltest du!“, sagte ich. Sie schwieg, aber beleidigt und auch nicht sehr lange. Ein einsames Reh wollte sie füttern und auch einen Hasen. Ihr kleiner Zoo interessierte mich nicht. Richtig wütend wurde sie und schrie und tobte und ich zeigte zur Lawine, die auf uns zugerast kam, da wurde sie endlich still, richtig lange.

Dieser Absatz alleine beginnt mit der Aufforderung zur Stille. Die Antagonistin willigt erst beleidigt ein und schweigt, hebt dann die Stille wieder auf und schreit und tobt. Eingebettet noch der Gegensatz zwischen dem Bedürfnis des Tierefütterns einerseits und des Desinteresses andererseits. Durch das Schreien und Toben wird eine Lawine ausgelöst, welche die Antagonistin schließlich zur Ruhe bringt, was der Protagonist nicht vermochte. Das alleine ist schon eine Geschichte.
Und diese kleinen dynamischen Revolutionen finden sich weiterhin.
Zitat:
Wir sprangen in Watte, in richtig kalte Watte, die aber sogleich hart wurde wie Beton

Zuerst Watte (die ja eher mit angenehmen Gedanken an Weichheit und Wärme geknüpft ist), die schließlich aber kalt wird und dann zum Beton.
Zitat:
„Deine Zehen sind ganz blau“, Juli zeigte auf Monas Beine. Also trug ich sie eine Weile, bis Juli auch mal wollte, aber nur ganz kurz. Mona war ihm zu schwer.

Auch hier eine unglaubliche Dynamik: Die Beine sind blau und kalt, Mona muss getragen werden. Der Protagonist trägt sie, aber Juli will auch. Also darf Juli, muss aber bemerken, dass Mona zu schwer ist.
In jeder Passage finden sich hier Umwälzungen, Perspektivveränderungen und Wandlungen.  Und dabei bleibt die Sprache stets klar und verständlich. Um Veränderungen zu skizzieren und in dieser Fülle einzuarbeiten, braucht es schon einiges an dahinterstehender gedanklicher Konzepttiefe. Andererseits muss man sich wirklich auf diesen Text geduldig einlassen, sonst verwirrt er und mir behagte auch die Schnelligkeit der Dynamiken nicht, weshalb ich den Text als zu sprunghaft empfunden habe. Man hätte durchaus in mancher Passage mehr Ruhe einbringen können und zugleich damit mehr Klarheit in den Text bringen können. Verständnisprobleme provoziert der Text geradezu, was mich dann bewogen hat, auch Federn abzuziehen und ihn mit 6 Federn zu bewerten. Aber jeder, der den Text gut bewertet hat, hat vermutlich etwas anderes daran gefunden, das ihm gefällt.

Ich weiß nicht, ob ich mit meinem Blick auf Texte alleine dastehe, wenn ich von ihnen verlange, mir mit verständlichen Worten und auf einfache Weise tiefgehende Gedanken anzubieten, die mich noch nach dem Lesen beschäftigen. Aber meistens begegnen mir Texte, die zwar tiefgehende Gedanken verarbeiten, aber sich ohne Not unverständlich präsentieren, oder es gibt Texte, die verständlich sind, mir aber nichts an geistiger Auseinandersetzung abverlangen. Deshalb blicke ich auch mit großer Skepsis auf die Texte, die wizig und zum Lachen sein wollen, die auf Humor abzielen, und letztlich nichts sind als prosaische Witze. Solche Texte gefallen mir nur dann, wenn sie etwas witzig verarbeiten, über das sich nachzudenken lohnt.

Besten Gruß
Nemo


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Akiragirl
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Beitrag08.01.2012 18:57

von Akiragirl
Antworten mit Zitat

Hallo nochmal, lady

lady-in-black hat Folgendes geschrieben:

Ich denke nicht, dass mich das entmündigt, nachträglich noch eine eigene Meinung über EINEN bestimmten Text zu haben bzw. an einer Diskussion zu beteiligen.

Das sicher nicht. Das ist ja völlig legitim. Geärgert habe ich mich über das hier:
lady-in-black hat Folgendes geschrieben:

Manchmal kann ich wirklich nur verwundert mit dem Kopf schütteln, wenn auf "Massentauglichkeit" getrimmte Texte - die ich in ähnlicher 08/15-Form schon unendlich oft gelesen habe - belobigt und mit relativ gleichmäßiger Federung bedacht werden, die ihnen am Ende eine ebenso relativ gute Platzierung einbringen.

Wie das bei mir ankommt:
Die Texte, die eine gute Platzierung bekommen haben, sind 08/15 und haben ihre Platzierung nicht verdient. Ergo sind die Kritiker/Befederer oberflächlich und dumm, da sie solche Texte so hoch bewerten.

Auch ich kann manchmal Platzierungen nicht nachvollziehen und beileibe nicht immer deckt meine Meinung sich mit der Gesamtentscheidung. Aber deshalb kann ich doch nicht sagen: Also, wer Texte mag, die ich 08/15 finde, über den kann ich nur den Kopf schütteln (?)

@Nemo: Vielen Dank dir für deine Erklärung.
Das aht mich schon ein ganzes Stück weiter gebracht. So, wie du es beschreibst, kann ich nachvollziehen, was du meinst.
Ich glaube der Unterschied ist wohl, dass ich in erster Linie von einem Text unterhalten werden will. Wenn er mir nebenbei noch tiefere Einsichten vermittelt, ist das natürlich besonders hervorzuheben. Unterhält der Text mich aber nicht, ist er "durchgefallen". Gerade die vielen Wendungen und Sprünge haben verhindert, dass ich irgendetwas empfinden konnte. Immer, wenn ich mich gerade auf eine Situation/Gefühl eingestellt habe, wurde es sofort umgeworfen. So blieb (für mich) am Ende nur ein Brei zurück, aus dem ich nichts mitnehmen konnte.
War sehr interessant, deinen Kommentar zu lesen! smile


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lady-in-black
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Beitrag08.01.2012 20:01

von lady-in-black
Antworten mit Zitat

Akiragirl hat Folgendes geschrieben:


lady-in-black hat Folgendes geschrieben:

Ich denke nicht, dass mich das entmündigt, nachträglich noch eine eigene Meinung über EINEN bestimmten Text zu haben bzw. an einer Diskussion zu beteiligen.

Das sicher nicht. Das ist ja völlig legitim. Geärgert habe ich mich über das hier:
lady-in-black hat Folgendes geschrieben:

Manchmal kann ich wirklich nur verwundert mit dem Kopf schütteln, wenn auf "Massentauglichkeit" getrimmte Texte - die ich in ähnlicher 08/15-Form schon unendlich oft gelesen habe - belobigt und mit relativ gleichmäßiger Federung bedacht werden, die ihnen am Ende eine ebenso relativ gute Platzierung einbringen.

Wie das bei mir ankommt:
Die Texte, die eine gute Platzierung bekommen haben, sind 08/15 und haben ihre Platzierung nicht verdient. Ergo sind die Kritiker/Befederer oberflächlich und dumm, da sie solche Texte so hoch bewerten.



Ok ... noch mal von vorne, bewusst überspitzt:

Vorgabe: Schreibe einen Text, in dem die Worte Hund, Einbrecher und Nacht vorkommen.
Ich halte mich buchstabengetreu daran, schreibe das, war mir als nächstes in den Sinn kommt (der Einbrecher, der nachts kommt und vom Hund verjagt wird) ... und das auch noch fehlerfrei, logisch und schlüssig.

Dieser Text wird fast ausnahmslos (!) eine relativ gleichmäßige Befederung im Mittelfeld bekommen. Denn ... man wird im Grunde genommen NICHTS konkretes gegen den Text vorbringen können, außer, dass er einen nicht vom Hocker reißt. Aber da der Autor alle Vorgaben erfüllt hat, wird man ihm in der Regel das fehlende "vom Hocker reißen" bei weitem nicht so stark anlasten, wie z.B. ein eher abgedrehter Inhalt oder ein Genre, das einem nicht so liegt.

Und daher wird dieser - sog. 08/15 Text - am Ende eine relativ gute Platzierung erlangen ... und zwar im Vergleich zu einem ansonsten "gleichwertigen" Text, dessen Inhalt aber nicht ganz so angepasst und stromlinienförmig, d.h. auf "Wettbewerb" getrimmt war.

Ich schüttel nicht mit dem Kopf darüber, dass man diese 08/15 Texte bereitwillig durchwinkt ... sondern vielmehr, dass man sie oftmals "höher" bei der Befederung ansiedelt als Texte, bei denen der Autor ein größeres Risiko eingegangen ist, um außerhalb des Mainstream zu schreiben.

Welcher Kritiker sich nun auch den 08/15 Schuh anziehen will, der möge es tun. Ist sein gutes Recht ... wenn er denn passt.  Wink


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BlueNote
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Beitrag08.01.2012 20:35

von BlueNote
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Zitat:

BN hat versucht eine Erklärung zu geben.
Zitat:
Nun, beim näheren Hinsehen kann man sagen, dass die Erzählweise schon eine besondere ist. Die beschriebenen Dinge sind klar und deutlich "erkennbar", ergeben zusammen jedoch ein recht surreales Bild.

Nur ist das für mich leider keine Erklärung. Eine besondere Erzählweise, weil beschriebene Dinge klar und deutlich erkennbar sind.

Ich hatte es nicht als etwas Besonderes angesehen, dass in dem Text Dinge klar erkennbar sind, sondern dass ähnlich wie in der surrealen Malerei klar beschriebene (gezeichnete) Dinge zu einem recht sonderbaren Bild zusammengefügt werden, das dann wieder eine ganz eigene Wirkung erzielt.

Im übrigen halte ich es nicht für den richtigen Weg, sich den Text (womöglich noch von der Autorin selbst) erklären zu lassen: Was bedeutet "Nobody", was bedeutet "Juli", für was steht "Lawine" in dem "Text", ihn also "entschlüsseln" zu wollen. Besser ist es, sich dem Text über die Wirkung, die er bei einem Leser erzielen könnte, zu nähern. Außerdem entzieht sich der Text ja gerade der üblichen Lesersicht, logische Zusammenhänge herstellen zu wollen. Deswegen sollte man in diesem Text auch keine logischen Zusammenhänge suchen (eher unlogische wink ).

Ich denke, es geht bei dieser Diskussion nicht darum, dass jetzt noch irgendwelche  Teilnehmertexte anders bewertet werden sollen, sondern darum, dass man noch einmal einen Blick auf einen recht interessanten Text wirft. So fand ich beispielsweise Nemos Ausführungen recht interessant. Ob ein Autor allerdings all das, was ein Leser für sich aus dem Text herausnimmt, auch tatsächlich in den Text hineingelegt hat, oder eher intuitiv vorging, ist wieder eine andere Überlegung.

BN
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adelbo
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Beitrag08.01.2012 20:59

von adelbo
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BN
Zitat:
Ich denke, es geht bei dieser Diskussion nicht darum, dass jetzt noch irgendwelche Teilnehmertexte anders bewertet werden sollen, sondern darum, dass man noch einmal einen Blick auf einen recht interessanten Text wirft. So fand ich beispielsweise Nemos Ausführungen recht interessant. Ob ein Autor allerdings all das, was ein Leser für sich aus dem Text herausnimmt, auch tatsächlich in den Text hineingelegt hat, oder eher intuitiv vorging, ist wieder eine andere Überlegung.


Für diese Anmerkungen bin ich dankbar. Das ist glaube ich, genau mein Problem.
Es kann sein und ist auch, wenn ich jetzt alles richtig verstanden habe, akzeptabel, dass ein Autor intuitiv, sei es aus einer Stimmung heraus, sei es, dass er Alkohol getrunken hatte oder was auch immer, einen Text geschrieben hat, der auch für den Autor selber, keinen richtigen Sinn ergibt.
Ein solcher Text kann trotzdem ohne weiteres gute Literatur, ein interessanter Text, sein, weil sich der eine oder andere Leser, etwas herausnehmen kann und sei es nur die Melodie des Textes, Poesie oder weil bei dem einen oder anderen Leser durch einen solchen Text die Phantasie angeregt wurde.
Ich muss darüber nachdenken, ob das bei mir irgendwann einmal mit Texten  funktionieren kann.  Rolling Eyes  Dass ich sagen kann, ich verstehe es zwar nicht, muss auch nicht sein, ich finde es trotzdem gut.
adelbo


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Beitrag08.01.2012 21:30

von BlueNote
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Zitat:

Es kann sein und ist auch, wenn ich jetzt alles richtig verstanden habe, akzeptabel, dass ein Autor intuitiv, sei es aus einer Stimmung heraus, sei es, dass er Alkohol getrunken hatte oder was auch immer, einen Text geschrieben hat, der auch für den Autor selber, keinen richtigen Sinn ergibt

So wollte ich es nicht verstanden haben. Ein Autor kann die entsprechenden rhetorischen Mittel intuitiv verwenden, um eine "Wirkung zu erzielen", wir analysieren derzeit ja eher rational.
Ebenso finde ich die Auslegung: Auch unter Alkoholeinfluss kann "Literatur" entstehen nicht sehr sympathisch. Das drückt eigentlich nur die Ablehnung solcher Literatur aus, Literatur, die mit anderen Mitteln arbeitet als "Logik". Um Zugang zu dem Text zu bekommen, muss man sich von der Vorstellung, dass er (auch für den Autor) keinen richtigen Sinn ergibt, lösen.

Diejenigen, die mit dem Text nichts anfangen wollen, brauchen auch nichts damit anfangen, bzw. sich dazu zwingen. Keiner soll sich "dumm" fühlen und jeder soll das lesen, was er mag.

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dergelbeHeinrich
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D
Beitrag08.01.2012 22:04

von dergelbeHeinrich
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Eine gute, schöne und wichtige Diskussion finde ich.
Ich denke nur, es geht überhaupt nicht um Platzierungen.
Welche Platzierung hatte denn Herta Müller bis man ihr den Literaturnobelpreis gab und sie war vorher schon grandios, deshalb hat sie ihn auch bekommen..

Was ich nur schade finde ist, dass niemand mal sagt,
ich steh auf Mainstream, ich stehe auf populäre Literatur Smile
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hobbes
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Moderatorin

Beiträge: 4294

Das goldene Aufbruchstück Das goldene Gleis
Der silberne Scheinwerfer Ei 4
Podcast-Sonderpreis


Beitrag08.01.2012 23:02

von hobbes
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Ich bin ja auch einer der Fans dieses Textes. Ich habe ihn nicht verstanden – aber muss ich das?
Manche Texte verstehe ich nicht, noch dazu gefallen sie mir nicht. Dann gibt es wenig Federn. Manche Texte verstehe ich, aber sie gefallen mir nicht. Auch wenig Federn. Manche Texte verstehe ich nicht, aber sie gefallen mir. Schon ein bisschen mehr Federn. Manche Texte verstehe ich und sie gefallen mir. Noch mehr Federn.
In diesem Fall kommt noch der Wettbewerb hinzu und die Herausforderung das eine irgendwie mit dem anderen zu vergleichen.
Wenn ich jetzt noch den Hauch einer Idee gehabt hätte, um was es eigentlich geht in diesem Text, wären es auch mehr als sechs Federn geworden.
Und ob das jetzt literarisch hochwertig ist – wer sollte das denn festlegen? Am Ende ist doch sowieso immer alles subjektiv.


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Gast







Beitrag08.01.2012 23:42

von Gast
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adelbo hat Folgendes geschrieben:
Oder Lorraine
 
Zitat:
... und wenn ich euch sage, dass ich diesen Text einfach lieben gelernt habe, dass ich ihn bei jedem Lesen noch schöner fand, in seiner Poesie, seiner Wahrheit, seiner gnädigen Kürze?



Bei Poesie kann ich noch folgen, nur welche Wahrheit? Und gnädige Kürze als Maßstab, wie soll ich das verstehen?


Welche Wahrheit? Immer nur die, die ich für mich erkennen kann. Das ist tatsächlich vergleichbar mit dem Betrachten eines Kunstwerks, einem Bild etwa oder einer Zeichnung. Wenn ich vor einem Bild René Magrittes stehe, dann gibt es wohl hundert "Wahrheiten", die ich erfühlen kann, ich kann mich aber auch verschliessen, und sagen: "Was soll jetzt der überdimensionale Apfel in diesem Zimmer?" Es ist schon auch eine Frage der Einstellung zum Lesen, ob ich etwas an mich heranlasse oder mich befremdet abwende und nicht weiter vordringen will.

Es gibt auch für mich Grenzen. In der bildenden Kunst zB habe ich eine persönliche Ekel-Grenze, die zu überschreiten ich mich nicht zwinge. Warum auch? Die Freiheit nehme ich mir einfach! Das ist auch in der Literatur so, ich gebe mir nicht Beschreibungen von Gewalt, die meine Albtraum-Grenze überschreiten, und wenn es noch so toll geschrieben ist.

Zurück zum Text.
Ich habe anuphtis Analyse gesehen, und ich kann ihr in weiten Teilen überhaupt nicht folgen (abgesehen davon, dass ich es für sehr unwahrscheinlich halte, dass jemand einen solchen Text in alkoholisiertem Zustand schreiben würde/könnte, aber ich bin auch nicht kompetent auf diesem Gebiet)

anuphti hat Folgendes geschrieben:
Sie schwieg, aber beleidigt ("aber" beleidigt klingt total schräg und im Zusammenhang für mich auch falsch ...  ) und auch nicht sehr lange.


Ich kann hier mal kurz zeigen, was ich mit "gnädiger Kürze" meinte und ich weiss, dass ich mich durch andere, längere Texte, die einfach und verständlich geschrieben waren, wegen ihrer Langatmigkeit halt viel mehr "quälen" musste, einfach, weil mir fad dabei wurde ...

Mercedes de B. hat Folgendes geschrieben:
Sie schwieg, aber beleidigt und auch nicht sehr lange.

Für mich (persönlich) ist das genial zusammengezogen. Da hätte zB auch stehen können:

"Darauf schwieg sie. Nicht, weil sie schweigen wollte, oder weil sie weil sie um die Gefahr wusste. Auch nicht, weil sie mir einen Gefallen tun wollte. Warum auch hätte sie mir diesen oder einen anderen Gefallen tun sollen? Sie meinte wohl, mir nichts zu schulden, da wir uns erst kannten, seit sie den Luftmangel entdeckt hatte.
Nein, sie schwieg, weil sie gekränkt war. Auf eine vorhersehbare und gekünstelte Weise gekränkt. Sie hielt es nicht lange aus, denn eine wie sie muss loswerden, was ihr gerade durch den Kopf geht. Und bestimmt wollte sie mich beeindrucken oder mich für ihre Ziele gewinnen oder mir zeigen, wie nah sie der Natur mit ihren nackten Zehen war."


Das hätt ich noch endlos in die Länge ziehen können, aber ich meine es so, wie ich es oben gesagt habe. Es ist drin, was unbedingt nötig ist, damit ich es mir "ausfüllen" kann ... ich fühle mich nicht bevormundet, ich fühle mich einfach wohl smile

Das war's.

Salut, Lorraine
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anuphti
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Beitrag08.01.2012 23:56

von anuphti
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Liebe Lorraine,

mein "das klingt für mich falsch" bezog sich nicht auf das "beleidigt" sondern auf die Satzkonstruktion "Sie schwieg, aber beleidigt ..."

Da fehlt nach meinem Sprachgefühl ein Wort, auf das sich das beleidigt als Gegensatz beziehen könnte ...

Zum Beispiel:

Sie schwieg nicht lange, aber beleidigt ...

Oder:

Sie schwieg, nicht schmollend, aber beleidigt.

Ich weiß es wahrscheinlich nicht besser, aber ein "aber" verlangt für mich nach einem Gegensatz Embarassed

Ist das wirklich korrektes Deutsch?  Sie schwieg, aber beleidigt ...

LG
Nuff


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Mr. Curiosity
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Beitrag08.01.2012 23:57

von Mr. Curiosity
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Da haste schon recht bei der Stelle ... hatte mich auch gewundert.

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sleepless_lives
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Beitrag09.01.2012 00:08

von sleepless_lives
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@adelbo und anuphti
BlueNote hat ja schon einiges Hilffreiches dazu gesagt. Ihr scheint nach einem versteckten Code zu suchen. Sobald man den Entschlüsselungs-Code kennt, übersetzt man den Text und erhält die zugrundeliegende Geschichte und ihre Bedeutung in Reinform. So funktioniert das aber nicht. Das wäre geradezu ein Kennzeichen von Möchtegern-Kunst, wo der Künstler einen simplen Gedanken hat, vielleicht sogar eine Botschaft, und sich dann überlegt, wie er oder sie jenen möglichst kompliziert verpackt.

Natürlich hilft es immer, wenn man bestimmte Anspielungen kennt, sofern der Text welche enthält. Wenn man noch nie Schneeschuhe gesehen, kann man von ihrer Form nicht an Tennisschläger erinnert werden und dieser Aspekt des Textes ist für einen verloren.

Anuphti, deinen Bemerkungen zu Mercis Text könnte man in Analogie stellen zu dem Hinterfragen eines Witzes. Nehmen wir doch den vom Anfang von Akiragirls Text. "Aber warum wollen die denn überhaupt einen Zahnarzt umbringen, war einer der 9/11-Attentäter Zahnarzt?" Offensichtlich ist das nicht der Punkt. Vielleicht nicht ganz so offensichtlich, ist es nicht der Punkt von Mercis Text logisch kohärent zu sein. Die Theoretiker des Absurden Theaters (und nicht nur sie) haben darauf hingewiesen, dass eine als absurd empfundene Welt nicht mit einem logischen, geordneten, sinn-erschließendem Text dargestellt werden kann. Die Stimmigkeit des Textes würde ja seine Aussage ad absurdum (!) führen.     

Würdest du diesselben Kommentare zu Becketts und Ionescos Stücken abgeben? Oder um das bekannteste Gemälde Surrealismus zu nehmen, Dali kritisieren, dass seine Uhren nicht korrekt dargestellt sind?


dergelbeHeinrich hat Folgendes geschrieben:
Was ich nur schade finde ist, dass niemand mal sagt,
ich steh auf Mainstream, ich stehe auf populäre Literatur

Nein, das stimmt nicht. Das sagen viele im Forum ganz klar und deutlich.



Es bleibt natürlich das Rätsel, welches Wort Nobody/Niemand gesprochen hat?


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lupus
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Beitrag09.01.2012 00:19

von lupus
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man kann es als falsch lesen, muss aber nicht
das 'aber' ohne (verlangtes und übliches) Gegenstück impliziert, dass man es anders erwarten könnte, vielleicht im Normalfall auch würde - also eben nicht beleidigt. Wie man es erwarten hätte können, ist nicht gesagt, aber auch nicht nötig. Würde sagen, der Satz passt sehr gut zum Stil des ganzen Textes. Its own voice s.z.s. Ein Grund, warum mir der Text sprachlich gefällt.


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anuphti
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Beitrag09.01.2012 00:24

von anuphti
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Zitat:
Die Theoretiker des Absurden Theaters (und nicht nur sie) haben darauf hingewiesen, dass eine als absurd empfundene Welt nicht mit einem logischen, geordneten, sinn-erschließendem Text dargestellt werden kann. Die Stimmigkeit des Textes würde ja seine Aussage ad absurdum (!) führen.


Das ist mir auch klar.

Allerdings empfinde ich weder diese Welt, noch das Leben als absurd.

Vielleicht  verstehe ich absurde, surrealistische und/oder dadaistische Texte deshalb nicht. Was ja eigentlich auch gut ist, weil sie ja nicht verstanden werden wollen. Aber solche Texte berühren mich auch nicht. Ich mag Dali nicht. Das heißt nicht dass ich ihn kritisieren würde, weil er "schiefe" Uhren malt, aber ich mag es nicht. Seine Bilder berühren mich nicht. Ich mag auch Picasso nicht. Ich mag allerdings Magritte Shocked was soll mir das sagen ...  lol

Ich mag die Welt, so wie sie ist, ich liebe das Leben.

Liebe Grüße
Nuff


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