Zwietracht, Frust und Streitigkeit

[anuphti]

Dichtes Schneetreiben hüllte die umliegenden Gipfel in ein Hauch von Nichts. Ein Trupp bunter Gestalten mühte sich durch Felsbrocken und tief hängende Zweige in Richtung Passhöhe. Schwarz dirigierte die Gruppe mit Gesten und knappen Zurufen.
„Noch zwei Stunden!“
Am Wegkreuz hielt er an. Der Wegweiser lag umgestürzt am Boden. Schwarz zögerte merklich und deutete dann nach rechts in Richtung Tal.
„Falsche Richtung.“
Rot verlor nie viele Worte. Schwarz funkelte ihn durchdringend an und bedeutete ihm zu schweigen.
„Wie ... wie meinst du das?“ Blau hickste.
„Ganz einfach. Berg ist oben, Tal ist unten. Wir müssen nach oben.“
„Also, darüber sollten wir erst einmal abstimmen. Wer ist für oben?“ Grün hob seine Hand und schaute erwartungsvoll in die Runde.
Schwarz verdrehte die Augen, drehte sich um und ging los, in Richtung Tal. Rot setzte sich auf einen Schneehaufen und grinste. Blau schaute verwirrt zwischen den beiden hin und her.
„Bewegt eure Ärsche oder wollt ihr fest frieren?“ Schwarz drehte sich nach ein paar Metern noch einmal um.
„Falsche Richtung.“ Rot blieb fest und erst einmal sitzen. Blau zögerte und machte ein paar Schritte in Richtung Schwarz.
„B... bist du dir sicher?“
„Vertrau mir! Ich kenne mich hier aus.“
„Ihr könnt mich alle mal ...“ Rots Grinsen verlor sich in dem gellenden Schrei, der von der Passhöhe kam und er stürzte sich auf Schwarz.
„Du hast es gewusst, du Irrer. Du hast genau gewusst, was passiert.“ Rot hämmerte mit seinen Fäusten auf Schwarz ein, während Grün versuchte sich Gehör zu verschaffen.
„Kann mir mal jemand das Wasser reichen?“
Blau zog eine Flasche aus seinem Bündel.
„Gefroren.“
„Egal.“ Grün schnappte sich die Flasche und hieb sie von hinten Rot über den Kopf.
„Na super. Ich trag den aber nicht!“ Schwarz rappelte sich mühsam auf.
„Wir können aber nicht ohne ihn ankommen.“
„Wieso nicht? Er war sowieso dagegen.“
„Ge... gegen was? Kei... keiner sagt mir was. Ich gehe nicht weiter, bevor ihr mir sagt wa... was los ist!“ Blau schmollte
„Klappe!“ Schwarz und Grün schossen giftige Blicke in Richtung Blau.
„Und? Was jetzt?“ Grün trat gegen einen Schneehügel.
„No... noch eine Stunde.“
„Klappe!“ Der gellende Schrei hallte erneut von der Passhöhe. Schwarz hob die Augenbrauen.
„Grün, du trägst Rot, Blau nimmt das Bündel.“ Dann wandte er sich in Richtung Pass nach links.
„Wie... wieso gehst du jetzt nach links? Ich versteh das einfach nicht ...“ Blau ließ das Bündel wieder in den Schnee fallen.
„Frag nicht, geh einfach.“ Grün wankte unter dem Gewicht von Rot und trat Blau in den Hintern.
„Du kannst mich mal ...“ Blau versuchte zurück zu treten und fiel dabei der Länge nach in den Schnee.
Schwarz seufzte.
„Ich glaub, es hackt! Bewegt euch! Noch dreißig Minuten!“
Schwarz marschierte los, Grün  wankte mit Rot auf den Schultern  hinterher und Blau setzte schmollend einen Fuß vor den anderen. Die Schreie wurden lauter und kamen in immer kürzeren Abständen. Das Echo wurde nur von dem Schneetreiben gedämpft, das inzwischen die bunten Mäntel der Truppe in einheitliches Weiß verwandelt hatte.
Niemand sprach mehr ein Wort.

[Rufina]

Sooo ... ich muss zugeben, dass ich für diesen Text mehrfach Google bemüht habe und trotzdem nicht zufrieden mit meiner Lösung bin. Ich hatte drei Ansätze:

1. Farbmischung: gelb, rot, blau und grün ergeben schwarz. Problem: gelb kommt hier gar nicht vor.

2. Farbsymbolik: rot=Liebe, grün=Hoffnung, schwarz=Trauer oder Tod, blau=Freundschaft oder Treue. Problem: die Figuren benehmen sich nicht mal annähernd so.

3. Parteifarben: rot=SPD/SPÖ, grün=Die Grünen, schwarz=CDU/ÖVP, blau=CSU/FPÖ. Problem auch hier: Wo ist gelb bzw. orange?

Ich tendiere am ehesten zu Lösung 3, wobei in Deutschland rot doppelt vertreten und gelb dabei sein müsste. Außerdem würde mir da die immense Wichtigkeit der CSU nicht einleuchten.
Also, wenn dann kommt Österreich in Betracht und es fehlt "nur" orange, warum auch immer.

Mit den Parteien funktioniert dann auch der Text und er ist stellenweise richtig witzig. Das Huckepacknehmen, der Streit, die Diskussionen, die Uneinigkeit über die Richtung und letztlich das Verschwimmen im einheitlichen Weiß hat schon etwas Wahres. Trotzdem überlege ich, ob es sich der Text nicht zu einfach macht, aber eine differenzierte Analyse ist bei einer so kurzen Frist wohl kaum zu leisten.

Hier noch die eine oder andere Erbse:

[LauraM]

Ich glaub ich hab es nicht ganz verstanden.
Liegt das mit den Namen an der Kürze der Zeit oder gehört das zur Geschichte?

[TET]

Guter Aufbau. Das mit den Namen gefällt mir nicht so.

[Melanie]

Hi,
die Diskussion im Thread „7200 Sekunden“ hat mich zu der Entscheidung geführt, mir die Mühe des  Bewertens zu ersparen. Es sind sehr viele schöne Texte dabei. Einige hinterlassen ein Fragezeichen, andere verstehe ich schlicht weg nicht und noch andere find ich richtig Klasse.
Ich werde nach den Vorgaben der Veranstalter, einem flüssigen Handlungsstrang befedern und meinen persönlichen Geschmack so gut es denn geht ausschalten! Dein Text wird also nicht an meiner schlechten Stimmung, die manch eine Aussage hervorgerufen hat leiden.
Ich bin gern bereit, einzelne Texte gezielt zu kommentieren, wenn nach Ablauf des Wettbewerbes Interesse besteht.
lg laliluna

[BlueNote]

Hi!

Zunächst dachte ich, die im Text erwähnten Farben repräsentieren die Kurven, die wir immer gegen Ende des Wettbewerbs zu sehen kriegen (Abstimmungsstatistik), aber dann passte es doch nicht so richtig ... Der Text hat etwas Startschwierigkeiten, dann wirkt er ein bisschen wie eine Rohfassung, von allem durch die sehr kurz gefassten, an Theateranweisung erinnernde Verbindungstexte zwischen der wörtlichen Rede.

BN

[anuphti]

Na mal sehen, wer von den Teilnehmern die Bedeutung der Farben und der Zeitangaben erkennt

Diesmal war das für mich eine der schwierigsten Aufgabenstellungen überhaupt, weil ich mich mit Chaos und Disziplinlosigkeit sehr schwer tue

Insgesamt ist aber die Vorgabe umgesetzt, die Dialoge sind halbwegs trocken und witzig, der Titel spielt an auf "Einigkeit und Recht und Freiheit" und die Farben sind natürlich politisch gemeint  ...

Insgesamt sehe ich mich maximal im unteren Mittelfeld diesmal.

[SilentVellamo]

Ich bin mir nicht sicher, ob ich die Intention des Textes wirklich erfasst habe, aber wenn es das ist, was ich denke, finde ich den Text ziemlich amüsant Ging es darum, dass du, lieber Autor, deinen eigenen "Leidensweg" beim Verfassen eines Textes geschildert hast?

Allerdings hat mir das ganze Spiel mit den Farben nicht so gut gefallen, es hat doch bei manchen Sätzen drei Anläufe gebraucht, bis ich verstanden habe, welche "Farbe" jetzt was tut.

Vellamo

[Piratin]

Lieber FFF-Teilnehmer,

die Idee, Farben als Personennamen zu wählen, hat mir gefallen. Es ist flüssig geschrieben, hat mich aber nicht ganz gepackt, und der Schlußsatz am Ende kam ein bißchen plötzlich.

[Gast]

Hallo flinke Feder,

eigentlich dachte ich, diesmal habe ich soo viel Zeit, weil ich Urlaub habe und nun läuft mir genau diese davon. In ein paar Tagen ist das Jahr zu Ende. Da ich in der ersten Januarwoche durchgehend Besuch habe, werde ich wohl nur immer mal wieder kurz hier sein.
Zeit zum ausführlichen Kommentieren oder gar Detailarbeit ist deshalb nicht drin. Ich habe jeden Text ein paar Mal gelesen und in meiner Bewertung einfließen lassen, wie gut die Vorgaben erfüllt sind, ob die Geschichte in sich stimmig ist und ob sie verständlich ist. Letzteres empfinde ich als sehr wichtig.

Bei einigen Texten in diesem Wettbewerb dachte ich schon: Das liest sich wie die Reportage eines Fußballspiels. Was damit zu tun, dass möglichst viele (zumindest ja vier) Protagonisten mitspielen sollten. Hier wird der Eindruck durch die Farben noch verstärkt.

Liebe Grüße
Monika

[MadameMimm]

Hallo Schreiberling,

mir geht es bei deiner Geschichte wie Blau: Ich möchte wissen, was da los ist. Die Idee mit den Namen finde ich klasse, aber in Summe fehlt mir der Sinn.
Schwarz und Rot kloppen sich wegen des Weges? Wo müssen sie in einer halben Stunde sein? Wogegen war Rot?

Sprachlich gut geschrieben, inhaltlich wenig Geschichte, Information.

4 Federn.

[hobbes]

Schwarz, rot, blau und grün. Jetzt habe ich die Geschichte ein paar Mal gelesen und verstehe doch noch nichts. Irgendwie haben sie es eilig, irgendwohin zu kommen. Und es müssen alle ankommen. Ein Bündel haben sie auch dabei. Und die Zeit vergeht rasend schnell. Gerade noch eine Stunde, dann nur noch dreißig Minuten.

Vom Handwerk her habe ich nichts auszusetzen. Ich verstehs nur nicht.

[ney]

amüsant. sehr!

[adelbo]

Hallo Inko,

super Idee mit den Farben als Namen. Auch wie sie gewählt wurden, finde ich gut. So gibt es viele Interpretationsmöglichkeiten.
Was ich nicht ganz verstanden habe, ist der Zeitdruck und warum die Schreie von der Passhöhe kamen.

adelbo

[Gast]

keine Zeit für Kommentar, tut mir leid

[Mardii]

Hallo Guy

es war sehr spannend die unterschiedlichen Ergebnisse zu der herausfordernden Aufgabenstellung zu lesen. Manche Texte sind routiniert geschrieben, manchen merkt man die geringere Erfahrung an. Am besten gefällt mir, dass es offensichtlich allen Spaß gemacht hat. Mir auch. Deshalb enthalte ich mich des weiteren Kommentars.

Grüße von Mardii

[*Katja*]

Nicht alle Figuren kennen den Grund der Mission, das ist nicht schlimm. Doch als Leser fühle ich mich betrogen. Warum wird hier mehr verschwiegen als verraten? Nicht mal am Ende ist ein Ende in Sicht ...
Nun ja, vielleicht habe ich es ja auch nicht verstanden - vielleicht sollte es ja meine Fantasy anregen. Wenn ja: hat leider nicht geklappt
Der Text an sich hat sich gut lesen gelassen, die Dialoge fand ich ebenfalls unterhaltsam. Wäre jetzt nicht die Inhaltsfrage, wäre ich noch zufriedener. 6 Federn.

[Gast]

Hallo!

Meine Kriterien für eine möglichst ausgeglichene Beurteilung der verschiedenen Texte:
Originalität der Idee – Einstieg (langatmig oder auf den Punkt?) – Ausbau der Idee, Spannungsbogen – Dialoge (nachvollziehbar, treffend, charakterisierend?) – Chaos? – Passhöhe? – Logik – Rechtschreibung, Zeichensetzung, Sprachgefühl – Schluss (hätte der Satz auf jeden Fall dort stehen können oder wirkt er „angeklebt“?)

Jetzt zu deinem Text:

[Malaga]

?
Neutraler Kommentar. 2 Federn.

[Akiragirl]

Hallo liebe/r Inkognito!

Ich habe vor dem Kommentieren alle Geschichten gelesen und versuche, sie im direkten Vergleich zu bewerten. Da wir alle nur 2 Stunden Zeit hatten, hänge ich mich nicht an vereinzelten Fehlern auf. Mir kommt es vor allem darauf an: Wurde die Aufgabenstellung eingehalten? Wurde Spannung aufgebaut? Ist die Geschichte logisch, nachvollziehbar und originell? Obwohl ich versuche, möglichst objektiv zu bewerten, fließt z.T. auch mein subjektiver Geschmack in die Kritiken mit ein.

Die Idee, die Figuren nach den Farben der Kleidungsstücke zu benennen, ist ganz nett, aber eigentlich auch schon das Beste, was ich über die Geschichte sagen kann.
Die Dialoge haben mir überhaupt nicht gefallen. Es entwickelt sich irgendwie nichts. Es ist, als würde ich einem belanglosen Streitgespräch zweier Unbekannter zuhören – und so was langweilt vor allem.
Ich erfahre nichts über die Hintergründe, die Figuren, das Setting. Die Geschichte rauscht an mir vorbei und ich habe sie vergessen, kaum, dass ich sie gelesen habe.
Nach mehrmaligem Lesen kam mir der Gedanke, dass die Farben vielleicht für irgendetwas stehen sollen und die Geschichte eine symbolische Ebene haben könnte. Falls das so ist, ist es mir jedenfalls nicht gelungen, das zu entschlüsseln.

Daher auch nur 3 Federn.

Liebe Grüße
Anne

[alineverena]

Ich persönlich war durch die Namensgebung der Protagonisten verwirrt. Ich fand es schwer, im Lesefluss die verschiedenen Farben auseinanderzuhalten und musste deswegen mehrere Male im Text vor und zurück springen.
Außerdem verstehe ich die Aussage der Geschichte nicht, wenn ich auch die Idee an sich gut finde. Vielleicht habe ich etwas überlesen, aber ich habe nicht herausgefunden, was die vier Menschen auf dem Berg suchen.

[The Brain]

Hallo lieber Schreiberling,



habe mir tatsächlich mal so etwas wie einen Bewertungskatalog erstellt ...

- 1 Punkt gibt es für die Erfüllung der Auflagen 4 Personen + Bergpass
- 1 Punkt gibt es für eine nahtlose, logische Einbindung des letzten Satzes
- 1 Punkt gibt es für die Einbringung von Chaos, Verwirrung und Disziplinlosigkeit
- 1 Punkt für einen gelungenen Titel
- 2 Punkte für Originalität
- 2 Punkte für den Schreibstil
+
1 Extrapunkt für persönliches Gefallen


Zu deinem Text:

- 1 Punkt gibt es für die Erfüllung der Auflagen 4 Personen + Bergpass
- 1 Punkt gibt es für eine nahtlose, logische Einbindung des letzten Satzes
- 1 Punkt gibt es für die Einbringung von Chaos, Verwirrung und Disziplinlosigkeit
- kein Punkt für einen gelungenen Titel
- 1 Punkt für Originalität
- 1 Punkt für den Schreibstil
+
kein Extrapunkt für persönliches Gefallen


macht also 5 Punkte


Liebe Grüße


Brain