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Der Lauf der Welt


 
 
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MT
Geschlecht:männlichReißwolf

Alter: 52
Beiträge: 1090
Wohnort: Im Süden (Niedersachsens)


Beitrag01.12.2011 17:03
Der Lauf der Welt
von MT
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Der Lauf der Welt


Er kannte den kleinen Zeltplatz am See. Mit seinen Jugendlichen hatte er viele Freizeiten hier verbracht. Das Lagerfeuer knackte und wärmte die Nacht. Er nahm seine Querflöte zur Hand, sie sangen. Die meisten jedenfalls, ein paar waren immer darunter, die das uncool fanden. Wahrscheinlich aber trauten sie sich nur nicht, in ihrem Herzen einen Platz für ein wenig Geborgenheit freizuhalten. Er, Yaris, wusste das, und er wusste auch, welche Last vielfach auf den jungen Schultern lag. Ihnen diese Last zu erleichtern, sie ihnen eines Tages womöglich ganz zu nehmen, das hatte Yaris sich zur Aufgabe gemacht, und er war glücklich damit.
Manchmal, wenn Yaris zweifelte, hörte er Großmutters Worte. „Auch hinter dicken Wolken leuchten am Nachthimmel die Sterne.“
„Aber sehen kann ich sie dann nicht“, hatte Yaris ihr einmal zur Antwort gegeben. Sie hatte gelächelt, seine Stirn geküsst und gesagt: „Wolken ziehen vorüber, so ist der Lauf der Welt.“
Jetzt, auf dem matschigen Dezemberboden des Zeltplatzes, das Gesicht blutverschmiert, erinnerte er sich an Großmutters Worte. Seine gerissene Unterlippe brannte, als er lächelte, und schon erreichte ihn ein Tritt in den Bauch. Wieder krümmte sich Yaris vor Schmerz.
Er kannte die Stiefel, kannte ihren Träger. Maik hieß er, doch alle in seiner Gruppe nannten ihn nur den Bannführer.
Die anderen um ihn herum lachten schallend, einer kippte Yaris Bier über den Kopf. Ein Baseballschläger traf ihn auf der Brust, Yaris schrie auf.
Maik war inzwischen weit über sein Viertel hinaus bekannt. Er kam aus geordnetem Elternhaus. Der Vater arbeitete in einem Braunkohlewerk, und die Mutter war Diakonin der Stadtteilsgemeinde der freien Christen.

Das erste Mal waren Maik und Yaris sich bei einer Demonstration begegnet. Gewerkschaften und Kirchen hatten dazu aufgerufen, gemeinsam gegen Rechts ein Konzert zu veranstalten und zu beten. Yaris saß mit seinen drei Bandmitgliedern auf der Bühne, zwei Akustikgitarren, eine Bongo und eine Querflöte. Sie spielten südamerikanische Weisen und die weit über tausend Zuhörer jubelten und applaudierten. Einen Song hatte die Band selbst geschrieben, er trug den Titel Love in loveless times und handelte vom Militärputsch gegen Perón in Argentinien. Als sie ihn spielten, mit einem Solo, das Yaris auf seiner Flöte gab, konnte man Tränen der Rührung vor dem alten Rathaus sehen, und keiner sprach ein Wort. Das Stück war noch nicht zu Ende, als sich ein Trupp Männer in die Veranstaltung schob und zu pöbeln und zu schlagen begann. Polizei schritt ein, doch wie von Geisterhand geriet die Situation schnell außer Kontrolle. Yaris und seine Bandkollegen verließen die Bühne, wollten im Rathaus ihre Instrumente in Sicherheit bringen, doch unten an der Steintreppe hielten vier Männer den Aufgang versperrt. Einer von ihnen stach besonders hervor, er hatte seine schwarzen Haare zu einem Seitenscheitel gekämmt, trug hochgeschnürte Stiefel und einen langen, hellbraunen Ledermantel, der um die Taille mit einem Gürtel eng verschnürt war.
„Bei uns ist kein Platz für Nigger und auch nicht für Niggermusik“, sagte der mit dem Ledermantel, und schon rissen die Männer die Instrumente mit Gewalt an sich und schlugen sie auf die Stufen, so dass sie zerbarsten.
„Ihr zerstört unsere Instrumente, aber unsere Lieder, die werdet ihr niemals zerstören können.“ Yaris hatte den Satz kaum beendet, als ihn auch schon die Faust des Mannes mit dem Ledermantel im Gesicht traf. Yaris ging zu Boden. Die anderen prügelten auf die übrigen Bandmitglieder ein, bis einer rief:
„Maik, die Bullen!“
Maik, der Mann mit dem Ledermantel und den hochgeschnürten Stiefeln, beugte sich zu Yaris herab.
„Hör auf, Dich einzumischen, Nigger“, sagte er. Dann rannten er und seine Männer fort.

Über den Zeltplatz hatte sich die Dunkelheit des Abends gelegt. Yaris versuchte sich zu erinnern, wann sie ihm aufgelauert und ihn hierher verschleppt hatten, doch er konnte keinen klaren Gedanken fassen. Bilder in seinem Kopf verschwammen zu einem einzigen Brei, er fror und zitterte am ganzen Körper.
„Los“, sagte der Bannführer und gab seinen Männern ein Zeichen, das Yaris nicht verstand. Sie nahmen seine Arme und schleiften ihn durch den Matsch zu einer Steinkante, die ein Blumenbeet säumte. Der Bannführer legte sich neben ihn und lächelte wie einer, der eine Vorahnung hat. Regen prasselte auf sie nieder.
„Sag, schwarzer Mann, verstehst du meine deutsche Sprache nicht?“
Einer der Männer leuchtete Yaris´ Gesicht mit einer Taschenlampe aus.
„Ich verstehe jedes deiner Worte“, sagte Yaris, und seine Unterlippe stach und puckerte an der Stelle, an der sie eingerissen war. „Ich verstehe vielleicht sogar mehr von ihnen als du selbst.“
Der Bannführer nickte, der Regen lief von seinem glatten, schwarzen Seitenscheitel.
„Dann verrat´ mir, warum du es nicht lassen kannst.“

Yaris antwortete nicht. Stattdessen gab er sich seinen Erinnerungen hin, den Bildern und Worten, die jetzt wieder klarer wurden.
Er hatte gesammelt, kürzlich erst, gemeinsam mit Schülern aus der Grundschule und Mitgliedern der verschiedenen Sportvereine, die in dem Viertel ansässig waren. Am Ende war eine beträchtliche Summe zusammengekommen, über zweitausend Euro, und auch die Mitarbeiter der Stadtverwaltung hatten sich nicht lumpen lassen. Die Aktion war von Yaris und einigen seiner Streetworkerkollegen angeregt worden, und zur Überraschung aller fand man schnell Unterstützung in Kreis- und Stadtrat. Die Aktion hieß Keiner soll einsam sein und hatte sich zur Aufgabe gemacht, für alle Bewohner des Asylantenheims unten am Bahndamm, aber auch für andere, die Hilfe nötig hatten, eine Weihnachtsfeier zu organisieren. Mit einem geschmückten Baum, mit Geschenken für die Kinder und mit genug Essen für alle.
Und vor wenigen Tagen hatte dann die Feier tatsächlich stattgefunden, Yaris erinnerte sich jetzt an die leuchtenden Kinderaugen, an die Kerzen und den Geruch von Kaffee und Gebäck. Zögerlich erst betraten die Leute den Gemeindesaal, prüfend, doch schon bald war jeder Platz besetzt. Frauen, Männer und Kinder lachten miteinander, tuschelten, zeigten Zurückhaltung, wenn sie unbekannt einander näher kamen. Für Yaris war ein kleiner Traum in Erfüllung gegangen. Er hatte es geschafft, Menschen zueinander zu bringen, die so grundverschieden waren und doch so gleich. Da wurde mit Händen geredet, nach Worten gesucht und mit Zettel und Stift erklärt. Da zeigte man sich Fotos der Familien von fern und nah, erzählte sich Geschichten von Krieg und Flucht und Heimat und brachte sich Verständnis entgegen für so unterschiedliche Lebensbilder. Yaris saß inmitten der vielen Menschen und aß und redete und lachte mit, wie betrunken war er von der Freude, die in den großen Gemeindesaal Einzug gehalten hatte und für den Moment vergaß er manche Wahrheit. Er griff zu seiner Flöte und stimmte an, und auch, wenn kaum jemand im Raum kannte, was Yaris spielte, hielten sie doch alle inne und hörten mit glasigen Augen zu.

Der Bannführer erhob sich und gab seinen Leuten erneut ein Zeichen. Einer beugte sich herab und riss Yaris´ Kopf an den Haaren ein Stück empor.
„Los, beiß drauf!“, sagte er und Yaris verstand nicht gleich. Da stieß der Mann Yaris´ Kopf auf die Steinkante, so dass ein Schneidezahn abbrach. Yaris schrie vor Schmerzen.
„Beiß auf die scheiß Kante!“, brüllte der andere und Yaris tat es. Über sich vernahm er die Worte des Bannführers.
„Warum wolltest Du auch nicht auf mich hören?“
Der Bannführer mit dem schwarzen Seitenscheitel stand vor ihm, er hob den Baseballschläger und holte aus. Yaris hörte noch den Luftzug, den das Holz im Herunterschnellen verursachte, ein unwirkliches Pfeifen durch die Regennacht wie von einem weit entfernten Flugzeug. Der wuchtige Schlag traf Yaris auf die Schädeldecke.
Auch hinter dicken Wolken leuchten am Nachthimmel die Sterne, dachte er, bevor er starb.
Und Wolken ziehen vorüber, so ist der Lauf der Welt.



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Siegfried Lenz
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Julian
Eselsohr

Alter: 31
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Beitrag01.12.2011 17:30
Re: Der Lauf der Welt
von Julian
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Gefällt mir. Aber es gibt zwei Anmerkungen:

MT hat Folgendes geschrieben:

„Ihr zerstört unsere Instrumente, aber unsere Lieder, die werdet ihr niemals zerstören können.“


Ich würde nicht auf die Idee kommen, in einem solchen Moment einen solchen Spruch zu äußern. Abgesehen davon wirkt er sehr kitschig.

Zitat:
Yaris hörte noch den Luftzug, den das Holz im Herunterschnellen verursachte, ein unwirkliches Pfeifen durch die Regennacht wie von einem weit entfernten Flugzeug. Der wuchtige Schlag traf Yaris auf die Schädeldecke.
Auch hinter dicken Wolken leuchten am Nachthimmel die Sterne, dachte er, bevor er starb.
Und Wolken ziehen vorüber, so ist der Lauf der Welt.


Hier würde ich lieber mit Andeutungen arbeiten. Die Sätze/Satzteile, die ich markiert habe, könntest du meiner Ansicht nach außen vor lassen, möglicherweise abändern, ein bisschen verschleiern.
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Rufina
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Beitrag01.12.2011 22:27

von Rufina
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Hallo MT,

mir gefällt deine Geschichte ebenfalls. Ein wenig habe ich mich an dem Charakter von Yaris gestört. Er ist mir zu sehr "Gutmensch". Ich denke, du willst zeigen, dass er durch sein gesellschaftliches Engagement mehr Berechtigung hat, in dieser Gesellschaft zu leben als der Bannführer Maik und seine Leute. Du erhöhst Yaris und stellst ihm Maik gegenüber, der wegen seiner guten Herkunft noch nicht einmal den Ansatz eines Grundes für seinen Fremdenhass hat. Für mich hätte es keiner Begründung bedurft um zu zeigen, dass das Tun der Gruppe scheußlich ist. Auch wenn Yaris kein Streetworker wäre, wenn er sich niemals eingebracht hätte, sich selbst nicht immer korrekt verhalten hätte, vielleicht richtig negativ besetzte Eigenschaften hätte, wäre das, was passiert, trotzdem eine himmelschreiende Ungerechtigkeit. Ein paar Grautöne mehr wären schön gewesen.

Zitat:
Er hatte gesammelt, kürzlich erst, gemeinsam mit Schülern aus der Grundschule und Mitgliedern der verschiedenen Sportvereine, die in dem Viertel ansässig waren. Am Ende war eine beträchtliche Summe zusammengekommen, über zweitausend Euro, und auch die Mitarbeiter der Stadtverwaltung hatten sich nicht lumpen lassen. Die Aktion war von Yaris und einigen seiner Streetworkerkollegen angeregt worden, und zur Überraschung aller fand man schnell Unterstützung in Kreis- und Stadtrat. Die Aktion hieß Keiner soll einsam sein und hatte sich zur Aufgabe gemacht, für alle Bewohner des Asylantenheims unten am Bahndamm, aber auch für andere, die Hilfe nötig hatten, eine Weihnachtsfeier zu organisieren. Mit einem geschmückten Baum, mit Geschenken für die Kinder und mit genug Essen für alle.


Die Art, wie sie ihn letztlich töten, erinnert mich auch zu sehr an American History X. Zumal es um das gleiche Thema geht, ist mir das zu viel Ähnlichkeit.

Aber wie gesagt, insgesamt habe ich die Geschichte gerne gelesen.

Viele Grüße
Rufina
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Julian
Eselsohr

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Beitrag02.12.2011 21:56

von Julian
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Rufina hat Folgendes geschrieben:
Die Art, wie sie ihn letztlich töten, erinnert mich auch zu sehr an American History X. Zumal es um das gleiche Thema geht, ist mir das zu viel Ähnlichkeit.


Natürlich hat mich die Szene auch an American History X errinert, aber Randsteinbeißen ist schließlich keine Erfindung dieses Films.
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MT
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Beitrag02.12.2011 23:09
Re: Der Lauf der Welt
von MT
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Julian hat Folgendes geschrieben:
Gefällt mir. Aber es gibt zwei Anmerkungen:

MT hat Folgendes geschrieben:

„Ihr zerstört unsere Instrumente, aber unsere Lieder, die werdet ihr niemals zerstören können.“


Ich würde nicht auf die Idee kommen, in einem solchen Moment einen solchen Spruch zu äußern. Abgesehen davon wirkt er sehr kitschig.

Zitat:
Yaris hörte noch den Luftzug, den das Holz im Herunterschnellen verursachte, ein unwirkliches Pfeifen durch die Regennacht wie von einem weit entfernten Flugzeug. Der wuchtige Schlag traf Yaris auf die Schädeldecke.
Auch hinter dicken Wolken leuchten am Nachthimmel die Sterne, dachte er, bevor er starb.
Und Wolken ziehen vorüber, so ist der Lauf der Welt.


Hier würde ich lieber mit Andeutungen arbeiten. Die Sätze/Satzteile, die ich markiert habe, könntest du meiner Ansicht nach außen vor lassen, möglicherweise abändern, ein bisschen verschleiern.

N´abend Julian,

schön, dass Dir der Text zusagt.

Ich bin nicht sicher, ob der Satz kitschig ist; finde ich eigentlich nicht. mal sehen, vielleicht sagen andere ja auch noch etwas dazu.
Und unnatürlich? Hm, auch da bin ich skeptisch. Yaris ist Streetworker und - wenn man so will - Pazifist. Vielleicht sogar eine Art Schöngeist. Ich denke, der Satz passt zu ihm.

Beim "Verschleiern" gebe ich Dir indes Recht. Das könnte am Ende "offener" kommen; so, wie es ist, wirkt es vielleicht etwas zu sehr erklärt.

Danke Dir!

LGMT


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Siegfried Lenz
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MT
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Beitrag02.12.2011 23:22

von MT
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Hi Rufina,

Zitat:
mir gefällt deine Geschichte ebenfalls.

das freut mich.  Very Happy

Zitat:
Ein wenig habe ich mich an dem Charakter von Yaris gestört. Er ist mir zu sehr "Gutmensch". Ich denke, du willst zeigen, dass er durch sein gesellschaftliches Engagement mehr Berechtigung hat, in dieser Gesellschaft zu leben als der Bannführer Maik und seine Leute.

Oh nein! Das zeigen diese Zeilen nach meiner Überzeugung keineswegs. JEDER hat eine Berechtigung, in dieser Gesellschaft zu leben. DAS ist der Tenor des Textes und deshalb geht es mir ganz sicher nicht um mehr oder weniger "Berechtigung". Es geht um Toleranz, um Respekt, um menschliches Miteinander. Und um die Traurigkeit der Tatsache, dass einige verblendete, arme Geister noch immer glauben, sie seien besser, "berechtigter" (!) als andere. Mit dieser betrüblichen Tatsache muss unsere Gesellschaft leben. Doch es gibt immer wieder welche, die aufbegehren, sich zur Wehr setzen. Mit ihren Mitteln, nicht mit Gewalt. Zu ihnen gehören die Streetworker, die vielen Sozialarbeiter, die Jugendgerichtshelfer etc. Sie alle leisten wahnsinnig wertvolle Arbeit für uns alle, weil viele von uns es sich leicht machen...
Mag sein, dass Yaris auf Dich überhöht wirkt. Für mich ist er es nicht.

Das perfide an Maik ist seine (für die meisten von uns "gute", "unbedenkliche") Herkunft. Du hast Recht, er hat keinerlei Grund für Fremdenhass. Dennoch unterliegt er ihm? Warum? Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass ich genau diesen Typ Mensch schon zigfach erlebt habe.

Sicher, die Welt ist zumeist grau. Doch manchmal ist schwarz-weiß (leider) näher an der Realität.

Ich danke Dir für Deine kritische Auseinandersetzung mit meinen Zeilen.

LGMT

P.S. American Historx X kenne ich gar nicht...


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Siegfried Lenz
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Julian
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Beitrag03.12.2011 00:07
Re: Der Lauf der Welt
von Julian
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MT hat Folgendes geschrieben:

Ich bin nicht sicher, ob der Satz kitschig ist; finde ich eigentlich nicht. mal sehen, vielleicht sagen andere ja auch noch etwas dazu.
Und unnatürlich? Hm, auch da bin ich skeptisch. Yaris ist Streetworker und - wenn man so will - Pazifist. Vielleicht sogar eine Art Schöngeist. Ich denke, der Satz passt zu ihm.


Ich möchte nicht bestreiten, dass dies zu ihm passt, eher beschäftigt mich die Frage, ob einem ein solcher Satz in einem gefährlichen Moment wie diesem in den Sinn kommt. Es ist aber auch nicht weiter tragisch, würdest du diesen Satz stehen lassen.

Zitat:
Danke Dir!


Gerne doch. (:
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MT
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Beitrag04.12.2011 12:40

von MT
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Ein freundliches Guten Morgen an die Gemeinde!

Irgendwie ließ mich der Text nicht los, etwas fehlte. Daher habe ich überarbeitet/ergänzt.

Würde mich über Feedback - wie immer - sehr freuen.



Der Lauf der Welt


Sie rissen ihm die Augenbinde vom Kopf. Es war Abend geworden. Dennoch erkannte er den kleinen Zeltplatz am See sofort. Mit seinen Schützlingen aus den Jugendfreizeiten hatte er viele Stunden hier verbracht. Das Lagerfeuer hatte geknackt und die Nacht gewärmt. Dann hatte er seine Querflöte zur Hand genommen, und die anderen sangen. Die meisten jedenfalls, einige waren immer dabei, die das uncool fanden. Wahrscheinlich trauten sie sich nicht, ein Stück Geborgenheit zuzulassen, zu oft waren sie enttäuscht worden. Yaris, wusste das, und er wusste auch, welche Last vielfach auf den jungen Schultern lag. Umso mehr freute es ihn, wenn wenigstens ein paar mitsangen; Singen verband.
Manchmal, wenn Yaris zweifelte an dem, was er tat, hörte er Großmutters Worte. „Auch hinter dicken Wolken leuchten am Nachthimmel Sterne.“
„Aber sehen kann ich sie dann nicht“, hatte Yaris ihr einmal zur Antwort gegeben. Sie hatte gelächelt, seine Stirn geküsst und gesagt: „Sieh niemals nur mit den Augen.“
Damals, als Kind, hatte er Großmutters Worte nicht verstanden. Das musste sie gemerkt haben, denn kaum darauf sagte sie: „Wolken ziehen vorüber. Das war schon immer so, und es wird immer so bleiben. Das ist der Lauf der Welt.“
Jetzt, auf dem matschigen Dezemberboden des Zeltplatzes, das Gesicht blutverschmiert, erinnerte er sich an Großmutters Worte. Der Schein einer Taschenlampe lag auf seinem Gesicht. Seine gerissene Unterlippe brannte, als er lächelte, und schon erreichte ihn erneut ein Tritt in den Bauch. Yaris krümmte sich vor Schmerz. Er wusste, wessen Stiefel hier Regie führten. Sie gehörten Dirk, den alle in seiner Gruppe nur den Bannführer nannten.  
Die anderen um ihn herum lachten schallend, einer kippte Yaris Bier über den Kopf. Ein Baseballschläger traf ihn auf der Brust, Yaris schrie auf.
„Na, Orgelpfeife, keine Luft mehr zum Flöten?“ Dirk ließ seine Kippe neben Yaris auf den Boden fallen. Die Glut zischte im Matsch.
„Warum willst Du es nicht glauben?“, sagte Yaris, und bei jedem Wort spürte er ein Stechen in seinen Rippen. „Niemand hat Jens geschickt. Er ist aus freien Stücken gekommen.“
„Halt dein scheiß Maul, Nigger!“, schrie Dirk zurück und trat mit seinem Stiefel auf den Boden, so dass Dreck in Yaris Gesicht spritzte.

*

Gewerkschaften und Kirchen hatten die Demonstration organisiert, ein Konzert gegen Rechts. Yaris saß mit seinen drei Bandmitgliedern auf der Bühne, zwei Akustikgitarren, eine Bongo und eine Querflöte. Sie spielten südamerikanische Weisen und die weit über tausend Zuhörer jubelten und applaudierten. Einen Song hatte die Band selbst geschrieben, er trug den Titel Love in loveless times und handelte von der Liebe zweier Menschen in Zeiten des Militärputsches gegen Perón in Argentinien. Als sie ihn spielten, mit einem Solo, das Yaris auf seiner Flöte gab, konnte man Tränen der Rührung vor dem alten Rathaus sehen; keiner sprach ein Wort.
Das Stück war noch nicht zu Ende, als sich ein Trupp Männer in die Veranstaltung schob und zu pöbeln und zu schlagen begann. Polizei schritt ein, doch wie von Geisterhand geriet die Situation schnell außer Kontrolle. Yaris und seine Bandkollegen verließen die Bühne, wollten im Rathaus ihre Instrumente in Sicherheit bringen, doch unten an der Steintreppe hielten vier Männer den Aufgang versperrt. Einer von ihnen stach besonders hervor, er hatte seine schwarzen Haare zu einem Seitenscheitel gekämmt, trug hochgeschnürte Stiefel und einen langen, hellbraunen Ledermantel, der um die Taille mit einem Gürtel eng verschnürt war.
„Bei uns ist kein Platz für Nigger und auch nicht für scheiß Niggermusik“, sagte der mit dem Ledermantel, und schon rissen die Männer die Instrumente mit Gewalt an sich und schlugen sie auf die Stufen, so dass sie zerbarsten.
„Dirk, die Bullen“, rief einer, doch Dirk bewegte sich mit der Gelassenheit eines Mannes, der eine Situation einschätzen kann. Ganz dicht trat er an Yaris heran.
„Warum nennst Du mich Nigger?“, fragte Yaris im Geschrei der aufgebrachten Menge, und auch er versuchte, ruhig zu wirken.
„Weil dein Name ein scheiß Niggername ist, deswegen.“
Yaris lachte. „Und dein Name? Was ist dein Name für einer?“
Der andere zog die Stirn kraus, grinste gleich darauf aber wieder. Im Gerangel der Massen stießen beide mit den Schultern aneinander.
„Dirk, komm jetzt, die Bullen!“, schrie einer von Dirks Leuten, aber Dirk grinste nur und sah unentwegt Yaris an.
„Sag Deiner Alten, sie soll sich in ihren Niggerbusch verkriechen, wo sie hergekommen ist.“
Yaris schüttelte nur den Kopf und sagte: „Instrumente könnt ihr zerstören. Aber die Lieder, die sind hier drin.“ Er tippte mit dem Zeigefinger an seine Stirn.
Wieder brüllte einer: „Los, Mann, lass uns abhauen?“, und zerrte an Dirks Hand. Der ließ sich jetzt mitreißen, doch bevor er mit den anderen rannte, packte er Yaris am Kragen
„Hör auf, dich einzumischen, Nigger!“
Schon spürte Yaris Dirks Faust zwischen den Beinen. Das Satzzeichen am Ende seiner Worte.
Als Yaris zu Boden glitt, sah er Jens an. Die ganze Zeit über hatte Jens wie unbeteiligt gewirkt, hatte am Rand gestanden und gestarrt, als warte er auf ein besonderes Ereignis, dessen Eintritt er nicht beeinflussen konnte. Der Blick konzentriert, die Augen hellwach. Und als hätten sie eine Abmachung, einen geheimen Pakt, wusste Yaris plötzlich, was Jens beschäftigte. Da lief Jens den anderen nach.

*

Auf dem Zeltplatz war es still, nur der Regen prasselte auf die Erde nieder und lief in mäandernden Rinnsalen ab. Yaris versuchte sich zu erinnern, wann die Kerle ihm aufgelauert und ihn hierher verschleppt hatten, doch er konnte keinen klaren Gedanken fassen. Die Kleidung zerrissen, der Körper geschunden, lag er da. Die Bilder in seinem Kopf verschwammen zu einem einzigen Brei, er fror und zitterte.
„Los“, sagte der Bannführer und gab den Männern ein Zeichen, das Yaris nicht verstand. Sie nahmen seine Arme und schleiften ihn durch den Matsch zu einer Steinkante, die ein Blumenbeet säumte. Der Bannführer legte sich neben ihn und lächelte wie einer, der eine Vorahnung hat.
„Sag, schwarzer Mann, verstehst du meine deutsche Sprache?“
Noch immer stach das Licht der Taschenlampe in Yaris´ Augen.
„Jedes Wort“, sagte Yaris, und seine Unterlippe puckerte an der eingerissen Stelle. „Vielleicht verstehe ich sogar mehr von deiner deutschen Sprache als du selbst.“
Der Bannführer nickte langsam, der Regen lief von seinem glatten, schwarzen Seitenscheitel.
„Dann verrat´ mir, warum du es nicht lassen kannst.“

*

Trockene Heizungsluft hing im Saal, es roch nach altem Holz und Schweiß. Die drei Richter saßen erhöht, wie immer hatte man Yaris den Platz neben dem Staatsanwalt zugeteilt.
„Die Jugendgerichtshilfe bitte“, sagte der Vorsitzende. Yaris erhob sich und gab seinen Bericht. Man müsse die geistige Entwicklung der beiden Angeklagten unterschiedlich bewerten, der Reifegrad des einen entspreche nicht dem des anderen. Dirk Schulz sei die Leitfigur in seiner Gruppe. Er plane, stifte an und führe selbst mit aus. Er reflektiere sein Handeln und könne dessen Tragweite einordnen. Yaris unterbrach, um Luft zu holen, sich zu räuspern. Es viel ihm schwer, gegen seine Überzeugung zu sprechen. Der Angeklagte Schulz kenne das Unrecht seiner Taten und wolle es. Für ihn sei daher trotz seiner zwanzig Jahre kein Jugend-, sondern Erwachsenenstrafrecht anzuwenden. Anders als bei Jens Weber, der, obwohl gleichaltrig, auf dem intellektuellen Stand eines höchstens fünfzehnjährigen sei.
Yaris setzte sich und sah die beiden an, die gegenüber auf der Anklagebank hockten. Keine Regung ging von ihren Gesichtern aus.
Die Liste der Vorstrafen, die der Staatsanwalt von beiden vorlas, war lang. Weisungen und Arbeitsstunden, zuletzt sogar ein kurzer Jugendarrest wegen diverser Diebstähle, Brandstiftungen, Körperverletzungen. Bei Dirk hielt Yaris eine Freiheitsstrafe ohne Bewährung für zwingend, schon viele solcher Verfahren hatte er begleitet. Für Jens wünschte er sich Freispruch. Der Vorsitzende war ein alter Hase, oft hatte er mit Weitsicht geurteilt. Diesmal fehlte ihm das rechte Maß.

*

Der Bannführer stand vom matschigen Boden auf und gab seinen Leuten erneut ein Zeichen. Einer beugte sich herab und riss Yaris´ Kopf an den Haaren empor.
„Los, beiß drauf!“, sagte er und Yaris verstand nicht gleich. Da stieß der Mann Yaris´ Kopf auf die Steinkante, so dass ein Schneidezahn abbrach. Yaris schrie vor Schmerzen.
„Beiß auf die scheiß Kante!“, brüllte der andere und Yaris tat es.
Als Jens am Abend nach der Verurteilung zu ihm gekommen war, vor wenigen Tagen erst, machte Yaris ihnen Tee. Die halbe Nacht saßen sie zusammen, rauchten und tranken den Tee mit Schuss. Jens erzählte von seinem verstorbenen Vater. Der habe immer gesagt habe, wenn alle sitzen, steh auf; und wenn alle schweigen, dann wage zu sprechen. Darauf war Jens aufgestanden und hatte Yaris umarmt.
Daran erinnerte sich Yaris jetzt, und er lächelte, so gut er konnte, als er die Worte des Bannführers über sich vernahm.
„Wo, sagtest Du noch, Orgelpfeife, sind deine scheiß Niggerlieder drin?“
Der Bannführer mit dem langen Ledermantel und dem schwarzen Seitenscheitel hob den Baseballschläger und holte aus. Yaris hörte noch den Luftzug, den das Holz im Herunterschnellen verursachte, ein unwirkliches Pfeifen durch die Regennacht wie von einem weit entfernten Flugzeug. Der wuchtige Schlag traf Yaris auf die Schädeldecke.
Auch hinter dicken Wolken leuchten am Nachthimmel Sterne, dachte er, bevor er starb.
Und Wolken ziehen vorüber. Das war schon immer so, und es wird immer so bleiben. Das ist der Lauf der Welt, daran glaubte er fest.


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kskreativ
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K

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K
Beitrag04.12.2011 13:01

von kskreativ
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Hallo M.T: Vorweg, die Geschichte ist berührend, schön geschrieben und, angesichts der derzeitigen Ereignisse in braun, auch aktuell. Ein paar Dinge habe ich anzumerken:
Die Szene mit der Gerichtsverhandlung irritiert mich, ich kann keinen Bezug zum Rest der Story herstellen, der Übergang ist zu abrupt und stört den Lesefluss.
Dann die Dialoge. Sie kommen zu flüssig, sprachlich zu elegant rüber. Die einen Protas sind vor Wut und Hass aufgepeitscht, Yaris dagegen leidet Schmerzen und hat Angst. Niemals reden solche Leute in dieser Art daher. Ich spreche da aus eigener Erfahrung, mir haben Leute 2001 einen Trupp rumänischer Schläger auf den Hals geschickt, um meine Aussage vor Gericht zu verhindern. Glaub mir, Sätze und Worte kommen auf beiden Seiten nur  abgehackt daher.
Dann noch dieses hier:
Zitat:
Der wuchtige Schlag traf Yaris auf die Schädeldecke.
Auch hinter dicken Wolken leuchten am Nachthimmel Sterne, dachte er, bevor er starb.
Und Wolken ziehen vorüber. Das war schon immer so, und es wird immer so bleiben. Das ist der Lauf der Welt, daran glaubte er fest.

Ich hatte bereits zweimal das Vergnügen einen solchen Schlag auf den Kopf zu bekommen. Einmal war es jemand mit einem schweren Stein, einmal war es der Huftritt eines Pferdes. In dem Moment wo dich der Schlag trifft setzt dein Denken aus, und zwar komplett. Philosophische Gedanken hast du da mit Sicherheit keine mehr.


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C'est la vie. oder: Du würdest dich wundern, was man so alles überleben kann.
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Julian
Eselsohr

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Beiträge: 300



Beitrag04.12.2011 14:01

von Julian
Antworten mit Zitat

MT hat Folgendes geschrieben:
Würde mich über Feedback - wie immer - sehr freuen.


Um ehrlich zu sein gefällt mir die erste Version sehr viel besser als deine zweite Version. Aber es gibt auch Dinge, die dir im Vergleich zur ersten Version besser gelungen sind.

Version2 hat Folgendes geschrieben:
Sie rissen ihm die Augenbinde vom Kopf.


Version1 hat Folgendes geschrieben:
Er kannte den kleinen Zeltplatz am See.


Bereits der erste Satz der zweiten Version wirkt deplaziert. In der ersten Version schaffst du es am Anfang, eine Stimmung zu erzeugen, die in einem zwar kein gutes Gefühl auslöst, mich aber irgendwie auch beruhigt. Die Gefahr lässt sich erahnen, aber sie lässt sich noch nicht greifen - das gefällt mir. In der zweiten Version greifst du aber direkt die Gefahr auf. Dagegen würde ich normalerweise nichts haben, aber in der ersten Version wirkt es wesentlich schöner.

(Version 1 -> Version 2)

Danach kommst du zu der Beschreibung des Ortes, die sicherlich in beiden Versionen annehmbar ist.

Version2 hat Folgendes geschrieben:
Yaris, (Das Komma gehört da nicht hin) wusste das, und er wusste auch, welche Last vielfach auf den jungen Schultern lag. Umso mehr freute es ihn, wenn wenigstens ein paar mitsangen; Singen verband.


Version1 hat Folgendes geschrieben:
Er, Yaris, wusste das, und er wusste auch, welche Last vielfach auf den jungen Schultern lag. Ihnen diese Last zu erleichtern, sie ihnen eines Tages womöglich ganz zu nehmen, das hatte Yaris sich zur Aufgabe gemacht, und er war glücklich damit.


Hier ist für mich aber wieder ein wichtiger Unterschied zu erkennen. In der ersten Version betonst du, wie glücklich es Yaris macht, dass er mit den Jugendlichen arbeiten konnte. In der zweiten Version lässt Yaris diese Eigenschaft vermissen. Ich glaube, dass diese Eigenschaft aber sehr wichtig ist, da sie mit Blick auf das spätere Ereignis dieses tragische Gefühl erhöht.

(Version 1 -> Version 2)

Es folgen die Worte der Großmutter, die in beiden Versionen annehmbar sind.

Nun die Szenen, in denen Yaris einen Einblick in das bekommt, was ihm noch blüht.

Version1 hat Folgendes geschrieben:
Jetzt, auf dem matschigen Dezemberboden des Zeltplatzes, das Gesicht blutverschmiert, erinnerte er sich an Großmutters Worte. Der Schein einer Taschenlampe lag auf seinem Gesicht. Seine gerissene Unterlippe brannte, als er lächelte, und schon erreichte ihn erneut ein Tritt in den Bauch. Yaris krümmte sich vor Schmerz. Er wusste, wessen Stiefel hier Regie führten. Sie gehörten Dirk, den alle in seiner Gruppe nur den Bannführer nannten.  
Die anderen um ihn herum lachten schallend, einer kippte Yaris Bier über den Kopf. Ein Baseballschläger traf ihn auf der Brust, Yaris schrie auf.
„Na, Orgelpfeife, keine Luft mehr zum Flöten?“ Dirk ließ seine Kippe neben Yaris auf den Boden fallen. Die Glut zischte im Matsch.
„Warum willst Du es nicht glauben?“, sagte Yaris, und bei jedem Wort spürte er ein Stechen in seinen Rippen. „Niemand hat Jens geschickt. Er ist aus freien Stücken gekommen.“
„Halt dein scheiß Maul, Nigger!“, schrie Dirk zurück und trat mit seinem Stiefel auf den Boden, so dass Dreck in Yaris Gesicht spritzte.


Zitat:
Jetzt, auf dem matschigen Dezemberboden des Zeltplatzes, das Gesicht blutverschmiert, erinnerte er sich an Großmutters Worte. Seine gerissene Unterlippe brannte, als er lächelte, und schon erreichte ihn ein Tritt in den Bauch. Wieder krümmte sich Yaris vor Schmerz.
Er kannte die Stiefel, kannte ihren Träger. Maik hieß er, doch alle in seiner Gruppe nannten ihn nur den Bannführer.
Die anderen um ihn herum lachten schallend, einer kippte Yaris Bier über den Kopf. Ein Baseballschläger traf ihn auf der Brust, Yaris schrie auf.
Maik war inzwischen weit über sein Viertel hinaus bekannt. Er kam aus geordnetem Elternhaus. Der Vater arbeitete in einem Braunkohlewerk, und die Mutter war Diakonin der Stadtteilsgemeinde der freien Christen.


In der zweiten Version greifst du wie bereits am Anfang wieder stärker die Gefahr auf und lässt sie den Protagonisten auch spüren. In der zweiten Version wirkt dies in meinen Augen aber ein bisschen übertrieben. Es sensibilisiert den Leser, wenn du die Bedrohung an diesem Punkt bereits auf den Höhepunkt treibst, obwohl der Höhepunkt noch aussteht. Die erste Version wirkt da etwas geschmeidiger. Was mir auch absolut missfällt ist, dass du den Charakter Jens einbaust, der Hilfe bei Yaris gesucht hat. Es wäre wieder viel tragischer, wenn die Gründe für das Handeln der Rassisten aus ihrer eigenen Verzweiflung resultieren, nun agieren sie zusätzlich aus Frust, dass sich einer von ihnen bekehren lässt. Das gibt ihnen vielleicht eine weitere "Dimension", aber mir persönlich gefällt es besser, wenn die Rassisten eher plump und aus niederen Gründen handeln. So kommt bei dem Leser eher das Gefühl auf, dass man gegen eine Wand läuft, wenn man ihre Taten verhindern will.

(Version 1 -> Version 2)

Es folgt die Konzert-Szene und der Flucht der Band, die in beiden Versionen sehr ähnlich ist.

Version2 hat Folgendes geschrieben:
„Dirk, die Bullen“, rief einer, doch Dirk bewegte sich mit der Gelassenheit eines Mannes, der eine Situation einschätzen kann. Ganz dicht trat er an Yaris heran.
„Warum nennst Du mich Nigger?“, fragte Yaris im Geschrei der aufgebrachten Menge, und auch er versuchte, ruhig zu wirken.
„Weil dein Name ein scheiß Niggername ist, deswegen.“
Yaris lachte. „Und dein Name? Was ist dein Name für einer?“
Der andere zog die Stirn kraus, grinste gleich darauf aber wieder. Im Gerangel der Massen stießen beide mit den Schultern aneinander.
„Dirk, komm jetzt, die Bullen!“, schrie einer von Dirks Leuten, aber Dirk grinste nur und sah unentwegt Yaris an.
„Sag Deiner Alten, sie soll sich in ihren Niggerbusch verkriechen, wo sie hergekommen ist.“
Yaris schüttelte nur den Kopf und sagte: „Instrumente könnt ihr zerstören. Aber die Lieder, die sind hier drin.“ Er tippte mit dem Zeigefinger an seine Stirn.


Version1 hat Folgendes geschrieben:
„Bei uns ist kein Platz für Nigger und auch nicht für Niggermusik“, sagte der mit dem Ledermantel, und schon rissen die Männer die Instrumente mit Gewalt an sich und schlugen sie auf die Stufen, so dass sie zerbarsten.
„Ihr zerstört unsere Instrumente, aber unsere Lieder, die werdet ihr niemals zerstören können.“ Yaris hatte den Satz kaum beendet, als ihn auch schon die Faust des Mannes mit dem Ledermantel im Gesicht traf. Yaris ging zu Boden. Die anderen prügelten auf die übrigen Bandmitglieder ein, bis einer rief:
„Maik, die Bullen!“
Maik, der Mann mit dem Ledermantel und den hochgeschnürten Stiefeln, beugte sich zu Yaris herab.
„Hör auf, Dich einzumischen, Nigger“, sagte er. Dann rannten er und seine Männer fort.


Hier kann ich eine deutliche Verbesserung zur ersten Version erkennen. Großartig! Du verleihst dem Charakter Yaris zusätzliche Tiefe. Du lässt ihn zunächst einmal ruhig und souverän handeln, er zeigt kaum Angst. Das macht es sehr viel glaubwürdiger, dass er sich seine Lieder nicht nehmen lässt. Sehr gut gelöst.

(Version 2 -> Version 1)

Version2 hat Folgendes geschrieben:

Als Yaris zu Boden glitt, sah er Jens an. Die ganze Zeit über hatte Jens wie unbeteiligt gewirkt, hatte am Rand gestanden und gestarrt, als warte er auf ein besonderes Ereignis, dessen Eintritt er nicht beeinflussen konnte. Der Blick konzentriert, die Augen hellwach. Und als hätten sie eine Abmachung, einen geheimen Pakt, wusste Yaris plötzlich, was Jens beschäftigte. Da lief Jens den anderen nach.


Hier ist wieder das Problem mit Jens, den ich ungerne in der Geschichte sehe.

Es folgt die Beschreibung der Situation, die sich dem Höhepunkt nähert. Es ist in beiden Versionen annehmbar.

Dann kommt die Szene im Gericht, die ich für unnanehmbar halte. Die Szene passt dort einfach nicht hin. Mir gefällt die Szene in Version 1, in denen Yaris ein Fest organisiert, wesentlich besser.

(Version 1 -> Version 2)

Zum Abschluss die Szene mit dem Bordstein. Ich werde sie nun nicht zitieren, da dies den Rahmen des Beitrags sprengen würde. Hier kann ich dich nur fragen: Warum um alles in der Welt lässt du Yaris in der zweiten Version überleben? Wieder bringst du Jens ins Spiel, den Yaris nun bekehrt hat. Das kommt nicht gut. Diese Friede-Freude-Eierkuchen-Stimmung, die du damit erzeugst, steht im krassen Gegensatz zu den vorherigen Szenen und raubt der Geschichte sämtliche Tragik, die du zuvor aufgebaut hast.

(Version 1 ->> Version 2)

Gruß
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Beitrag04.12.2011 14:07

von Gast
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Lieber Markus,

deine Geschichte habe ich am Donnerstag gelesen und sie läuft mir nach. Wenn sie nicht von dir geschrieben worden wäre, hätte ich sie nicht zu Ende gelesen.

Diese unvorstellbare Gewalt zeigt mir, wie machtlos die Gesellschaft und wie hilflos ich persönlich bin. Und das lässt mich wirklich verzweifeln und es macht mir Angst.
Ich kann diese Art Geschichten nicht ertragen und das meine ich wörtlich.

Von daher, gut geschrieben – am Puls der Zeit, aber ... nicht gerne gelesen.

Liebe Grüße
Monika
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Beitrag05.12.2011 18:17

von MT
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kskreativ hat Folgendes geschrieben:
Hallo M.T: Vorweg, die Geschichte ist berührend, schön geschrieben und, angesichts der derzeitigen Ereignisse in braun, auch aktuell. Ein paar Dinge habe ich anzumerken:
Die Szene mit der Gerichtsverhandlung irritiert mich, ich kann keinen Bezug zum Rest der Story herstellen, der Übergang ist zu abrupt und stört den Lesefluss.
Dann die Dialoge. Sie kommen zu flüssig, sprachlich zu elegant rüber. Die einen Protas sind vor Wut und Hass aufgepeitscht, Yaris dagegen leidet Schmerzen und hat Angst. Niemals reden solche Leute in dieser Art daher. Ich spreche da aus eigener Erfahrung, mir haben Leute 2001 einen Trupp rumänischer Schläger auf den Hals geschickt, um meine Aussage vor Gericht zu verhindern. Glaub mir, Sätze und Worte kommen auf beiden Seiten nur  abgehackt daher.
Dann noch dieses hier:
Zitat:
Der wuchtige Schlag traf Yaris auf die Schädeldecke.
Auch hinter dicken Wolken leuchten am Nachthimmel Sterne, dachte er, bevor er starb.
Und Wolken ziehen vorüber. Das war schon immer so, und es wird immer so bleiben. Das ist der Lauf der Welt, daran glaubte er fest.

Ich hatte bereits zweimal das Vergnügen einen solchen Schlag auf den Kopf zu bekommen. Einmal war es jemand mit einem schweren Stein, einmal war es der Huftritt eines Pferdes. In dem Moment wo dich der Schlag trifft setzt dein Denken aus, und zwar komplett. Philosophische Gedanken hast du da mit Sicherheit keine mehr.

Oh, liebe kskreativ, das klingt aber gar nicht gut! In das "Vergnügen" eines solchen Schlägertrupps bin ich zum Glück noch nicht gekommen.

Ich werde mir Deine Hinweise zu Herzen nehmen!

Danke Dir vielmals fürs Lesen - und für Deine Offenheit.

LGMT


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Siegfried Lenz
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Beitrag05.12.2011 18:38

von MT
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Hi Julian,

Mensch, hast Du Dir viel Arbeit gemacht! Vielen, vielen Dank dafür.

Für mich sind Version 1 und 2 überhaupt nicht vergleichbar. 1 ist kurz, oberflächlich und (sehr) gradlinig. 2 ist dagegen komplexer, in sich verwobener und aus meiner Sicht dichter. Dass Dir Jens nicht gefällt (übrigens sind alle Namen hinsichtlich ihrer Bedeutungen sehr bewusst gewählt), ist schade, denn er ist für mich eine Art Hoffnungsträger. Und dass jetzt - nach seinem Ausstieg - die Motive bei Dirk für die Gewalt andere wären, sehe ich nicht. Der Grundtrieb ist der tumbe Hass. Ob "nur" auf Andersartige oder jetzt auch noch wegen eines "Verräters" - was macht das?

Insgesamt finde ich Version 2 deutlich besser, weil anspruchsvoller. Ist aber wie so oft Geschmacksache.

Nur eines habe ich nicht verstanden. Warum gehst Du davon aus, ich ließe in Version 2 Yaris überleben? Es steht doch expressis verbis da, dass er stirbt.

Danke Dir vielmals für Deine Detailarbeit (beim ersten Satz hast Du
Recht... Warum sollten sie ihm auch eine Augenbinde ummachen, wenn sie ihn ohnehin töten wollen?? - Die Augenbinde kommt wieder weg).

LGMT


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Siegfried Lenz
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Beitrag05.12.2011 18:46

von MT
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N´abend Monika,

Paloma hat Folgendes geschrieben:
Wenn sie nicht von dir geschrieben worden wäre, hätte ich sie nicht zu Ende gelesen.

Dankeschön. Das ist ein wirkliches Kompliment.

Paloma hat Folgendes geschrieben:
Diese unvorstellbare Gewalt zeigt mir, wie machtlos die Gesellschaft und wie hilflos ich persönlich bin. Und das lässt mich wirklich verzweifeln und es macht mir Angst.
Ich kann diese Art Geschichten nicht ertragen und das meine ich wörtlich.

Das geht mir ganz genauso. Es macht mir Angst, man fühlt sich so machtlos. Und was bleibt da einem Autor? Einem Sänger? Einem Filmemacher? Genau: Es zu thematisieren. In der Hoffnung, einen winzigen Beitrag dafür zu leisen, dass andere sensibilisiert werden.

Und das mit der Hoffnung meine ich wörtlich. Ich finde den Text - trotz all seiner Brutalität, all seiner Nüchternheit - letztlich auch von Hoffnung beseelt. Das kommt in Jens zum Ausdruck. Es gibt auch andere...
Und es gibt einen (Yaris), der für seine Ideale sein Leben gibt. Bis zuletzt hat er dafür gekämpft. Solche Menschen bedürfen der Erwähnung.

Paloma hat Folgendes geschrieben:
Von daher, gut geschrieben – am Puls der Zeit, aber ... nicht gerne gelesen.

Auch das nehme ich als Kompliment.

Danke, dass Du Dir den Text angetan hast!

LGMT


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Siegfried Lenz
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Julian
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Beitrag05.12.2011 19:00

von Julian
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MT hat Folgendes geschrieben:

Für mich sind Version 1 und 2 überhaupt nicht vergleichbar. 1 ist kurz, oberflächlich und (sehr) gradlinig. 2 ist dagegen komplexer, in sich verwobener und aus meiner Sicht dichter.


Gerade die Gradlinigkeit in Version gefällt mir sehr gut. Die Monotonie, die gelegentlich eine Stufe nach oben gehoben wird, bis wir am tragischen Ende angelangt sind, gibt dem Ganzen einen schönen Rhythmus. Aber wenn du sagst, die beiden Versionen seien ohnehin nicht vergleichbar, dann darf ich Version 2 schließlich auch nicht als den Versuch einer Verbesserung bewerten.

Zitat:
Dass Dir Jens nicht gefällt (übrigens sind alle Namen hinsichtlich ihrer Bedeutungen sehr bewusst gewählt), ist schade, denn er ist für mich eine Art Hoffnungsträger.


Meiner Ansicht nach gewährst du ihm dafür nicht ausreichend Zeit. Jens ist eher am Rande der Geschichte anzusiedeln, bis du ihn in wenigen Zeilen zu Yaris in den Mittelpunkt stellen möchtest.  

Zitat:
Und dass jetzt - nach seinem Ausstieg - die Motive bei Dirk für die Gewalt andere wären, sehe ich nicht. Der Grundtrieb ist der tumbe Hass. Ob "nur" auf Andersartige oder jetzt auch noch wegen eines "Verräters" - was macht das?


So entsteht aber der Eindruck, dass Yaris noch leben könnte, wenn Jens kein Teil der Geschichte wäre oder die beiden sich nicht getroffen hätten. Man könnte meinen, dass es sich verhindern ließe. Aber wie verhindert man die Taten von Menschen, die ihr ganzes Leben lang solchen Ansichten ausgesetzt waren? Es macht mich schlicht betroffener, wenn ich weiß, dass ich nichts dagegen tun könnte.

Zitat:
Nur eines habe ich nicht verstanden. Warum gehst Du davon aus, ich ließe in Version 2 Yaris überleben? Es steht doch expressis verbis da, dass er stirbt.


Die Szene im Gericht hatte mich verwirrt. Die letzten Sätze habe ich wohl nicht aufmerksam genug gelesen, mein Fehler. Du springst aus der Vergangenheit in die Zukunft, schreibst drei Sätze und springst wieder in die Vergangenheit (Gericht), dann wieder in die Zukunft. Ich dachte wohl, dass die Verhandlung nach dem Ende der eigentlichen Tat passiert.

Alles in allem werden wir uns da wohl nicht einig. (-;
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Beitrag13.12.2011 16:54
Der Lauf der Welt (überarbeitet)
von MT
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Der Lauf der Welt


Die Kerle haben mich hinter den alten Bahndamm geschleppt. Noch immer ist die Luft erfüllt vom Brandgeruch, vier Tage ist das Feuer her. Ich kenne diese Ecke gut, in nördlicher Richtung, über die Obstwiese hinweg, liegt unser Kiessee, an dem ich oft im Sommer mit meinen Schützlingen zelte. Dann wärmt ein Lagerfeuer die Nächte, ich hole meine Gitarre hervor, wir singen. Musik verbindet, sie gibt Zuversicht. Und Mut.
Manchmal, wenn ich zweifle an dem, was ich als meine Aufgabe ansehe, höre ich Großvaters Worte. „Selbst hinter dicksten Wolken leuchten am Nachthimmel die Sterne.“
„Aber dann kann ich die Sterne nicht sehen“, habe ich ihm einmal zur Antwort gegeben. Großvater hat gelächelt, hat meine Stirn geküsst und gesagt: „Yaris, mein Junge, sieh niemals nur mit den Augen.“
Damals, als Kind, habe ich das nicht verstanden. Mein Großvater musste es gemerkt haben, denn kaum darauf sagte er: „Wolken ziehen vorüber, das ist der Lauf der Welt.“
Jetzt liege ich auf dem matschigen Dezemberboden, nicht weit entfernt von der Brandruine und erinnere mich an Großvaters Worte. Mein Gesicht ist blutverschmiert, die Unterlippe geplatzt vom letzen Faustschlag. Erneut trifft mich ein Tritt in den Bauch. Der Schmerz zieht wie ein glühendes Eisen bis in den Hals hinauf, und ich weiß, wessen Stiefel hier Regie führen. Sie gehören Dirk, den alle in seiner Gruppe nur den Bannführer nennen.  
Die anderen um ihn herum lachen schallend, einer kippt mir Bier über den Kopf. Ein Baseballschläger trifft mich auf der Brust, ich schreie auf.
„Na, Gitarrenmann, gar kein Instrument dabei?“ Dirk lässt seine Kippe neben mir auf den Boden fallen. Die Glut zischt im Matsch.
„Komme auch ohne zurecht“, sage ich.
„Halt dein scheiß Maul, Nigger!“, schreit Dirk zurück und tritt mit seinem Stiefel gegen meine Schulter. Zweimal, dreimal, immer wieder. Irgendwann frieren die Schmerzen ein.
Ich spüre nichts mehr. Allmählich setzt Dämmerung ein.

*

Wir begegneten uns nach einem Protestmarsch, der Bannführer und ich. Gewerkschaften und Kirchen hatten dazu aufgerufen, im Anschluss fand ein Konzert auf dem Marktplatz statt. Ich saß mit meinen drei Bandmitgliedern auf der Bühne, zwei Akustikgitarren, eine Bongo, eine Querflöte. Wir spielten unsere eigenen Songs, und die über hundert Zuhörer applaudierten. Ein Stück trug den Titel Love in loveless times und handelte von der Liebe zweier Menschen in Zeiten des Mauerbaus. Beim Solo, das ich auf meiner Gitarre gab, konnte man Tränen der Rührung vor dem alten Rathaus sehen; auf dem Platz war es ganz still geworden.
Das Lied war noch nicht zu Ende, als sich ein Trupp Männer in die Veranstaltung schob und zu pöbeln und zu schlagen begann. Polizei schritt ein, doch die Situation geriet außer Kontrolle. Wir verließen die Bühne, wollten im Rathaus unsere Instrumente in Sicherheit bringen, als unten an der Steintreppe vier Männer den Aufgang versperrt hielten. Einer von ihnen stach hervor, er hatte seine schwarzen Haare zu einem Seitenscheitel gekämmt, trug hoch geschnürte Stiefel und einen langen, hellbraunen Ledermantel mit Schulterklappen.
„Bei uns ist kein Platz für Nigger und auch nicht für scheiß Niggermusik“, sagte der mit dem Ledermantel, und schon rissen seine Männer unsere Instrumente an sich und schlugen sie auf die Stufen, so dass sie zersprangen.
„Dirk, die Bullen“, rief einer, doch Dirk bewegte sich mit der Gelassenheit eines Mannes, der eine Situation einschätzen kann. Ganz dicht trat er an mich heran.
„Warum nennst Du mich Nigger?“, fragte ich im Geschrei der aufgebrachten Menge, und versuchte ebenfalls, ruhig zu wirken.
„Weil dein Name ein scheiß Niggername ist, deswegen.“
Ich lachte. „Und dein Name? Was ist dein Name für einer?“
Der andere zog die Stirn kraus, grinste gleich darauf aber wieder. Im Gerangel der Massen stießen wir mit unseren Schultern aneinander.
„Dirk, komm jetzt, die Bullen!“, schrie einer von Dirks Leuten, aber Dirk grinste nur und sah mich unentwegt an.
„Sag Deiner Drecksmutter, sie soll sich in ihren Niggerbusch verkriechen, wo sie hergekommen ist.“
Ich schüttelte nur den Kopf und sagte: „Instrumente könnt ihr zerstören. Aber die Lieder, die sind hier drin.“ Mit dem Zeigefinger tippte ich mir an die Stirn.
Wieder brüllte einer: „Los, Mann, lass uns abhauen!“ Dirk ließ sich jetzt mitreißen, doch bevor er mit den anderen rannte, packte er mich am Kragen.
„Hör auf, dich einzumischen, Nigger!“
Schon spürte ich die Faust des Bannführers zwischen den Beinen; seine persönliche Handschrift, mit der er die Nachhaltigkeit seiner Worte unterstrich.

*

Stille herrscht hier unten am Feldweg, nur der Regen prasselt auf die Erde und läuft in mäandernden Rinnsalen ab. Ich versuche mich zu erinnern, wann die Kerle mir aufgelauert und mich hierher gebracht haben, doch meine Gedanken fliegen durcheinander wie Blätter im Sturm. Die Kleidung zerrissen, liege ich da und stelle mir meinen Körper als ein kaltes Stück Fleisch vor, dass man Hunden zum Fraß hingeworfen hat. Ich sehe die gebleckten Zähne, sie stechen in die blutigen Muskeln und reißen das Fleisch in Stücke.
„Los“, sagt der Bannführer und gibt den Männern ein Zeichen, das ich nicht verstehe. Sie nehmen meine Arme und schleifen mich durch den Matsch zu einer Steinkante, die den Weg säumt. Der Bannführer kniet sich vor mich und lächelt wie nur einer lächeln kann, der eine Vorahnung hat.
„Sag, schwarzer Mann, verstehst du meine deutsche Sprache?“ Er hört nicht auf zu grinsen.
„Jedes Wort“, sagte ich, und meine Unterlippe puckerte an der eingerissen Stelle. „Vielleicht verstehe ich sogar mehr von deiner deutschen Sprache als du selbst.“
Der Bannführer nickt langsam, der Regen tropft von seinem schwarzen Seitenscheitel. Er steht auf, zieht ein Blatt Papier aus seiner Manteltasche und wirft es vor mir in den Dreck.
„Dann lies!“, befiehlt er.
Als ich die Worte sehe, erinnere ich mich an das Feuer. Und an die Schwerverletzten. Die meisten von ihnen waren Kinder.

*

Sie hatten gesammelt, kürzlich erst. Schüler aus der Grundschule, Mitglieder der Sportvereine, die in dem Viertel ansässig waren. Am Ende war eine beträchtliche Summe zusammengekommen, über tausend Euro, und auch die Mitarbeiter der Stadtverwaltung hatten sich nicht lumpen lassen. Die Aktion war von mir und einigen meiner Streetworkerkollegen ins Leben gerufen worden, und zu meiner Überraschung hatten wir schnell Unterstützung im Stadtrat gefunden. Mit dem Geld richteten wir eine Weihnachtsfeier im Asylantenheim unten vorm Bahndamm aus. Alle Bewohner des Bezirks waren eingeladen. Ein kräftig grüner, geschmückter Tannenbaum stand im Gemeinschaftsraum, Geschenke für groß und klein lagen darunter.
Die leuchtenden Augen der Kinder. Der Geruch von Kaffee und Gebäck in der Luft. Zögerlich betraten die Ersten den Saal, prüfend, doch schon bald war jeder Platz besetzt, und viele waren aus den benachbarten Straßen gekommen. Frauen, Männer und Kinder lachten miteinander, tuschelten, zeigten Zurückhaltung, wenn sie einander näher kamen. Da wurde mit Händen geredet, nach Worten gesucht und mit Zettel und Stift erklärt. Da zeigte man sich Fotos der Familien von nah und fern, erzählte sich Geschichten aus den Dörfern der Heimat und brachte sich Verständnis entgegen für unterschiedliche Lebensbilder. Ich saß inmitten der vielen Menschen und aß und redete und lachte mit, wie betrunken war ich von der Freude, die in den großen Raum Einzug gehalten hatte, und für den Moment vergaß ich manche Wahrheit. Ich griff zu meiner Gitarre und stimmte an: „When the night comes and the darkness begins to reign. We all have a dream. And we never talk in vain.” Die erste Strophe aus Love in loveless times. Ich schaute in die Runde. Nur wenige im Raum mochten meine Worte verstehen, doch alle hielten inne und hörten mit verträumten Augen zu.
Bis die Brandsätze durch die Fenster schlugen. Sofort erfror alles Lachen, alles Singen. Die Feuerbälle flogen auf die Tische, flogen in den Tannenbaum, zerbarsten auf den Rücken der Menschen. Schreie, brennende Kleider, blankes Entsetzen und Angst in den Gesichtern. Stühle fielen, alles lief umher, drängelte den beiden Ausgängen zu. Ich sah meine Kollegin, die in der hinteren Ecke stand und irgendetwas in ihr Telefon brüllte. Ich dachte nicht lange nach und sprang aus einem der Fenster.
„Yaris, nein!“, rief mir eine Stimme nach. Doch ich rannte auf die Gestalten zu, die noch immer ihre brennenden Botschaften schleuderten. Ich stürzte auf einen von ihnen zu und stieß ihn zu Boden. Ein Martinshorn erklang von fern. Ich riss dem Mann die Maske vom Gesicht, der aber befreite sich sofort und packte mich am Kragen. Es dauerte nur einen Wimpernschlag, doch wir hatten uns wieder erkannt. Dann rannten die Männer davon.
 
*

„Lies endlich!“, brüllt der Bannführer und tritt mir in die Rippen. „Wenn du meine deutsche Sprache verstehst, dann lies!“
Ich starre auf das Papier. ICH HABE NIEMANDEN ERKANNT, steht darauf, und die Buchstaben scheinen zu zittern, ich kann sie kaum erkennen. Unter Schmerzen hole ich Luft.
„When the night comes“, beginne ich mehr zu hauchen als zu singen, jede Silbe hinterlässt einen brennenden Schmerz in meinem Körper, doch ich höre nicht auf. „And the darkness begins to reign.”
Darauf gibt der Bannführer seinen Leuten erneut ein Zeichen. Einer beugt sich zu mir herab und reißt meinen Kopf an den Haaren empor.
„Los, beiß drauf!“, sagt Dirk, und ich verstehe nicht gleich. Da stößt der andere meinen Kopf auf die Steinkante, ich schreie laut auf.
„Beiß auf die scheiß Kante!“, brüllt der andere. Flüsternd, mit dem Geschmack meines eigenen Blutes im Mund, singe ich weiter, „We all have a dream“, bis die Stimme des Bannführers auf mich herabfällt.
„Wo, sagtest Du noch, Gitarrenmann, sind deine scheiß Niggerlieder drin?“
Der Bannführer mit dem langen Ledermantel und dem schwarzen Seitenscheitel hebt den Baseballschläger und holt aus. Ich höre den Luftzug des Holzes, ein unwirkliches Pfeifen durch die Trübnis dieses Dezembertages, wie von einem weit entfernten Flugzeug. Und dann wird mir klar, dass gleich meine Schädeldecke zerspringen wird.
Selbst hinter dicksten Wolken leuchten am Nachthimmel die Sterne, denke ich noch, bevor der Tag geht. Und Wolken ziehen vorüber.
Das ist der Lauf der Welt, ich weiß es.


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Beitrag14.12.2011 19:21

von Julian
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Hi,

ich könnte - wie im anderen Thread - diese Version wieder vergleichen, aber eigentlich möchte ich dies nicht, da das Ergebnis am Ende ohnehin lauten würde, dass mir diese Version sehr viel besser gefällt als die zweite Version, sogar besser als die erste Version. "Perfekt!", würde ich sagen, würde es da nicht diesen großen Stolperstein geben, der der Geschichte am Ende einen faden Beigeschmack verpasst.

Zitat:
Und dann wird mir klar, dass gleich meine Schädeldecke zerspringen wird.


Dieser Satz zerstört das Ende. Die Geschichte rauscht an einem vorbei, aber auf eine positive Art. Sie beruhigt mich irgendwie, obwohl sie tragisch und brutal ist. Sie besitzt diesen besonderen Rhythmus, der mich dazu gebracht hat, mich intensiv mit deinen Versionen zu beschäftigen. Aber eine 'zersprungene Schädeldecke', die zudem noch am Schluss aufgeführt wird, spricht mir persönlich wieder zu deutlich aus, was Tatsache ist: dass Yaris stirbt.
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Beitrag15.12.2011 09:38

von MT
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Julian hat Folgendes geschrieben:
Hi,

ich könnte - wie im anderen Thread - diese Version wieder vergleichen, aber eigentlich möchte ich dies nicht, da das Ergebnis am Ende ohnehin lauten würde, dass mir diese Version sehr viel besser gefällt als die zweite Version, sogar besser als die erste Version. "Perfekt!", würde ich sagen, würde es da nicht diesen großen Stolperstein geben, der der Geschichte am Ende einen faden Beigeschmack verpasst.

Zitat:
Und dann wird mir klar, dass gleich meine Schädeldecke zerspringen wird.


Dieser Satz zerstört das Ende. Die Geschichte rauscht an einem vorbei, aber auf eine positive Art. Sie beruhigt mich irgendwie, obwohl sie tragisch und brutal ist. Sie besitzt diesen besonderen Rhythmus, der mich dazu gebracht hat, mich intensiv mit deinen Versionen zu beschäftigen. Aber eine 'zersprungene Schädeldecke', die zudem noch am Schluss aufgeführt wird, spricht mir persönlich wieder zu deutlich aus, was Tatsache ist: dass Yaris stirbt.

Moin, Julian,

danke Dir sehr für Dein "Dranbleiben".

Ja, der Satz am Schluss... Ich weiß, er ragt weit über die Wellen zuvor hinaus. Meine Absicht war, zuletzt noch einen Paukenschlag zu setzen. Möglicherweise aber hast Du Recht, er könnte ZU direkt und "laut" daher kommen. Ich muss darüber noch einmal nachdenken.

Schön aber, wenn Dir der übrige Text zugesagt hat. Mit dieser Fassung fühle ich mich auch am wohlsten.

LGMT


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Beitrag15.12.2011 09:49

von kskreativ
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Diese Version gefällt mir. Da enstehen Bilder im Kopf, und so soll es ja auch sein. Zwei Erbsen hätte ich noch:
Zitat:
Sag Deiner Drecksmutter, sie soll sich in ihren Niggerbusch verkriechen, wo sie hergekommen ist.“
Ich schüttelte nur den Kopf und sagte: „Instrumente könnt ihr zerstören. Aber die Lieder, die sind hier drin.“ Mit dem Zeigefinger tippte ich mir an die Stirn.

Der Übergang hier ist nicht stimmig. Dirk beleidigt die Mutter des Prota und der denkt an die Musik in seinem Kopf?

Das mit der zerspringenden Schädeldecke habe ich auch zu bemängeln, der Satz stört einfach.


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Beitrag15.12.2011 17:03

von MT
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kskreativ hat Folgendes geschrieben:
Diese Version gefällt mir. Da enstehen Bilder im Kopf, und so soll es ja auch sein. Zwei Erbsen hätte ich noch:
Zitat:
Sag Deiner Drecksmutter, sie soll sich in ihren Niggerbusch verkriechen, wo sie hergekommen ist.“
Ich schüttelte nur den Kopf und sagte: „Instrumente könnt ihr zerstören. Aber die Lieder, die sind hier drin.“ Mit dem Zeigefinger tippte ich mir an die Stirn.

Der Übergang hier ist nicht stimmig. Dirk beleidigt die Mutter des Prota und der denkt an die Musik in seinem Kopf?

Das mit der zerspringenden Schädeldecke habe ich auch zu bemängeln, der Satz stört einfach.

Hi kskreativ,

auch Dir ein dickes Dankeschön für Deine Kondition! Toll, dass Du dran geblieben bist.

Ich finde - ehrlich gesagt - gerade durch diese "Unstimmigkeit" den Dialog authentisch. Yaris ist überzeugt von seiner Musik, er "ist" Musik. Musik ist sein Leben. Die Mutter mag beleidigt worden sein, doch dass setzt er bei Dirk als fast selbstverständlich voraus; es schockt ihn nicht (mehr). Viel wichtiger ist ihm sein "Leben", seine Überzeung. Insoweit sucht er eine Metapher - seine Lieder.

Und dann die Schädeldecke. Ich überlege hin und her... Ja, sie sticht hervor. Doch vielleicht gerade dadurch bleibt der Text im Ergebnis beim Leser hängen. Ich weiß (noch) nicht.

LGMT


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Siegfried Lenz
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MosesBob
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Beitrag10.03.2012 12:05

von MosesBob
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Moinsen!

Beim Stöbern in deinen Archiven bin ich auf diese Geschichte gestoßen. Angelesen, weitergelesen, zuende gelesen. In einem Rutsch durch. Die Lust, nach irgendwelchen Kritikpunkten zu suchen, verging mir schnell. Am Anfang winkt der "Kleine Prinz" in Gestalt des Großvaters fröhlich durch deine Zeilen, zwischendurch fühlte ich mich ein bisschen an Grishams "Die Jury" erinnert, und am Ende schlägt dann nochmal "American History X" zu – wo ich dann auch kurz mal enttäuscht aufgestöhnt und mit den Augen gerollt habe, weil das Rinnsteinfressen wie abgekupfert wirkte. Nichtsdestotrotz: Gute Geschichte, souverän und überzeugend geschrieben. Sehr gerne gelesen.

Beste Grüße,

Martin


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Das Leben geht weiter – das tut es immer.
(James Herbert)

Die letzte Stimme, die man hört, bevor die Welt untergeht, wird die eines Experten sein, der versichert, das sei technisch unmöglich.
(Sir Peter Ustinov)

Der Weise lebt still inmitten der Welt, sein Herz ist ein offener Raum.
(Laotse)
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MT
Geschlecht:männlichReißwolf

Alter: 52
Beiträge: 1090
Wohnort: Im Süden (Niedersachsens)


Beitrag12.03.2012 16:32

von MT
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MosesBob hat Folgendes geschrieben:
Moinsen!

Beim Stöbern in deinen Archiven bin ich auf diese Geschichte gestoßen. Angelesen, weitergelesen, zuende gelesen. In einem Rutsch durch. Die Lust, nach irgendwelchen Kritikpunkten zu suchen, verging mir schnell. Am Anfang winkt der "Kleine Prinz" in Gestalt des Großvaters fröhlich durch deine Zeilen, zwischendurch fühlte ich mich ein bisschen an Grishams "Die Jury" erinnert, und am Ende schlägt dann nochmal "American History X" zu – wo ich dann auch kurz mal enttäuscht aufgestöhnt und mit den Augen gerollt habe, weil das Rinnsteinfressen wie abgekupfert wirkte. Nichtsdestotrotz: Gute Geschichte, souverän und überzeugend geschrieben. Sehr gerne gelesen.

Beste Grüße,

Martin

Moin zurück, mein Lieber,

so, Du stöberst also bei mir im Keller?! Na, dann ich gespannt, was Du beim nächsten Mal findest.  Very Happy

Die Parallele zu "American History X" hatte schon jemand erwähnt. Ganz ehrlich? Hab ich noch nie gesehen oder gelesen oder sonstwas zuvor gehört davon! Confused Das Rinnsteinbeißen war vor Jahren Gegenstand eines Strafprozesses am Landgericht Hildesheim (als ich noch Referendar war). Der Kerl, dem sie damals in den Bordstein haben beißen lassen, musste mit ansehen, wie seine Freundin vergewaltigt wurde. Als er sich zu befreien versuchte, trat einer der Stiefelträger im Nacken zu. Der Unterkiefer konnte nie wieder ganz hergestellt werden.

Schön, wenn Dir der Text gefallen hat. Danke für Deinen Kommentar!

Markus


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Siegfried Lenz
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