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Tagebuch eines Selbstmörders


 
 
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EhrlicherGeist
Geschlecht:männlichGänsefüßchen

Alter: 43
Beiträge: 31
Wohnort: Gelsenkirchen


Beitrag23.10.2011 12:03
Tagebuch eines Selbstmörders
von EhrlicherGeist
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Das Tagebuch eines Selbstmörders.


13. Mai.


Ich komme gerade vom Psychiater, oder besser gesagt vom Psychotherapeuten, so heißen die wohl ja jetzt. Weil ich nicht weiter wusste. Er gab mir dieses kleine Heft hier und ich soll meine Gedanken niederschreiben.

So "liebes Tagebuch" (*kotz*) jetzt liegst Du hier vor mir. In meinem Inneren schreit mein Herz. Meine Adern brennen und ich fühle mich ohnmächtig ob des Wissens, welches ich erreichte.

Ich glaube ich erzähle Dir, "liebes Tagebuch" (*würg*), warum ich Dich überhaupt benutzen soll.

Es fing alles schon vor gut 15 Jahren an. Damals im Religionsunterricht sollten wir uns mit den Menschen und den Religionen auseinandersetzen. Ich hatte die Vorstellung von einem Leben nach dem Tode, so wie es uns gelehrt wurde. Doch als Mensch der Wissenschaft ... nein ich bin kein Wissenschaftler, nur ein gern logisch denkender Typ ... analysierte ich den Glauben, die Gedanken der Menschen, die vor Jahrtausenden lebten in Bezug auf ihren Wissensstand, und kam zu einer zwar recht simplen aber dennoch für mich radikalen Idee. Dieser Einfall schiss mich fortan aus der Bahn.

Die Menschheit damals hatte nicht den Wissensstand, den wir heutzutage haben. Sie wussten nicht, woher sie kommen. Eine Zeit lang hatten sie sich aufgrund ihrer noch nicht entwickelten kognitiven Möglichkeiten auch nicht darüber gewundert.

Irgendwann haben sie aber eine Intelligenz erreicht, sodass sie sich diese Fragen stellten. Damals wie heute hatten diese Menschen vor dem Unbekannten Angst. Und ein paar Leute haben sich diese Angst zunutze gemacht. So konnte man Antworten geben und gleichzeitig die Menschen nach eigenen Wünschen lenken.

Sie erfanden einen oder mehrere Götter. Denn für alles, was gefragt wurde, hatte man nun eine Antwort. Zum Beispiel: Woher kommen wir? Die Bibel gibt als Antwort, dass Gott uns erschuf. - In anderen Religionen gibt es ähnliche "Zeugungs-Geschichten".

Auch wurde ein, wie ich finde, guter Verhaltenskodex erschaffen. Der Umgang mit den Mitmenschen wurde geregelt.

Alles sehr wohl durchdacht. Doch ...

... in unserer Zeit ... ich weis nicht, wie ich das erklären soll.

Wir Menschen haben so viele Dinge der Wahrheiten der Religionen durch wissenschaftliche Anstrengung widerlegt, sodass ich regelrecht erschaudert bin. Ich verglich die Antworten aus den so genannten heiligen Schriften mit dem heutigen Stand der Wissenschaft und bekam meine Wahrheit.

Durch einen Zufall im Kosmos sind vor Milliarden Jahren erste Zellen entstanden, aus denen sich Lebewesen entwickelt haben. Die Evolution schritt voran bis zum heutigen Tage, an dem wir Menschen diese Welt so bevölkern.
Wo ich gerade davon schreibe. Wir Menschen und auch alle anderen Lebewesen sind im Grunde nur biologische Maschinen. Hardware und Software. Körper und Bedienprogramm.
Angetrieben durch Zucker und Sauerstoff. Ein wahres Meisterwerk der Natur.

Wenn wir Menschen aber nur sich selbst reproduzierende Maschinen sind. Wo soll dann Gott bleiben? Woher soll das Leben nach dem Tode kommen? Wenn unsere Festplatte, unser Gehirn, keinen Strom mehr hat, so erlischt unsere Existenz.

Und wenn ich nicht in eine andere Existenzebene gehe, wo ich weiter bestehe, warum sollten ich mich durch das Leben quälen? Dann doch lieber direkt alles beenden, weil es keinen Zweck hat.


Mit diesen Gedanken fand ich mich dann im Alter von sechzehn Jahren auf einer Bahnbrücke wieder. Auf der Außenseite des Geländers.

Ich war fest entschlossen zu springen, hatte einen Fuß schon in die Luft gesetzt und wollte loslassen. Ich schloss die Augen und ließ los.

Doch ich wurde festgehalten. Ein älterer Mann ergriff meine Hand. Zog mich wieder zurück und ich landete unsanft auf dem Asphalt der Brücke.

Ich erinnere mich nur noch schemenhaft wie an einen Traum. Der Mann hielt mich fest und hatte ein Mobiltelefon am Hörer. Ich glaube er rief die Polizei an. (Rückblickend: Ein Mobiltelefon in der Mitte der 90er war recht selten).
Mein Herz pochte. Meine Gedanken rasten. Panik stieg in mir auf und ich versuchte auf zu stehen. Doch der Mann hielt mich am Boden. Nachdem er das Gespräch beendete, redete er auf mich ein und versuchte mich zu beruhigen.
Jedoch war meine Panik größer. Alle Kraft nahm ich zusammen. Ich stemmte mich hoch und riss mich von ihm los. Rannte zu meinem Fahrrad und mit einem Tunnelblick fuhr ich nach Hause.
Ich weis noch, wie ich die Tage und Wochen darauf Angst hatte, die Polizei würde bei uns zu Hause auftauchen. Wie ich dann meiner Mutter erklären musste, warum ich mich selber töten wollte.
In gewisser Weise war diese Angst gut denn so verdrängte ich die bösen Gedanken und vergaß sie mit der Zeit, sodass ich mein Leben weiter führen konnte.

Unwissenheit ist ein Segen. Das weis ich jetzt wieder.

Denn vor ein paar Wochen holte mich die gesamte Erinnerung an den missglückten Suizid-Versuch und an die ganze Wahrheit ein.

Ich habe Angst. Ich bekomme Panikattacken. Ich trinke viel. Alles um dieses scheiß Gefühl zu unterdrücken.

Ich bin jetzt dreißig, habe drei Kinder und eine liebevolle Ehefrau. Ich verdamme mich dafür. Ich liebe meine Jungs und auch mein Mädel und gleichzeitig hasse ich mich, dass sie überhaupt entstanden sind. Ihnen die gleichen Qualen, die gleiche sinnlose Existenz zuzumuten.

Ich fühle mich wie in einem endlosen Sturz in die Tiefe. Und ich fühle kein Ende. Ich will leben. Als Mensch oder Geist, Hauptsache ich existiere weiterhin.
Aber ich glaube nicht daran. Ich weis, dass ich sterben werde. Und von mir bleibt nichts. Ich habe mir das "Nichts" vorgestellt. Ich habe Angst. Ich zittere. Nahezu ohnmächtig schreibe ich diese Zeilen und Du "liebes Tagebuch" machst mich gerade wahnsinnig vor Schmerz.

Der Psycho-Doc hat mir sogenannte Tranquilizer verschrieben. Diazepam. Ich nehme davon jetzt bessere eine.

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Ralfchen
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Alter: 76
Beiträge: 375



Beitrag23.10.2011 12:09

von Ralfchen
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hallo Inkognito -

ich bin in deinem text nur schleppend vorwärts gekommen. das hat damit zu tun, dass du weit ausholst, um dinge zu beschreiben, die mit der menschheit zu tun haben, ihrer entwicklung, dem kosmos und was noch alles. mir fehlt bei diesem langen text der einblick in das gefühlsleben des prot. dieses wird nur in fast journalistischer kurz-weise gestreift. ich kann nichts von der stimmung fühlen, die in einem menschen, der auf dem wege zu seinem nächsten versuch aufzeichnungen für die nachwelt macht. und inserts wie *kotz* etc. sind eher infantilisierend/störend.

schade.
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Belzustra
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Beitrag23.10.2011 15:04

von Belzustra
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Lieber Inkognito,

deine Gedanken wirken verwirrt und unkontrolliert.
Dein Text liest sich wie die Momentaufnahme einer realen Person, die, am Boden zerstört über alles gleichzeitig nachdenkt und sich fertig machen lässt.
Als ob du nicht wüsstest, woüber du zuerst nachdenken möchtest, über das Leben, wie es entstand und dessen Sinn oder die konkrete Begebenheit deines Selbstmordversuchs (ich spreche hier ein "Du" an, weil du in der Ich-Form geschrieben hast) oder vielleicht doch über deine Familie, dein Leben und der Selbsthass, von dem du dich leiten lässt.
Deinen Sätzen fehlt der Flow, der Fluss. Es lässt sich nicht fließend lesen.
Der inhaltliche Ansatz gefällt mir, Selbstmordversuch, Tagebucheinträge, Psychologenbesuche und die Reflexion über Existenz und Sinn.
Oh, und "weiß" wird mit "ß" geschrieben.
Zitat:
*kotz*

Zitat:
*würg*

Ich finde solche Ausdrücke passend, wenn sie dem Wesen des Protagonisten entsprechen. Schließlich geht es um seine Emotionen und darum, wie er Tagebuch schreibt und wenn mich etwas ankotzt, dann schreib ich das auch wortwörtlich. Demnach nicht unangemessen.
Vielleicht solltest du versuchen deine Geschichte zu überarbeiten.
Finde einen klaren Anfang, einen Höhepunkt und ein Ende. Bestimme deine Rahmenhandlung und versuche eine Struktur zu schaffen.

Viel Glück
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EhrlicherGeist
Geschlecht:männlichGänsefüßchen

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Beiträge: 31
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Beitrag23.10.2011 15:38

von EhrlicherGeist
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-.-
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SilentVellamo
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Beiträge: 121



Beitrag23.10.2011 19:37
Re: Tagebuch eines Selbstmörders
von SilentVellamo
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Huhu,

ich bin noch ganz neu hier, bin mir also noch nicht so ganz sicher, was die Berechtigung meiner Kritik angeht, aber ich versuch's trotzdem mal, vielleicht magst du ja noch eine dritte Sichtweise haben.

Okay, zuallererst ist mir das hier aufgefallen:

Inkognito hat Folgendes geschrieben:

So "liebes Tagebuch" (*kotz*) jetzt liegst Du hier vor mir.

Ich glaube ich erzähle Dir, "liebes Tagebuch" (*würg*), warum ich Dich überhaupt benutzen soll.


Im Gegensatz zu meinem Vorposter gefallen mir die Ausdrücke nicht wirklich. Mag ja sein, dass deine Person spöttisch über das Tagebuch denkt, aber dieses *Ausdruck* erinnert mich mehr an die Chatsprache von 13-jährigen Mädchen.
Ich würde es eher so schreiben:
So 'liebes' Tagebuch, jetzt liegst Du hier vor mir.

Ich glaube, ich erzähle Dir, 'liebes' Tagebuch, warum ich Dich überhaupt benutzen soll.


Inkognito hat Folgendes geschrieben:

Es fing alles schon vor gut 15 Jahren an. Damals im Religionsunterricht sollten wir uns mit den Menschen und den Religionen auseinandersetzen. Ich hatte die Vorstellung von einem Leben nach dem Tode, so wie es uns gelehrt wurde. Doch als Mensch der Wissenschaft ... nein ich bin kein Wissenschaftler, nur ein gern logisch denkender Typ ... analysierte ich den Glauben, die Gedanken der Menschen, die vor Jahrtausenden lebten in Bezug auf ihren Wissensstand, und kam zu einer zwar recht simplen aber dennoch für mich radikalen Idee. Dieser Einfall schiss mich fortan aus der Bahn.

Die Menschheit damals hatte nicht den Wissensstand, den wir heutzutage haben. Sie wussten nicht, woher sie kommen. Eine Zeit lang hatten sie sich aufgrund ihrer noch nicht entwickelten kognitiven Möglichkeiten auch nicht darüber gewundert.

Irgendwann haben sie aber eine Intelligenz erreicht, sodass sie sich diese Fragen stellten. Damals wie heute hatten diese Menschen vor dem Unbekannten Angst. Und ein paar Leute haben sich diese Angst zunutze gemacht. So konnte man Antworten geben und gleichzeitig die Menschen nach eigenen Wünschen lenken.

Sie erfanden einen oder mehrere Götter. Denn für alles, was gefragt wurde, hatte man nun eine Antwort. Zum Beispiel: Woher kommen wir? Die Bibel gibt als Antwort, dass Gott uns erschuf. - In anderen Religionen gibt es ähnliche "Zeugungs-Geschichten".

Auch wurde ein, wie ich finde, guter Verhaltenskodex erschaffen. Der Umgang mit den Mitmenschen wurde geregelt.


Diesen Teil gefällt mir inhaltlich und ich finde auch nicht, dass du zu weit ausholst. Trotzdem, tut mir leid, das zu sagen, schreibst du für meine Begriffe zu einfach. Deine Sätze sind, wie ich finde, sehr, sehr kurz und du könntest getrost an der einen oder anderen Stelle zwei Sätze zu einem zusammenfassen.
Zum Beispiel so:
Es fing alles schon vor gut fünfzehn Jahren an, als wir uns im Religionsunterricht mit den Menschen und ihren Religionen auseinandersetzten. (Für "Religionen" würde ich in diesem Fall eher sowas wie "Glaubensrichtung" wählen, weil du zweimal kurz hintereinander "Religion" verwendest - ein anderes Wort klänge da besser.

Und ein paar Leute machten sich diese Angst zunutze, indem sie zwar Antworten gaben, gleichzeitig aber die Menschen nach ihren Vorstellungen lenken konnten.

Inkognito hat Folgendes geschrieben:
Alles sehr wohl durchdacht. Doch ...

... in unserer Zeit ... ich weis nicht, wie ich das erklären soll.


Den oben zitierten Teil würde ich dahingehend umändern, dass das "ich weiß nicht, wie ich das erklären soll" rausfällt. Sorry, aber selbst in einem Tagebuch klingt das nicht so passend. Zudem verstehe ich auch nicht so recht, worauf du mit diesem Satz hinaus willst.

Inkognito hat Folgendes geschrieben:

Wir Menschen haben so viele Dinge der Wahrheiten der Religionen durch wissenschaftliche Anstrengung widerlegt, sodass ich regelrecht erschaudert bin. Ich verglich die Antworten aus den so genannten heiligen Schriften mit dem heutigen Stand der Wissenschaft und bekam meine Wahrheit.

Durch einen Zufall im Kosmos sind vor Milliarden Jahren erste Zellen entstanden, aus denen sich Lebewesen entwickelt haben. Die Evolution schritt voran bis zum heutigen Tage, an dem wir Menschen diese Welt so bevölkern.
Wo ich gerade davon schreibe. Wir Menschen und auch alle anderen Lebewesen sind im Grunde nur biologische Maschinen. Hardware und Software. Körper und Bedienprogramm.
Angetrieben durch Zucker und Sauerstoff. Ein wahres Meisterwerk der Natur.


Wenn wir Menschen aber nur sich selbst reproduzierende Maschinen sind. Wo soll dann Gott bleiben? Woher soll das Leben nach dem Tode kommen? Wenn unsere Festplatte, unser Gehirn, keinen Strom mehr hat, so erlischt unsere Existenz.

Und wenn ich nicht in eine andere Existenzebene gehe, wo ich weiter bestehe, warum sollten ich mich durch das Leben quälen? Dann doch lieber direkt alles beenden, weil es keinen Zweck hat.


In diesem Teil wieder das gleiche, was ich oben schon angesprochen habe: Du kannst ruhig einige Sätze zusammenfassen, weil dieses Stakkato den Lesefluss doch erheblich mindert. (Abgesehen von dem grün markierten Teil, den würde ich so lassen, auch wenn ich dir nicht wirklich sagen kann, warum. Gefällt mir auf jeden Fall wink)

Inkognito hat Folgendes geschrieben:

Mit diesen Gedanken fand ich mich dann im Alter von sechzehn Jahren auf einer Bahnbrücke wieder. Auf der Außenseite des Geländers.

Ich war fest entschlossen zu springen, hatte einen Fuß schon in die Luft gesetzt und wollte loslassen. Ich schloss die Augen und ließ los.

Doch ich wurde festgehalten. Ein älterer Mann ergriff meine Hand. Zog mich wieder zurück und ich landete unsanft auf dem Asphalt der Brücke.


Okay, hier haben wir das genaue Gegenteil dessen, was ich oben angesprochen habe lol2
Die Situation ist dramatisch, deine Figur will sich umbringen. Hindere den Leser daran, diesen Absatz zu überfliegen. Setze viele Punkte und gestalte deine Sätze möglichst kurz.
So zum Beispiel:
Ich war fest entschlossen, zu springen. Ich hatte einen Fuß schon in der Luft. Ich wollte loslassen. Ich schloss die Augen, lockerte meinen Griff. Ich ließ los.

Inkognito hat Folgendes geschrieben:

Ich erinnere mich nur noch schemenhaft wie an einen Traum. Der Mann hielt mich fest und hatte ein Mobiltelefon am Hörer. Ich glaube er rief die Polizei an. (Rückblickend: Ein Mobiltelefon in der Mitte der 90er war recht selten).
Mein Herz pochte. Meine Gedanken rasten. Panik stieg in mir auf und ich versuchte auf zu stehen. Doch der Mann hielt mich am Boden. Nachdem er das Gespräch beendete, redete er auf mich ein und versuchte mich zu beruhigen.
Jedoch war meine Panik größer. Alle Kraft nahm ich zusammen. Ich stemmte mich hoch und riss mich von ihm los. Rannte zu meinem Fahrrad und mit einem Tunnelblick fuhr ich nach Hause.
Ich weis noch, wie ich die Tage und Wochen darauf Angst hatte, die Polizei würde bei uns zu Hause auftauchen. Wie ich dann meiner Mutter erklären musste, warum ich mich selber töten wollte.
In gewisser Weise war diese Angst gut denn so verdrängte ich die bösen Gedanken und vergaß sie mit der Zeit, sodass ich mein Leben weiter führen konnte.

Unwissenheit ist ein Segen. Das weis ich jetzt wieder.

Denn vor ein paar Wochen holte mich die gesamte Erinnerung an den missglückten Suizid-Versuch und an die ganze Wahrheit ein.

Ich habe Angst. Ich bekomme Panikattacken. Ich trinke viel. Alles um dieses scheiß Gefühl zu unterdrücken.

Ich bin jetzt dreißig, habe drei Kinder und eine liebevolle Ehefrau. Ich verdamme mich dafür. Ich liebe meine Jungs und auch mein Mädel und gleichzeitig hasse ich mich, dass sie überhaupt entstanden sind. Ihnen die gleichen Qualen, die gleiche sinnlose Existenz zuzumuten.

Ich fühle mich wie in einem endlosen Sturz in die Tiefe. Und ich fühle kein Ende. Ich will leben. Als Mensch oder Geist, Hauptsache ich existiere weiterhin.
Aber ich glaube nicht daran. Ich weis, dass ich sterben werde. Und von mir bleibt nichts. Ich habe mir das "Nichts" vorgestellt. Ich habe Angst. Ich zittere. Nahezu ohnmächtig schreibe ich diese Zeilen und Du "liebes Tagebuch" machst mich gerade wahnsinnig vor Schmerz.

Der Psycho-Doc hat mir sogenannte Tranquilizer verschrieben. Diazepam. Ich nehme davon jetzt bessere eine.


Den Teil finde ich gut. Vor allem, wie du den Zwiespalt deiner Figur schilderst: Leben wollen, aber doch wissen, dass am Ende nichts von einem übrig bleibt. Je nach Intention deines Textes würde ich allerdings die letzte Zeile weglassen: Wenn du der Meinung deiner Protagonisten bist, dass alles Leben sinnlos ist, lass die Zeile weg. Wenn du in die andere Richtung möchtest, dass deine Figur eine ernstzunehmende Störung hat, lass die Zeile.

Okay, ich hoffe, ich konnte ein bisschen weiterhelfen wink

(Übrigens heißt es meines Wissen "ich weiß" und nicht "ich weis".)
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calicojack
Schneckenpost


Beiträge: 13



Beitrag26.10.2011 00:49

von calicojack
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Ich bin gerade dabei, deinen Text zu lesen und schreibe später (oder morgen) noch ne ausführlichere Kritik, was aber als allererstes mal für nen unfreiwilligen Lacher sorgte:
Zitat:
Dieser Einfall schiss mich fortan aus der Bahn.



Ich unterstelle dir jetzt einfach mal, dass du 'schmiss' schreiben wolltest. Das klingt für mich aber sowieso eher zu umgangssprachlich, ich würde 'warf' nehmen.
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Tschert
Schneckenpost
T


Beiträge: 6



T
Beitrag27.10.2011 10:14
Re: Tagebuch eines Selbstmörders
von Tschert
Antworten mit Zitat

Hallo Inkognito,

auch ich habe deinen Tagebucheintrag gelesen und möchte im Folgenden auf einige Punkte eingehen, die mir besonders aufgefallen sind:

Inkognito hat Folgendes geschrieben:
Ich komme gerade vom Psychiater, oder besser gesagt vom Psychotherapeuten, so heißen die wohl ja jetzt. Weil ich nicht weiter wusste.


Nein, Psychiater und Psychotherapeut sind weder synonym, noch ist das eine die veraltete Bezeichnung.
Ein Psychiater ist ein Mediziner, der sich auf das Zusammenspiel der Psyche und Physe spezialisiert hat. Nur selten bieten Psychiater eine psychotherapeutische Behandlung an, da diese sich primär mit der Diagnostik psychischer/psychiatrischer/neurologischer Erkrankungen befassen.
Ein Psychotherapeut hingegen ist eine Person, die neben ihrem Grundberuf als Psychologe, Psychiater oder Pädagoge eine psychotherapeutische Zusatzausbildung absolviert hat. Diese berechtigt sie, Psychotherapie auszuüben.

Fall ein Psychiater, was wie bereits erwähnt selten der Fall ist, Patienten im Rahmen einer Psychotherapie behandelt, so lautet die korrekte Berufsbezeichnung „ärztlicher Psychotherapeut“. Meiner Meinung nach sollte ein Autor Fehlinformation des Lesers tunlichst vermeiden, indem er etwas Zeit in Recherche investiert. Sofern der Leser nicht besser informiert ist als der Autor selbst, kauft er ihm häufig Informationen ab ohne diese genauer zu hinterfragen.

Inkognito hat Folgendes geschrieben:
So "liebes Tagebuch" (*kotz*) jetzt liegst Du hier vor mir.


Diese „*kotz* und „*würg*“ empfinde ich als ziemlich albern. Meine Vorposter haben hierzu bereits gute alternative Formulieren vorgeschlagen, die nicht so infantil wirken. Hier schreibt schließlich ein Dreißig-Jähriger und kein Dreizehn-Jähriger.

Inkognito hat Folgendes geschrieben:
Doch als Mensch der Wissenschaft ... nein ich bin kein Wissenschaftler, nur ein gern logisch denkender Typ ... analysierte ich den Glauben, die Gedanken der Menschen, die vor Jahrtausenden lebten in Bezug auf ihren Wissensstand, und kam zu einer zwar recht simplen aber dennoch für mich radikalen Idee.


Anhand dieses ziemlich langen Satzes möchte ich exemplarisch zeigen, dass du aus vielen Sätzen in deinem Text mehrere kleine entstehen lassen kannst. Ich würde dir empfehlen, Sätze zu kürzen, dass sie ein flüssigeres Lesen ermöglichen. Diesen Satz könntest du in zwei Sätze aufzusplitten. Außerdem würde ich den Einschub mithilfe von Gedankenstrichen vom restlichen Satz abheben, „gern logisch dankender“ kann man durch „rationaler“ ersetzen, was ebenfalls zu einer Verkürzung des Satzes beiträgt.
„Doch als Mensch der Wissenschaft – nein ich bin kein Wissenschaftler, nur ein rationaler Typ – analysierte ich den Glauben, die Gedanken der Menschen, die vor Jahrtausenden lebten in Bezug auf ihren Wissensstand. Wobei ich zu einer zwar recht simplen, aber für mich dennoch radikalen, Idee kam.“

Inkognito hat Folgendes geschrieben:
Dieser Einfall schiss mich fortan aus der Bahn.


Sorry, ist mir sofort ins Auge gestochen und sorgte doch prompt für einen Lachanfall. Auch fände hier das Verb„warf“ passender als „schmiss“, da die Redewendung auch „aus der Bahn werfen“ heißt.

Inkognito hat Folgendes geschrieben:
Die Menschheit damals hatte nicht den Wissensstand, den wir heutzutage haben. […] Wo ich gerade davon schreibe. Wir Menschen und auch alle anderen Lebewesen sind im Grunde nur biologische Maschinen. Hardware und Software. Körper und Bedienprogramm. Angetrieben durch Zucker und Sauerstoff. Ein wahres Meisterwerk der Natur.


Darin, dass du sehr weit ausholst, sehe ich grundsätzlich kein Manko, allerdings empfinde ich dies im Vergleich zu den restlichen Ausführungen als zu detailliert. Die Gedanken zur menschlichen Evolution nehmen zu viel Raum ein, so dass suizidale Gedanken und Todessehnsucht aus dem Fokus gedrängt werden...

Inkognito hat Folgendes geschrieben:
Wenn wir Menschen aber nur sich selbst reproduzierende Maschinen sind. Wo soll dann Gott bleiben? Woher soll das Leben nach dem Tode kommen? Wenn unsere Festplatte, unser Gehirn, keinen Strom mehr hat, so erlischt unsere Existenz.

Und wenn ich nicht in eine andere Existenzebene gehe, wo ich weiter bestehe, warum sollten ich mich durch das Leben quälen? Dann doch lieber direkt alles beenden, weil es keinen Zweck hat.


Warum hat das aus Sicht des Tagebuchführenden keinen Zweck? „Nur“ weil er nach dem Tod nicht weiterleben kann? Ist es dann nicht eher paradox, dass er ein Ende erzwingen will, obwohl er das Nichts fürchtet? An dieser Stelle würden ein paar Konkretisierungen den Leser seinen Schluss besser nachvollziehen lassen. Jugendliche fühlen sich von Problemen tendenziell schnell überfordert. Häufig rufen verflossene Liebe, Streit mit Eltern, Probleme in der Schule oder Probleme mit körperlichen Veränderungen, etc. eine regelrechte Sinnkrise hervor.

Inkognito hat Folgendes geschrieben:
Ich erinnere mich nur noch schemenhaft wie an einen Traum. Der Mann hielt mich fest und hatte ein Mobiltelefon am Hörer.


„am Ohr“ wäre hier passender.

Inkognito hat Folgendes geschrieben:
Ich glaube er rief die Polizei an. (Rückblickend: Ein Mobiltelefon in der Mitte der 90er war recht selten).
Mein Herz pochte. Meine Gedanken rasten. Panik stieg in mir auf und ich versuchte auf zu stehen.


Aufzustehen wird zusammengeschrieben.

Inkognito hat Folgendes geschrieben:
Doch der Mann hielt mich am Boden. Nachdem er das Gespräch beendete, redete er auf mich ein und versuchte mich zu beruhigen.
Jedoch war meine Panik größer. Alle Kraft nahm ich zusammen. Ich stemmte mich hoch und riss mich von ihm los. Rannte zu meinem Fahrrad und mit einem Tunnelblick fuhr ich nach Hause. Ich weis noch, wie sehrich die Tage und Wochen darauf Angst hatte, die Polizei würde bei uns zu Hause auftauchen. Wie ich dann meiner Mutter erklären musste, warum ich mich selber töten wollte. In gewisser Weise war diese Angst gut denn so verdrängte ich die bösen Gedanken und vergaß sie mit der Zeit, sodass ich mein Leben weiter führen konnte.


Diese ganze Szene des Suizidversuchs in der Jungend empfinde ich als nicht plausibel genug. Warum unternimmt der Protagonist konkret einen Suizidversuch? Motiv? Warum macht er sich, wenn er ernsthafte Absichten hat, nicht gründlichere Gedanken um den geeigneten Ort? Eine Bahnbrücke ist am helllichten Tage meist derart mit Passanten überflutet, dass es sich nicht empfiehlt, dort einen Suizid zu unternehmen. Jedenfalls sofern man nicht „nur“ einen Hilferuf aussenden möchte, sondern tatsächlich in suizidaler Absicht handelt. Erinnert er sich an keine weiteren Details in Bezug auf seinen Lebensretter? Wie sah er aus? Mit welchen Worten versuchte er ihn zu beruhigen? Ist die Angst so groß, dass der Betroffene, der zuvor die Intention hat, aus dem leben zu scheiden, keinen weiteren Gedanken daran investiert? Das klingt für mich ziemlich unrealistisch.

Inkognito hat Folgendes geschrieben:
Unwissenheit ist ein Segen. Das weis ich jetzt wieder.

Denn vor ein paar Wochen holte mich die gesamte Erinnerung an den missglückten Suizid-Versuch und an die ganze Wahrheit ein.

Ich habe Angst. Ich bekomme Panikattacken. Ich trinke viel. Alles um dieses scheiß Gefühl zu unterdrücken.


Gibt es denn hierfür keinen konkreten Auslöser bzw. keine konkreten Auslöser? Ich kann nur schwer nachvollziehen, wie man von Todessehnsucht heimgesucht wird, ohne einen persönliche Ursache? Vielleicht macht ihn ein monotoner beruflicher Alltag zu schaffen, der keine Perspektive bietet? Ist er plötzlich arbeitslos geworden? Hat er Geldsorgen? Sind ihm nahestehende Menschen verstorben? Oder wurde eine psychische Erkrankung diagnostiziert, die suizidale Gedanken begünstigt?

Insgesamt werden mir als Leser tiefe Einblicke in die Emotionen des Protagonisten verwehrt, so dass es mir nicht gelingt mitzufühlen – seine Perspektive anzunehmen.
Die Gedanken um die menschliche Evolution sind mir inhaltlich weitgehend zu platt. Hier könntest du noch an der ein oder anderen Formulierung feilen, so dass es verbal zumindest etwas aufpoliert wird.

Viele Grüße

Tschert
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MT
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Beitrag27.10.2011 11:12

von MT
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Hi I.,

sorry, aber für mich ist der Text insgesamt noch sehr, sehr unausgegoren. Abgesehen von unsicherer Interpunktion und Orthografie werden Gedankenfetzen m.E. lieblos in den Raum geworfen. Mir geht es wie einem Teil der Vorposter: Ich bleibe an der Oberfläche, der Text nimmt mich nicht mit.

Was die Einschübe (*kotz*; *würg*) sollen, erschließt sich mir nicht. Hast Du dergleichen schon einmal in einem veröffentlichten Werk gesehen? Ich denke nicht. Sie sind unpassend.

Insgesamt ist der Text eher ein Essay als eine Erzählung, ein recht nüchterner Bericht über die Lage der Dinge, weniger über die - wirklichen - Empfindungen eines einzelnen Menschen.

Und das aus meiner Sicht Entscheidende: Ich glaube dem Prota seine Selbstmordabsichten nicht. Die Schwelle ist wahnsinnig hoch, der Text stellt nicht heraus, dass und warum diese hohe Schwelle überschritten ist. Es wird fast ausnahmslos erklärt, nicht gezeigt; hier z.B.:

Zitat:
Unwissenheit ist ein Segen. Das weis ich jetzt wieder.

Denn vor ein paar Wochen holte mich...


Derlei macht einen Text fade.

Bitte nicht falsch verstehen, aber das Stück gehört in die Werkstatt.

LGMT
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Maria
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Beitrag27.10.2011 12:23

von Maria
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Hey,
zur weiteren Bearbeitung in die Werkstatt verschoben. Prosa ist hier nicht passend.
Gruß
Maria
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Beitrag27.10.2011 23:45

von EhrlicherGeist
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danke, ich werde hier dann weiter texten... in eine fast 100%ig autobiographischem Tagebuch, falls einer zweifelt, ich habe dies 1:1 aus meinem Tagebuch übernommen, werde aber in Zukunft dies so nicht mehr machen...
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Belzustra
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Beitrag28.10.2011 00:30

von Belzustra
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Ist denn so schlimm im "Nichts" zu enden? Ich finde den Gedanken irgendwie beruhigend, denn die Angst vor dem Tod zu besiegen, obwohl man davon ausgeht, dass der Tod das Ende ist, ist mutig und ein Zeichen von Stärke.
Glaube und Religion sind  meiner Meinung nach nur Mittel zum Zweck und ihre Funktion besteht darin uns in schwierigen Momenten schwierige Entscheidungen abzunehmen. Wer nicht glaubt, muss diese Entscheidungen selbst treffen, muss selbst Verantwortung übernehmen und selbst bestimmen. Mehr Freiheit kann ein Mensch nicht verlangen und das ist es doch, was wir anstreben, Freiheit.
Und die Tatsache, dass der Mensch vermutlich durch Tausende, vielleicht Millionen von Zufällen entstanden ist finde ich eher faszinierend als niederschmetternd. Zwar bedeutet dies im Konkreten, dass es einen Gott eigentlich nicht geben kann, aber es bedeutet ebenso, dass wir einer Spezies angehören, die etwas besonderes ist, weil ihre Existenz nicht selbstverständlich ist.
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Alogius
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Vom Verschwinden der Muse
Beitrag28.10.2011 01:06

von Alogius
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Inkognito hat Folgendes geschrieben:
danke, ich werde hier dann weiter texten... in eine fast 100%ig autobiographischem Tagebuch, falls einer zweifelt, ich habe dies 1:1 aus meinem Tagebuch übernommen, werde aber in Zukunft dies so nicht mehr machen...


Inwiefern hilft es dir weiter, wenn du dein persönliches Tagebuch (welches dir gehört und nur dir) hier veröffentlichst?

Anders gesagt:
Spricht denn etwas dagegen, dass du deine Gedanken "literarischer" kleidest, sortierst, bevor du sie hier öffentlich machst? Ich glaube, man hat hier deinen Text kritisiert, nicht dich...


_________________
Aus einem Traum:
Entsetzter Gartenzwerg: Es gibt immer noch ein nullteres Fußballfeld. Wir werden viele Evolutionen verpassen.
Busfahrer: Tröste dich. Mit etwas Glück sehen wir den Tentakel des Yankeespielers, wie er den Ereignishorizont des Schwarzen Loches verlässt.
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bloody_mary
Klammeraffe


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Beitrag28.10.2011 07:57

von bloody_mary
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Lieber Inkognito,

nur kurz: ist dir klar, dass das Inkognito automatisch nach einer Zeit aufgelöst wird? Denn wenn das wirklich dein persönliches Tagebuch ist, möchtest du vielleicht lieber völlig unerkannt bleiben, also auch nicht mit Nick und Avatar sichtbar werden?

Nur zur Sicherheit, bevor du da später was bereust.

Viele Grüße, Bloody Mary
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Beitrag28.10.2011 11:03

von EhrlicherGeist
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natürlich ist mir dies klar
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Alogius
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Die Goldene Bushaltestelle Goldene Feder Prosa (Anzahl: 2)


Vom Verschwinden der Muse
Beitrag28.10.2011 15:03

von Alogius
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Wollen wir mal.

Moin,

ich muss mich der allgemeinen Meinung in vielen Punkten anschließen. Unabhängig davon, dass dieser Tagebucheintrag, wie du selbst sagst, autobiografisch ist (und dir scheint es nichts auszumachen, dass daran herumgedoktort wird, scheinst es zu begrüßen - wieso auch immer), muss ich feststellen, dass hier ein ziemliches Chaos herrscht. Der Text springt von Info zu Info, ohne einen Moment zu verweilen, um vielleicht den ein oder anderen Aspekt tiefer zu behandeln, auszuformen und so anschaulicher für den Leser zu werden.

Wie es in den Köpfen von Selbstmördern ausschaut, vermag ich nicht zu sagen. Was ich aber sagen kann: Auch autobiografische Texte, selbst in diesem "Extremfall", können und sollten literarisch aufgewertet und ebenso verwertet werden, so man sie niederschreibt, damit andere sie lesen. Was man für sich selbst schreibt, muss man auch selbst wissen. Kommt Leserschaft ins Spiel, benötigt man eine Struktur, einen Aufbau und eine Zielrichtung, die hier einfach fehlt. Selbst das von mir angesprochene Chaos ließe sich verdichten und dann immer noch so darstellen, dass es glaubhaft ankommt.

An nachvollziehbaren oder sichtbaren Emotionen mangelt es. Das liegt einerseits an der quasi nicht existierenden Struktur (vom Ich springst du auf die gesamte Menschheit, den Kosmos, wieder zurück und so weiter), andererseits auch an fehlerhaftem und nicht einheitlichem Stil. Mal wirkt es umgangssprachlich (teilweise sehr undurchdacht), dann schwingt da Pathos mit, um wieder zu wechseln.
Das Ganze wirkt dann auch, als wäre es schnell hingeklatscht worden, ohne sich Gedanken darüber zu machen, wie ein Leser mit diesem Durcheinander an Informationen umgehen wird.
Wie gesagt, Gefühle werden nicht transportiert. Für den anderen Extremfall, einen nüchternen Bericht (was durchaus funktioniert hätte), hat der Text zu viele Passagen, die darauf bemüht sind, das genaue Gegenteil zu erreichen (was darum auch misslingt).

Es wurde in einer Rezension der Unterschied zwischen Psychiater und Psychotherapeut angesprochen (den es gibt, wie ausgeführt). Man könnte natürlich davon ausgehen, dass der Text eine Art des "unzuverlässigen Erzählens" darstellt (vielleicht naheliegend bei einer beschädigten Seele des "Protagonisten"), sprich: Auf die gegebenen Informationen kann man sich als Leser nicht verlassen, da sie subjektiv sind und eventuell falsch oder nur halbwahr sind (das ist ein Stilmittel, Patrick Süskind beherrscht das zum Beispiel sehr gut).
Ich unterstelle aber, dass das nicht in deiner Absicht lag und der Text einfach zu undurchdacht ist, vielleicht in Wut geschrieben oder in einer anderen extremen Gefühlslage? So oder so, es kommt wenig an beim Leser.
Angesprochen wurden auch die *Einschübe*: Sie entstellen den Text endgültig. Das solltest du lassen, ehrlich.

Ein paar Beispiele:

Zitat:
so heißen die wohl ja jetzt

Das ist ganz furchtbar. Umgangssprache hin oder her...

Zitat:
In meinem Inneren schreit mein Herz. Meine Adern brennen und ich fühle mich ohnmächtig ob des Wissens, welches ich erreichte.

Das sind zwei abgegriffene Formeln, um das Seelenleben zu beschreiben. Was bedeutet das: "ob des Wissens, welches ich erreichte"
 Question

Zitat:
Ich glaube ich erzähle Dir, "liebes Tagebuch" (*würg*), warum ich Dich überhaupt benutzen soll.

Klammern wir mal den unsäglichen *Einschub* aus:
Ohne diesen ist das allerdings ein wunderbarer Satz, wäre sogar ein toller Einstieg gewesen - die Verachtung, dem eigenen Tagebuch, also den eigenen Gedanken gegenüber. Das wäre klasse geworden.

Zitat:
Dieser Einfall schiss mich fortan aus der Bahn.

Absicht? Wenn ja, dann ist das klasse - passt aber nicht zum Tenor des Textes. Wenn nein, dann besser "warf".

Hier bringt das Ich die Gründe, weshalb überhaupt diese Verzweiflung entstanden ist: Glaube vs Wissenschaft.
Die Frage ist, inwiefern eine eher banale Erkenntnis ("Die Wissenschaft kann die Welt erklären, die Religion sie nur 'erfahren'.") einen Menschen derartig umhauen kann, dass er depressive Gedanken entwickelt. Ohne jetzt analysieren zu wollen: Da muss dann schon im Vorfeld etwas geschehen sein oder - salopp gesagt (nicht übel nehmen!) - eine Leitung angeknackst sein. Mir persönlich ist der Konflikt zwischen Religion und Ratio nämlich unheimlich egal, wenn er auch fasziniert.
Dann wird ziemlich viel assoziiert, sodass der Text von einem Gedanken zum anderen springt - ein solcher Gedankenschub ist legitim, wird hier aber zu starr ausgereizt; es entsteht also der Eindruck, es mit undurchdachten Ideen zu tun zu haben.
Das Ich kommt also zur folgenschweren Entscheidung, dass es keinen Grund gibt, zu leben, wenn danach nichts ist. Erneut muss man die Frage stellen, inwiefern eine solche Konsequenz nachvollziehbar ist. Sie ist es auf jeden Fall nicht durch den Text.
Der Vorfall an der Brücke wird fragmentarisch geschildert (ohne jedoch das Mittel des Fragments wirklich zu nutzen), sodass einfach keine Gefühle, kein Nachempfinden beim Leser entstehen.

Dann der Sprung:
Familie, Kinder. Das Ich fragt sich also, warum es seiner Familie (den Kindern in erster Linie natürlich) diese schreckliche Existenz, die im "Nichts" enden wird, zumuten kann. Ein drittes Mal stelle ich mir die Frage, wieso eine solche Konsequenz entstehen konnte?
Oder anders: Warum überhaupt eine Familie gründen? Der Vorfall von damals kann nicht derartig vergessen sein, denn geprägt hat er ja auch - sonst gäbe es die aktuellen Gedanken nicht.
Das liest sich seltsam grundlos und unmotiviert, geht nicht in die Tiefe und verhindert jegliche Möglichkeit der Identifikation oder gar der Katharsis.

Zitat:
Nahezu ohnmächtig schreibe ich diese Zeilen und Du "liebes Tagebuch" machst mich gerade wahnsinnig vor Schmerz.

Der Satz hingegen, er gefällt mir.

Das Ende (Diazepam) jedoch ist unheimlich platt, entschuldige.

Fazit:

Mangelnde Struktur, inhaltliche Inkohärenz und extreme sprachliche Schnitzer verhindern jede Wirkung, die der Text haben sollte. Das muss grundsätzlich überarbeitet werden.

Kurz eine persönliche Anmerkung:

Dir ist bewusst, wie du schreibst, dass das Inkognito aufgehoben wird, irgendwann. Ebenso hast du den Text zur Kritik gestellt, weshalb ich genau das getan habe.
Trotzdem liegt es mir natürlich fern, dich oder deine Probleme zu thematisieren, erst recht will ich sie nicht analysieren.

Lg

Tom
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calicojack
Schneckenpost


Beiträge: 13



Beitrag30.10.2011 14:07

von calicojack
Antworten mit Zitat

So, wie gesagt melde ich mich nochmal zu Wort, wenn auch deutlich verspätet... du hast ja inzwischen schon zahlreiche Kritik erhalten, insofern werde ich den Text selbst jetzt nicht nochmal auseinandernehmen. Trotzdem hab ich noch meinen Senf dazuzugeben:

Inkognito hat Folgendes geschrieben:
danke, ich werde hier dann weiter texten... in eine fast 100%ig autobiographischem Tagebuch, falls einer zweifelt, ich habe dies 1:1 aus meinem Tagebuch übernommen, werde aber in Zukunft dies so nicht mehr machen...


Ich würde mir an deiner Stelle erstmal überlegen, in welcher Form du den Text verfassen möchtest. Denn das mit den 1:1 übernommenen Tagebucheinträgen funktioniert ja nicht, wie wir sehen.

Das Problem dabei ist meiner Meinung nach, dass ein Tagebuch ja normalerweise auch nicht dazu gedacht ist, von anderen gelesen zu werden. Sprich: Du schreibst die Dinge so auf, wie du sie verstehst/sie dir klar sind, und das ist ein himmelweiter Unterschied zu einem Text, der sich in seiner Absicht an fremde Leser richtet und den man nach sorgfältiger Überarbeitung und mehrmaliger Prüfung an die Öffentlichkeit bringt.

Erstens, weil das, was nur für dich gedacht ist auch so geschrieben sein kann, dass nur du es verstehst (Auslassungen, "Insider", spezielle Wortwahl etc.) während es anders herum so strukturiert und aufgebaut sein muss, dass es für einen Fremden schlüssig ist. Wenn jetzt z.B. die 18-jährige Lena anfängt, Tagebuch zu schreiben und darin von einem Jan berichtet, und sie lässt sich seitenweise darüber aus, was er doch für ein Idiot ist und dass sie wegen ihm fast durch's Abi gefallen ist... Lena wird immer wissen, dass es der Ex-Freund ist, der sie böse verarscht hat, und welche Hintergründe dazu vorlagen... sie benutzt das Tagebuch nur, um sich bestimmte Gedanken von der Seele zu schreiben. Aber woher wollte ein unbedarfter Leser dieses Vorwissen haben? Und wie sollte er Interesse entwickeln, wenn er das Vorwissen nicht hat?
Lena würde andersherum aber nie anfangen, in ihrem Tagebuch zu erklären, wer Jan ist, wer sie ist und wie sich alles zugetragen hat, wenn sie es nur für sich selbst schreibt, um den Frust über den Ex auf Papier zu bringen.

Zweitens sind ja die wenigsten von uns DIE geborenen Naturtalente, denen die perfekte Ausdrucksweise und Wortwahl nur so aus dem Hirn sprudelt. Nicht umsonst gibt es bei den Manuskripten normalerweise einen ersten Entwurf, der dann mehrmals vom Autor selbst und schließlich von Beta-Lesern etc überarbeitet und korrigiert wird, bis er reif ist für einen Verlag etc. Insofern würde ich mal sagen, auch bei den meisten Tagebucheinträgen bestünde im Hinblick auf deren Verwertbarkeit in Buchform erstmal Korrekturbedarf, Authentizität hin oder her - wenn der Leser das Gefühl hat, ein Text ist stilistisch unzureichend, wird er ihn auch nicht lesen wollen.

Ich würde sagen, du hast mehrere Möglichkeiten... entweder, du verfasst den Text in "normaler" Form (Was ist die korrekte Bezeichnung? Erzählform? Naja, ich hoffe man versteht, so, wie halt die meisten Bücher geschrieben sind). Das kann natürlich auch in der Ichperspektive sein, aber eben nicht in Form von Tagebucheinträgen, sondern die ganze Geschichte, die du erzählen willst, in irgendeiner schlüssigen und strukturierten Weise sehr nah am Gefühlsleben des Protagonisten (=du) erzählt. Du könntest es natürlich auch wirklich in Form von Pseudo-Tagebucheinträgen machen, ich unterstreiche hier aber das Wort pseudo, da die "richtigen" Tagebucheinträge scheinbar nicht für die breite Leserschaft geeignet sind. Es gibt ja auch ganze Bücher, die in Form von Briefen oder Mails geschrieben sind (z.B. "Gut gegen Nordwind"), also sowas funktioniert schon, nur müsstest du deine echten Tagebucheinträge hierfür im größeren Rahmen anpassen/umformen.
Du könntest es im Prinzip auch in der dritten Person schreiben, gerade wenn du dir mit der Schilderung des Gefühlslebens allzu schwer tust, ist es auf diese Weise irgendwie distanzierter und könnte leichter fallen. Oder du machst ein autobiographisch inspirierte und orientierte, aber eben nicht 1:1 reale Geschichte draus.

Gibt ja viele Möglichkeiten...
Ich würde mir an deiner Stelle aber wohl erstmal klar werden, wie genau du es angehen willst, bevor du anfängst, viel zu texten, sonst hast du am Ende noch die doppelte und dreifache Arbeit.
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