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Deutsches Schriftstellerforum Foren-Übersicht -> Antiquariat -> Postkartenprosa 10/2011
Geisterwelt

 
 
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Nicki
Geschlecht:weiblichBücherwurm

Alter: 68
Beiträge: 3613
Wohnort: Mönchengladbach
Ei 10


Beitrag30.10.2011 16:36

von Nicki
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Hallo,

leider kann ich in diesem PoKaPro nicht mitbeurteilen, obwohl ich schon  damit angefangen hatte.
Ein kurzfristig geplanter Englandurlaub, danach ein paar Tage meine Schwester zu Besuch (d. h. vier chaotische Menschen mit einem ebenso chaotischen Hund) haben meine Rezensionspläne über den Haufen geworfen.
Im Moment bin ich noch mit einer starken Erkältung geschlagen; ich bin froh, wenn ich diesen Text fehlerfrei ins Antwortkästchen kopieren kann.
Da für mich die Devise gilt: aus Gerechtigkeitsgründen alle oder keiner, habe ich auch keine Federn vergeben, obwohl einige Texte das durchaus verdient haben. Schade! Next Time!


_________________
MfG
Nicki

"Wer immer tut, was er schon kann, bleibt immer das, was er schon ist." Henry Ford
"Fantasie ist wichtiger als Wissen, denn Wissen ist begrenzt." A.Einstein


*Sommerblues* September 2017 Eisermann Verlag
*Trommelfeuer* November 2017 Eisermann Verlag
*Silvesterliebe* 30. November 2018 Eisermann Verlag
*Gestohlene Jahre* Work in Progress
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Malaga
Geschlecht:weiblichKlammeraffe


Beiträge: 826



Beitrag30.10.2011 17:21

von Malaga
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Neutraler Kommentar. Auf Wunsch mehr.
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seitenlinie
Geschlecht:männlichReißwolf


Beiträge: 1829

Pokapro 2015


Beitrag30.10.2011 18:31

von seitenlinie
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Der Begriff Geisterwelt führt mich hier etwas in die Irre.
Es geht hier sicher nicht um eine Welt, in der es Geister gibt, sondern um einen Ort, an dem alles Leben
ausgelöscht wurde, z.B. durch ein Erdbeben.

In der trüben Spiegelfläche verwusch sich der Staub,…Verwischte sich der Staub?

Einzig Prinz, der unter einer Sitzecke herumschnüffelte, glänzte goldbraun.Wirft mich an dieser Stelle etwas aus der Atmosphäre –
 erst ein Prinz, dann schnüffelt er und am Schluss muss ich an einen Goldbroiler (Brathähnchen) denken.

Der Staub trennt Henning von der bitteren Wirklichkeit … eine interessante Sichtweise. Das wird mir etwas zu
sehr durch den Erzähler aufgedrängt. Damit könnte ich mich eher anfreunden, wenn ich Hennigs Wahrnehmungen
spüren würde.

Allein die Worte in seiner Muttersprache zu lesen, erfüllte Henning mit Wärme.Zeigen statt behaupten berührt den Leser eher.

Mit den nächsten Sätzen gelingt das besser, am Schluss verliere ich Henning wieder.

– da endlich verließ Henning die Geisterwelt.Sie verließ ihn oder er sie?


Eine außergewöhnliche Idee, teilweise gut umgesetzt, teilweise gut angedacht - sprachlich noch nicht ganz
überzeugend.

(5 Federn)
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Nihil
{ }

Moderator
Alter: 34
Beiträge: 6039



Beitrag30.10.2011 20:37

von Nihil
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Ich hab noch nie eine Geschichte mit einem Protagonisten namens Henning gelesen! love

Glückwunsch!
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Akiragirl
Geschlecht:weiblichDünnhäuterin

Alter: 33
Beiträge: 3632
Wohnort: Leipzig
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Beitrag31.10.2011 00:34

von Akiragirl
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Hallo euch allen,

erstmal vielen, vielen Dank für die überwiegend positiven Bewertungen und Einschätzungen! Es hat großen Spaß gemacht, all eure Kommentare zu lesen. Ich möchte gern jedem von euch kurz antworten und vor allem auch noch ein paar Unklarheiten beseitigen.

Einige von euch haben nicht verstanden, wie ich die Metapher der Geisterwelt gemeint hatte. Wahrscheinlich habe ich das nicht so rübergebracht; mir selbst erschien es logisch, naja Embarassed
Ich versuche mal, was aus meiner Sicht zu erklären:

Die Geschichte spielt nach dem Erdbeben in Fukushima. Der Staub stammt sozusagen von den Trümmern. Henning sieht sich selbst, verdreckt und verstaubt wie er ist, in dem verwaschenen Spiegel und seine eigene Erscheinung erinnert ihn an einen Geist. Die Geisterwelt steht für das Abgeschottet-Sein, für die Distanz, die Henning empfindet. Er lässt das Leid um sich her nicht wirklich an sich heran; fühlt sich eben wie ein Geist unter Menschen. Die Postkarte reißt ihn aus dieser distanzierten Haltung, weil sie jemanden betrifft, der genauso gut seine Tochter hätte sein können. Jemand aus seiner Heimat. Dadurch erwacht er aus dieser „Starre“, spürt erstmals den Schmerz und „gehört“ dadurch plötzlich zu den Menschen um ihn herum, er ist dann quasi kein Geist mehr, sondern wieder ein Mensch mit Gefühlen und Ängsten wie die anderen. Das Verlassen der Geisterwelt am Ende steht also für den Übergang aus der „unwirklichen“ zurück in die „wirkliche“ Welt.

Okay, das ist länger geworden als beabsichtigt ^^
Jetzt zu euren Kommentaren:

@adelbo: Schade, dass dir der Text gekünstelt vorkam. Dass der Staub, der sich auf allem und jedem festsetzt, etwas Beherrschendes an sich hat, finde ich gar nicht so weit hergeholt. Dass dieses Herausreißen aus dem Schockzustand am Ende ausführlicher hätte sein müssen, habe ich auch so empfunden. Leider hatte ich dafür nicht mehr genügend Wörter übrig ^^

@Pünktchen: Wow, vielen Dank smile

@lady-in-black: Auch dir, danke für die Blumen ^^

@hobbes: Genau. Indem er den Schmerz der anderen wahrnimmt, wird er wieder einer von ihnen. Ein Mensch wie alle um ihn herum und kein gefühlloser „Geist“, der nichts an sich heran lässt.

@firstoff: Wirklich? Das wundert mich. Die Geisterwelt war nämlich das Bild, das ich zuallererst im Kopf hatte, als diese Geschichte entstanden ist. Alles andere ist eigentlich nur drumherum gebaut.

@Rosanna: Das ist es ja, anfangs ist er überhaupt nicht berührt von dem Leid. Erst die Karte ist der Auslöser für den Gefühlsumbruch, sozusagen. Kam vielleicht nicht so gut rüber.

@Dienstwerk: Wow, ich werde noch ganz rot … Embarassed Auch, wenn ich letztlich nur dein zweiter Favorit geworden bin, bedeutet mir das schon sehr viel. Hätt ich nicht mit gerechnet. Danke!

@Mio: Vielen Dank für den netten Kommentar und die gute Befederung smile

@Tina: Danke. Ich habe auch immer den Anspruch, richtige Geschichten mit Anfang, Mitte und Schluss zu erzählen. Deshalb freut mich deine Aussage ^^

@C-Rod: Freut mich sehr, dass es bei dir Eindruck hinterlassen konnte.

@anuphti: Ich hatte es mir so vorgestellt, dass nur ein Teil des Cafés durch das Erdbeben eingestürzt ist, der andere Teil aber noch halbwegs erhalten geblieben ist. Kam in den wenigen Worten wohl nicht ganz rüber.

@Herbert: Genau, das sollte das Thema sein smile

@Paloma: D.a.n.k.e. =)

@soleatus: Vielleicht kannst du ja noch mal präzisieren, was du genau mit „Ecken und Kanten“ meinst?

@Maria Magdalena: Danke für deinen sehr ausführlichen Kommentar. Kann deine Kritikpunkte im Großen und Ganzen gut nachvollziehen. Das meiste davon liegt daran, dass ich sehr viel streichen musste; mir die 350-Wörter-Grenze diesmal sehr zu schaffen gemacht hat.

@fancy: Thx. Smile

@EAP: Ich verstehe gar nicht, was du mit „konstruiert“ meinst. Er findet zufällig ihre Karte, kennt sie nicht, hat sie nie gesehen, weiß auch nicht, was aus ihr geworden ist. Das einzige, was sie verbindet, ist ihre Herkunft. Vielleicht kannst du mir ja noch mal genauer erklären, was du damit meintest?

@mondblume: Vielleicht hilft dir ja mein Erklärungsversuch oben weiter? In der Tat habe ich den ersten Teil bewusst sehr emotionslos beschrieben, um Hennings eigene Distanziertheit auch im Text zu spiegeln.

@Mr.Curiosity: Ich merke schon, bei dir müssen Bilder immer bis ins letzte konsistent sein ^^ Irgendwie war meine Vorstellung etwas weniger konkret. Der Staub sieht in dem trüben Spiegel, so von weitem, einfach aus, als ob alles, das er bedeckt, viel heller wäre, eben wie in einer Geisterwelt. Henning empfindet sich selbst als Geist, der außerhalb der Realität steht. Anders kann ich nicht erklären, was beim Schreiben in meinem Kopf vorging Sich kaputt lachen Das ist wohl so widersprüchlich und inkonsistent, dass es nur für mich Sinn ergibt.

@debruma: Ich maße mir nicht an zu wissen, wie „die Leute“, also die Rettungshelfer, fühlen. Ich denke, es gibt da alle Arten von Wahrnehmung und Möglichkeiten, damit umzugehen. Jeder Mensch ist anders. Und Hennings Geschichte ist eben diese und nicht repräsentativ für „alle“ Rettungshelfer.

@Susanne2: Wow, da hab ich direkt gleich ein breites Lächeln im Gesicht ^^

@Aknaib: Oh! Ein Lob von dir wiegt natürlich besonders schwer, da ich weiß, wie kritisch du bist. Danke!!!

@Katja: Schön, dass es dir gefallen hat smile

@Kekewa: Ja, ich fand die Vorgaben diesmal auch besonders knifflig.

@Mardii: Ich habe es so gedacht, dass manchmal gerade Kleinigkeiten eine große Wirkung haben können. Quasi der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt.

@Amaryllis: Stimmt, am Ende meinte ich Trümmerberge. „Tal“ ist da vielleicht ein bisschen übertrieben. Irgendwie wollte ich in den letzten Sätzen so einen gewissen Pathos in die Geschichte reinbringen und da klang das einfach stärker.

@Alogius: Vielen Dank für das Lob!

@Einherjer: Vor allem ist der Satz wichtig für das Gesamtverständnis. Gut beobachtet – und danke!

@schneestern: Schön smile

@Papagena: Damit hast du ganz gut meine eigene Meinung zum Text zusammengefasst. Das Ende ist ziemlich zusammengestaucht auf „Floskeln“. Hätte ich 50 Wörter mehr gehabt, wäre es vielleicht eindringlicher geworden.

@Dorka: Danke!

@Frau Ella: Claire? Kann es sein, dass du etwas durcheinander gekommen bist? ^^ Also Maja hat die Karte geschrieben, sollte ein paar Tage später in dem Hochhaus einen Vortrag halten, aber dazu kam es nicht. Das Hochhaus ist nicht das, was eingestürzt ist, sondern das Café und zwar infolge des Erdbebens in Fukushima, das der Atomkatastrophe vorangegangen ist. Die Karte hat sie in dem Café verloren, weil infolge der Katastrophe eben großes Durcheinander war und das keine Rolle mehr spielte.

@Myrine: Wie gesagt, mit ein paar mehr Worten wäre das vielleicht besser geworden. Hätte ich vielleicht am Anfang einsparen müssen …

@Rufina: Es hieß, dass wir uns aussuchen können, wo der Wolkenkratzer stehen soll. Das stand so in der Aufgabenstellung. Ich habe gar nicht erkannt, dass das in HongKong sein sollte und insofern hätte ich es gar nicht anders machen können.

@Brain: Stimmt, danke für den Hinweis.

@princess: Vielleicht hilft die ja die Erklärung, die ich oben gepostet habe, etwas weiter. Prinz rennt nicht weg, sondern zurück zum Eingang, wo Henning nach wie vor steht smile

@lupus: Ich finde deine Kritik ehrlich gesagt etwas seltsam. Ich unterstelle niemandem irgendetwas. Ich bin der Meinung, Rettungshelfer sind Menschen wie alle Menschen und da gibt es auch solche und solche. Ich will doch hier keine Verallgemeinerung treffen, sondern nur die Geschichte einer bestimmten Person erzählen. Und für Henning ist es eben so, dass erst der Bezug zu etwas Vertrautem ihn aus seiner Distanz reißt. Wieso soll das dreist sein?
Das Ende ist etwas pathetisch, ja. Sollte aber auch so sein, um einen Kontrast zum ersten Teil zu erzeugen.

@Chouette: Vielen Dank für deine lieben Worte. Habe mich sehr darüber gefreut.

@seitenlinie: Danke für deinen sehr ausführlichen Kommentar. Ich habe Prinz extra schnüffeln lassen, damit man erst gar nicht darauf kommt, es könnte sich um einen Menschen handeln wink Ansonsten auch danke für deine Hinweise!

@Nihil: Ja ^^ Ich dachte erst, es könnte Probleme geben, da man denken würde, der Text ist von dir und dann wollte ich den Namen ändern, aber irgendwie passte er in meinem Kopf so zu der Figur, dass ich mich nicht mehr davon trennen wollte *g*

Nochmals vielen Dank an euch alle. Der Wettbewerb hat mir wie immer viel Spaß gemacht und ich freue mich über die vielen tollen Kommentare.

Liebe Grüße
Anne


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Frau Ella
Klammeraffe
F


Beiträge: 507



F
Beitrag31.10.2011 09:24

von Frau Ella
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Zitat:
@Frau Ella: Claire? Kann es sein, dass du etwas durcheinander gekommen bist? ^^


Oups, allerdings!!  Embarassed  

Mein Namensgedächtnis spielt mir in letzter Zeit öfter solche Streiche, sorry. Ich war aber in der richtigen Geschichte, oder?   Wink

Glückwunsch zum dritten Platz!!!
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Gast







Beitrag31.10.2011 17:33

von Gast
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Liebe AkiraAnne,

Wie unschwer aus meiner Befederung abzuleiten ist, wäre dein Text nicht auf Platz drei gekommen, wenn es nach mir gegangen wäre. Ich weiß, dass du es nicht persönlich nimmst und will jetzt gern einen Kommentar nachreichen, um darzulegen, was ich an diesem Beitrag weniger gut fand.
Erstens (und das ist der doch sehr subjektive Anteil an der Bewertung, man kann auch „Geschmackssache“ dazu sagen …):
Das Thema. Hängt es mit der relativen Zeitnähe der Katastrophe in Japan zusammen? Ist es gerade, weil ich (zumindest hier) kaum noch davon höre und mich frage, wie berührt wir eigentlich sind und wie „echt“ Mitfühlen überhaupt sein kann? Ich habe nichts dagegen, dass jemand dieses oder ein anderes Erdbeben (vom Tsunami ist übrigens überhaupt nicht die Rede, was mich irritiert hat, dazu später mehr) in einer KuGe verarbeiten will, aber es ist immer ein Risiko, und ich persönlich finde, dass dieser Text der Tragweite des Leidens nicht gerecht wird und zwar genau wegen dieses der-Prota-fühlt-sich-persönlich-betroffen-Aspektes, ohne den Mitleiden augenscheinlich nicht möglich ist? Genauer: Es muss ein „heimatliches“ Mitleid sein, das ist es, was mich stört. Kennst du diese Radiomeldungen, die von einem Flugzeugabsturz berichten, bei dem mehrere hundert Menschen ums Leben gekommen sind und dann kommt der Zusatz: „… deutsche Staatsbürger befinden sich nicht unter den Opfern.“? Der Text hat mir ungefähr diesen kurzen Fremd-Schäm-Effekt beschert, den ich immer habe, wenn mir so etwas begegnet. Oh je, ich hoffe, ich drücke mich einigermaßen verständlich aus?

Weiter zum Inhalt. Wie schon angedeutet, hat mich irritiert, dass im Zusammenhang mit Fukushima von „Staub“ die Rede ist, mir hätte sich da eher eine Schicht von, ich weiß nicht, Überschwemmungsschlamm, der so langsam trocknet oder so, aber dann fällt mir auf, dass ja du recherchiert hast (haben solltest) und ich dem Autoren hier wohl nicht genug Vertrauen entgegenbringe? Wie auch immer, es hat bei mir nicht funktioniert.

Nun, jetzt zu Henning (hat es mich gestört, dass er ausgerechnet so heißt? Gestutzt habe ich schon. Nebenbei: es bestand zu keiner Zeit die Möglichkeit, dass ich den Text für Nihils gehalten hätte, auch wenn er dabei gewesen wäre).
Henning schiebt einen Eisenträger (!) beiseite. Henning ist sehr stark, lese ich, geradezu ein Supermann ist er …
Der zweite Absatz ist gut. Daumen hoch

Dann: „Der Schleier umhüllte [Henning] seit Beginn des Rettungseinsatzes“: „umhüllen“ gefällt mir hier nicht, es ist nicht an seinem Platz und für mich muss in einem kurzen Prosatext jedes Wort sitzen. Ein Schleier, weiterhin, ein Schleier trennt nicht wirklich, jedenfalls nicht aus der Sicht seines Trägers, von der Wirklichkeit, das passt für mich ebenfalls nicht. Durch Schleier dringen Bilder und Geräusche mühelos, es sind keine abschottenden Panzer.

Der Vergleich mit dem Geist.
Außer dem Bezug zum Titel, den du hier suchst, erschließt er sich mir nicht, dieser Vergleich. Ein Typ, der wie Henning so etwas macht, kann für mich nicht glaubwürdig als einer beschrieben werden, der von dem, was um ihn herum vorgeht, was er sieht, nur gestreift wird. Henning braucht den „Kick“ mit seiner Muttersprache, um endlich in der Wirklichkeit des Leidens um ihn herum anzukommen und das hat bei mir eigentlich nichts als Unverständnis ausgelöst, ich halte das einfach für ein an den Haaren herbeigezogenes Dings, und das hat wohl meine niedrige Befederung hauptsächlich motiviert … dann kam dazu: Tränendrüse … das Ding mit der „eigenen“ Tochter, Mensch, ich bin dreifache Mutter und es funktioniert einfach nicht, stimmt was nicht mit mir  Shocked  ???

Echt, SuperHenning steigt über Trümmer hinab ins Tal (er kommt mir riesig vor, jetzt) und dank der vertrauten Schriftzeichen auf einer Postkarte (übrigens: die Vorgaben sind wirklich super eingebaut, in jeder Beziehung) verlässt er eine Geisterwelt, die ich einfach nicht nachvollziehen konnte, die für mich gar nicht existiert hat. Wenn ich Geisterwelt mit einer solchen Katastrophe in Verbindung bringe, dann die der unzähligen Toten, die doch gegenwärtig sind, da kommt es mir seltsam vor, dass der Lebende einem Geist gleichgesetzt wird und der Verdacht liegt nahe, dass der Text sich auch hier der Katastrophe bedient, weil fehlender Inhalt durch ihr großes Ausmaß ausgeglichen werden soll.

In der Hoffnung, dir deutlich machen zu können, warum ich deinen Text relativ niedrig bewertet habe (ich muss immer auch sagen, dass es schwer ist, zwischen vier und fünf Federn überhaupt einen Unterschied zu machen, und zuerst hatte ich ihm fünf gegeben …) verbleibe ich mit ganz lieben Grüßen,

Anja
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Akiragirl
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Beitrag31.10.2011 17:45

von Akiragirl
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Liebe Anja,

wow, was für dein mörder-Kommentar Shocked

Deine Hauptkritik trifft in etwa das, was auch lupus an dem Text gestört hat. Dies hier:
Lorraine hat Folgendes geschrieben:
Kennst du diese Radiomeldungen, die von einem Flugzeugabsturz berichten, bei dem mehrere hundert Menschen ums Leben gekommen sind und dann kommt der Zusatz: „… deutsche Staatsbürger befinden sich nicht unter den Opfern.“?

ist etwas, was mich - ob du es glaubst oder nicht - auch schon immer total gestört hat. Als ob Menschen anderer Länder weniger Wert wären.
Andererseits ist es kein Zufall, dass solche Zusätze immer kommen. Es gibt nun einmal Menschen, die sich mit dem Leid, das nahe an ihnen dran passiert (in der Familie, Nachbarschaft, Stadt) mehr identifizieren können als mit dem Leid in Afrika oder sonstwo. Irgendwo ist das auch menschlich, meine ich. Dass mein Henning eher so eine Figur ist, ist ja kein Werturteil meinerseits (nur "Deutsche" Leben sind es wert, betrauert zu werden oder so).

Für mich war der Grundgedanke, dass Henning von Anfang an versucht hat, nichts an sich heranzulassen, um seine Arbeit gut zu machen. Die Bildebene "Geisterwelt" hat einigen nicht so gefallen; dass der Staub ihn irgendwie abtrennt; vielleicht denke ich zu abstrakt, ich weiß nicht.
Jedenfalls geht es nicht so sehr darum, dass er durch die Postkarte von Maja erfährt und traurig über ihr Schicksal ist, sondern dass er an seine Heimat erinnert wird, an seine Familie, seine eigene Tochter, und dass ihm das alles dadurch irgendwie näher kommt und dann sozusagen der Tropfen ist, der das Fass zum Überlaufen bringt.

Naja, wie gesagt, z.T. kann ich die Kritik verstehen. Fukushima war irgendwie eines der ersten Themen, das mir bei dem Bild einfiel. Aber ich kann nachvollziehen, wenn man der Meinung ist, mit einer so kurzen, kleinen Geschichte, kann man der Katastrophe nicht gerecht werden.

Danke nochmals für deine ausführliche Erläuterung! smile

LG
Anne


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lupus
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Beitrag31.10.2011 18:20

von lupus
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wemma scho dabei san Wink
wollte dir ohnehin noch antworten

Deine Hauptkritik trifft in etwa das, was auch lupus an dem Text gestört hat.
Zitat:
Dies hier:
Zitat:
Lorraine hat Folgendes geschrieben:
Kennst du diese Radiomeldungen, die von einem Flugzeugabsturz berichten, bei dem mehrere hundert Menschen ums Leben gekommen sind und dann kommt der Zusatz: „… deutsche Staatsbürger befinden sich nicht unter den Opfern.“?


ist etwas, was mich - ob du es glaubst oder nicht - auch schon immer total gestört hat. Als ob Menschen anderer Länder weniger Wert wären.
Andererseits ist es kein Zufall, dass solche Zusätze immer kommen. Es gibt nun einmal Menschen, die sich mit dem Leid, das nahe an ihnen dran passiert (in der Familie, Nachbarschaft, Stadt) mehr identifizieren können als mit dem Leid in Afrika oder sonstwo. Irgendwo ist das auch menschlich, meine ich. Dass mein Henning eher so eine Figur ist, ist ja kein Werturteil meinerseits (nur "Deutsche" Leben sind es wert, betrauert zu werden oder so).


über die Zusätzehab ichmich auch oft geärgert, bis ich selbst einmal in die Situation kam und gleich wußte: ok, super, meine Eltern waren nicht in dem Bus.

aber zu deinem Text:
ich muss gestehen ich hab mich richtig geärgert als ich das gelesen hab. Diese Leute sind zwar Profis und Profis wie sie sind können sie (aktiv) Gedanken s.z.s. wegsperren (und darauf werde sie speziell geschult und stehen unter Supervision im Idealfall), aber sie benötigen keine Zusatzreize (den Besagten Tropfen) um empathisch zu agieren und denken, im Gegenteil. Das sind Idealisten. Die gehen dort hin, WEIL sie dieses Mitgefühl haben. Das Wegsperren der Gefühlswelt geschieht gewollt, nicht das Zulassen der Gefühle.

Und das hat mich an deinem Text massiv gestört.
Über 'Geister' les ich sowieso weg Smile

und der letzte Absatz ist nicht pathetisch sondern schwülstig
aber hey: mir hat er halt nicht gefallen .. is aber doch wurscht Smile

gratuliere zum Dritten

lg
lupus


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lg Wolfgang

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seitenlinie
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Beitrag31.10.2011 18:26

von seitenlinie
Antworten mit Zitat

Lorraine hat Folgendes geschrieben:
Genauer: Es muss ein „heimatliches“ Mitleid sein, das ist es, was mich stört. Kennst du diese Radiomeldungen, die von einem Flugzeugabsturz berichten, bei dem mehrere hundert Menschen ums Leben gekommen sind und dann kommt der Zusatz: „… deutsche Staatsbürger befinden sich nicht unter den Opfern.“? Der Text hat mir ungefähr diesen kurzen Fremd-Schäm-Effekt beschert, den ich immer habe, wenn mir so etwas begegnet. Oh je, ich hoffe, ich drücke mich einigermaßen verständlich aus?


Ich würde mal behaupten, dass den meisten Menschen die eigene Straße, das eigene Dorf, das eigene Land ein Stück näher ist als der Nachbar.

Warum soll man es leugnen.

Die Amerikaner haben damit überhaupt keine Probleme.
Es gibt kaum einen Hollywood-Film, in dem wir nicht eine Prise Patriotismus finden.

Es gibt solche Brücken.

Wer eigene Tiere hat, ist für das Leid von Tieren empfänglicher. Wer Kinder hat, schaut genauer hin, wenn Kinder in Gefahr sind.

Menschen können sich nicht mit dem gesamten Leid, das täglich in der Welt passiert, identifizieren.  Für's Mitgefühl picken wir uns einen Einzelfall heraus.
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Akiragirl
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Beitrag31.10.2011 18:27

von Akiragirl
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Moin lupus!

Schön, dass du dich auch nochmal zu Wort meldest.

lupus hat Folgendes geschrieben:
Diese Leute sind zwar Profis und Profis wie sie sind können sie (aktiv) Gedanken s.z.s. wegsperren (und darauf werde sie speziell geschult und stehen unter Supervision im Idealfall), aber sie benötigen keine Zusatzreize (den Besagten Tropfen) um empathisch zu agieren und denken, im Gegenteil. Das sind Idealisten. Die gehen dort hin, WEIL sie dieses Mitgefühl haben.

Das sind halt so Aussagen, die ich problematisch finde. Woher weißt du, wie "diese Leute" sind? Das ist so eine allgemeingültige Erklärung. Vielleicht hattest du Kontakt zu einigen Rettungshelfern und weißt daher, wie diese ticken. Aber es ist unmöglich, alle Individuen da über einen Kamm zu scheren. Es gibt sicherlich unterschiedliche Charaktere, auch unter den Rettungshelfern in Katastrophengebieten.

Das wollte ich einfach nur noch nachschieben wink

LG
Anne


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lupus
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Beitrag31.10.2011 18:36

von lupus
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Zitat:
Das wollte ich einfach nur noch nachschieben


wemma schon beim Nachschieben sind:

ich kann die Rettungsleut (im In- und Ausland) und Entwicklungshilfeleut nicht zählen, die ich kenn und jemals getroffen hab. Jeder von denen hat das gemacht WEIL er Idealist war. Und keiner von denen musste einen Hund haben oder ein Kind, um Hund und Kind zu retten, wenn's sein mußte.

so, ich glaub aber das war's jetzt Wink

schönen Winterzeitfrühdunkelabend noch

lupus


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hobbes
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Beitrag02.11.2011 22:47

von hobbes
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Hallo nochmal,

Akiragirl hat Folgendes geschrieben:

@hobbes: Genau. Indem er den Schmerz der anderen wahrnimmt, wird er wieder einer von ihnen. Ein Mensch wie alle um ihn herum und kein gefühlloser „Geist“, der nichts an sich heran lässt.


Da hab ich mich ein bisschen missverständlich ausgedrückt - das hatte ich schon kapiert. Im Kopf kam das an, nur mitgefühlt habe ich nicht. Was vielleicht daran lag, dass die letzten zwei Sätze (im Gegensatz zum restlichen Text) so ein bisschen Allerweltsschmerzfloskelig daherkommen.
Aber ich glaube, du hast irgendwo schon geantwortet, dass du mit dem Ende auch nicht so glücklich warst.

Wenn es eine Wahl gäbe, würde ich dich übrigens zum besten Rezensent wählen, ich finde deine Kommentare meist total treffend und auf den Punkt gebracht (mag vielleicht auch daran liegen, dass das deine Meinung oft auch meine Meinung war - ich tu mich allerdings doch schwer damit, genau zu sagen, woher ich diese Meinung habe).
Danke dafür!


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hobbes
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Beitrag02.11.2011 23:08

von hobbes
Antworten mit Zitat

lupus hat Folgendes geschrieben:
ich kann die Rettungsleut (im In- und Ausland) und Entwicklungshilfeleut nicht zählen, die ich kenn und jemals getroffen hab. Jeder von denen hat das gemacht WEIL er Idealist war. Und keiner von denen musste einen Hund haben oder ein Kind, um Hund und Kind zu retten, wenn's sein mußte.


Ist jetzt vielleicht OT (sorry) - nagt aber an mir...
Auch wenn du Unmengen "solcher" Leute kennst - du kennst sie nicht alle. Wie kannst du ausschliessen, dass es nicht doch irgendeinen gibt, der andere Motive hat?

Aber das war ja eigentlich gar nicht das Thema. Zurück zum Text. Den habe ich so verstanden, dass Henning am Anfang versucht sich abzuschotten, "Gedanken wegsperren" wie du schreibst.
Und plötzlich passiert etwas, was diesen "Schutz" wegkickt und es haut ihn völlig um.
Das ist zumindest das, was ich verstanden habe.
Vermutlich ist das hier der "Problemsatz":
Akiragirl hat Folgendes geschrieben:
Er war wie ein guter Geist, der den Menschen half, aber nicht zu ihnen gehörte und ihr Leiden nicht teilte

Für mich heisst "ihr Leiden nicht teilte" einfach nur, dass er das alles nicht an sich heranlässt. Deshalb traue ich ihm trotzdem zu, dass er ein empathischer Idealist ist.


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Gast







Beitrag02.11.2011 23:29

von Gast
Antworten mit Zitat

Ich wollte eh noch dazu, weil ich in ein ähnliches Horn und akira mich - hobbes, ist es ok, wenn ich dich zum Anlass nehme?


Zitat:
Unmengen "solcher" Leute kennst - du kennst sie nicht alle. Wie kannst du ausschliessen, dass es nicht doch irgendeinen gibt, der andere Motive hat?



Und STOPP.

Natürlich kann man das nicht und niemals. Aber: das ist kein Roman, das ist keine tief gehende Figurenzeichnung (die ist hier gar nicht möglich, wohl gemerkt, das ist kein Problem des Textes), bei der ich gegen Erwartungen und Sichtweisen des Lesers anschreiben kann (und vielleicht muss, weil dann der 0815 Rettungsfuzzi zu langweilig wäre)

kurz: hier muss, in aller Kürze, eine glaubwürdige Szenerie entstehen. Eine Momentaufnahme, die lebendig, nah, nachfühlbar, einleuchtend ist.

Das ist Akira insoweit gelungen, dass eine Menge Leute eine Menge Federn gelassen habe. Glückwunsch!

Wenn jetzt lupus und ich daherkommen und sagen: wir glauben das so nicht, das stimmt für uns nicht usw. - dann hat das etwas mit unserem Kontext, unserem Anspruch an einen Text zu tun.
Der muss jetzt für Akria keine Rolle spielen (denn jedem Leser recht usw.)

dennoch: das Argument 'aber es könnte doch einen geben, der so ist' ist in dem Falle keines. Recht haben nützt dem Autor gar nichts, niemals, es geht immer darum, den Leser zu fangen, eine stimmige Situation zu erschaffen - wenn der sagt, da stimmt was für mich nicht, weil ... - dann kann man das für sich abwägen, verwenden oder ablegen.

Je nach Ziel.

Was schlicht wahr bleibt ist, dass Leute die in diesen speziellen Berufen arbeiten, ein ganz eigenes Thema sind und der Text ihnen nicht ganz gerecht wird. Aber das muss er auch nicht unbedingt. Das ist jetzt meine Erwartung, Anspruch. Nicht mehr. Und hey, er ist ganz, ganz vorn dabei.

Freu dich einfach Akira. Du hast dir das verdient wink
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Gast







Beitrag03.11.2011 00:34

von Gast
Antworten mit Zitat

Hallo Akiragirl!

Akiragirl hat Folgendes geschrieben:
@soleatus: Vielleicht kannst du ja noch mal präzisieren, was du genau mit „Ecken und Kanten“ meinst?


Hm, ich fürchte, nein ... Oder besser: Natürlich könnte ich es versuchen, würde dabei aber wahrscheinlich nur noch mehr unverständliches Zeugs von mir geben. Na gut, einen verworrenen Gedanken:

Dein Text (und damit ist er im Wettbewerb nicht allein) gesteht sich die Möglichkeit des Scheiterns nicht zu. Das macht ihn ein Stück weit langweilig?! Der Schluss z.B., da hätte ich mir viel lieber so was gewünscht:

Als Henning über die Trümmer hinab ins Tal stieg, klopfte er sich den Staub von der Jacke.

Und dann schaut man mal, ob der Leser das "Verlassen der Geisterwelt" von selbst auf die Reihe bekommt oder eben nicht ...

Eine andere Sache ist, dass ich viele Texte des Wettbewerbs in Verdacht habe, "von oben" auf die 350 Wörter "heruntergeschrieben" worden zu sein. Da ist so etwas verwaltungsmäßiges, ein graues Männchen mit Klemmblock, das Häckchen hinter dies setzt und Kreuze hinter das, und "wird gebraucht..." murmelt, und "wird nicht gebraucht ...".

Geschichten, die im Kern 100 Worte haben und dann noch ein paar Pölsterchen bekommen, sehen doch wahrscheinlich anders aus?!  

Oh je. Ich hör schon auf ...

Gruß,

Soleatus
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hobbes
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Beitrag03.11.2011 00:39

von hobbes
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debruma hat Folgendes geschrieben:

Wenn jetzt lupus und ich daherkommen und sagen: wir glauben das so nicht, das stimmt für uns nicht usw. - dann hat das etwas mit unserem Kontext, unserem Anspruch an einen Text zu tun.
Der muss jetzt für Akria keine Rolle spielen (denn jedem Leser recht usw.)

dennoch: das Argument 'aber es könnte doch einen geben, der so ist' ist in dem Falle keines. Recht haben nützt dem Autor gar nichts, niemals, es geht immer darum, den Leser zu fangen, eine stimmige Situation zu erschaffen - wenn der sagt, da stimmt was für mich nicht, weil ... - dann kann man das für sich abwägen, verwenden oder ablegen.


Der eine versteht es so, der andere so - genau das wollte ich eigentlich auch irgendwie sagen, ist dir aber eindeutig besser gelungen Smile


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seitenlinie
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Beitrag03.11.2011 01:28

von seitenlinie
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debruma hat Folgendes geschrieben:
Was schlicht wahr bleibt ist, dass Leute die in diesen speziellen Berufen arbeiten, ein ganz eigenes Thema sind und der Text ihnen nicht ganz gerecht wird. Aber das muss er auch nicht unbedingt. Das ist jetzt meine Erwartung, Anspruch. Nicht mehr. Und hey, er ist ganz, ganz vorn dabei.


Eure kritische Haltung ist völlig legitim. Mit einem Wahrheitsanspruch sollte man vorsichtig sein.

In dieser Geschichte geht es um eine fiktive Figur, nicht um die Würdigung freiwilliger Helfer.
Sie hätte ebenso eine Geschichte über einen engagierten Feuerwehrmann schreiben können, der heimlich Brände legt.  


Aber das ist gar nicht der Punkt. Die Autorin wollte darstellen, wie der Helfer die innere Distanz
bewahrt - eine Voraussetzung, um effektiv arbeiten zu können.

Henning wehrte sich nicht dagegen.
Der Schleier umhüllte ihn seit Beginn des Rettungseinsatzes und trennte ihn von der Wirklichkeit. Kein Bild und kein Geräusch
drang zu ihm durch. Er war wie ein guter Geist, der den Menschen half, aber nicht zu ihnen gehörte und ihr Leiden nicht teilte.
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Akiragirl
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Beitrag03.11.2011 10:53

von Akiragirl
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Wow, ich muss sagen, ich freue mich über die Diskussion, die sich hier entsponnen hat smile Finde es immer ganz schön, wenn die Texte nach Wettbewerbsende nicht einfach sang- und klanglos verschwinden, sondern sich noch nachträglich damit beschäftigt wird.

@hobbes: Stimmt, die Floskelhaftigkeit am Ende wurde auch schon von anderen kritisiert und ich kanns verstehen ... Einmal lag es an der Wortbegrenzung, aber zum anderen muss ich gestehen, dass ich nicht so gut bin im Gefühle beschreiben.
Ach, und vielen Dank für das Lob, was die Kommentare angeht Embarassed Da hab ich mich echt drüber gefreut.

@debruma: Ich kann deinen Gedanken sehr gut folgen und verstehe auch, was du meinst. Unter diesem Aspekt gehe ich auch „mit“, d.h. unabhängig von der Realität geht es um das Bild, das der Leser erwartet oder lesen möchte. Ich hatte lupus nur widersprochen, weil es in seinem Kommentar eher danach klang, als würde er es als eine Art Beleidigung aller Rettungshelfer empfinden, wenn ich so eine Figur zeichne. Das muss in der Literatur aber erlaubt sein; gerade dem „perfekten Helden“ etwas menschliche Schwäche zuzugestehen. Ist aber nur meine Meinung und ich kann wie gesagt deine Sicht auch nachvollziehen.
Und natürlich freu ich mich über die Platzierung, aber darüber hinaus möchte ich ja bei jedem Wettbewerb etwas für mich dazulernen und deshalb frage ich auch immer nach und diskutiere Sachen aus. Das bringt den ein oder anderen Erkenntnisgewinn, wie im Fall deines Kommentars smile

@soleatus:
soleatus hat Folgendes geschrieben:

Dein Text (und damit ist er im Wettbewerb nicht allein) gesteht sich die Möglichkeit des Scheiterns nicht zu. Das macht ihn ein Stück weit langweilig?! Der Schluss z.B., da hätte ich mir viel lieber so was gewünscht:

Als Henning über die Trümmer hinab ins Tal stieg, klopfte er sich den Staub von der Jacke.

Und dann schaut man mal, ob der Leser das "Verlassen der Geisterwelt" von selbst auf die Reihe bekommt oder eben nicht ...

Wenn ich längere Sachen schreibe, mag ich persönlich die subtile Herangehensweise (wie von dir geschildert) auch lieber. Man überlässt dem Leser, seine eigenen Schlüsse zu ziehen.
Allerdings ist das jetzt der dritte PoKaPro-Wettbewerb, an dem ich teilgenommen habe, und ich habe mit der Zeit gelernt, dass Texte, die schwer zugänglich sind, über die man allzu lange nachdenken muss, in diesem Wettbewerb kaum Chancen haben. Das ist nachvollziehbar, wenn man sich überlegt, dass die Leute 50 Texte hintereinander lesen müssen und keine Lust haben, über jeden einzelnen wer weiß wie lange nachzugrübeln (jedenfalls die meisten). Deshalb habe ich mich in diesem Fall für ein einleuchtendes, eindeutiges und etwas holzhammer-haftes Ende entschieden.
Und du hast Recht, die Geschichte war am Anfang mal 450 Wörter lang und wurde dann „eingedampft“. Ging sicherlich vielen so wink
Vielen Dank für deine Erklärung!

@seitenlinie:
seitenlinie hat Folgendes geschrieben:

Sie hätte ebenso eine Geschichte über einen engagierten Feuerwehrmann schreiben können, der heimlich Brände legt.

Danke, damit hast du so ziemlich auf den Punkt gebracht, was ich auch noch sagen wollte.
Mein Anspruch ist es, ausgefahrene Gleise zu verlassen, wenn ich schreibe. Figuren zu schaffen, die vielleicht nicht ganz so sind, wie wir sie erwarten würden.
Der aufopferungsvolle, perfekte, mitfühlende Retter ist für mich eine langweilige Figur. Dasselbe gilt für die immer-Zeit-habenden, nie-Fehler-machenden, stets freundlichen Ärzte (tolles Gegenbeispiel: Dr.House), für die immer völlig schuldlosen Opfer von Verbrechen, für die arme, misshandelte Ehefrau, für den gefühllosen, ganz und gar bösen Mafiaboss.
Das sind halt Klischees und ich empfinde Geschichten mit solchen Figuren als uninteressant. Und wenn ich etwas über einen Feuerwehrmann schreibe, der Brände legt (wie seitenlinie so schön sagte), dann unterstelle ich mitnichten allen Feuerwehrmännern Pyromanie.

Soviel von mir dazu smile Wie gesagt, ich find diese Diskussion in ihrer Sachlichkeit echt als fruchtbar und irgendwie ... ja, anregend. Dabei kann man eine Menge lernen.

Liebe Grüße
Anne


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lupus
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Beitrag03.11.2011 16:05

von lupus
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Anne,

Zitat:
Ich hatte lupus nur widersprochen, weil es in seinem Kommentar eher danach klang, als würde er es als eine Art Beleidigung aller Rettungshelfer empfinden, wenn ich so eine Figur zeichne. Das muss in der Literatur aber erlaubt sein; gerade dem „perfekten Helden“ etwas menschliche Schwäche zuzugestehen. Ist aber nur meine Meinung und ich kann wie gesagt deine Sicht auch nachvollziehen.


ich will ganz bestimmt keine Geschichten mit Mary Sue-Typen lesen, die sich nach getaner Arbeit stolz ins Seniorenheim auf Krypton zurückziehen. Der perfekte Held ist mir fremd.

ich versuchs noch einmal:

deine Prämisse:
X ist ein Typ, der, um seine Arbeit richtig professionell durchzuführen, versucht, Gefühle auszublenden.

den Ansatz halte ich für gelungen und faktisch richtig

Dieser Versuch gestaltet sich aber - eben weil er ein Profi ist, nach gut erlernten und oftmals trainierten Methoden.

Eine Postkarte (egal woher sie kommt) ist (Einschränkung: meines Erachtens) niemals Grund, diese Gefühle wieder hochkommen zu lassen, andernfalls er eben kein Profi wäre.

Dazu kommt: man vergleiche die Situation (Leichen, Schutt, Asche, Gestank, hier ein Wimmern, dort ein Jammern, ein Weinen, Schreien - etwa weil eine Frau ihr totes Kind unter den Trümmern gefunden hat, ...*)] mit dem was ausreichen soll, die Gefühle wieder hochkommen zu lassen: eine Postkarte

*) ich vermute einen Einwand: "das steht ja so nicht da, da gibt es all das nicht". Dann allerdings hätte der Profi auch keinen Grund, die Gefühle auszublenden.

Eine Postkarte kann es also nicht sein. Deshalb bedarf es des Zusatzes: Heimatgefühl, Verbundenheit mit der Heimat, der Familie -  etwas übrigens (die Analogie mit dem möglichen Leid der eigenen Familie) was genau Teil der Methode ist, Gefühle nicht hochkommen zu lassen. Dieser Bezug zur Heimat stößt bitter auf, weil er eben nichts mit Patriotismus zu tun hat, sondern hier einer Wertung gleich- oder zumindest nahekommt.

Fazit: der Profi entpuppt sich als Nicht-Profi. Das wäre eine faktische Feststellung. Diese faktische Feststellung aber versuchst du auf der Gefühlsebene aufzulösen, allerdings nicht, indem du das innere Dilemma des X aufzeigst, oder was auch möglich wäre durch eine mögliche dramaturgische Überzeichnung, sondern indem du mit Schleiern (Lorraine hat dich auf das schiefe Bildaufmerksam gemacht), mit Geistern und Pathos arbeitest.

DAS macht den Text für mich misslungen.

Aber: ich denke, dass du dir ein interessantes Thema ausgesucht hast und ich denke auch, dass es möglich ist (v.a. auch dir möglich ist), etwas daraus zu machen. Ich denke nur, dass es Themen gibt, die in der vorgegebenen Kürze nicht bearbeitbar sind. Das Missgeschick liegt also möglicherweise gar nicht so sehr am Text, an der Themenwahl, sondern an der Themenwahl in Zusammenhang mit diesem Wettbewerb.

lgl


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lg Wolfgang

gott ist nicht tot noch nicht aber auf seinem rückzug vom schlachtfeld des krieges den er begonnen hat spielt er verbrannte erde mit meinem leben

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Prunkbold
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Beitrag20.03.2012 19:53

von Prunkbold
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Hallo Akiragirl,

also der Text ist mir zu konfus, auch nicht ganz greifbar.
Ihn zu kapieren war anstrengend.
Wer ist wie ein Geist? Der Staub?
Da ist dann halt irgendwie ein deutscher Helfer mit Rettungshund
in einem Kaffee in Fukushima und entdeckt die Postkarte
einer deutschen Ausstauschülerin oder Studentin usw.

Das ergibt für mich keine Einheit, eher ein nicht ganz plausibles Wirr Warr.

mit Grüßen, Dummbold
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