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In welcher Zeitform schreibt man eine Erinnerung?

 
 
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OceanChild
Geschlecht:weiblichEselsohr

Alter: 36
Beiträge: 272
Wohnort: Köln


Beitrag23.08.2011 11:10
In welcher Zeitform schreibt man eine Erinnerung?
von OceanChild
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo zusammen!

Ich bin gerade etwas unsicher. An einer Stelle in meiner Geschichte erinnert sich die Prota an einen Abend zurück. Ich bin mir nicht sicher, in welcher Zeitform ich das schreiben soll?

Also normal in der Geschichte schreib ich im Präteritum und bei der Erinnerung hab ich jetzt Plusquamperfekt (glaub ich) gebraucht. Liest sich nicht sooo schön, aber ich weiß nicht, wie ich es sonst schreiben soll?

Gruß
Karin


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Circum
Geschlecht:männlichKlammeraffe

Alter: 34
Beiträge: 814



Beitrag23.08.2011 11:39

von Circum
Antworten mit Zitat

Hallo Karin,

da gibt es einen guten Trick, den auch viele Bestseller-Autoren anwenden. Zu Beginn der Rückblende schreibst du die ersten drei-vier Sätze im Plusquamperfekt (mit "hatte" usw.) und wechselst danach nahtlos (auch im selben Absatz!) ins Perfekt zurück. Diesen Bruch überliest man einfach, weiß aber sofort, dass man in der Vergangenheit ist.
Simon Beckett macht das beispielsweise die ganze Zeit in seinen Büchern. Auch Stephen King empfiehlt diese Möglich als recht elegant in seinem Buch "Das Leben und das Schreiben".

Probier's mal aus. smile

Gruß
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seitenlinie
Geschlecht:männlichReißwolf


Beiträge: 1829

Pokapro 2015


Beitrag23.08.2011 13:12

von seitenlinie
Antworten mit Zitat

Hallo Karin,

Präteritum ist immer richtig, Plusquamperfekt m.E. eine Marotte. Nur dort, wo es einen direkten zeitlichen Bezug in einem Satz
oder in einem Gedanken gibt, sollte man Plusquamperfekt verwenden.

Was Circum als Trick bezeichnet, würde ich als normal ansehen. Man braucht nicht immer mehrere Sätze als Übergang. Wäre es
anders, müsste es noch eine Vorvor-, eine Vorvorvorvergangenheit usw. geben.

Eventuell kann man auch ganz auf PQF verzichten. Das kommt auf den Inhalt an. Manchmal kann man den Sprung durch eine
Zeitangabe unterstützen. Ist der Szenensprung offensichtlich, würde ich im Präteritum bleiben:

Das Feuer erwärmte ihren Körper von außen, der Whisky von innen und allmählich kehrten ihre
Erinnerungen zurück.

Ein furchtbarer Schneesturm tobte vor der Blockhütte. Sie wollte unbedingt noch einen Eimer Wasser
holen und den Brunnen abdecken. In das Tosen des Windes mischte sich das schaurige Geheul eines Wolfsrudels.



Gruß,
Carsten
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OceanChild
Geschlecht:weiblichEselsohr

Alter: 36
Beiträge: 272
Wohnort: Köln


Beitrag23.08.2011 15:59

von OceanChild
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Vielen Dank für eure Rückmeldungen!
Ich werd es mal probieren, mal sehen was dabei rauskommt!


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Circum
Geschlecht:männlichKlammeraffe

Alter: 34
Beiträge: 814



Beitrag23.08.2011 17:14

von Circum
Antworten mit Zitat

seitenlinie hat Folgendes geschrieben:
Was Circum als Trick bezeichnet, würde ich als normal ansehen.


Mag sein. Aber theoretisch könnte man so eine Rückblende komplett im Plusquamperfekt erzählen. Von daher ist das schon eine elegantere Lösung, die Szene mit einigen Sätzen (so viele, wie eben erforderlich sind) im Plusquamperfekt einzuleiten und dann mit dem Perfekt weiterzumachen.

seitenlinie hat Folgendes geschrieben:
Wäre es anders, müsste es noch eine Vorvor-, eine Vorvorvorvergangenheit usw. geben.


Verstehe ich nicht. Warum?
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seitenlinie
Geschlecht:männlichReißwolf


Beiträge: 1829

Pokapro 2015


Beitrag23.08.2011 19:05

von seitenlinie
Antworten mit Zitat

Hallo Circum.

Circum hat Folgendes geschrieben:
Mag sein. Aber theoretisch könnte man so eine Rückblende komplett im Plusquamperfekt erzählen.


seitenlinie hat Folgendes geschrieben:
Wäre es anders, müsste es noch eine Vorvor-, eine Vorvorvorvergangenheit usw. geben.


Circum hat Folgendes geschrieben:
Verstehe ich nicht. Warum?



Die grammatischen Tempusformen stehen nicht für die verschiedenen Zeitebenen einer Geschichte. Das hieße sonst,
wir ordnen das Jahr 2010 dem Präteritum und das Jahr 2000 dem Plusquamperfekt zu. Was machen wir, wenn unsere
Geschichte außerdem im Jahr 1980, 1950 usw. spielt? Zur Vorvergangenheit würden wir dann eine Vorvorvergangenheit
usw. benötigen.


Nur im direkten Vergleich zweier Ereignisse / Prozesse ist das PQF sinnvoll.

Klaus fürchtete sich nicht vor den Prüfungen. Er hatte sich in den letzten Monaten ausgiebig vorbereitet. In verschiedenen
Foren war er Mitglied geworden, hatte sich in der Stadtbücherei und bei einem Förderkurs angemeldet  
   


Hier bezieht sich alles auf den ersten Satz.


Springen wir mit der Rückblende in eine neue Szene, erzählen wir die ganze Szene (normalerweise) im Präteritum.


Das Plusquamperfekt hat noch einen anderen Effekt. Eigentlich bedeutet Präteritum, dass ein Ereignis abgeschlossen ist.
Genau genommen heißt: „Er liebte diese Frau.“ oder „Er aß gern Erdbeertorte.“, dass er es heute nicht mehr tut.
Wir empfinden aber innerhalb einer Geschichte die Vergangenheit wie Gegenwart.

Wählen wir PQF im Präteritum, dann ist der Prozess zur Laufzeit der Handlung abgeschlossen.

Schreibe ich in meinem Beispiel nicht: „Ein furchtbarer Schneesturm tobte vor der Blockhütte.“, sondern: „Ein furchtbarer
Schneesturm hatte vor der Hütte getobt.“
, dann wäre der Sturm bereits mit der Aussage zu Ende und sie hat das Ende erlebt.
Das würde nicht dem entsprechen, was der Autor aussagen möchte. Außerdem ist das abgeschlossene Ereignis weniger
spannend.  


Gruß,
Carsten

(PS: Mit Perfekt meinst Du sicher Präteritum - hab ich jetzt mal angenommen.)
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Nemo
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Beitrag23.08.2011 19:56

von Nemo
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Hallo Karin,

ich schreibe oft im Präteritum als Erzählzeit, was auch bedeutet, dass ich stets das, was vor der Erzählzeit geschehen ist, mit dem Plusquamperfekt als bereits vergangen kennzeichnen muss. Ich verwende zumeist die bereits beschriebene Methode, den ersten und den letzten Satz einer Rückblende in das Plusquamperfekt zu setzen, um die Einbettung der Rückblende in die Erzählzeit des Präteritums klar zu machen, während ich innerhalb der Rückblende dann auch wieder im Präteritum schreibe. Da ich aber an sich Rückblenden nicht mag, verwende ich manchmal eine andere Technik. Wenn es eine Erinnerung des Protagonisten ist, setze ich sie zumeist in die erlebte Rede und schreibe die Rückblende im Präsens. Ich habe dann das Gefühl, der oft trögen Rückblende mehr Bewegung eingehaucht zu haben. Manchmal bringe ich die Rückblende auch über eine beteiligte literarische Figur in einem Dialog und schreibe die Erzählung der Figur ebenfalls im Präsens.

Beste Grüße
Nemo


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Papagena
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Beitrag23.08.2011 20:00

von Papagena
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@Nemo: Auch den letzten Satz ins Plusquamperfekt? Ist das üblich?
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Nemo
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Beitrag23.08.2011 20:18

von Nemo
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Zitat:
@Nemo: Auch den letzten Satz ins Plusquamperfekt? Ist das üblich?

Das ist dann vonnöten, wenn man von der Rückblende zurück in diie Präteritum-Erzählzeit wechselt. Sonst weiß man ja nicht, dass die Rückblende vorbei ist und es mit der Jetzt-Handlung weiter geht, mag diese auch im Präteritum geschrieben sein.


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Papagena
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Beitrag23.08.2011 20:27

von Papagena
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Das ist mir so noch nie aufgefallen (mal abgesehen davon, dass ich nicht bewusst nach Zeitsprüngen fahnde, begegnen mir Rückblenden - glücklicherweise - auch eher selten). Ich dachte, ein neuer Absatz nach der Rückblende und der Kontext würden reichen, um das Ende der Rückblende zu kennzeichnen ...
Vielen Dank für deine Antwort, Nemo!
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Nemo
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Beitrag23.08.2011 20:32

von Nemo
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Zitat:
Ich dachte, ein neuer Absatz nach der Rückblende und der Kontext würden reichen, um das Ende der Rückblende zu kennzeichnen

Manchmal funktioniert das durch Kontext und Absatz auch. Probier es einfach aus, ob Dir und Deinen Lesern der Text auf diese Weise verständlich ist und ob er gut wirkt. Wenn die Konstruktion mit dem Kontext gut gemacht ist, spricht ja grundsätzlich nichts dagegen. Es gibt durchaus mehrere Wege - davon lebt ja die Kunst letztlich. Erlaubt ist, was funktioniert. Aber funktionieren sollte es schon  Wink


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Papagena
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Beitrag23.08.2011 20:35

von Papagena
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Zitat:
Aber funktionieren sollte es schon  Wink

Wäre ganz brauchbar, da stimme ich zu wink
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Valeska
Waldohreule

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Beitrag23.08.2011 21:21

von Valeska
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seitenlinie hat Folgendes geschrieben:
Präteritum ist immer richtig, Plusquamperfekt m.E. eine Marotte.

Die Aussage halte ich in der Form für gefährlich ... an manchen Stellen muss grammatisch PQP sein. (Du gibst ja selbst Beispiele dazu.) Leider wissen zu wenige Menschen von der Existenz des PQP und schreiben daher so gruselige Sachen wie Nachdem ich sie entdeckte, begrüßte ich sie.

Den Tipp mit dem Einleiten einer Rückblende mit 1-2 Sätzen PQP und dann Überwechseln ins Präteritum halte ich davon abgesehen aber für gut.

Für noch besser halte ich es allerdings, Rückblenden zu vermeiden. Wink

Um OceanChild helfen zu können, bräuchte ich ein Beispiel, sonst ist es eher wie Fischen im Trüben.

Vale


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Beka
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Beitrag23.08.2011 21:36

von Beka
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Valeska hat Folgendes geschrieben:
  Für noch besser halte ich es allerdings, Rückblenden zu vermeiden. Wink


Das habe ich hier schon ganz oft gelesen, und ich frage mich, warum?
Mich persönlich stören Rückblenden beim Lesen nicht.

Blonde Grüße

Beka
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seitenlinie
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Pokapro 2015


Beitrag23.08.2011 21:56

von seitenlinie
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seitenlinie hat Folgendes geschrieben:
Präteritum ist immer richtig, Plusquamperfekt m.E. eine Marotte.
  
Valeska hat Folgendes geschrieben:
Die Aussage halte ich in der Form für gefährlich ... an manchen Stellen muss grammatisch PQP sein.


Hallo Valeska.

Stimmt, die Aussage bezog sich auf Rückblenden und müsste präziser formuliert werden.


Valeska hat Folgendes geschrieben:
Nachdem ich sie entdeckte, begrüßte ich sie.

Hier wird Plusquamperfekt durch „nachdem“ erzwungen. Das heißt nicht, dass man nicht anders formulieren könnte.

„Erst entdeckte, dann begrüßte ich sie.“ wäre grammatisch völlig in Ordnung.



Valeska hat Folgendes geschrieben:
Für noch besser halte ich es allerdings, Rückblenden zu vermeiden.
  


Erstmal sollte man versuchen, eine Geschichte vorwärts zu erzählen und Rückblenden nicht einsetzen, weil sie schick sind.

Aber Rückblenden haben nicht nur Nachteile. Zum Beispiel wirft man den Leser/Zuschauer direkt in den Konflikt.
Oder es gibt Geschichten, die der Erzähler aus der gereiften Perspektive vermittelt.


Gruß,
Carsten
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Valeska
Waldohreule

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Wohnort: Wolke 7


Beitrag23.08.2011 22:13

von Valeska
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Beka hat Folgendes geschrieben:
Valeska hat Folgendes geschrieben:
  Für noch besser halte ich es allerdings, Rückblenden zu vermeiden. Wink


Das habe ich hier schon ganz oft gelesen, und ich frage mich, warum?
Mich persönlich stören Rückblenden beim Lesen nicht.


Moin,

seitenlinie hat das ja auch schon kommentiert.

Meist/manchmal/häufig sind Rückblenden nur ein Rettungsanker des Autors, der meint, diese oder jene Info jetzt hier unterbringen zu müssen und keinen anderen Weg weiß.

Ich persönlich bin in Geschichten ziemlich verwirrt, wenn ich nicht mehr genau weiß, in welcher Zeitebene ich mich befinde, und das passiert gelegentlich, wenn das Ende einer Rückblende nicht klar ist oder so oder Rückblende und eigentliche Handlung durcheinander gehen. Kann an mir liegen - zugegeben: ich kann hochkomplizierte mathematische Zusammenhänge verstehen, aber mein Orientierungssinn ist so schlecht, umgedreht wird da nicht mal ein Schuh draus. Wink

LG Vale


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Circum
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Beitrag23.08.2011 22:22

von Circum
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seitenlinie hat Folgendes geschrieben:
(PS: Mit Perfekt meinst Du sicher Präteritum - hab ich jetzt mal angenommen.)


Peinlich.  Embarassed Ja, ich meinte natürlich Präteritum. Mit dem Rest gehe ich konform. Jetzt verstehe ich auch, was du meintest, Carsten.
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OceanChild
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Beitrag24.08.2011 15:44

von OceanChild
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Ich stelle den betreffenden Teil vielleicht einfach mal rein. Ich muss daran noch feilen, mich würde nur interessieren, ob es so hinbekommen habe, dass man die Erinnerung erkennen kann.

Wäre glücklich über Feedback.

Hannah suchte den Blick von Miss Coventry und lächelte. „Ein wundervoller Tag für den Markt, nicht?“
Miss Coventry schnaubte. „Ich frage mich, was ein Mädchen wie Ihr auf dem Markt zu suchen hat. Dort wimmelt es von Gesindel, das darauf wartet, so ein unbeschwertes junges Ding wie Euch auszurauben.“ Die alte Dame deutete mit dem Kinn auf Hannahs wertvollen verzierten Armreif. Unwillkürlich strich Hannah über das Schmuckstück. Ihr Vater hatte ihn ihr geschenkt, als sie sechzehn Jahre alt war. Es war ein besonderer Tag für sie gewesen. Ein Unwetter fegte an diesem Abend über den Gutshof, während sie in der Bibliothek in einem Buch blätterte. Der Wind peitschte unaufhörlich den Regen gegen die deckenhohen Fenster, das Prasseln übertönte das des Feuers. So hörte sie auch nicht, wie ihr Vater das Zimmer betrat. Erst als sie kurz von ihrem Buch aufsah, bemerkte sie ihn. Wie lange er sie von dort beobachtet hatte, wusste Hannah nicht. Nach einer Weile löste er sich aus der Starre und schritt auf sie zu. Mit dem Armreif in der Hand kniete er sich vor sie und sah ihr in die Augen. Etwas irritierte sie, so hatte sie ihren Vater noch nie gesehen. Die Augen gerötet und feucht schimmernd. Er wirkte in sich gekehrt, fast verletzlich. Er zögerte, als überlegte er, einfach wieder aufzustehen und zu gehen. Doch er fasste ihre Hand und streifte behutsam den Armreif darüber. Ihren Blicken wich er nun aus, beugte sich über sie und gab ihr einen langen Kuss auf die Stirn. Wortlos drehte er sich um und ließ sie mit lautlosen Schritten allein. Von Francis hatte sie später erfahren, dass der Armreif ihrer Mutter gehört hatte. Es war das einzige Andenken an sie, das Hannah besaß.
Gedankenverloren betrachtete sie noch einmal die Verzierungen und schob den Armreif auf ihren Unterarm, sodass er unter dem Ärmel ihres Umhangs verschwand. Miss Coventry nickte gefällig.


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kskreativ
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Beitrag24.08.2011 15:49

von kskreativ
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Vielleicht solltest Du es noch etwas hervorheben? Etwa in der Art:
Ihre Gedanken schweiften zurück, zu dem Tag als ihr Vater ihr diesen Armreif schenkte.

So kommt eine Abgrenzung zum übrigen Text zustande.


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Papagena
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Beitrag24.08.2011 15:51

von Papagena
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@OceanChild:
Ich finde, du hast das sehr hübsch gelöst. Ich habe kein Problem damit zu unterscheiden, was zum Rückblick gehört und was nicht.
Was ist das für ein Ausschnitt im Übrigen? Schreibst du einen Roman? Ich find's interessant. smile


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Beka
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Beiträge: 2378



Beitrag24.08.2011 15:54

von Beka
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Hallo Valeska und Seitenlinie,

danke Euch, so kann ich das schon besser einordnen.
Ich glaube mich zu erinnern, dass es vor einiger Zeit sehr "schick"
war, Rückblenden einzubauen, egal ob im Buch oder im Film.
Als Selbstzweck finde ich das dann auch nicht toll.
Und eine Verlegenheitslösung sollte es auch nicht sein.

Aber wenn ich eine Geschichte nicht unbedingt bei Adam und Eva anfangen will,
manche Dinge aus der Vergangenheit aber wichtig sind,um spätere Konflikte zu erklären,
muss ich diese Infos irgendwie einfließen lassen.
Manchmal geht das auch ganz gut im Dialog, nur meine Leute schwätzen eh schon so viel Embarassed


Grüße

Beka

Edit @ Ocean Child
Das finde ich sehr elegant gelöst. Mir war auch sofort klar, wo ihre Erinnerung beginnt und und endet.
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seitenlinie
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Beiträge: 1829

Pokapro 2015


Beitrag24.08.2011 16:48

von seitenlinie
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Hallo Karin,

die Situation für den Rückblick finde ich etwas zu banal, ich würde mir einen deutlicheren Anlass/Aufhänger wünschen.
Die Einleitung ist noch nicht klar genug und die Rückblende selbst könntest Du stärker szenisch erzählen.

Die alte Dame deutete mit dem Kinn auf Hannahs wertvollen verzierten Armreif. Unwillkürlich (liebevoll) strich Hannah
über das Schmuckstück. Sie erinnerte sich noch genau an den Tag, als sie ihn bekam.
(Absatz)


Ein Unwetter fegte am …… (Datum) über den Gutshof. Hannah saß ….
(Weiter szenisch erzählen.)

(Absatz)
„Passen Sie doch auf, wo Sie langgehen, junge Dame!“
Erschrocken zuckte Hannah zusammen. Beinahe hätte sie einen der Blumenkörbe heruntergerissen …    


 

Gruß,
Carsten
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