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Pat Langdon
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Beitrag20.08.2011 09:59
Reservetank
von Pat Langdon
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Du wolltest nie in ein Heim. Gesagt hast du:..ich muss da nicht rein,...denn dafür hab ich meine Kinder!" Schon allein das Wort "Altenheim" hätte dich am liebsten Amok laufen lassen, hätten deine Beine dich noch getragen. Seit fast zehn Jahren pendle ich nun schon zwischen Essen und Bochum, nur damit du deine gewohnte Umgebung nicht verlassen musst. Direkt vom Büro aus, durch den Feierabendverkehr, täglich eingequetscht in ein stickig vermieftes Wagenabteil der S-Bahn. Ich hatte nie Zweifel daran, das Richtige zu tun, - auch wenn ich eigentlich "nur" eines deiner Enkelkinder bin.
"Sie hat noch sechs Monate, vielleicht ein Jahr! - Hier kann sie nicht bleiben!"
Ärzte können manchmal so grausam "nüchtern" sein.
Also entschieden du und ich gemeinsam, dass du zu mir ziehen würdest.
Das ist jetzt drei Jahre, acht Monate und dreiundzwanzig Tage her - und noch immer pflege ich dich gern.
Ich organisiere was das Zeug hält und stelle mich jedem neu auftretendem Problem entgegen. So weit so gut, wäre da nicht deine unendliche Verbitterung, die ich dir nicht nehmen kann, die du mich aber mehr und mehr spüren lässt und die mich langsam mürbe macht.
"Immer bist du weg!"
"Ich bin nicht "weg", ich muss arbeiten", aber das willst du nicht verstehen. Du möchtest nicht in einen Rollstuhl, weil der nur "was für alte Leute" ist. Dabei hätte er es mir doch so viel leichter gemacht, dich mit deinen 82 Jahren zu versorgen und du hättest noch ein wenig an der Außenwelt teilnehmen können. - Aber du willst eben nicht.
Wenn ich in der restlichen Familie um Rat gefragt hatte, hieß es nur: "Du musst Kompromisse schließen". - "Noch mehr?", frage ich mich.
Immer öfter wirst du einfach nur verletzend und ich weiß langsam nicht mehr, wie ich damit umgehen soll. Wortlos nehme ich so manches hin; - du hast es doch schon schwer genug.
Du zeterst, weil du nicht ins Krankenhaus willst, in das ich dich immer öfter bringen muss. Das kann ich verstehen, wer will da schon hinein?! - Doch heute Nacht ist es wieder einmal soweit. Morgens um drei laufe ich ungeduldig und voller Sorge wartend, vor der verschlossenen Tür der Intensivstation hin und her. Dann endlich darf ich rein und besorgt sehe ich dich an Schläuchen und Geräten angeschlossen in deinem Bett liegen.
"Bist du jetzt froh, dass du mich los bist? - Du hättest mich doch sterben lassen können!"
Ich bekomme keine Luft mehr. Deine Worte rauben mir den Atem, treffen mich bis ins Mark. Wie festgewachsen, sprachlos, stehe ich vor deinem Bett. Ich bin jetzt schon seit 22 Stunden auf den Beinen und so beschließe ich zu schweigen.
Bevor ich gehe, bittet mich die Schwester noch einige Formalitäten zu erledigen. Dazu soll ich ein bestimmtes Zimmer aufsuchen und sie erklärt mir den Weg. Doch ihre Worte kommen nicht so richtig bei mir an und ich lande - in der Kinderonkologie. - Was für ein Alptraum!
Wieder daheim kann ich nicht schlafen. Deine Worte hallen nach, hämmern und bohren in mir. - "Hab ich denn so viel falsch gemacht?", frage ich mich immer wieder.
Um 8 Uhr beschließe ich, mir etwas Gutes tun zu wollen und so schleiche ich in ein nahe gelegenes Cafe. Ich bestelle ein kleines Frühstuck und Kaffee. Mit starrem Blick vergesse ich mein Frühstück und sehe durch die anderen Gäste hindurch.



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"Wirklich gut bist du nur, wenn du einmal mehr aufstehst, als du gefallen bist" (Pat Langdon)

#Palliative Begleitung - Abschied nehmen" Pat Langdon
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lady-in-black
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Beitrag20.08.2011 11:45

von lady-in-black
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Hallo Traumfänger,  smile

Dein Text ist an einigen Stellen noch in verschiedener Weise überarbeitungsbedürftig, wie z.B.:

Zitat:
Du wolltest nie in ein Heim. Gesagt hast du: (Leerschritt]"(Leerschritt) ... (Leerschritt) ich muss da nicht rein, (Leerschritt) ... (Leerschritt) denn dafür hab ich meine Kinder!"


Zunächst möchte ich aber gezielt auf den Inhalt eingehen:

Du hast mich stark mit deinem Text angesprochen, ich konnte auch sehr gut das "Wechselbad der Gefühle" nachvollziehen ... vermutlich deshalb, weil ich mit meiner Oma ähnliches erlebt habe.

Aber genau da setzt auch meine inhaltliche Kritik an: ICH weiß, warum ich so manches auf mich genommen habe, nämlich weil meine Oma sehr, sehr viel für mich getan hatte, früher immer für mich da war.

Den Grund, warum die Prota das nun "mürrend über sich ergehen lässt", kann ich jedoch nicht wirklich erkennen.
Überspitzt gesagt könnte man auch die Frage stellen: Gibt es für sie was zu erben?

Ich glaube, der Text könnte stark gewinnen, wenn du in diesem Punkt etwas mehr "Gefühl" in den Zwiespalt einbringst. Dann wird auch der Reservetank für einen Leser glaubwürdiger/nachvollziehbarer, der in dieser Beziehung keine eigenen Erfahrungen gesammelt hat.


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- Ich würde mich gerne geistig mit Dir duellieren ... aber ich sehe Du bist leider unbewaffnet.
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hexsaa
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Beitrag20.08.2011 12:42

von hexsaa
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Hallo Traumfänger,

auch mich hat Dein Text angesprochen, vermutlich weil ich meine Oma ebenfalls gepflegt habe. Ich kann den Zwiespalt nachvollziehen, die Überforderung angesichts des Leids und der Verbitterung, die ruhelosen Nächte, die zahllosen Tage in Krankenhäusern - die Liste lässt sich endlos fortsetzen.

Auch finde ich es gut, dieses Thema in einer Geschichte oder auch einem Buch zu verarbeiten, um damit vielleicht anderen, die ähnliches erlebt haben, zu helfen. Allerdings wirkt Deine Erzählung in der jetzigen Form eher wie ein Tagebucheintrag denn eine Geschichte. Das kann natürlich durchaus gewollt sein, doch sollte sie meines Erachtens trotzdem mit einer gewissen Distanz behandelt werden.

Vieles ist irgendwie abgehackt. Ich als Leser hätte gerne mehr Information über die Enkelin und ihre Oma. Über was sprechen sie miteinander? Was bleibt unausgesprochen? Wie ist ihr Verhältnis zueinander? Gibt es generationsbedingte Verständigungsprobleme? Immerhin ist die Oma eine Frau aus der Nachkriegszeit mit komplett anderen Wertvorstellungen wie die Enkelin.
Versuche, den Konflikt deutlicher herauszuarbeiten, halte die schönen und stillen Momente dagegen. Was fühlt die Enkelin angesichts des körperlichen und geistigen Verfalls ihrer Oma? Wie hat sich ihr Verhältnis zueinander durch die Pflege verändert? Füge vielleicht ein paar Rückblicke ein, damit sich der Leser ein Bild von der alten Frau machen kann, wie sie vorher war.

Ansonsten, wie gesagt: Ein Text, der michanspricht und von dem ich gerne mehr lesen würde.

Lg
hexsaa


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blueozelot
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Beitrag20.08.2011 13:06

von blueozelot
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Hallo Traumfänger,

da schreibst du etwas, was viele hier bereits erlebt haben
und vielleicht so wie ich, ergriffen und verwundert gleichermaßen
sind. Zunächst habe ich Mitleid mit dem Enkel -und nur mit ihm/ihr.
Seine Mühe, obwohl auch andere da sind, er es gerne tut, reicht nicht
aus. Es wächst dem Geschlechtslosen Enkel über den Kopf, er/sie sucht
bei sich Fehler, hat einen Vollzeitjob?, schläft wenig und wird Oma nie
genügen.
Klar, gibt es alles, ist mir dann aber charakterlich (Oma) oder vom
Krankheitsbild zu ungenau. Was verbindet gerade diesen Enkel
mit Oma, warum muss er alleine ran? Da muss, damit es schlüssiger
wird, mehr Information fließen.
Der kurze Ausflug in die Onkologie ... na ja, es geht immer schlimmer,
hätte es aber nicht gebraucht.

Für mich liest sich das wie eine Klageschrift an Oma, welche wohl nie
zugestellt wird, weil der aufopfernde Enkel zu rücksichtsvoll scheint.

Trotzdem: Mit Interesse gelesen.


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es grüßt
blueozelot
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Pat Langdon
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Beitrag20.08.2011 13:17

von Pat Langdon
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Liebe Lady-in-Black,
Zitat:
gibt es für sie was zu erben?

Nein! - Ganz im Gegenteil! - Vielleicht hast du überlesen:
Zitat:
du hast es doch schon schwer genug
?
Ja, - auch ICH weiß, was sie für mich getan hat! - Aber nein, ich bin nicht der Prota, der etwas
Zitat:
murrend über sich ergehen lässt
, sondern nur der, der sich hilflos fühlt gegenüber der Verbitterung die meine Oma in sich trägt.
Für deine Korrektur danke ich dir.

An hexsaa: Tatsächlich habe ich damals Tagebuch geführt, weil ich irgendwann nicht mehr schlafen konnte. Im Moment überlege ich, ob ich etwas "handfestes" daraus machen soll. Was das
Zitat:
abgehackt
betrifft, so werde ich das noch einmal überarbeiten.
Ich wollte einfach mal wissen, wie das Thema so ankommt.
Danke für die Rückmeldungen.

LG
Traumfänger


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Pat Langdon
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Beitrag20.08.2011 13:26

von Pat Langdon
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Lieber blueozelot,
Zitat:
den Ausflug in die Kinderonkologie hätte es nicht gebraucht

nein hätte es nicht, - bin aber leider dort gelandet. Sad
Bezüglich der vermissten Infos werde ich den Text noch einmal überarbeiten. Danke für den Hinweis. Laughing
Ich habe den Rat erhalten in einen Beitrag möglichst nicht über 1000 Worte zu schreiben. Ich werde mir überlegen, wie ich das hinkriege.
LG
Traumfänger


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hexsaa
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Beitrag20.08.2011 13:26

von hexsaa
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Hallo Traumfänger,

Nur zur Klarstellung: ich meine mit abgehackt nicht, dass ich Deine Sätze zu abgehackt finde, sondern die Szenen.

Lg
hexsaa


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lady-in-black
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Beitrag20.08.2011 13:55

von lady-in-black
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Traumfänger hat Folgendes geschrieben:
Liebe Lady-in-Black,
Zitat:
gibt es für sie was zu erben?

Nein! - Ganz im Gegenteil! - Vielleicht hast du überlesen:
Zitat:
du hast es doch schon schwer genug
?


Nein, überlesen hatte ich es nicht, sondern auf den schlechten Gesundheitszustand der Oma bezogen. Der Gedanke, dass das finanziell gemeint sein könnte, kam mir nicht.


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helo
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Beitrag20.08.2011 15:15

von helo
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Hallo Traumfänger,

ein einfühlsamer Text und ich glaube, dass einige von uns ähnliche Erfahrungen gemacht haben und fürchte, dass viele sie noch machen werden.

LG und schönes Wochenende,
helo


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Akiragirl
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Beitrag20.08.2011 16:24

von Akiragirl
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Hallo Traumfänger!

Leider kann ich mich den vielen positiven Rückmeldungen nur teilweise anschließen. Dass andere Menschen, die ähnliches erlebt haben, deinen Text als gefühlvoll einschätzen, ist auf jeden Fall schon einmal ein gutes Zeichen.
Was Formulierungen angeht sitzt du auch schon recht fest im „Sattel“.

Für meinen Geschmack ist dieser Text aber zu allgemein und außerdem auch keine wirkliche Geschichte.
Das ist das Problem mit autobiografischen Texten. Schreibt man alles ganz genau so auf, wie es wirklich war, wirkt es auf Leser schnell unzusammenhängend, einige Passagen überflüssig und es ergibt sich kein roter Faden bzw. Spannungsbogen für die Geschichte.
Nun weiß ich nicht, inwiefern du gewillt bist, eine Geschichte mit autobiografischem Hintergrund abzuändern, um sie literarisch ansprechender zu gestalten. Nicht jeder möchte das, manchmal kann es aber hilfreich sein, gerade bei Kleinigkeiten, die Realität etwas Geschichten-tauglich zurecht zu biegen wink

Aber das musst du vielleicht nicht einmal. Überlege dir, was die eigentliche Geschichte sein soll. Erzähle nicht soviel „allgemeines“, sondern gehe konkret und bildhaft in die eigentliche Szene/Geschichte hinein.
Das letzte Ereignis ist das stärkste (eben, weil du hier zum ersten Mal in einer Szene drin bleibst und nicht zwischen Gedanken hin und her springst) und wäre dafür am besten geeignet; also wie die Oma ins Krankenhaus kommt und dem Enkel solche schlimmen Vorwürfe macht. Konzentriere dich auf diese Geschichte und beschreibe sie mir lebendig, d.h.
Beginne z.B. damit, dass der Enkel nach Hause kommt, Erledigungen für die Oma dabei hat, total im Stress ist … Dann sieht er, wie schlecht es ihr geht, macht sich Sorgen, diskutiert mit ihr. Dabei beschreibst du dann, wie die Oma aussieht; wie sie den Enkel ansieht, wenn er ihr vorschlägt, ins Krankenhaus zu gehen. Wie sie sich sträubt. Schreibe einen Dialog, eine Auseinandersetzung. Wie er sie schließlich doch ins Krankenhaus bringt. Wie er versucht, alles gut für sie zu machen, Sachen von Zuhause holt, mit den Ärzten spricht etc. Und die Stelle mit dem „du bist froh mich los zu sein“ quasi als Höhepunkt; baue diese Stelle aus. Baue eine Atmosphäre auf. Wie genau sitzt die Oma im Krankenbett? Wirkt sie so anders auf den Enkel als sonst? Wie riecht es in dem Zimmer? Und welche Geräusche sind zu hören?

Ich hoffe, ich konnte dir klar machen, worum es geht. Vielleicht hilft dir auch dieser Artikel weiter: Show, don’t tell
In deinem jetzigen Text sind noch viele Allgemeinplätze. Du reihst Ereignisse ohne großen Zusammenhang aneinander und lieferst lediglich eine Nacherzählung. Dieses Berichthafte, Erzählende, taugt nicht dazu, den Leser in die Geschichte hineinzuziehen. Versuche, bildlicher zu werden und konkreter.

In der jetzigen Form konnte der Text mich noch nicht richtig überzeugen. Ich gebe aber zu, mit Autobiografischen Texten generell ein wenig Probleme zu haben.

Liebe Grüße
Anne


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hexsaa
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Beitrag20.08.2011 16:47

von hexsaa
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Akiragirl - Du hast es auf den Punkt gebracht. Mir fällt es oft schwer, das, was mich an einem Text stört, in Worte zu fassen. Du bist die geborene Kritikerin! Very Happy

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Pat Langdon
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Beitrag20.08.2011 16:56

von Pat Langdon
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Liebe Anne,
ja du hast Recht, Show don´t tell muss ich noch viel mehr üben.  Wink
Ich habe nur ein bisschen Bedenken, dass es dann vielleicht "zu lang" wird. Mal sehen, ob ich das auch ohne zu lang zu werden hinkriege.
Danke dir.

LG
Traumfänger


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Beitrag21.08.2011 13:56
Reservetank (neu)
von Pat Langdon
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Ich habe meine Geschichte noch einmal neu geschrieben und hoffe, alle Kritikpunkte berücksichtigt zu haben.

Du wolltest nie in ein Heim. Gesagt hast du:"Ich muss da nicht rein, denn dafür hab ich meine Kinder!" Schon das Wort "Altenheim" hätte dich am liebsten Amok laufen lassen, hätten dich deine Beine noch getragen. Fast zehn Jahre pendle ich jetzt schon zwischen Essen und Bochum, nur damit du in deiner gewohnten Umgebung bleiben kannst. Direkt nach dem Dienst durch den Feierabendverkehr, eingequetscht in ein stickig vermieftes Wagenabteil der S-Bahn.
Ich hatte nie Zweifel daran, das Richtige zu tun, auch wenn ich "nur" deine Enkelin bin, du noch einen Sohn hast und ich noch eine Schwester und einen Bruder. Doch sie leben ihr eigenes Leben und nur selten siehst du sie, obwohl du uns alle großgezogen hast.
"Sie hat noch sechs Monate, vielleicht noch ein Jahr! - Sie kann nicht mehr alleine leben, sie muss in ein Heim!"
Ärzte können manchmal so grausam "nüchtern" sein. Doch das Heim war eben keine Option für dich und so beschlossen wir gemeinsam, dass du zu mir ziehen würdest.
Das ist jetzt drei Jahre, acht Monate und dreiundzwanzig Tage her und noch immer pflege ich dich gern. An jedem Jahrestag deines Einzuges bei mir schenke ich dir einen Strauss rote Rosen, der mit jedem Jahr einwenig größer wird.
Dennoch bist du verbittert, weil du dir dein gesamtes Leben und auch deinen Lebensabend anders vorgestellt hattest: Dein Mann, der im Krieg geblieben war; du vermisst ihn so sehr, dass ich dich manchmal nachts weinen hören kann. Dein Sohn, den du nach dem Krieg alleine durchbringen musstest, lässt sich, wie meine Geschwister auch, kaum sehen. Ich kann dir nicht ersetzen, was dir fehlt, so gern ich es auch würde. Ich bin eben nur ich, - deine Enkelin, die dich so sehr liebt. Jetzt sitzt du hier in unserer kleinen Wohnung und die Gebrechen deines Alters verbieten dir, zu leben, wie du es willst. Ich nehme manches schweigend hin; - du hast es doch schon schwer genug.
Es ist Freitag, - endlich Wochenende! Eine anstrengende Arbeitswoche liegt hinter mir. Ich haste durch den Supermarkt, denn es ist schon fast fünf und du hast bestimmt schon großen Hunger.
"Hallo Omi. - Na, wie war dein Tag? Hast du schon Hunger?", frage ich dich lächelnd.
"Och, - immer dasselbe. Der Zivi ist blöd, - der redet kaum mit mir. Der sitzt bloß da und macht nichts!"
"Soll ich nach einem anderen fragen?"
"Immer bist du weg!"
"Weißt du was, - ich mache uns ich mach uns jetzt erst mal was Leckeres zu essen. Fisch und Salat, das magst du doch so gern!"
Ein Lächeln huscht über dein Gesicht und während ich in der Küche stehe, siehst du fern.
Am Wochenende blieben wir immer lange auf, da ich wochentags früh raus musste. Du genießt das Essen und wir sehen uns schweigend den Film an, den du uns ausgesucht hast.
1 Uhr: ich beginne damit, dich bettfertig zu machen, was seine Zeit dauert. Vorsichtig helfe ich dir, deinen ausgezehrten Körper so ins Bett zu legen, dass du es bequem hast. Deine Beinchen sind so dünn, dass ich Angst habe, dir weh zu tun, als ich sie hochhebe.
"Ich räume grad noch auf, dann komme ich auch", sage ich,  während meine Hand vorsichtig deine Wange streichelt.
Es ist schon fast zwei.
"Möchtest du noch ein Glas Wasser ans Bett?", frage ich von der Küche aus, doch ich bekomme keine Antwort. Ich frage noch einmal, wieder nichts. - Misstrauisch eile ich an dein Bett. In wenigen Sekunden registriere ich: geschwollene Füße, du verlierst Urin und Stuhl, deine Wangen blähen sich auf, die Luft entweicht langsam wieder. Panik greift nach mir.
Hastig eile ich zum Telefon, mit zittrigen Fingern wähle ich die 112.
"Bitte, bitte kommen Sie schnell. Ich glaube, sie hat einen Schlaganfall!"
Alles geht blitzschnell: Wohnungstür auf, Hauseingangstür aufgeschlossen, Keil drunter, damit sie offen bleibt und schnell wieder zurück zu dir. Dein Puls ist noch da, dein Brustkorb senkt und hebt sich. Hilflos halte ich deine Hand, spüre, wie meine Beine zu zittern beginnen. Nicht enden wollende vier Minuten vergehen. "Wann kommen die denn endlich?", denke ich. Die Warterei macht mich fast wahnsinnig. Ich streichle dich: Alles wird gut Omi, Hilfe kommt gleich! - Ich bin bei dir, halte durch!"
Blaulicht und Martinshorn zerreißen erneut die Stille der Nacht. Ich muss vorne sitzen, damit sie hinten genug Platz haben, um dir zu helfen. Ich kann nicht sehen, was sie tun. Die Angst um dich wird immer stärker, doch ich versuche mich zu beherrschen.
In Windeseile bringen sie dich auf die Intensivstation, deren Tür sich vor mir verschließt. Schnell atmend sehe ich dir hinterher.
"Bitte nicht, bitte noch nicht", höre ich die Stimme in mir flehen, während ich ruhelos auf dem spärlich beleuchteten Flur auf und ab gehe. Erdrückende Stille, - keine Menschenseele zu sehen. Nur das flackernde Licht einer defekten Neonröhre, das die Situation für mich noch unwirklicher erscheinen lässt.
Dann endlich kommt der Arzt zu mir:
"Ich kann Sie ein wenig beruhigen. Sie hatte keinen Schlaganfall, sondern eine Lungenembolie. Sie ist klar und wieder ansprechbar. Aber es war knapp, gerade noch rechtzeitig!"
Erleichtert nicke ich, obwohl ich sein Fachchinesisch nicht wirklich verstanden habe, aber meine Fragen kann ich auch noch zu einem anderen Zeitpunkt klären.
In einem sterilen, hellblauen Kittel darf ich dann endlich zu dir. Noch immer wuseln sie um dich herum. Unzählige Kabel verbinden dich mit den Maschinen, ein Tropf ist gelegt. Es ist kühl, die Klimaanlage surrt leise. Das EKG zeichnet deine Herzlinie auf. All das erschlägt mich fast, - wie muss es dann erst für dich sein? Wie es dir geht will ich dich fragen, doch du kommst mir zuvor:
"Bist du jetzt froh, dass du mich los bist? - Du hättest mich doch sterben lassen können!"
Deine Worte rauben mir den Atem, treffen mich bis ins Mark. Der EKG-Ton, den ich vorher kaum wahrgenommen habe, wird unerträglich laut. Ich erstarre, bin unfähig, etwas darauf zu sagen.
"Sie müssen jetzt gehen. - Wir kümmern uns um sie!", höre ich eine Stimme wie von weitem.
Ich nehme deine Hand und streichle vorsichtig deine Wange.
"Ich bin froh, dass sie dir helfen konnten! - Ruh dich aus, - bis Morgen.
Schweigend und in mich gekehrt verlasse ich das Krankenhaus.


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Beitrag24.08.2011 21:41

von madrilena
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Hallo Traumfänger - die neue Version gefällt mir gut, wenn ich auch sprachlich noch einiges ändern würde. Vor allem den ersten Absatz würde ich weglassen, und gleich mit "Es ist Freitag" beginnen. Alles, was Du zuvor geschrieben hast, könntest Du doch immer in kleinen Sätzen einfügen. Ist nur ein Vorschlag, der Text berührt mich sehr.
lg. madrilena


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1. "den Himmel mit Händen fassen" ISBN
10:3934136303
2. "Schatten umarmen ISBN 10:3929265133
3. "...und die Zeit stand still" ISBN 10: 3934136311
4."leben" ISBN 10:3934136656
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Beitrag25.08.2011 11:28

von Pat Langdon
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Hallo Madrilena Laughing
Zu deinem Vorschlag habe ich folgende Fragen:
Wenn ich den Anfang weglassen würde und die Infos zwischendurch einschiebe, "springe" ich dann nicht schon wieder innerhalb der Szene?
Macht es dann das "Einfühlen" in die Situation für den Leser nicht schwerer?
LG
Traumfänger


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Beitrag25.08.2011 16:02

von madrilena
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Hallo Traumfänger - ich habe mir jetzt nicht überlegt, wie Du welchen Satz bei einer anderen Szene einblenden könntest. Aber ich fand halt diesen Satz: Es ist Freitag, - endlich Wochenende! sehr neugierig machend.
Und danach würde ich auch das mit der anstrengenden Woche, die hinter ihr liegt, weglassen. Das geht doch aus der Eile, in der sie zum Supermarkt hastet, schon hervor. Ich persönlich - das ist natürlich nur meine Meinung - würde ein Buch mit dem obigen Anfang genauer anschauen.
lg. madrilena


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3. "...und die Zeit stand still" ISBN 10: 3934136311
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Beitrag25.08.2011 19:46

von Pat Langdon
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Liebe Madrilena, Laughing
deine "Anstöße" sind sehr wertvoll für mich.  Laughing Als Romananfang hatte ich es noch gar nicht gesehen. Ich muss noch viel üben und kann noch nicht so wirklich erkennen, was den Leser anspornt, weiter zu lesen!! Hälst du es für möglich, dass als Einstieg zu nehmen und dann "rückblichend" weiter zu schreiben? - Ich meine, - nur wenn ich irgendwann mal gut genug dafür bin?
Dein Traumfänger, -
der niemals seine Träume aufgibt : Wink


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