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Fraîche Gänsefüßchen
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Beiträge: 40
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F 25.08.2011 09:46 ein Ausschnitt (Mädchen als Erzähler/Protagonist mit Jungen) von Fraîche
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…Schnell gräbt er sein letztes Stück Schokolade aus der Hosentasche hervor, lutscht genüsslich daran und schiebt es fröhlich in meinen Mund.
Wu macht ein Gesicht als ließe er sich die Leckerei zartschmelzend auf der Zunge zergehen, dann peilt er unbekümmert die nächste Erhebung an.
Ich weiß nicht, ob ich lachen oder mich schütteln soll.
Er lässt mir keine Zeit, mich zu wehren, vielleicht auch zu ekeln, weder die Schönheit der Umgebung tiefer in mich einzuziehen, noch mich mit Smalltalk einzubringen.
Wu hat es eilig. Warum?
Gekonnt nimmt er Baumstämme rückwärts, zieht dabei eine lustige Grimasse und ich muss kichern, aber nur kurz, denn der Flug sieht gefährlich aus.
Mein Körper springt hinterher, aber im Vorwärtsgang, irgendwie.
Mit einer geschmeidigen Drehung hat Wu wieder die Wegrichtung unter Kontrolle, sodass er nicht blind landet.
Seine atemberaubende Geschwindigkeit erlaubt ihn zu weiteren Bewegungen, die ich irgendwie nachzuahmen versuche. Dafür ernte ich einen Riesenapplaus und ausgelassenes Grinsen. „Kala."“
Ich schätze, dass soll so etwas wie Gut heißen, also brenne ich mir das Wörtchen in meinem Köpfchen ein und antworte mit ebensolchem Gelächter. Was bleibt mir weiter übrig.
„Das war aber kein Réverse, Jyli.“
Okay, ich werde wohl noch ein bisschen üben müssen - der Traceur hat Ahnung. „Hey, das ist mein erstes Mal!“
Wu pfeift, sein Blick ist geschärft und sein Körper in stetiger Bewegung.
Er mutet wie ein wildes Tier an, das seine Umwelt gut kennt, zu ihr gehört und sich in sie einpasst.
Wild setzen wir die Verfolgungsjagd fort, Bäume aller Art geben mir Deckung und Wu irrt ausgelassen umher, bis er mich wieder zum nächsten Versteck treibt.
Es macht Spaß. Ein lustiges, aber auch kein ungefährliches Spiel!
Das ist es, was wir wollen!
Wir wollen Adrenalin durch unsere Adern peitschen fühlen - Körper und Geist Grenzen überschreiten lassen. Frei sein! Ja, irgendwie frei sein!
Der Boden ist nicht immer fest und eben und unvorhergesehen werden wir eine kleine Böschung hinunter gestoßen oder prallen gegen Erd- und Steinvorsprünge wie gegen eine Wand.
„Hey kleine Blume, wir sind Sch Sch Suchende nach einem eigenen p p persönlichen Weg, stimmts Jyli.“ Wu reißt mich immer weiter mit sich fort.
„Ich s s schätze wir sind gegen viele Normen, die von der G G Gesellschaft bestimmt werden. Haha, in-Ketten-Legen steht uns einfach nicht.
Vielleicht sind wir sogar Grenzgänger zwischen den Kulturen, solche, die sich mehr im third space aufhalten. Ja, das wird es sein…und eines Tages könnten wir uns eines der Astrohühner, die durch den Weltraum düsen, schnappen, die Galaxien durchforsten und erkunden, welches Sternensystem für uns das geeignetste ist. Hey, du bist dabei!“
Mit diesen fast stolpersteinfreien Worten streichelt Wu mit seiner Mähne mein Gesicht und schaut mich an, als wöllte er mich auf der Stelle auffressen, in den nächsten Sekunden in voller Verwirrung, auch mit Zärtlichkeit. Aber alles nur ganz kurz, denn seine Nase schnüffelt Beeren, die voll prall gefüllt an den Sträuchern auf uns warten. Der Tisch ist reich gedeckt.
Gleich mit dem Mund ohne die Hände zu gebrauchen zieht er sie ab und schlingt sie hinunter.
„Hmm, sehen wirklich lecker aus! Aber vielleicht haben ja unzählige Zwei- und Vielbeiner darauf gepullert oder gespuckt! Also ich muss die Früchte erst einmal anfassen und ein wenig abwischen.“
Wu scheint das nicht nachempfinden zu können - er versetzt mir kleine Rippenstöße.
„Oh nein! Hilfe!“ Man hat mich auserkoren! Hoher surrender Flugton - mit Motorengeräuschen und der Geschwindigkeit von Rennautos gleich, wollen die Fiesen sich auf mich stürzen. Ein übler Mückenschwarm umkreist uns plötzlich.
„Soviel ich weiß sollen die Blutsauger auch nur die Weibchen sein, die uns mit ihren stechenden und saugenden Mundwerkzeugen malträtieren, während sich die Männchen am Nektar erlaben. Eh, bitte aber nicht mich! Ihr seid übelst widerlich!“
Wu grinst frech. Er hilft mir aber, indem er mit seinem Schlappershirt versucht, die Fieslinge zu verscheuchen. Lachend fügt er hinzu: „Besonders attraktiv sollen die zarten Menschen sein, deren Blut aus einem tollen Gemisch aus Aminosäuren, Aminen und Ammoniak besteht. Das soll wohl noch in zweitausendfacher Verdünnung eine fünfmal stärkere Anziehungskraft haben als H2O. Hmm, lecker! Einmalig!“
Er versucht mich an sich zu ziehen.
Es gelingt ihm nicht - meine Schläge treffen jetzt mehr Wu, aber er lacht sich scheckig.
„Weißt du, ein bedeutender Naturwissenschaftler hat einmal behauptet, dass in den Wäldern Lapplands die Blutrünstigen wohl so maßlos und zahlreich auftreten, dass sie mit dem Staub der Erde wetteifern könnten. Stelle dir das einmal vor!“
Wu zieht ein Gesicht als sei er schwer beeindruckt.
Mein zustimmendes Glucksen sollte ich mir zwar verbeißen, aber er sieht sooo witzig aus.
Plötzlich schreit der Hampelmann ganz laut auf. Attacke – ein Kleinstvampirchen hat ihn erwischt und jetzt muss ich mich kringeln.
Wie verrückt um sich schlagend nimmt er mich schnell bei der Hand und zieht uns tiefer in den dunklen kühlen Wald hinein. Hier lässt man uns endlich in Ruhe.
Nach einer ausgiebigen lustigen Balgerei und Verschnaufpausen platt rücklings auf dem Boden gestreckt, setzen wir unseren Weg fort, und mir ist als würde ich den Jungen schon lange kennen. Das macht mich sooo fröhlich!
He is tooo cuuute and beautiful! Mais attention - danger!
Auch der Tag lässt von der Zeit ab, sie kontrolliert ihn nicht, das mag ich, und ich erfahre viel über die Geheimnisse des Waldes und seine Bewohner. Das macht mich reich. Doch welche sind Wus?
Ich bin mehr als gespannt, mein Körper springt wie ein Flummi.
Wus Worte holpern kaum, auch sein Blick ist sehr konzentriert.
Schon will er, wie gewöhnlich, in eines meiner Grübchen beißen, da überlegt er es sich anders, lässt ab und zieht mich zum Ende der dichten grünen Wiese hin, auf der es kunterbunt blüht. Taufrisch, unberührt! Mit den schönsten Farben der Welt und vom feinsten Pinsel getupft, so als hätte Wu die Pracht soeben gezaubert! Wir sind begeistert.
Trotz alledem fiebert er irgendetwas entgegen, aber ich kann nicht erahnen, was es ist. Das ist alles sehr aufregend!
Wie ein Ball springt er vor mir her, ergreift meine Hand und drückt uns ins Gras. Eine Weile mustert er mich, ohne ein Wort zu sagen. Unglaubliche Freude liegt in seinem Gesicht, doch seine Blicke wandern ruhelos.
Ich bin ganz sicher, da gibt es etwas, das ich nicht zu deuten vermag. Ein von Fesseln befreiter Geist? Irgend so etwas liegt in der Luft.
Auch die Sonne bringt diese zum Flimmern, der Wind jedoch schweigt.
Wie immer bin ich hippelig, und der Himmel lässt mich hängen - er wirft mir kein einziges Puzzel zu.
Ich sollte mich losreißen, denke ich, aber Wuschelkopf fixiert mich nunmehr mit konzentrierter, fast ernster Miene.
Sanft, aber entschlossen fasst er mich bei den Schultern und flüstert mit entschiedener Stimme: „Halt kleine Blume! Hier nicht weiter! V V Versprich mir das! Und…pssst!“
Mit zwei Fingern hält er meinen Mund leicht zu und ich werde plötzlich ruhiger, fast wie ein Kleinkind, das man in Begriff ist, in den Schlaf zu wiegen.
„Noch bevor die Sonne den Horizont küsst bin ich wieder hier. Lassen wir uns von dem verunsichern, verängstigen und verzaubern, was Sinne uns im Inneren erzählen.“
Wie er sich ausdrückt! Aber das Flair lässt auch nichts anderes zu und das gefällt mir sehr gut. Hurra, er ist ein Poet!
Es ist als würden alle Blumen auf der Wiese ganz plötzlich zu tanzen und zu singen beginnen und ich mit ihnen.
Der letzte Teil der Worte perlt ganz flink über Wus Lippen, während ein Auge mir lustig zuzwinkert, so als hätte er mir soeben einen Streich gespielt.
Dann kehrt er mir mit einem hohen Sprung den Rücken zu.
Als ich mein schlaftrunkenes Blinzeln aufgebe, ist Wu tatsächlich verschwunden, und die sich plötzlich vor mir auftuende Schlucht versetzt mich in großes Erstaunen.
Hier hat sich die Wiese nackt ausgezogen und ihr grünes Kleid dem gegenüberliegenden Hang geschenkt, und Wu springt und rollt ab. Immer tiefer! Immer schneller!
Bald erklettert er den gegenüberliegenden Hang. Dort bleibt er eine Weile hocken, geduckt, federnd und um sich schauend.
Plötzlich höre ich ganz deutlich ein Winseln, das immer lauter wird.
Geheul folgt und dumpf klingendes klagendes Jammern schließt sich nahtlos an.
Ein zweites Geheul! Ein drittes!
Mehrere Sekunden vergehen bis ein einziges gemeinsames Heulen die Luft durchbricht.
Der Ruf der Wildnis?
Wu reckt sein Gesicht in den Himmel.
Wahnsinn, er tut das gleiche! Ein einziges lautes heulendes Rufen zerreißt die Luft.
Ich möchte schreien, springen! Ich will…ich muss nach…, aber ich darf nicht.
Ganz deutlich zeichnet sich am Abhang ein weißgraues Knäuel ab, dem kleinere dunklere folgen.
Weit breitet Wu seine Arme aus.
Die Raubtiere kommen immer näher. Immer näher!
Gnadenlos stürzen sie auf meinen Freund zu und werfen ihn erbarmungslos zu Boden, als wollen sie ihn in tausend Stücke reißen.
Mein Herz steht still! Doch in meinem Adern kocht das Blut! …
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Irna Gänsefüßchen
I Alter: 47 Beiträge: 21 Wohnort: Heidewald
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Snowhare Gänsefüßchen
Alter: 51 Beiträge: 22
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26.08.2011 07:19
von Snowhare
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Einfach erst mal ein paar Verbesserungen in der Sprache:
Zitat: | Seine atemberaubende Geschwindigkeit erlaubt ihn zu weiteren Bewegungen, |
öh... "erlaubt ihm weitere Bewegungen" - jemanden zu etwas erlauben... gibt es nicht!
So, und nun zum Text an sich:
Auf jeden Fall fesselnd!
Macht Lust auf eine Auflösung! Neugierde erregend,
hat Rhythmus.
Manchmal noch, für mich nicht ganz greifbar, kurze Hänger
Aber insgesamt stimmig.
Und Wu bleibt als Phänomen und Bild eingebrannt
in mein Gedächtnis
für einige Zeit.
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Fraîche Gänsefüßchen
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Beiträge: 40
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