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Angst (Roman, erste Kapitel)


 
 
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Mûreth
Schneckenpost
M


Beiträge: 11



M
Beitrag30.05.2011 15:18
Angst (Roman, erste Kapitel)
von Mûreth
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

A N G S T



Vorwort

Wenn das Jahrtausend beginnt, das nach dem Jahrtausend kommt
Wird es eine dunkle und geheime Ordnung geben
Ihr Gesetz wird der Haß sein und ihre Waffe das Gift
Sie wird immer mehr Gold wollen und ihre
Herrschaft ü ber die ganze Erde verbreiten
Und ihre Diener werden untereinander durch einen Kuß des Blutes verbunden sein.
Die Gerechten und Schwachen werden ihren Regeln gehorchen
Die Mächtigen werden ihr zu Diensten sein
Das einzige Gesetz wird das sein, welches sie im Schatten diktiert
Sie wird das Gift bis in die Kirchen hinein verkaufen
Und die Welt wandert mit dem Skorpion unter ihren Sohlen.


Erstes Kapitel

Eine milde Frühlingssonne erhellte das Hotelzimmer und sandte durch zwei hohe, mit wuchtigen schwarzen Erkern ausgestattete
Fenster ihre milden, wärmenden Straßen. Auf neben dem Bett plazierten, aus feinstem Mahagoniholz gefertigten Nachttischchen begann ein Handy zu schrillen.

Mit schlaftrunkener Benommenheit begann eine Hand, danach zu tasten. "Ja?" lallte Jacklone mit leichtem Ärger über die Frühe des Anrufs getränkter Stimme. "Wachen Sie auf, es hat einen nuklearen Zwischenfall gegeben!" Mit einem Mal war er hellwach. "Was!?" "Ein nuklearer Zwischenfall! Wir brauchen Sie sofort!" Die Stimme am anderen Ende der Leitung schien keineswegs zu Scherzen aufgelegt zu sein. Die Sache schien in der Tat wichtig zu sein. "Nähere Details erfahren Sie dann, wenn Sie hier sind. Jacklone... beeilen Sie sich!" "Bin unterwegs" erwiderte der Angerufene knapp und setzte sich zeitgleich auf die Bettkante. Ein Klicken im Hörer verriet ihm, dass sein Gesprächspartner aufgelegt hatte und die Leitung tot war. Er nahm sich einige Sekunden Zeit, um sich zu sammeln. Kleine Zwerge hämmerten von innen heraus an die Schläfen seines Schädels. Der Kater rief ihn im die Erinnerung an die vergangene Nacht wach.
Er blickte neben sich: Das Bett war nicht leer.Ein Frauenkopf hatte sein Gesicht ins Kissen vergraben. Lange braune Haare, deren Locken sich wild verwälzten, waren zu sehen. Unter der Decke waren ihre gelinde ausgedrückt gewaltigen und sehr ansehnlichen Brüste zu erahnen, während am unteren Ende die Beine hervorlugten. Es war eine wilde Nacht gewesen, die ihm durchaus einiges an Kraft abverlangt hatte. An Schlaf war kaum zu denken gewesen. Er hatte Sie in einem Irish-Pub in der Innenstadt Münchens aufgegabelt und nach zig Baileys und mehreren Whisky waren Sie schließlich spät nach Mitternacht im Hotel gelandet. Selbiges war eines der edleren Häuser Münchens, doch der Komfort und die Innenausstattung des Zimmers machten den hohen Preis locker wett. Noch lag der Hauch ihres süßlich duftenden Parfüms in der Luft, welches in seinem Gedächtnis schlagartig die Bilder ihrer innigen Küsse und heißen Umarmungen wachrief.

Er zündete sich eine Zigarette an, darum bemüht, schnell einen klaren Kopf zu bekommen und die bösen Geister des irischen Alkohols zu vertreiben. Im gesamten Zimmer waren Klamotten und Unterwäsche verteilt. Mit tiefen Zügen rauchte er. Das bloße Bewußtsein um sein erfolgreiches Dasein als maskulines Raubtier weckte Zufriedenheit und selige Genugtuung in ihm. Sollte er sie wiedersehen? Nach kurzem Abwägen entschied er sich dafür, seine private Handynummer auf einen Zettel zu kritzeln und auf dem Nachttisch zu deponieren. Dann begann er hastig, seine Klamotten zusammenzusuchen. Seine Jeans hing am Deckenventilator und er hatte ein wenig Mühe damit, die nächtliche Bekanntschaft nicht durch das Knarren des Bettes aufzuwecken. Morgendliche Gespräche zählten überhaupt nicht zu seinen Stärken, was vorrangig in seiner Vorliebe für verrauchte Kneipen und dunkle, versiffte Jazzclubs sowie dem unvermeidlich damit verbundenen Konsum hochprozentiger Alkoholika und deren unvermeidliche, übelerregende Nachwirkungen begründet war. Manche waren einfach nicht als Morgenmensch geboren.
Er zog seine Jeans an, streifte sich T-Shirt und Rollkagenpullover über, warf einen letzten Blick auf seinen nächtlichen Fang, trat hinaus und zog die Tür zu.

Als Er die Treppe auf halbem Weg hinuntergestiefelt war, tönte ihm bereits die Stimme des Hoteliers entgegen: "Mr. Jacklone, Mr. Jacklone, das hier wurde heute Morgen für Sie abgegeben!" Er streckte ihm einen Brief entgegen. "Von wem kommt er?" "Tut mir leid, aber der Bote hat keinen Namen genannt. Ich selbst hatte zu der Zeit auch noch gar keinen Dienst, kann ihnen daher auch das Aussehen nicht beschreiben. Es tut mir sehr leid." sagte der Hotelier höflich. "Macht nichts!" meinte Jacklone halblaut und machte sich daran, den Brief aufzureissen. Er stutzte. Als erstes fiel ihm ein großes, rotes Siegel auf, mit dem der Brief verschlossen war. Auf ihm prangte ein Pentagramm, dessen fünf Enden jeweils auf ein griechisches Symbol zeigten, das für "Alpha" stand. Gespannt brach er das Siegel auf und öffnete die Post.

Auf einem etwas schwer in der Hand liegenden Blatt Pergament stand das folgende:

„Aus ahnungsvollem, schreckerfülltem Trauern
Gebiert sich schon
Die neue Welt.
Wohl dem,
Der nicht im Tode zagte
Und trotzig seinen Schwertstreich tat.
Wohl dem,
Der nicht beim Untergange klagte
Und nicht das Schicksal um Wunder bat.
Wohl dem,
Der stark blieb,
Stärker wird er auferstehen.
Doch wer da bangte,
Fällt in tiefste Nacht.
Weh dem, des Herz im Kampfe schwankte,
Es wird zerbrechen In der letzten Schlacht..“

Der Brief enthielt überdies auch noch eine kleine, weiße Plastikkarte, die einen schwarzen Magnetstreifen an der Seite hatte. Sie besass etwa die Größe einer handelsüblichen Bankkarte.
Jacklones Hirn begann zu rattern. Wer hatte ihm diesen Brief geschickt? Sollte das ein schlechter Scherz sein? WOllte man ihm gar damit drohen? Und was hatte es mit dieser seltsamen Plastikkarte auf sich? Welche Daten mochten wohl darauf gespeichert sein?
Eine leichte Beunruhigung breitete sich in seinem Empfinden aus. Offensichtlich wollte man auf diese Art und Weise seine Aufmerksamkeit erregen, aus welchen Gründen auch immer. Die Intentionen des Absenders schienen absolut seltsamer und rätselhafter Natur zu sein. Jacklone fasste den Entschluss, den Brief bei seinem kommenden nachrichtendienstlichen Meeting in Pullach zur Sprache zu bringen. Möglicherweise würde es ihm mit etwas Unterstützung gelingen, eine Spur aufzunehmen und zu verfolgen.
VOrerst musste sein Interesse jedoch jenem "nuklearen Zwischenfall" gelten, der sich anscheinend im Laufe des Morgens oder der Nacht ereignet haben musste. Ein Nuklearunfall. Das hatte ihm zu allem Überdruss gerade noch gefehlt. Eigentlich hatte er zwei Wochen Urlaub machen wollen. Das hatte sich nun wohl erledigt. Möglicherweise war das schlimmste aller denkbaren Szenarien nun Wirklichkeit geworden. Er seufzte innerlich, bedankte sich beim Portier (ohne ihm ein Trinkgeld zu geben, was ihm einen recht unfreundlichen Abschiedsblick einbrachte) und nahm den Aufzug zur Tiefgarage. Unten angekommen, stieg er in seinen gemieteten Audi A6 und brauste hinaus auf Münchens Strassen.

Die Verkehrslage auf dem Weg von München nach Pullach war -ungewöhnlicherweise- recht entspannt. Er kam schnell voran. Nach einigen Minuten drehte er das Radio an:

"...hat die Bundeswehr begonnen, in einem Bereich von dreissig Kilometern um die Unglücksstelle sämtliche Zufahrtswege zu blockieren. Dutzende Strassensperren wurden errichtet. Der Verteidigungsminister hat indes eingeräumt, dass sämtliche verfügbaren Reserveeinheiten ebenfalls zur Krisenbewältigung eingesetzt werden sollen. Gemeinsam mit der Polizei will man so einen Schutzring um das verseuchte Gebiet errichten um die Lage schnell unter Kontrolle zu bringen. Dreihunderttausend Menschen müssen in rasantem Temppo evakuiert werden. Innerhalb des dreissig-Kilometer- Schutzrings begannen viele Menschen indes, in Panik auszubrechen. Es gab bereits 15 Unfälle auf den Strassen, da viele Menschen nun per Auto versuchen, nach Norden zu kommen. Durch patrouillierende Soldaten und ständig sichtbare, starke militärische Präsenz soll einer Massenpanik vorgebeugt werden. Auf Plünderer und Diebe werde man scharf schiessen, so ein Sprecher der Bundeswehr.
Desweiteren steigt in Süddeutschland die Angst vor einer radioaktiven Wolke. Die Wetterberichte liefern keine günstigen Prognosen. Regen wird vorausgesagt. In ganz Baden-Württemberg könnte demnach saurer, sprich radioaktiv verseuchter Regen niedergehen, da der von Norden kommende Wind im Laufe des Tages möglicherweise drehen wird. So ist nicht nur eine kleine Region, sondern ein breitflächiges Gebiet bedroht.

Die Regierung bittet die Bürger, ruhig zu bleiben. Es gebe keinerlei Gründe, panisch zu werden. Dennoch werden die in dem 30-km Radius wohnhaften Bürger darum gebeten, Vorkehrungen für den Ernstfall zu treffen. Beispielsweise solle man Fenster unbedingt geschlossen halten und möglichst nicht nach draussen gehen. Sollte dies dennoch der Fall sein, solle man sich Mund und Nase mit einer Maske oder notfalls einem Handtuch bedecken.
Da bei der Explosion offenbar zig Tonnen an Erde, Geröll und so weiter in die Luft geschleudert wurden, können diese nun in bestimmten Gebieten die Sonne verdunkeln, da sich im näheren Bereich der Unglücksstelle eine riesige Schwarze Wolke gebildet habe. Es werde circa zwei Tage dauern, bis sich die Wolke aus radioaktivem Schutt teilweise niedergelegt habe. Jene radioaktiven Bestandteile der Wolke, also radioaktiv belastete Staubpartikel dürfen keinesfalls eingeatmet werden, andernfalls droht das Risiko einer Strahlenerkrankung. Unter allen Umständen sollten es die Bürgerinnen und Bürger vermeiden, ihr Haus zu verlassen. Fenster und Türen sollten zusätzlich mit Handtüchern oder Bettlaken abgedichtet werden. Auf der Website des Kanzleramts soll in Kürze ein kleines Handbuch online gestellt werden, welches die Risiken der radioaktiven Strahlung, ihre Auswirkungen und auch Präventivmassnahmen beinhaltet.

Über die Ursachen der Explosion indes herrscht völlige Unklarheit. Ein Sprecher des BKA sagte, dass es sich möglicherweise um einen terroristischen Angriff handeln..."

Er drehte das Radio wieder ab. So also sah die momentane Lage aus. Er fragte sich, auf welche Art und Weise er wohl eingesetzt werden würde... Zwei Minuten später kam sein Wagen an der Eingangsschranke des BND-Hauptquartiers zu stehen. Dienstausweise und Personalausweis wurden kontrolliert. Dann öffnete sich die Schranke.


Zweites Kapitel

Das große Hauptquartier des Bundesnachrichtendienstes war ein großer, grauer Klotz mit zahlreichen Büros, Konferenzsälen und Arbeitsräumen. Jacklone parkte seinen Wagen und durchschritt die Flügeltür zur Eingangshalle. Hastig eilte er in Richtung eines bestimmten Konferenzsals, wohl wissend, dass die Zeit drängte und man wahrscheinlich ohnehin schon nicht auf seine Anwesenheit hatte warten wollen. Als er schließlich den Versammlungsraum Nr. 103 erreicht hatte, sammelte er kurz seine Konzentration und klopfte dann an.
"Aah, Jacklone. Ausgezeichnet. Ich wollte gerade anfangen" sagte der Direktor seiner Spezialabteilung namens Reimer und bat ihn, Platz zu nehmen. Weiterhin noch eine handvoll Anzugträger anwesend, die er nie zuvor gesehen hatte, sowie der Verbindungsoffizier zum CIA, Eicke.
Mit Eicke hatte er schon in der Vergangenheit zahlreiche Einsätze durchlebt und im Laufe der Jahre waren sie enge Freunde geworden, was die Qualität ihrer Arbeit noch beträchtlich gesteigert hatte. Eicke war "der" typische Geheimagent, wie man ihn hätte filmisch kaum besser abbilden können: Blond, lockige Haare, konzentriert und intelligent dreinschauende blaue Augen und ein großer, muskelbepackter Körper machten ihn zu einem absoluten Frauenliebling. Die letzten Monate allerdings hatten sie sich nicht gesehen, denn Eicke war zu irgend einem geheimen Fall hinzugezogen worden und war scheinbar permanent damit beschäftigt gewesen. Er drehte seinen Kopf in Jacklones Richtung und zwinkerte ihm zu.

Der Chef der Sektion "Antiterrorismusbekämpfung", Reimer, erhob seine Stimme. Er war aufgrund der Situation außerordentlich nervös und gereizt, dennoch war die Autorität in seiner Stimme unüberhörbar. Er verkörperte jenen typischen, chefetagenmässigen Charakter eines dominanten Mannes des 21. Jahrhunderts; fünfundvierzig Jahre alt, hart, gewieft und unbelastet von jenen  verzwickten, ethischen Zweifeln, die manchen Intellektuellen so sehr zu schaffen machen. Schon vor Jahrzehnten war er zum Schluss gekommen, dass die gesamte Welt nichts weiter als ein niederträchtiges, verlogenes,auf Profitmaximierung ausgerichtetes Drecksloch war, in dem nur die brutalsten und erbarmungslosesten überleben.Nichtsdestotrotz besass sein Charakter eine gewisse Güte- so gütig, wie jemand nur sein kann, der eine solch ultra-macchiavellistische Philosophie verkörperte. Ihm lagen Kinder und Tiere durchaus am Herzen, es sei denn natürlich, dass sie sich an einem Ort befanden, der im Interesse der Nation pulverisiert werden musste. Trotz seines, mit zahlreichen Verantwortungen belasteten, manchmal nahezu priesterhaft einsamen Amtes hatte er sich einen spöttischen Galgenhumor aufrechterhalten. Auch galt er numehr seit fast zehn Jahren als impotent, brachte aber dennoch im Mund einer geübten Nutte innerhalb weniger Minuten einen Orgasmus zustande.

Er schluckte Amphetaminpillen, um seinen physisch und psychisch extremst zerrüttenden Vierundzwanzig-Stunden-Tag durchzustehen, mit dem Endergebnis, dass sein Weltbild nunmehr gehörig in Richtung Paranoia abgeglitten war; er schluckte ganze Schiffsladungen glücklicher, kleiner Tranquilizer, die es ihm ermöglichten, seine Sorgen, Ängste und Probleme mit eiserner Faust im Griff zu halten; mit dem Endergebnis, dass seine losgelöste, schwammige Euphorie oft in Richtung Schizophrenie hinüberglitt. Trotz alledem machte seine angeborene Schläue und Gerissenheit es ihm dennoch die meiste Zeit über möglich, die Realität von Fiktion zu unterscheiden. Er war den meisten nachrichtendienstlichen Chefs der Welt damit sehr ähnlich. Er begann zu sprechen:

"Wie sie alle bereits erfahren haben, hat es heute Morgen um 7.23 einen nuklearen Zwischenfall gegeben", begann Reimer. "Das Dorf Darnsbach, dass nur eineinhalb Kilometer vom Ausgangsort der Explosion liegt, wurde fast völlig zerstört. Die genaue Ursache der Explosion ist nicht bekannt, wir gehen jedoch davon aus, dass es sich um eine sehr kleine Atombombe gehandelt haben muss. Wäre diese oberirdisch gezündet worden, wäre der Radius der völligen Vernichtung weitaus größer gewesen. Insofern hatten wir Glück im Unglück."

"Warum findet ausgerechnet dort ein terroristischer Angriff statt?" versetzte Eicke.

"Alles was nun folgt, ist streng geheim. Sollten sie mit irgendjemandem darüber sprechen, so wird man sie des Hochverrats anklagen.
Je mehr Informationen wir über die möglichen Ursachen erhalten, desto beunruhigender wird das Bild. Auch wenn offizielle Sprecher der Regierung in Kürze bekanntgeben werden, dass dies ein mutmaßlicher Anschlag von Al-Qaida gewesen ist, müssen wir zugeben, dass dies völlig ausgeschlossen ist. Es gab und gibt dort keinerlei radikalislamistische Aktivität. Und auch das Ziel wäre ja völlig unlogisch. Nehmen wir einmal ein, es sei islamistischen Radikalen tatsächlich gelungen, an eine, wenn auch kleine Atomwaffe heranzukommen, so würden als eventuelle Ziele höchstwahrscheinlich nur große Städte, Kernkraftwerke, Flughäfen, Kleinstädte und so weiter in Frage kommen.
Doch dort, wo sich diese Explosion ereignete, gibt es fast nur Bäume. Unsere Experten sagen, dass die Bombe in einem Teil eines weitläufigen, unterirdischen Bunkers gezündet wurde, der gegen Kriegsende von den Nazis massiv ausgebaut wurde. Dorthin wollte man einen GRoßteil der Munitionsfabrizierung verlegen, um vor alliierten Bombardements geschützt zu sein. Und nun kommen wir zu den wirklich beunruhigenden Informationen:

Laut unserer Informanten ist dies der Höhepunkt einer Reihe von Ereignissen, die von einer ominösen, weitverzweigten mystizistischen Sekte verübt wurden. Innerhalb der nächsten Stunde werden Sie über die Aktivitäten dieser Gruppe umfassend ins Bild gesetzt werden.
Diese GRuppe,die auch für einen Anschlag auf ein tschechisches Dorf namens Petruchanizka verantwortlich war und der man auch ein kürzlich in der Nähe von Berlin entdecktes, unterirdisches Gewölbe zuschreibt. In diesem wurden Anscheinend genetische Experimente durchgeführt. Auch besass dieses Gewölbe einen abgetrennten Teil, der als eine Art okkulter Tempel fungierte. DIese GRuppe wird auch mit dem Verschwinden einiger Menschen im In-und AUsland in Verbindung gebracht. Man nimmt an, dass es sich um eine weitverzweigte, international tätige Geheime Loge handelt.
AUfgrund des von uns gesammelten MAterials erscheint es uns als äußerst wahrscheinlich, dass die Explosion nicht gewollt war, sondern eine Art Unfall darstellt. Genaueres werden wir erst wissen, wenn wir den Komplex selbst in Augenschein nehmen können.
Lassen Sie uns nun zu den bisher verübten Anschlägen und den an -übrigens unschuldigen- Menschen verübten Experimenten kommen. Seien Sie allerdings vorgewarnt: Die nun folgenden Bilder und Videos sind keine leichte Kost. Ein Kollege musste bei Sichtung des Videos kotzen.SElbst in den abartigsten, pervertiertesten Horrorfilmen hätte man das kaum derart brutal darstellen können... Er machte eine kurze Pause, um seinen Vortrag bei der Zuhörerschaft einsacken zu lassen.
Dann betätigte Reimer einen Knopf auf einer winzigen Fernbedienung und ein riesiger Flachbildschirm wurde von der Decke hinabgefahren. Ein weiterer Knopfdruck, und ein Video begann zu laufen. "Das ist eine Amateuraufnahme aus Petruchanizka, die zufällig zeitgleich mit dem Experiment gemacht wurde."

Gezeigt wurde eine Gruppe Kinder, die fast alle Partyhüte trugen, in Tröten bliesen, lachten, Kuchen assen, sich dann im Halbkreis aufstellten, um zu einem Lied für das GEburtstagskind anzustimmen. "Happy Birthday, Happy Birthday, Happy Birthday to y..." Die Erde begann zu beben, die Kamera begann zu wackeln. Das Beben wurde intensiver. Chaos brach aus. Alle Kinder begannen sich zu fürchten und lauthals zu schreien. Doch so schnell wie es kam, war es auch wieder vorüber. Das Tschechisch war für alle Anwesenden unverständlich, aber Betonung und Verhalten der Geburtstagsgesellschaft zeigten pure, tiefste Erleichterung.
Mit einem Mal begann wieder eines der Kinder zu brüllen und zu schreien, während es versuchte, eine dicke Eiterpustel, die sich blitzartig auf seinem Arm ausgebreitet hatte, wegzuwedeln. Mehr Geschrei und Gebrüll wurde hörbar. Alle Kinder bekamen am ganzen Körper erst eiternde, dann kochende Pusteln. Der Arm des Kameramanns wurde sichtbar- auch er begann zu kochen und zu eitern. Er warf die Kamera auf einen Tisch. Durch die Pustelbildung und die enorme Temperaturerhöhung der Haut, begann diese bei den Kindern, sich allmählich zu verflüssigen und vom Körper zu tropfen. Alle kreischten in schierem, schmerzverzerrten Wahnsinn und grenzenlosem, abartigen Entsetzen. Gesichtszüge waren nicht mehr zu erkennen. Einigen Kindern platzten die Augen und wurden fetzenweise auf den Boden geschleudert. Ihre Schreie hatten nichts mehr menschliches an sich. Die Schmerzen waren unvorstellbar. Eins nach dem anderen, begannen die Kinder in sich zusammenzufallen, um als grotesk-entstellte Fleischberge auf dem Boden zu landen. Niemand überlebte.

Schweigen breitete sich im Konferenzraum aus. Die Gesichter der Anwesenden verrieten tiefsten Ekel und blankes Entsetzen.

"So wie diesen unschuldigen Kindern erging es dem ganzen Dorf. Wie genau dieses Ereignis ausgelöst wurde, wird zur Zeit noch erforscht. Eins aber ist sicher: Direkt für die Auswirkungen verantwortlich war ein starkes, anormales Teilchenfeld, dessen Existenz sich seit kurzem mit speziellen Detektoren messen läßt. In Petruchanizka wurde ein solches anormales Feld nachgewiesen. Allerdings war dessen Stärke einige Stunden nach dem Ereignis nicht mehr sehr hoch. Solche anormalen Felder wurden bei vielen jener rätselhaften und menschenverachtenden Experimente rund um den Erdball nachgewiesen.
Auf welchem Wege ein solches Feld erzeugt werden kann, ist nicht bekannt. Fest steht aber, dass die Gesetze der Physik in einem derartigen Feld nicht mehr gültig sind. Oder sagen wir vielmehr: Sie gelten nicht mehr in derselben Weise, wie dies normalerweise der Fall wäre. Höchstwahrscheinlich gibt es mehrere Typen solcher anormaler Felder, die mittels uns noch unbekannten Variablen in Stärke und Auswirkung verändert werden können."  

[weitere Fälle aus altem Dokument rüberkopieren! Text korrekturlesen!!!]

Kapitel 3

Sämtliche Männer im Konfernezraum sassen gebannt auf ihren Stühlen. Reimer nestelte an der Fernbedienung herum:

"Sekunde, ich muss vorspulen. Jetzt kommt es gleich, einen Moment noch, da ist es: Das ist ein Mann, den wir im Zusammenhang mit dieser Serie von Ereignissen festgenommen haben. Vorläufig wurde er inhaftiert. Nun ja, sehen sie das weitere selbst..." Er drückte auf "Play":

Die Kamera zeigte einen Mann. Einige Sekunden lang passierte gar nichts. Er lief nur auf und ab, augenscheinlich von einer tiefen, inneren Unruhe getrieben. Urplötzlich begann er jedoch, zu stöhnen und sich die Augen zu reiben. Gebannt starrte die Runde auf den Monitor. DIe Szene, die sich dann zugetragen hatte, erschütterte alle Anwesenden zutiefst: Der junge Mann rannte zum Spiegel seiner Zelle. Da die Kamera aus einer Positionen gefilmt hatte, welche die gesamte Zelle einnahm, war auch sein Spiegelbild gut sichtbar. Dann geschah es: Erst bildeten die Beobachter sich ein, Schlieren würden sich aus seinen Augen und seinem Mund bilden- doch dies war nicht der Fall: Jene "SChlieren kamen nicht aus seinem Mund, sondern bestanden aus Haut, die urplötzlich über -nicht aus- seinem Mund ebenso wie aus seinen Augen wuchs.
Als erstes war der Mund vollständig bedeckt, dann die Augen. Der Mann versuchte zu schreien, doch es war nur noch ein HMMMMMM MMMM MMMMM MMMMMMM!!! zu hören. Da er keine Luft mehr bekam, fing er an, sich wie ein schizoider Wahnsinniger auf dem Boden herumzuwälzen, bis er schließlich nach einigen Minuten erstickt war.

"Moment, ich vergrössere das Bild", meinte Reimer. Nun war das Gesicht des Mannes in Grossaufnahme zu sehen: Augen und Mund waren mit Haut bedeckt, da selbige aber nachträglich gewachsen war, schien sie Narbengewebe nicht unähnlich zu sein.
"Mein Gott", sagte einer der Anzugträger mit tief erschrockener, angeekelter Stimme. Auch die übrigen Mitglieder der Runde schienen ebenso geschockt wie verblüfft zu sein. "Wie kann so etwas überhaupt passieren?! Und warum sollte er sich auf eine solch bestialische Art und Weise umbringen?"

"Wir wissen es nicht. Selbstmord schließen wir aber zum derzeitigen Stand der ERmittlungen aus. Unsere Gerichtsmediziner sagen, dass im Blut des Gefangenen ein Toxin nachgewiesen wurde, dessen Struktur und Herkunft allerdings ein großes Rätsel darstellt. Sie sagen, dass es ihm definitiv von außen zugeführt wurde; sich möglicherweise über mehrere Wochen oder Monate in seinem Körper befunden habe, um dann zu gegebener Zeit aktiviert zu werden. Wodurch aktiviert... auch das ist derzeit ein riesiges Fragezeichen. Möglicherweise kann aber die... nunja, nennen wir es der Einfachheit halber WOhnung, des Mannes Aufschluss über die Herkunft des Toxins und die Intentionen und Ziele jener niederträchtigen, fluchwürdigen Sekte geben. Sehen sie es sich genau an!" Wieder drückte er auf die Fernbedienung:

Das nächste Foto zeigte ein verfallenes, altes Haus. Nicht unbewohnbar, aber auch nicht sehr anziehend. Es wirkte so, als ob man es noch niemals renoviert hätte. DIe nächsten Bilder zeigten das Haus von Innen: Es war nur mit dem nötigsten ausgestattet. Allerdings gab es eine Menge  überfüllter Buchregale, mehrere Computer und Laptops, die sich auf zwei Tische verteilten. Nun wurde der Eingang zum Keller gezeigt: Schwaches Licht dämmerte herauf.

Fischäugig glotzend war die Runde unfähig, ihre Augen zu schließen, als der Monitor das nächste Foto präsentierte: Man sah einen Gang, der ungefähr 2 Meter breit war. An seinen Wänden waren unzählige Stahlkäfige aufgestellt, in denen sich; auf der einen Seite, Katzen mit seltsam bläulich schimmernden Augen befanden. Die andere Seite wurde euf einem eigenen Bild dargestellt: Dort waren mehrere Doppelköpfige Hunde zu sehen, denen an vielen Teilen ihres Körpers das Fell ausgefallen war. Dann gab es noch eine Katze, die überhaupt keinen Kopf besass, ihr Gesicht befand sich an ihrer Seite, knapp oberhalb des Bauchs. Desweiteren war ein Hund mit einem zusätzlichen, dritten Auge über der Stirn zu sehen.
Den Anwesenden verschlug es die Sprache. Doch da kamen noch mehr Fotos: Ungläubig und völlig konsterniert offenbarten die Bilder zuerst ein schweres, nahezu einen halben Meter dickes Schott, dass nur mit Code zu öffnen war. Die nächsten Photographien zeigten, was sich hinter der Stahltür verbarg: Ein komplett eingerichtetes, hochmodernes und für eine Privatperson wohl auch kaum bezahlbares Labor.
Überall standen Reihen von Reagenzgläsern, Erlenmeyerkolben und die dazugehörigen Apparaturen und Instrumente herum, beispielsweise Spiralkühler, eine Zentrifuge oder ein Spektroskop.

 Zusätzlich hierzu waren noch einige Käfige mit Versuchsratten zugegen, die man ohne Fell gezüchtet hatte und die daher den grotesken und abartigen Eindruck noch verschärften. Ein anderer Bereich des Labors enthielt eine zahnarztliegenartige, seltsam anmutende Konstruktion, auf der eine -das mochte man aufgrund der Umstände rückschließen- Testperson lag über deren Kopf eine Art Gerät angebracht war, das über zwei Öffnungen für die Augen verfügte. Bei genauerem Hinsehen konnte man erkennen, dass die Augen mittels mehrerer, an der Apparatur angebrachter Stahlzwingen künstlich offengehalten wurden. Von Hinten ließ sich eine Art Brille vornüberklappen, welche aus zwei kleinen Bildschirmen bestand, die möglicherweise dazu gedient haben könnten, die Testperson gegen ihren Willen mit Bildern zu füttern, da der gesamte Apparat mit einem Computer verbunden war. Dies wurde jeweils durch mehrere dutzend Fotos veranschaulicht.

Die nächsten Bilder zeigten nun jene Testperson: Auf der Liege mit dem Apparat verbunden, fielen sofort seine weit aufgerissenen Augen auf, die ganz so wirkten, als ob sie das furchtbarste, grauenerregendste Entsetzen durchgemacht hätte, das ein Mensch zu ertragen in der Lage wäre. Die Kleidung war schmutzig und zerlumpt und durch einen Dreitagebart wurde das landstreicherhafte Bild komplettiert.

"Diese Person", begann Reimer zu erläutern, "konnte nicht identifiziert werden, da sie weder einen Ausweis noch ein Portemonnaie in ihren Taschen hatte. Auch die Fingerabdrücke waren nicht registriert. Wir gehen davon aus, dass er einer jener Namenlosen war, die in den dunklen Ecken und Winkeln unserer Städte zu tausenden Leben." Was genau man dort in diesem Keller mit ihm gemacht hat, ist uns nicht ganz klar. Die untersuchenden Ärzte meinten, er sei an geistiger Erschöpfung gestorben. Unsere Experten sind der Meinung, man habe ihn mehrere Wochen lang auf diesem Stuhl gefesselt, ihm Aufputschmittel gegeben und ihn permanent mit schrecklichen Bildern gefüttert. Dies scheint der einzige Verwendungszweck dieses Stuhles zu sein. Die Wahrscheinlichkeit ist äußerst hoch, dass der festgenommene Mann nicht allein arbeitete, sondern Teil einer Art Zelle war. Hinter einem der Regale in dem Labor entdeckten wir eine Tür, sie führte uns in jenen Raum": Zu sehen war ein komplett mit purpurnem Samt verhängter Raum, an dessen Ende ein pyramidenförmiger Altar aus fein behauenem, weißen Marmor stand, dessen oberes Drittel jedoch aus Gold
zu bestehen schien.
Dahinter befand sich ein rechteckiger Block aus schwarzem Basalt, der ganz offensichtlich rituellen Dingen diente. Es standen allerlei Fläschchen, Phiolen und Gläschen darauf. An der Wand hing ein großes, goldenes Pentagramm, an dessen Spitzen jeweils ein "Alpha" stand. Auf dem Boden davor war ein großer Kreis gezeichnet, der ebenfalls ein Pentagramm und viele mystische Symbole in mannigfaltigsten Variationen beinhaltete. Der Kreis war einer Schlange nachempfunden worden. Daneben befand sich ein kleines Dreieck. Selbiges war von völlig unverständlichen hebräischen Namen und allerlei kabbalistischen Symbolen umringt.

"Treffer!" Dachte Jacklone und war beunruhigter als je zuvor.

"Man fand auf diesem schwarzen Block auch noch etwas, das unsere Spezialisten noch niemals selbst in den Händen gehalten haben": Das Bild eines handgeschriebenen Notizbuches erschien, welches Bilder von Pflanzen und Lebewesen enthielt, die jenen auf der Erde zwar auf den ersten Blick ähnlich zu sein schienen, sich bei näherer Betrachtung jedoch als völlig unterschiedlich und fremdartig darstellten.
Eine Fotos zeigten die Schrift dieses Buches ein wenig genauer: Die Zeichen wirkten völlig andersartig, befremdlich und auf eine unangenehme Art lästerlich und obszön. "Diese Schrift", fuhr Schacht fort, "gleicht keiner der uns bekannten, mit einer einzigen Ausnahme. Das Buch scheint eine Art Enzyklopädie darzustellen, doch von was sie handelt, ist absolut schleierhaft. Die gezeigten Pflanzen, Lebewesen und Kreaturen existieren auf der Erde nicht.

Unsere Forscher haben herausgefunden, dass es nur ein einziges Buch auf der Welt gibt, dass eine Verwandtschaft zu diesem aufweist: Das Voynich Manuskript." Ein Knopfdruck, und weitere Bilder erschienen auf dem Bildschirm:

"Dieses Schriftstück gleicht jenem, welches wir beschlagnahmten, zumindest hinsichtlich Schriftart und Inhalt. Die von uns aufgefundene Schrift scheint jedoch eine Art Erweiterung des bisher bekannten Manuskrpts darzustellen." Die folgenden Bilder zeigten ein aus pergamentenen Seiten bestehendes Buch, welches offenbar enzyklopädischen Charakters war und eine unbekannte Schrift sowie Bilder unbekannter Pflanzen und Tiere zeigte.

"Das Voynich-Manuskript (benannt nach Wilfrid Michael Voynich, der das Manuskript 1912 erwarb) ist ein Schriftstück, das vermutlich zwischen 1404 und 1438 in Norditalien geschrieben wurde. Der Text ist in einer unbekannten Schrift und Sprache geschrieben, anscheinend fehlerfrei ohne Korrekturen oder Durchstreichungen. Im Gegensatz dazu sind die Abbildungen mit wenig Sorgfalt gezeichnet. Sie erinnern an botanische, anatomische und astronomische Zusammenhänge. Das Manuskript befindet sich seit 1969 unter Katalognummer MS 408 im Bestand der Beinecke Rare Book and Manuscript Library der Yale University."
1962 datierte ein Expertenteam die Handschrift aufgrund von Material und Schreibstil auf etwa 1500 n. Chr. Doch die Provenienz (die Folge der Vorbesitzer) konnte bislang nur lückenhaft ermittelt werden und das auch nicht mit Sicherheit. Da der Inhalt bisher nicht entschlüsselt werden konnte, stützt eine Datierung des Manuskripts sich lediglich auf die Illustrationen. Aufgrund der Hinweise aus Kleidung und Haartracht sowie einiger weiterer Anhaltspunkte wird das Manuskript von den meisten Experten in den Zeitraum zwischen 1450 und 1520 datiert.

Erst 2009 wurden an Instituten in Chicago und Arizona kleinste Proben des Materials untersucht. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass das Manuskript mit größter Wahrscheinlichkeit im Zeitraum zwischen 1404 und 1438 hergestellt wurde. Ferner haben Experten des McCrone-Forschungsinstitutes zu Chicago festgestellt, dass die Tinte nicht zu einem späteren Zeitpunkt aufgetragen wurde.

Aus dem kaum leserlichen und wohl nicht eigenhändigen Namenseintrag Jacobj ’a Tepenece auf der ersten Seite des Manuskripts lässt sich, falls sie echt ist, schließen, dass der böhmische Hofpharmazeut Jakub Horcicky de Tepenec das Exemplar zur Lektüre in Händen hatte oder sogar sein Eigentum nannte.

Es ging durch eine Reihe von Händen, darunter Rudolf der 2. von Habsburg, Johannes Marcus Marci, das COllegium Romanum und zuletzt eben Wilfried Michael Voynich. Sätmliche Versuche, das Buch zu dekodieren beziehungsweise dessen Inhalt zu entschlüsseln, schlugen fehl. Sicher ist nur, dass die abgebildeten Pflanzen und Tiere nicht auf der Erde vorkommen und dass auch die Schrift keiner der uns bekannten gleicht.

Kapitel 4

Zur selben Zeit...

In einem unterirdischen Gewölbe- irgendwo in Deutschland

Das Kellergewölbe wirkte aufgrund fehlender Einrichtung sehr kahl und karg. Einige dutzend Kerzen erhellten es jedoch ausreichend. Das Geschehen spielte sich an einer zentral angebrachten Liege ab... Dort lag ein Mitglied der Bruderschaft, den seine Brüder Apollyon nannten. Dank einer intravenösen Gabe eines Cocktails aus Dormicum, Ketamin, Lysergsäurediethylamid und Natriumpenthothal, einer in Geheimdienstkreisen berüchtigten Wahrheitsdroge, atmete ruhig und gleichmässig. Er machte sich bereit, in wenigen Augenblicken dem ultimativen Feind der gesamten Menschheit gegenüberzustehen: Dem Tod.

Höre, Bruder Apollyon! begann ein anderer Bruder, welchen man nur "Den Weisen" nannte... "In diesem Augenblick siehst du einen Weg. Sobald du zu atmen aufhörst, siehst du das ursprüngliche, strahlende Licht. Dies ist die erste Phase des Sterbens, die dein Lehrer dir während deines Studiums erklärt hat. Es ist die wahre Wirklichkeit, leer
und schmucklos wie der Raum.

Dies ist dein ursprünglicher Geist, unbefleckt und schmucklos, ohne Zentrum und ohne Grenzen, leer
und strahlend. Erkenne diesen Zustand als das, was er ist, und tritt in ihn ein!

Und Apollyons Geist trat ein... trat ein in ein Zentrum absoluter Leere, während sich Finsternis ausbreitete... unendliche, grenzenlose Finsternis. Sein Geist trat über in eine bizarre Leere, unaussprechlich, kalt und emotionslos... Er realisierte, dass er Selbst die Finsternis war... allein in einem unendlichen Kontinuum leiser Gedanken und längst vergessener Träume und Gefühle... Doch da war etwas in der Dunkelheit. Er konnte es deutlich spüren.
Etwas fremdartiges berührte seinen Geist, zwang ihn, schreckliche und gar unaussprechliche Dinge zu sehen... vergewaltigte seinen Verstand, seine Gefühle... Er wurde eins mit dem Unaussprechlichen. Sah Dinge, die noch weit in der Zukunft lagen und dennoch zur selben Zeit in seinem Inneren präsent waren... Zeit wurde bedeutungslos, er wurde zum Reisenden zwischen den Welten.
Unterdessen waren seine Brüder nicht untätig. "Der Weise" erhob sich mit furchtbarer, einnehmender Stimme; bereit, seinem Bruder im Geiste beizustehen mit einem uralten, längst vergessenen Ritus:
Er begann, seltsame und abartig wirkende Symbole auf den Boden zu zeichnen, während er gleichzeitig seinen Freund durch eine Erfahrung begleitete, die er selbst hatte unfreiwillig erleben müssen... Bilder von aufgeplatzten Leichen und zerbombten Ruinen schossen durch sein Gehirn... damals, als er dem Tode so nahe wie kaum ein Mensch zuvor gekommen war, damals, im Häuserkampf um Berlin... Trotz der fremdartigen Gefühle, die ihn befielen, riss er sich zusammen und schrie die Worte hinaus:

"Das Trugbild, das du jetzt siehst, ist das Zeichen dafür, daß das Element Erde sich in Wasser auflöst!"
(Unterdessen waren die assistierenden Brüder höchst besorgt: Apollyon war nun schon fast 3 Minuten lang völlig regungslos...) Doch die geheime Lehre, die alle Anwesenden zu Brüdern machte, hatte auch für diesen Teil des Rituals das entsprechende uralte, nur von Mund zu Ohr weitergegebene geheime Weisheit: Die Brüder wussten: Wenn die oberen Energien sinken und die unteren aufsteigen, begegnen sich die weiße und die rote Energieperle im Herzen und der Sterbende sieht völlige Schwärze, die jedoch hell ist und glüht.
Man nennt sie „Nähe des Ziels“, weil das Ende nahe ist, aber auch „große Leere“, weil sie keinerlei Merkmale hat, die mit der primitiven Sprache und SChrift der Unwissenden Menschen beschreibbar wären.

Apollyons Geist hingegen hatte bereits alle inneren Vorgänge beendet- er war außerstande, etwas zu denken oder zu fühlen denn Wenn alle diese Vorgänge beendet waren, löste sich alles, was von seinem ohnehin nur noch sehr subtil vorhandenen Geist übrig war, in ein plötzliches aufstrahlendes Licht auf. Laut der geheimen Lehre, die jene Brüder mit ihrem Leben hüteten und über Jahrtausende nur durch abartige, unaussprechliche Rituale  weitergaben, jenes Licht konnten die wahren Eingeweihten sowohl im Tod als auch in der Meditation sehen.

"Der Rauch, den du jetzt siehst, ist das Zeichen dafür, daß das Element Wasser sich in Feuer auflöst!"
"Die Glühwürmchen, die du jetzt siehst, sind das Zeichen dafür, daß das Element Feuer sich in Wind
auflöst!!!" Bruder M.P.s Stimme klang in dem düsteren, kerkerähnlichen Gewölbe einsam und verlassen- dennoch ging er mit einer Entschiedenheit vor, die man nur durch jahrelange Praxis der heiligen alten Rituale erwerben konnte, vor.
"Die flackernde Kerzenflamme, die du jetzt siehst, ist das Zeichen dafür, daß das Element Wind sich in Bewußtsein auflöst!!!"
Der weiße Mondhimmel, den du jetzt siehst, ist das Zeichen dafür, daß das Bewußtsein sich in „Erscheinung“ auflöst!!!"
Der rote Sonnenhimmel, den du jetzt siehst, ist das Zeichen dafür, daß „Erscheinung“ sich in „Zunahme“, auflöst!!!
Der dunkle Nachthimmel, den du jetzt siehst, ist das Zeichen dafür, daß „Zunahme“ sich in die „Nähe des Ziels“ auflöst!!!
Die Dämmerung, die du jetzt siehst, ist das Zeichen dafür, daß die „Nähe des Ziels“ sich in das strahlende Licht auflöst!!!

Jene rezitierten "Zeichen des Todes“ ähneln bestimmten, ausschließlich in einem einsamen Tal, irgendwo in den unendlichen, todbringenden Gipfeln des Himalaya behüteten, sakralen Symbolen und Riten der dortigen Eingeweihten, die sich zum Zwecke des Studiums und der Meditation in tiefe, dunkle Höhlen zurückgezogen hatten, bereit, das geheime Wissen auf ewig vor den plump dahertorkelden Profanen und zugleich schrecklich unwissenden Menschen zu beschützen... Jenes einsame Tal inmitten der majestätischen Berge spielte seit Jahrhunderten eine außerordentlich wichtige Rolle in den dunklen, niederträchtigen Geheimlehren der Bruderschaft.

Im Gewölbe begann Apollyon auf seiner Liegen langsam wieder zu atmen, doch es fiel ihm zunächst unmenschlich schwer, denn durch den konstanten Sauerstoffmangel hatte seine Zunge sich auf fast das doppelte ihrer ursprünglichen Größe ausgedehnt. Ein übereifriger Bruder namens C.C.A. beeilte sich hektisch, den vom Tode Zurückgekehrten wieder in einen ansprechbaren Geisteszustand zu medikamentieren: in Sekundenbruchteilen war Apollyon wach. Derart wach, dass es ihm einen Schlag versetzte, der ihn zum ersten Mal wieder tief nach Luft ringen ließ. Sein Herz pumpte mit gefühlten 200 Schlägen pro Sekunde... das Adrenalin, das er ihm mittels eines zentralen Zugangs am Herzen verabreicht hatte, tat offensichtlich seine Wirkung.

Zum Abschluss des Rituals bildeten die Brüder einen Kreis um die Liege und erhoben ihre Arme: "Es werde Licht!"

Augenblicklich wurde das Gewölbe von einem sanften, jedoch sehr hellen elektrischen Licht erhellt. Ein weiteres Mitglied des Ordens hatte den Abyssos überwunden und war damit Herr über Leben und Tod geworden.

Kapitel 5

"Es geht noch weiter" eröffnete Reimer, "und einfacher zu durchschauen wird es leider nicht. Eine ausführliche forensische Untersuchung des Mannes auf der Liegeließ uns folgendes zutage fördern:" Ein weiteres Bild erschien, auf dem der Nacken des Mannes zu sehen war. Deutlich war knapp unterhalb des Haaransatzes eine kleine rechteckige Erhebung unter der Haut zu sehen. Auf dem darauffolgenden Bild war der chirurgisch geöffnete Nacken zu sehen: Ein schwarzer Chip war dort im Nervengewebe verankert.

"Wie sie selbst sicherlich vermuten" fuhr Reimer fort, "ist dieser Chip nicht auf natürlichem Wege an den Nervenbahnen dieses Mannes gewachsen. Er wurde ihm dort künstlich implantiert. Unsere Experten sagen, eine solche Technologie existiert auf der Erde noch nicht. Die Dichte der Leiterbahnen und Siliziumkristalle ist so hoch, dass selbst die modernste und fortschrittlichste Militärtechnologie dagegen alt aussieht. Die Entwicklung einer derartigen Technologie würde Milliarden und Abermilliarden verschlingen. Hinzu kommt, dass derartige Experimente an Menschen auf der gesamten Welt als unethisch gelten und somit ungesetzlich sind. Es bedürfte also einer äußerst zweifelhaften Moral und einer nicht unerheblichen kriminellen Energie, um solche Versuche zu einem erfolgreichen Ergebnis zu führen. Über den letztendlichen Sinn und Zweck dieser gesamten dort aufgefundenen Einrichtung und der operativen Veränderungen an jenem Mann können wir leider nur spekulieren. Doch die Auswertung der aus diesem und anderen Vorkommnissen gewonnenen Informationen zeichnet ein äußerst beunruhigendes Bild vor unseren Augen."

"Moment" sagte einer der anonymen Anzugträger. "Ich möchte alle Anwesenden hiermit ausdrücklich darauf aufmerksam machen, dass sämtliche in dieser Besprechung weitergegebenen Informationen noch geheimer als "Top Secret" eingestuft werden müssen. Ich nehme an", wandte er sich zu den Anwesenden, "dass dies in ihrem Sinne ist?"
"Selbstverständlich." entgegnete Eicke. Nun, Herr Reimer, fahren sie fort." Die Anwesenden der Runde hingen an Reimers Lippen. Schließlich bekam man derlei herbe Kost nicht alle Tage serviert.

"Gut. Wie gesagt, wir können nur spekulieren und sind bei weitem nicht im Besitz aller Teile des Puzzles, aber das, was wir haben, passt durchaus zusammen und ergibt Sinn. Zunächst wäre da die Funktion des Chips. Unsere Wissenschaftler sagen, dass er dazu dienen könnte, die Tätigkeit bestimmter Hirnareale zu stimulieren und zu erweitern. Und zwar in einem Sinne, dass man die daraus resultierende Hirnaktivität als etwas wirklich spektakuläres bezeichnen müsste."
 
"Kommen sie auf den Punkt!" Blaffte der Fachmann für Terrorismusbekämpfung des CIA, Jones, ungeduldig.

"Nun ja, ahm, also wir glauben, wir glauben dass ein Mensch, der einen solchen Chip implantiert bekäme, dazu fähig wäre, die Gedanken oder auch Gefühle anderer Menschen zu lesen oder diese gar zu beeinflussen. Denkbar wäre auch, dass sein Geist durch das Implantat in die Lage versetzt wird, Dinge oder Gegenstände nur durch den Willen zu bewegen. Um es auf den Punkt zu bringen, unsere Wissenschaftler sind aufs höchste beunruhigt."

"Donnerlottchen. Sie sind doch nicht mehr ganz dicht. Wollen sie mir damit sagen, dass es da eine internationale Verschwörung von Geisteskranken gibt, die Penner in Telepathen verwandelt!? Ticken sie eigentlich noch ganz richtig!?"

"Etwa darauf läuft es hinaus. Wenn das aber alles ein Gespinst meines kranken Hirnes wäre", entgegnete Schacht, "dann lassen sie mich ihnen sagen, dass meine Nerven dann wesentlich beruhigter wären. Allerdings muss man bei uns in Amerika um zum Nachrichtendienst zu können, auch einen umfangreichen psychologischen Test absolvieren, den ich mit Bravour bestanden habe. Ob SIE das allerdings auch schaffen würden, nun, da habe ich, mal ganz offen gesprochen, ehrliche Zweifel. Bei der Menge an Pillen, die sie schlucken."

"Ach halten Sie doch ihr Lästermaul. Sie halten sich wohl für was besonderes!" entfuhr es dem aufgeregten Reimer. Und woher wusste dieser Schluchtenscheisser überhaupt von seinen Pillen???

"Ruhe meine Herren", mahnte der Co-Direktor der Abteilung, der ebenfalls mit am Tisch sass. "Sie sollten lieber lernen, miteinander auszukommen, schließlich stehen wir auf derselben Seite!"

"Aber auch NUR in diesem expliziten Fall" erinnerte Reimer. "Ansonsten schere ich mich einen Dreck um die Probleme anderer Nachrichtendienste. Wir hätten unsere Erkenntnisse nicht mit ihnen teilen müssen. Wir sind zu ihnen gekommen, um endlich eine Zusammenarbeit in dieser Sache möglich zu machen. Deshalb waren wir äußerst zuvorkommend. Es muss unbedingt etwas getan werden. Und damit unsere Zusammenarbeit auch zu konkreten Ergebnissen führen kann, müssen sie uns auch etwas geben."

"Sie scheinen da wohl schon an was bestimmtes zu denken?" entgegnete Jones.

"So ist es. Weisen Sie FBI und CIA an, mit uns zusammenzuarbeiten. Auch bräuchten wir unbedingt Zugriff auf Teile von Echelon, um all diese Vorfälle in ein übergeordnetes Muster einordnen zu können. Geben sie der bereits gebildeten internationalen Task-Force mehr Befugnisse. Wir müssen in der Lage sein, die Mitglieder dieses Geheimbunds aushorchen zu können. Sie sind nur deswegen in der Lage, das zu tun, was sie tun, weil sie so gut miteinander vernetzt sind, folglich auch ihre Kommunikation der unsrigen um ein vielfaches überlegen ist!"
"Desweiteren, um ein anderes Problem auch noch anzusprechen, haben wir da möglicherweise eine Person, die in der Lage wäre, uns entscheidende Informationen zu geben. Soll ich fortfahren?"

"Ja, bitte" meinte Jones. "Fahren sie fort."


Kapitel 5

Berlin, 1945

Führerbunker

Permanent war das ohrenbetäubende Heulen der Katjuschas, der russischen Raketenwerfer, zu hören. Dazu mischte sich das stakkatoartige Rattern der Maschinengewehre, die einzelnen, kurzen Schüsse der Karabiner sowie das Einschlagen der Granaten, die mit jedem Mal einem gewaltigen Rums glichen. Ebenso war das abartige, unmenschliche Kreischen jener zu hören, die das Pech hatten, ein Bein oder einen Arm durch eine Granate zu verlieren.
Der Bunker wackelte permanent unter den Einschlägen russischer Bomben, Raketen und Granaten. Die Lichter flackerten, da die Stromleitungen schon sehr in Mitleidenschaft gezogen worden waren. Putz bröckelte bei jedem Einschlag von der Decke. Die Ventilatoren, die eigentlich dafür da waren, Frischluft in den Bunker zu saugen, verbreiteten einen brechreizerregenden, pestilenzartigen Gestank der Fäulnis, der von all dem Schiesspulver und vor allem von den vielen verwesenden Toten herrührte.
An der Decke jedes Raumes waren nackte Glühbirnen angebracht, welche die Gespensterwelt dieses Szenarios noch intensiver fühlbar machten. Ein unerträglicher, abartiger Gestank, in dem sich die Dämpfe der unausgesetzt surrenden Dieselaggregaten mit Uringestank und dem Geruch menschlicher Ausdünstungen ekelhaft peinigend mischten, verbreitete sich, und je weiter man in den Bunker hineinging, desto unerträglicher wurde er.
 
Der Bunkerkomplex selbst war bis zum bersten mit SS-Truppen, Wehrmachtssoldaten, unzähligen Verwundeten und einigen Zivilisten angefüllt. Es herrschte eine seltsam verklärte Atmosphäre. Viele Angehörige der Wehrmachtstruppen, der Sanitäter und Zivilisten dachten nicht im Traum daran, ihr Leben für einen längst gesorbenen Traum zu opfern. Anders dagegen die SS, die Hitlerjugend und der Volkssturm: Hier herrschte, eine grimmige, nahezu trotzige Atmosphäre. Man war bereit, bis zum buchstäblich letzen Blutstropfen zu kämpfen, getreu dem Motto: Blut und Ehre...

Brigadegeneral Wilhelm Mohnke war auf dem Weg durch den Führerbunker, von seinem Befehlsstand kommend. Der Weg zum Bunker selbst, eigentlich eine nicht allzu weite Strecke, war durch den Dauerbeschuss der Russen zu einem äußerst gefährlichen Spießrutenlauf geworden. Andauernd musste er in Deckung springen, wenn ein pfeifendes Heulen eine herannahende Granate ankündigte.
Mohnke, ein kampferprobter und treuer Soldat, erreichte den Bunker unbeschadet- trotz seiner Behinderung. Während des Frankreichfeldzuges hatte er einen Fuss verloren, war jedoch im Gegenzug mit dem eisernen Kreuz 1. Klasse sowie dem Ritterkreuz ausgezeichnet worden. Aufgrund quälender, starker Schmerzen hatte er Morphium genommen und war schließlich abhängig geworden. Dies hinderte ihn jedoch keineswegs an der Ausführung seiner Pflichten.

Hitler persönlich hatte angeordnet, dass Mohnke zu einer Lagebesprechung im Führerbunker zu erscheinen habe. Ein Grund wurde nicht genannt. So bahnte sich Mohnke also seinen Weg durch den Führerbunker, von einem kleinen Seiteneingang kommend zunächst durch ein Gewirr von Treppen und Gängen, dann durch mehrere kleine Räume und schlussendlich zum Besprechungsraum. Manch fanatisierter Soldat schlug die Hacken zusammen und erhob die Hand zum Hitlergruß, als sie den Brigadegeneral sahen. Andere blickten, offenbar einer makabren, endzeitlichen Stimmung verfallend, düster drein, während sie die letzten noch übrigen Patronen in ihre Magazine schoben.
Überall waren Schwerstverwundete zu sehen, von denen die meisten kaum atmen, geschweige denn sprechen konnten. Die Blicke der Verstümmelten kündeten von unendlicher Qual, von apokalyptischem Leid, welches kaum ein Mensch zu ertragen in der Lage ist, geschweige denn, dass er es in Worte fassen könnte.
Man rüstete sich zum letzten, großen Kampf. Viele Hitlerjungen, die meisten davon noch Kinder, sollten ein bitteres Ende finden, als Kanonenfutter für die russischen Panzer und Scharfschützen.
Als Mohnke all dies sah, wurde ihm mehr denn je bewußt, dass der totale Untergang nahe war. Deutschland hatte sich zu Tode gesiegt.

Endlich hatte er den Besprechungsraum erreicht. Er öffnete die Tür und trat hinein. Der Raum war, noch mehr als die anderen Bunkerräume, zum Bersten voll mit Offizieren, Generälen und Adjutanten. Die Besprechung hatte ohne ihn angefangen. Er platzte mitten in ein Gespräch zwischen Hitler und einem seiner Generäle:

"...aus diesen Gründen muss die neunte Armee zurückgenommen werden. Sonst droht sie, eingekesselt und aufgerieben zu werden. Wir können nicht länger..."
"Die neunte Armee wird nicht zurückgenommen!" Brüllte Hitler.
"Dann ist sie, die neunte Armee, verloren." entgegneten seine Generäle.
"Die neunte Armee hat durchzuhalten. Sie wird sich mit der 12. Armee von Wenck vereinigen und dem Russen einen so vernichtenden Schlag versetzen, dass sie alles rettet."
"Aber die 12. Armee marschiert nach Westen, zur Elbe, um die Amerikaner aufzuhalten!"
"Dann soll die Armee kehrtmachen!!!" kreischte Hitler fanatisch.
"Aber mein Führer..."
"Haben Sie etwa noch Zweifel an meinem Befehl?!" schrie Hitler, wild gestikulierend, weiter.

Schweigen verbreitete sich. Niemand wagte, seine persönliche Meinung zu sagen. Das Gesicht des Führers wirkt schal und leblos, von seiner einstigen Energie, seinem einnehmenden herrischen Wesen, war, bis auf seltene Momente wie diesen, nichts mehr zu spüren. Das Höhlendasein hatte Hitler auffällig mitgenommen. Seine, schon seit Jahren teigige Haut und die letzthin aufgedunsenen GEsichtszüge samt den dicken, ins Schwärzliche verfärbten Tränensäcken traten immer unübersehbarer hervor. Wenn er durch den Bunker ging, tat er dies stets schlingernd, tiefgebeugt und mit den Händen an der Bunkerwand Halt suchend. Manch scharfer Beobachter hatte den Eindruck eines um des Effektes Willen dramatisch hervorgekehrter Hinfälligkeit.
Seine vorher stets korrekte Kleidung war mit Essensflecken bedeckt, an den Mundwinkeln hingen Kuchenkrümel. WEnn er bei den Lagebesprechungen seine Brille in die Hand nahm, schlug sie ständig klirrend gegen die Tischplatte. Das paralytische Zittern seiner Hände war das offensichtlichste Symptom von Hitlers Krankheit. Er wusste, dass er verspielt hatte. Dennoch dachte er nicht eine Sekunde daran, aufzugeben und so das Leben Tausender zu schonen.

Rückblende: 1925. München.

Hitler kniet vor einer verhüllten Gestalt, seine Hand über einen pyramidenförmigen,schwarzen Altar haltend: "...werde niemals unsere Geheimnisse entweihen, niemals den Orden verraten, der Macht des unaussprechlichen Geheimnisses stets treuer Untertan sein..."

1945

Führerbunker

"Ah, Mohnke, sie sind da. Ich entbinde sie von ihrem bisherigen Posten und ernenne sie hiermit zum Kampfkommandanten. Sie sind für die Sicherung des Regierungsviertels zuständig."

"Mein Führer, wenn es zur letzen Schlacht kommt, werden wir kämpfen bis zum letzten Mann. Aber bei allem gebotenen Respekt: Was soll mit den noch in der Stadt verbliebenen 3 Millionen Zivilisten geschehen, den Kranken, den Alten, den Kindern?"

"In einem Krieg wie diesem... gibt es keine Zivilisten." Hitlers Blick schien in weite Ferne zu schweifen, durch die Betonwände des Bunkers hindurch...

"Die Besprechung ist hiermit beendet. Mohnke, sie bleiben noch."

Sämtliche Ordonnanzen, Offiziere und Generäle verließen den Raum.

"Ich habe einen wichtigen Spezialauftrag für Sie" fuhr Hitler fort. "In einigen Stunden wird hier ein Obergruppenführer der SS namens Staudenmaier eintreffen. Es ist wichtig, dass Sie ihn bis zum Bunker in der Bendlerstraße eskortieren, wohin man auch einige -er beugte sich nach vorn und fixierte Mohnke- kriegswichtige Maschinen verfrachtet hat. Staudenmaier ist für deren weiteren Verbleib zuständig. Desweiteren erwartet er die Ankunft von einigen... nun ja, wichtigen Abgesandten. Staudenmaiers Überleben hat höchste Priorität, desweiteren darf weder der Bunker noch die Maschinen, noch er selbst in die Hände der Russen fallen. Sie haften mir mit ihrem Leben, ist das klar!?"

"Jawohl mein Führer!" Mohnke schlug die Hacken zusammen und blickte geradeaus.

"Gut. Gehen Sie." Hitler wirkte aufs enormste erschöpft.

Beim Heraussgehen hörte Mohnke ihn brüllen: "Wo bleibt denn nun dieser Quacksalber mit seiner Spritze schon wieder!?"

Als Hitler die sich -aus seiner Sicht- schier endlos hinziehende, zermürbende Besprechung hinter sich gebracht hatte, zog er sich in seine privaten Räumlichkeiten zurück, um einen Mann zu empfangen, den er selbst als "Wunderheiler" bezeichnet: Dr. Theodor Morell, Leibarzt des Führers, Hauptverantwortlicher für dessen körperlichen und geistigen Zerfall.

Als Morell den Raum betritt, hellte sich Hitlers Gesicht merklich auf: "Ach Herr Doktor, können sie mir noch ein wenig Kokain in meine Nase tun, sie läuft ständig so arg..." Jahrelang verabreichte Morell Hitler schon Präparate, die das stark stimulierende Methamphetamin enthalten oder auch das gefährliche Cyclobarbital.

Hitler, nach Morells "Wunderkur" mit neuer Energie gesegnet, macht sich ans Werk: Er plant "weiträumige Offensiven", beginnt auf der Karte Armeen zu verschieben, die längst aufgerieben sind. Der Kampf um Berlin werde durch den Besitz eines winzigen Ölfeldes irgendwo in Ungarn entschieden, faselte er. Und beharrte auf seiner Meinung (die ohnehin kaum noch jemanden interessierte).

Währenddessen bemühte sich Mohnke, einen Telefonapparat zu finden, um die Verteidigung des Kampfbereichs "Zitadelle", des Regierungsviertels, organisieren zu können. Die Zeit drängte.

Zwischenblende: Irgendwo im zerstörten Berlin, 1945.

Die Kamera schwenkt auf drei fremdartig wirkende Gesichter- ganz offensichtlich handelt es sich um Asiaten, genauer: Tibeter. Alle drei tragen SS-Runen am Kragen... Sie versuchen, so schnell es geht, zu einem Kommandoposten der Wehrmacht zu kommen, um dann direkt zu einem Obergruppenführer der SS, Staudenmaier, zu eilen. Sie sind sich der Dringlichkeit und Priorität ihrer Mission bewußt, möglicherweise halten sie den Schlüssel zur Kriegswende in ihren Händen...  


Kapitel 6

Die Nacht hatte sich über die Straßen Berlins gelegt. In einer der Straßen, die sich in der Nähe der Straße des 17. Juni befinden, war kaum Verkehr zu sehen. Die Geschäfte waren geschlossen, nur hier und da hatten kleinere Kneipen oder Bars geöffnet. Es war kalt und feucht- wer zu dieser Zeit nicht unbedingt raus musste, machte es sich zuhause gemütlich.

Mit quietschenden Reifen kam ein weißer Kombiwagen über die Kreuzung angerauscht und legte eine Vollbremsung aufs Parkett. AUfgrund des feuchten Straßenbelags rutschte der Wagen einige Meter und wäre fast in eine Straßenlaterne hineingerauscht, jedoch kam er rechtzeitig zum Stehen.
Die hinteren Türen wurden aufgerissen. Zwei Männer, in weißen Strahlenschutzanzügen gekleidet, stießen ein kleines Mädchen heraus. Sie schlug mit einem Knie hart auf dem Asphalt auf. Schon wurden die Türen wieder geschlossen und der Kombi raste davon.
Das Kind, eigentlich ein süsses Mädchen von ungefähr acht Jahren, hatte offensichtlich irgendeine Art von Therapie oder Behandlung hinter sich. Das offensichtlichste Merkmal dafür war, dass ihr ehemals prächtiger Haarschopf abrasiert worden war. Auch trug sie als einziges Kleidungsstück nur eines jener flatternden Krankenhaushemden, welches hinten immer einen Blick auf einen Teil des Rückens ermöglichte, dabei am ehesten an eine Art Schlafanzug erinnernd. Desweiteren waren an den Armen zahlreiche Einstichstellen zu erkennen, ebenso wie Narben, die sich längs der Muskeln entlangzogen. An den Unterarmen, am Bizeps, an den Bauchmuskeln, am Oberschenkel sowie an den Waden. Die Wunden waren frisch, allerdings hatte man sie sauber vernäht. An ihrem kompletten Rückgrat zog sich ebenfalls eine Narbe entlang, die auf Höhe der Schultern begann und kurz über ihrem Po aufhörte.

Das Kind richtete sich mühsam auf. Ihre Beine wackelten, so als ob es ihr enormste Mühe bereiten würde, aufzustehen und das Gleichgewicht zu behalten. Ihre Pupillen waren geweitet und ihre Augen  derart aufgerissen, dass man sich des Eindruckes nicht erwehren konnte, das Kind stehe unter einem gewaltigen Schock. Offenbar hatte man sie unter Drogen gesetzt.
Langsam zu sich kommend, stakste sie in ein naheliegendes Restaurant. Drinnen waren kaum Gäste, und die Wenigen, die anwesend waren, guckten sie scheel an. Sie setzte sich langsam auf einen Hocker an der Bar. Mit gesenktem Kopf sass sie da und sagte nicht ein Wort. Der Barkeeper, ein junger Student, der sich mit dem Job ein kleines Zubrot verdiente, war gerade aus der Küche gekommen und aufgrund ihres desolaten Äußeren schnell auf sie aufmerksam geworden.
"Hallo" begann Er, "Ist mit dir alles in Ordnung? Wo sind deine Eltern? Bist du aus dem Krankenhaus davongelaufen?"

Als Antwort kam nur ein scheuer Blick samt einem verneinenden Kopfschütteln.

"Na ja, du hast sicher Hunger. Wir machen dir erstmal was zu essen, dann sehen wir weiter, OK?"

Hierfür erntete er nun einen dankbaren Blick. Dann senkte Sie wieder den Kopf. Der Barkeeper brüllte nach hinten in die Küche:
"He Karl, mach mal ne Suppe warm!"
"Mit Huhn oder Zwiebeln?"
"Mit Huhn, die mit Zwiebeln mag keiner!"

Fünf Minuten später war die Suppe fertig und der Barkeeper stellte Sie auf den Tresen. Dann ging er nach hinten, hinein in die Küche.
"Karl, sagmal, ein Bekannter von dir ist doch Notarzt?"
"Ja, warum?"
"Das Mädchen da, ich glaube, Sie könnte in Schwierigkeiten stecken und medizinische Hilfe nötig haben. Die wirkt irgendwie so, als ob sie total vollgepumpt wäre. Und so wie ich das sehe, ist sie irgendwo entlaufen, Krankenhaus, Psychiatrie- was weiß ich. Könntest du deinen Kumpel fragen, ob er vorbeikommt und mal einen Blick auf Sie wirft?"
"Hmmm, wenn du das für notwendig hältst, dann ruf ich ihn an."
"Gut, aber sag ihm, er soll ohne großes Tamtam herkommen, also kein Blaulicht, kein Martinshorn und schon gar keine Polizei- ich glaube, das könnte Sie verschrecken."
"OK, ich sage ihm Bescheid."

Nach einer Viertelstunde trudelten dann tatsächlich der Notarzt samt einer Sanitäterin auf, ohne viel Aufhebens zu machen. Der Arzt, ein schlanker Mann in den dreißigern mit beginnender Halbglatze und einer modischen, eckigen Brille auf der Nase, richtete als Erster das Wort an das Mädchen:

"Na Hallo Du. Hab keine Angst vor mir, mein Beruf ist es, Menschen zu helfen. Woher kommst du denn?"
"Ich weiß nicht..." erwiderte das Mädchen gesenktem Haupt und einer derart leisen Stimme, dass man sich anstrengen musste, um sie überhaupt hören zu können.
"WO sind denn deine Eltern? Bist du weggelaufen?"
"Ich weiß nicht, wo Mama und Papa sind... Aber die Leute haben zu mir gesagt, wenn ich brav bin und keinen Ärger mache, darf ich bald wieder zurück..."
"Welche Leute?"
"Die Doktors... Die haben gesagt, ich wäre ganz arg krank und bräuchte deswegen Medizin..."
 Der Arzt begutachtete die Narben an Armen, Beinen und am Rücken. Seine Augen spiegelten Erschrockenheit wieder und er musste sich einen Moment lang sammeln, um sich zu überlegen, was nun als Nächstes zu tun war.
"Okay... Also ich glaube, es ist das Beste, wenn du erstmal mit uns ins Krankenhaus kommst, damit wir dich untersuchen können. Wir müssen herausfinden, was dir fehlt."

Er nahm die Hand des Mädchens und wollte es mit sich ziehen, da Sie keinerlei Anstalten machte, aufzustehen.

"Nein, Nein, ich will nicht, ich will nicht!" schrie Sie.
"Es tut dir doch keiner was, wir wollen dir nichts Böses antun!" rief der Notarzt.
"Nein, Nein, Neeeeiiinnn!!!"

Während Sie aufgewühlt schrie, begann der Notarzt auf einmal, ein verstörtes Gesicht zu machen.

"Ah, Eh, was ist denn das..."

Blut lief ihm aus den Augen, aus der Nase und dem Mund. Es sprudelte förmlich. Zunächst versuchte er es wegzuwischen, was ihm jedoch kaum gelingen wollte. Er stolperte rückwärts. Nun begann auch, dem Barkeeper, der Sanitäterin und den beiden anderen anwesenden Gästen das Blut aus den Augen und der Nase zu laufen. Die Sanitäterin kreischte in wilder, entsetzlicher Panik. Auch dem Mädchen schoss das Blut aus Augen, Nase und Mund. Dann platzten urplötzlich sämtliche kleinen Blutbahnen in den Augen des Arztes, was zur Folge hatte, dass diese entzweigerissen und aus der Augenhöhle hinausgedrückt wurden. Den anderen Anwesenden erging es genauso. Schließlich begannen bei Allen vereinzelte Blutbahnen an Hand, Oberarm und an der Schläfe zu platzen. Auch der Kopf des Mädchens hing mit halbzerfetzten Augen und aufgeplatzter Halsschlagader herunter. Der Tod hatte Sie ereilt.


Kapitel 7



Im Konferenzraum herrschte angespannte Atmosphäre. Alle blickten gebannt auf den Monitor und harrten der Dinge, die da kommen mochten.

"Die Anzahl von Fällen, die mit dem geheimen Orden, den wir hier der Einfachheit halber als "die Loge" bezeichnen, ist Legion. Innerhalb der letzten 14 Tage ist ihre Anzahl jedoch noch viel weiter angewachsen, als dies vorher der Fall war. Man könnte fast sagen, die Ganze Sache habe sich potenziert. Ich will ihnen nun einen Fall erläutern, der erst letzte Nacht geschehen ist, die Ermittlungen hierzu laufen also noch. Einige von ihnen haben davon schon erfahren, da es in ihr jeweiliges ZUständigkeitsgebiet fällt.

Emily Kramer, 10 Jahre alt, wurde vor 5 Tagen der Polizei als vermisst gemeldet. Es gab keinerlei Lösegeldforderungen oder ähnliches, obwohl ihre Eltern sehr wohlhabend sind. Sie war spazierengegangen und kehrte danach nicht zurück. Gestern Nacht tauchte sie in einem kleinen Restaurant in der Nähe der Berliner Innenstadt auf. Zeugen sagten aus, sie sei zu Fuss in das Restaurant hineingegangen. Zumindest behaupten das 2 Leute. Ihre Eltern behaupten, das sei völlig unmöglich- Emily sass nämlich im Rollstuhl. Ihre Leiche fand man in einem seltsamen Zustand: fast sämtliche Blutadern waren aufgeplatzt, ganz so, als ob das Blut sein Volumen schlagartig vergrößert habe. Und ganz offenbar war sie in der Lage, den physischen -und vielleicht auch psychischen- Zustand der Mitanwesenden im Restaurant zu beeinflußen, denn diese fand man ganz genauso auf, mit geplatzten Blutadern am ganzen Körper. Außerdem wurde mittelstarke radioaktive Strahlung am Tatort gemessen. Das Gebiet wurde in einem Radius von 100 Metern vorsorglich abgeriegelt.

Das Beste aber kommt noch: Emily hatte eine ganze Reihe von Operationen und experimentellen Behandlungen hinter sich, das können wir zum derzeitigen Ermittlungsstand ganz sicher sagen." Reimer betätigte die Fernbedienung, woraufhin ein Bild Emilys auf dem Seziertisch des

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Mûreth
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M


Beiträge: 11



M
Beitrag30.05.2011 16:28

von Mûreth
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Ein herausoperierter künstlicher, sehr metallisch aussehender
Muskel war zu sehen."Das ist einer der Muskeln, die man ihr in ihren Bewegungsapparat implantiert hat. Es ist beeindruckend: Synthetische Proteine, synthetische Lipide, synthetische Myophyllamente; vereint in einer  Konstruktion, deren Kern aus äußerst biegsamen Metallfasern besteht, ummantelt von einem speziellen Plastik, welches das Metall schützt, aber gleichzeitig dessen Biegsamkeit bewahrt. Ein solcher Muskel besitzt -laut unseren Experten- die vier-bis fünffache Leistungsfähigkeit eines normalen Muskels. Nicht auszudenken, welche Fortschritte die Medizin mit einer solchen Technologie machen könnte! Man könnte degenerative Muskelkrankheiten, Querschnittslähmungen und all jene ähnlichen, abscheulichen Leiden heilen!
Allerdings, sagen unsere Pathologen, musste Sie, um Abstossreaktionen ihres Körpers zu vermeiden, starke Medikamente nehmen, die ihr Immunsystem in einer bestimmten Art und Weise blockierten. Außerdem fand man in ihrem Blut eine bisher unbekannte Droge, welche möglicherweise ihre... nunja, ihre..." er räusperte sich, und blickte ein
wenig schüchtern- "ihre PSI-Fähigkeiten potenziert.

Das Exoskelett, welches man ihr einpflanzte, ist noch wesentlich spektakulärer als die synthetischen Muskeln. Man hatte ihr ihre kompletten Nervenbahnen, die am Rückenmark verlaufen, herausoperiert und gegen jenes Exoskelett mit künstlichen, hochmodernen Signalbahnen ersetzt. Wie schon gesagt, interagiert das Exoskelett mit einem System von Chips, welche die Reaktionen von synthetischem Nervensystem mit dem Gehirn regeln. Man hat also einen Teil ihres zentralen Nervensystems herausoperiert und ihn durch einen synthetischen Gegenpart ersetzt. Das haben sich sämtliche Mediziner der Welt noch nicht einmal in ihren kühnsten Träumen vorzustellen gewagt.

Weiterhin ist die Meinung unserer Pathologen, dass Emily mithilfe dieser Konstruktion nicht nur ausgezeichnet gehen konnte, sondern vielmehr in der Lage gewesen wäre, ganz locker einen Weltrekord im Schnellauf oder Weitsprung aufzustellen. Zurzeit wird ihr Körper zwar noch obduziert, aber das wissen wir mit Sicherheit. Die Beschaffenheit, das heißt, die genaue Struktur des Exoskeletts, der eingesetzten Chips und so weiter- all das bedarf einer noch tieferen Analyse, die aber leider auch erheblich mehr Zeit braucht."

"Hmmm... Ich spreche jetzt mal das aus, was sicherlich uns allen hier durch den Kopf geht..." Begann Eicke "Wozu das Ganze? Ich meine, welchen Zweck verfolgt derjenige, der ihr das angetan hat? Klar, offenbar möchte Irgendwer Jemandem demonstrieren, welchen ungeheuer hohen Stand seine Technik erreicht hat- aber wozu? Welchen Zweck haben diese Experimente?"

"Also" entgegnete Reimer, "ich habe unsere Pathologen und Sachverständigen natürlich um eine Einschätzung der Lage gebeten, beziehungsweise sie ermutigt, Hypothesen aufzustellen. Es verhält sich ganz so, wonach es auf den ersten Blick aussieht: Man hat Emily von einem friedlichen, querschnittsgelähmten Mädchen, welches niemandem irgendein Übel antun könnte zu einer ultragefährlichen, hochmodernen Waffe verwandelt. Diese Waffe verfügt offensichtlich nicht nur über künstlich verbesserte körperliche Eigenschaften, sondern ist auch in der Lage, mittels Gedankenkraft andere Menschen anzugreifen beziehungsweise zu beeinflußen.

Und nun... sehen sie sich das an:"

Ein weiteres Klicken offenbarte ein Foto, dass sämtlichen Anwesenden den Atem verschlug: An der linken, unteren Wade von Emily prangte ein Pentagramm, dessen Spitzen jeweils auf ein Alpha deuteten.

"Sie reiben es uns geradewegs unter die Nase!" versetzte Eicke aufgeregt und mit großen Augen. "Diese lumpigen Bastarde!"

In Jacklones Hirn begannen indes die Gedanken, noch größere Schleifen zu ziehen. Sollte er den Anwesenden von dem Brief erzählen, so wie er es ursprünglich vorgehabt hatte und wie er es als seine Pflicht empfand? Oder sollte er  das Ganze verheimlichen, bis er herausgefunden hatte, was all dies zu bedeuten hatte? Er war innerlich hin und her gerissen, mitunter auch überwältigt von der ekelhaften, abscheulichen Flut entsetzlicher Bilder und Fakten. Er beschloss, noch eine Weile zu warten, bevor er seinen Kollegen von dem Brief erzählte. Nach außen hin bemühte er sich, eine unbewegte Mine zur Schau zu tragen, dem Antlitz einer Sphinx gleich.

"Hmm. Nun gut. Wie ich sehe, muss ich nun doch einige Fakten mit ihnen teilen." eröffnete Jones. Wie sie alle wissen, wurden auch die amerikanischen Nachrichtendienste auf diese Serie seltsamer Fälle aufmerksam. Ich habe jetzt gerade nicht alle Details parat, aber mir fällt da spontan ein Fall ein. Dabei ging es um einen Jungen, Andrey Davidson, der in Huntsville, Alabama lebte. Er war dreizehn oder vierzehn Jahre alt. Eines Tages kam er vom Training nicht zurück."

Sämtliche Teilnehmer der Konferenz hatten innerlich mittlerweile auf höchste Alarmstufe geschaltet, keinen von ihnen plagte Müdigkeit oder Desinteresse- ganz im Gegenteil. Ihre Gesichter verrieten höchste innerliche Anspannung. Aufmerksam lauschten sie Jones´ Worten:

"Um es kurz zu machen, der Junge tauchte 3 Tage später wieder auf- allerdings mitten in Japan. Er wußte weder, wie er dort hingekommen war, noch was er während der vergangenen Zeit getan hatte. An seiner linken Wade hatte er eine Tätowierung- die jener von Emily Kramer wie ein Ei dem anderen gleicht. Hierbei handelt es sich nur um einen von drei Fällen, in denen sich dasselbe ereignete. Allesamt entführte Kinder, die von einem Tag auf den anderen verschwinden und mit einer solchen Tätowierung wieder auftauchen. All diese Entführungen und Experimente haben auch bei uns, daheim in Amerika, die Nachrichtendienste und Regierungsorganisationen aufgerüttelt. Doch hier in Deutschland wurde der bisherige Gipfel erreicht. JEdenfalls hofft die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika, dass dieser Geheimbund schnell zerschlagen werden kann, um dieser Bedrohung ein für allemal Herr zu werden. So schloss er seinen Vortrag.

"Hm, okay" schaltete sich Reimer wieder ein. "Bevor wir dazu übergehen, die vorhandenen Fälle und Einsätze unter  den Agenten und ihren befehlshabenden Offizieren aufzuteilen, ist es unverzichtbar, noch über eines zu sprechen: Die Ideologie jenes dunklen Geheimbundes.
 
In dem Keller, in dem auch jene bisher unbekannten Teile des Voynich-Manuskripts gefunden worden, fanden wir auch  eine Art... Hm, ich würde mal sagen- Logenteppich. Ähnlich denen, wie man sie bei den Freimaurern oder sonstigen okkulten Logen gebraucht. Er wirft ein vages Licht auf jene, so sorgfältig vor den Blicken gehütete, wahrscheinlich nur von Mund zu Ohr weitergegebene geheime Lehre. ZUmindest mehr Licht, als alle unsere wildesten Spekulationen das jemals könnten."

Er ließ die Fernbedienung klicken und auf dem Flachbildmonitor wurde ein Foto des Teppichs sichtbar. Es zeigte einen schachbrettartigen Boden, dessen Mitte von einem siebenarmigen Leuchter erhellt wurde. Um diesen herum lagen ein zerbrochenes Winkelmaß, ein Senkblei und etwas, das wie eine Kerze aussah. Rechts daneben eine zerbrochene, kleinere Säule, eine zusammengerollte Schriftrolle und etwas, das wie eine Maurerkelle mit etwas Zement daneben aussah. Der siebenarmige Leuchter in der Mitte zeigte auf ein großes Quadrat, in dessen Mitte sich wiederum ein
Kreis befand, welcher seinerseits wieder ein Quadrat beherbergte und so weiter- das Ganze wiederholte sich drei mal. Auf diesem quadratenen Gebilde Sass ein großes Dreieck, welches in sich wiederum drei kleinere Dreiecke beherbergte, jedes in das nächstgrößere eingelassen. Über dem ganzen Bild waren dunkle, stürmische Wolken zu sehen.
Über dem Gebilde mit dem Quadrat und dem Dreieck schwebten, mitten in den Wolken, und das war das auffallendste an dem ganzen Teppich, ein leuchtendes Möbiusband, links daneben ein Schlüssel, rechts daneben ein Pentagramm, dessen Spitzen jeweils, wie gehabt, auf ein Alpha zeigten.

"Die Symbolik an sich ist klassisch freimaurerisch, beispielsweise die Kelle mit dem Zement oder der siebenarmige Leuchter. Auch der Schlüssel, die Schriftrolle und die Pyramide sind der freimaurerischen Heraldik außerordentlich ähnlich."

"Aber das Möbiusband und das Pentagramm mit den Alphas- die doch wohl nicht, oder?" fragte Eicke misstrauisch.

"Nein. Was genau diese Zeichen bedeuten, kann von uns aus nur spekuliert werden. Unsere Experten sagen, das Möbiusband stehe dafür, wofür man es ganz offensichtlich beim ersten Blick halten muss- die Ewigkeit oder die Zeit. Möglicherweise auch für deren Beherrschung. Das Pentagramm mit den Alphas- das scheint nun, ganz offensichtlich,
das Symbol dieser Bruderschaft zu sein. Was aber genau mit den fünf Alphas symbolisiert wird, liegt im Dunkel. Nun ist es an ihnen, meine Herren, dieses Dunkel zu erhellen."

Kapitel 9

Zur gleichen Zeit

Berlin


Der gutgekleidete, junge Mann wartete offenbar auf den Bus. Er trug einen perfekt sitzenden, graublauen Anzug, Bügelfaltenhosen samt schwarzer Lackschuhe, die edel in der Sonne glänzten und eine rote Krawatte, welche einen wunderbaren Kontrast zum Anzug bildete und das Gesamtbild eines auserlesenen und guten Geschmacks ausgezeichnet
komplettierte. Er trug kurz geschnittene, mit etwas Gel hochgeformte, blonde Haare. Zwei intelligent und nachdenklich dreinschauende Augen blickten aus den Höhlen und machten dennoch, trotz aller Schönheit und ruhigen Eleganz- einen etwas gestressten, aber auch erwartungsvollen Eindruck. Vermutlich hatte der Mann eine wichtige geschäftliche Besprechung und war deswegen ein wenig ungeduldig, mochten die -ebenfalls an der Bushaltestelle stehenden- Passanten denken. In der Hand des jungen Mannes befand sich ein schwarzer Koffer aus argentinischem
Rindsleder, den er von Zeit zu Zeit mit einen Blick betrachtete. Er behielt ihn stets in der Hand, wollte ihn offenbar nicht auf den Boden stellen. Minute um Minute verging. Der Bus lies sich Zeit, bis er endlich -in
außerordentlich gemütlichem Tempo- dahergebrummt kam. Der junge Mann stieg ein.
Er nahm auf einer der Sitzbänke in der Mitte platz. Im Bus waren die typischen Gäste anwesend, wie man es sich nicht anders hätte denken können: Eine junge Mutter mit ihrem quengelnden Sohn, zwei Studenten, die sich über ihre Vorlesungen unterhielten, alte Menschen, die mit großen Augen das Treiben auf den Straßen beobachteten, eine Frau
mittleren Alters, die recht aufreizend angezogen war, ein dreizehnjähriger Junge mit seinem SKateboard und ein zerlumpter, stinkender Obdachloser, welcher mit grotesk-glasigem Blick die Fenster hinaus stierte.

Als der Bus eine Weile gefahren war, sah sich der Junge Mann kurz im Bus um und öffnete dann den Koffer. Er holte eine schwarze, mit zwei großen Filtern ausgestattete Gasmaske hervor und setzte sie auf. Die Leute sahen verwundert drein und wussten im ersten Moment nicht, ob sie lachen sollten. Dann zog der Mann ein eiförmiges, metallenes Objekt aus dem Koffer, welches auf den ersten Blick einer stählernen Handgranate ähnelte. Er zog das Objekt an seinen beiden Enden auseinander und warf es auf den Boden. Weißer Rauch begann sofort auszutreten. Zunächst gaben
die Leute verwunderte Laute von sich, doch sogleich verwandelten sich diese in wilde Panikschreie. Der Busfahrer blickte verwundert über die Schulter und hielt den Bus an. Der junge Mann mit der Gasmaske stieg aus und setzte sich einen Mercedes, der innerhalb von Sekunden angerauscht kam. Man hatte das Timing offenbar perfekt geplant.

Zurück ließ man nur den blanken Horror.

Kapitel 10

Konferenzraum

Jacklone und Eicke warteten gespannt auf die Anweisungen ihres Chefs, während der Rest bereits im Vorfeld Instruktionen erhalten hatte und sich nun zum Gehen bereitmachte. Jones machte sich auf den Weg zum Tatort, an dem die kleine Emily ihre mörderischen Kräfte entfesselt hatte, um zu entscheiden, ob man dort noch mehr fachkundiges Personal und entsprechende Untersuchungen benötigte.

"Aaah, meine beiden Lieblinge!" spöttelte Reimer. "Für Sie beide habe ich einen ganz speziellen Spezialauftrag!"

"Achtung, jetzt kommt´s" äffte Eicke.

"Sie sollen eine Person abholen, welche uns bei unseren Untersuchungen behilflich sein wird. Sein Name ist Dr. Vannevar Bushnell und derzeit sitzt er in der Münchener Allenstein-Psychiatrie aufgrund einer drogeninduzierten Psychose."

"Eine drogeninduzierte Psychose? Der Mann ist also Hobbypilzepflücker und hat ein bisschen zuviel genascht? Und wie

kann der uns denn bitte behilflich sein?" begann Jacklone misstrauisch nachzustochern.

"Der Mann arbeitete früher an streng geheimen Regierungsexperimenten und hatte unglaublich viele, ja nahezu unbegrenzte Mittel zur Verfügung. Nach seinem psychotischen Absturz allerdings wurden ihm die gestrichen. Das ist nun fast zehn Jahre her. Der Mann besitzt extraordinäre Kenntnisse, welche uns bei der Aufklärung unserer neuesten
Fälle helfen werden. Er verfügt über eine außerordentlich große Bildung und sein Fachwissen in Physik, Kriminologie, Metaphysik und Okkultismus wird eine echte Bereicherung für unser Team sein. Ich habe ihrem Besuch
ein spezielles Schreiben des Verteidigungsministers vorangehen lassen, in welchem erklärt wird, dass Dr. Bushnells Genius für das Gelingen unserer Arbeit von höchster Wichtigkeit ist. Er wird daher unter den direkten Schutz der Bundesrepublik Deutschland gestellt, was es ihm somit ermöglichen wird, an der Lösung unserer Fälle mitzuarbeiten und ihnen zu ihrer vollsten Verfügung zu stehen.So, wie sich die Ereignisse nun in den letzten Tagen und Stunden entwickelt haben, läuft uns schlichtweg die Zeit
davon. An ihrer Stelle würde ich es also unterlassen, unnötige Fragen zu stellen, sondern würde mich, etwas bildhaft gesprochen, einfach meinem Schicksal fügen. Es ist zu unser aller Bestem."

"Amen!" schloss Eicke in spöttischem Ton.

"Sie reisen unverzüglich ab. Ein Hubschrauber mit Ziel Allenstein-Psychiatrie wartet bereits auf sie."


Nachdem Eicke und Jacklone hastig den Konferenzraum verlassen hatten und sich eilig zum hinter dem Gebäude, in einiger Entfernung gelegenen Hubschrauberlandeplatz begeben hatten, wurden sie dort bereits von einem, eigens für spezielle Kommandooperationen bereitgestellten Blackhawk-Hubschrauber erwartet. Die Strecke zur Psychiatrie war in
einer Viertelstunde geschafft. Der Helikopter landete auf einer nahegelegenen Grünfläche.

"Willkommen am bevorzugten Urlaubsort der Reichen und Schönen!" äffte Eicke wieder.

"Na hoffen wir mal, dass unser Zielobjekt wirklich reich ist- reich an Wissen..." entgegnete Jacklone.

Inzwischen hatten die Beiden das Haus des Pförtners erreicht. Die Anlage wurde von einem hohen, mit Stacheldraht gekrönten, nahezu unüberwindbaren Zaun umschlossen. In einigen Metern Abstand verlief parallel zum Zaun noch eine etwas niedrigere Mauer, welche den eigentlichen Kern des Grundstücks einschloss. Der Raum zwischen Zaun und Mauer war Niemandsland. Das Ganze erinnerte die Agenten an ein Hochsicherheitsgefängnis, wie man sie oft in Dokumentationen im Fernsehen betrachten konnte.

"Na Sie haben sich hier aber ein hübsches Domizil zum Arbeiten ausgesucht!" begrüßte Eicke den Pförtner.
"Oh, sie wären überrascht, WIE hübsch es hier wirklich ist!" entgegnete der Angesprochene.
"Ausbruchsversuche?"
"Unter anderem. Aber seien sie sicher: Die Anlage hält, was sie von außen verspricht. Hier kommt keiner raus, der nicht darf. Aber nein, ich meinte eigentlich was anderes: Beispielsweise hatte grade erst letzte Woche doch
tatsächlich einer dieser durchgeknallten Backpfeifen seine Klamotten ausgezogen, in Fetzen gerissen, dann auf den Boden des Hofs gekackt, sein Geschäftchen dann mit den Kleidungsstreifen zu Kugeln geformt, und das Alles dann über die Mauer und den Zaun wahllos hinweggeworfen. Mehrere Passanten wurden davon getroffen, sowie als auch mehrere
Autos. Bemerkt wurde das Ganze erst, als Pfleger diesen splitterfasernackten Vollidioten auf dem Hof rumrennen
sahen, während er was von "Alles Gute kommt von Oben" vor sich hin schrie, gepaart mit einer echt dämlichen Lache.

Und wer durfte den ganzen Dreck am Ende wegmachen? Dreimal dürfen Sie raten..."

"Hm, das sind ja nette Aussichten. Aber- wenn Sie weg sind, um Scheisse aufzuwischen, wer behütet dann die Pforte?"

"Gut bemerkt" grinste der Wachmann "aber keine Angst- normalerweise sind wir hier zu zweit. Allerdings macht mein Kollege gerade Pause."

"Ach so" entgegnete Eicke. "Okay guter Mann! Wir beide sind die Agenten Jacklone und Eicke, Bundesnachrichtendienst. Unser Kommen wurde angekündigt!"
Ungefragt hielten sie dem Mann ihre Ausweispapiere sowie die "Sondergenehmigung zur Verlegung eines Insassen" hin.

"SO sehen also echte Geheimagenten aus... Wahnsinn..." kommentierte der Mann mit einem Grinsen.
"Alles klar meine Herren! Sie können durch!"

Neben dem großen, schmiedeeisernen Einfahrtstor für Fahrzeuge befand sich eine Tür, ebenfalls aus Stahl, in Größe jedoch dem Standard entsprechend. Sie öffnete sich. Erwartungsvoll blickten beide Agenten sich an. Dahinter befand sich eine Art Gang, der vom Zaun völlig umschlossen wurde und einige Meter lang war. Er ermöglichte einen Blick auf einen der Innenhöfe, wo zu vorgerückter Abendstunde jedoch Niemand mehr anzutreffen war. Nach einigen Schritten erreichten Sie dann das eigentliche Gebäude: Es war ein recht modern, jedoch aber auch sehr schmucklos aussehender, weißer Bau, welcher ihren ersten Eindruck -nämlich den eines Gefängnisses- absolut komplettierte. Sämtliche Fenster
waren geschlossen oder gekippt und befanden sich hinter gußeisernen Gittern. Offensichtlich ließen Sie sich nicht ganz öffnen- genauso wie beim Vorbild der Justizvollzugsanstalt. Vor der Tür war jedoch kein Gitter, möglicherweise bestand sie aus Panzerglas. Da die Türe geschlossen war und sich auch nicht öffnen ließ, drückte Jacklone die Klingel. Mit einem Surren sprang Sie auf.
Drinnen trafen Sie nach einigen Schritten wieder auf eine Art EMpfangsbereich, der aus einer hohen Theke, einem Tisch samt Computer und einem mürrisch dreinblickenden, weißgekleideten Pfleger bestand.

"Ja, bitte?"

"Wir sind hier um Dr. Vannevar Bushnell abzuholen." Mit diesen Worten überreichte Jacklone zackig dem Pfleger die benötigten Papiere.

"Aah, Sie sind das also. Man hat mich bereits im Vorfeld über ihr Kommen unterrichtet und mir gesagt, sie hätten

es... ganz besonders eilig." Schleimig betonte er die letzten Worte und bemühte sich, ein widerwilliges Gesicht zur Schau zu tragen.
"Normalerweise geht das nämlich nicht so schnell, sondern ein paar Wochen." Setzte er noch arrogant dazu. "Nun gut, ich muss ihre Papiere dem diensthabenden Oberarzt vorlegen. Das wird ein paar Minuten dauern." Mit diesen Worten erhob er sich, nahm die Papiere und öffnete -per Codekarte- die nächste Tür.

Jacklone und Eicke standen beide ungeduldig herum, ließen ihre Augen über das spärliche Inventar gleiten, zupften an sich herum, blickten dann auf die Uhr und begannen das Spiel von Neuem. Beide waren sie äußerst nervös.
"Bin ja mal gespannt, wie unser neuer Freund so drauf ist... beziehungsweise, ob er überhaupt noch drauf ist" grinste Eicke.
"Na jedenfalls hat der Mann schon jetzt Freunde in hohen Positionen. Jemanden einfach so mal schnell aus der Psychiatrie abzutransportieren geht nämlich normalerweise wirklich nicht. Um diese Sache so dermaßen mit Turbo abzuwickeln, braucht man schon gute Beziehungen. Bin gespannt, ob er den Erwartungen unserer Chefs gerecht wird..."
fügte Jacklone nachdenklich hinzu. Er sehnte sich nach einer Zigarette.

Nach einigen Minuten erschienen zwei Pfleger -jener, der die Anmeldung abgewickelt hatte und zur Sicherheit ein zweiter- samt Oberarzt und Patient. Jacklone betrachtete Bushnell genau. Graues, aber dennoch sehr kräftiges Haar mit einem offenbar gesunden Wuchs bedeckte seinen Kopf. Er besass eine etwas breite Stirn, welche von breiten Denkerfalten geziert wurde. Seine graublauen Augen wirkten zerstreut, leblos und fahl, was offensichtlich von einer viel zu hohen Medikation herrührte. Nichtsdestotrotz versprühten sie, wenn ihr Besitzer denn einmal nüchtern war, einen gewissen Charme und bezeugten auch dessen Intelligenz. Die Lippen presste Bushnell aufeinander, sodass bereits kein Blut mehr in ihnen vorhanden war. Das Gesamtbild war das eines Mannes, der stark unter emotionalem Stress zu stehen schien.

Der Oberarzt, ein kleiner, für sein Amt noch recht junger Mann, stellte Bushnell kurz vor und übergab ihn dann in die Obhut der beiden Agenten. Noch hatte Bushnell kein Wort gesprochen, sondern nur stumm und mit großen Augen die Hände der beiden Regierungsbeamten geschüttelt.

Als Sie schließlich zur Türe hinausgegangen und im Gehen begriffen waren, schien Bushnell etwas aufzulockern. Je näher die Drei dem Ausgang der Psychiatrie kamen, umso entspannter wurde seine Körperhaltung. Als sie schließlich durch die Pforte geschritten waren, blieb Bushnell urplötzlich stehen. Ein Zittern durchlief seinen Körper und er
hatte Tränen in den Augen. Einmal tief durgeatmet, dann gab es für die beiden Agenten eine plötzliche, etwas peinliche Umarmung und schließlich nochmals ein viel zu festes Händeschütteln.

"Meine Herren... Ich DANKE ihnen. Sie... Sie haben ja keine Ahnung, welche Therapien die da drin... Und die Medikamente, die Medikamente... Ich bin ihnen so dankbar! Sie wissen nicht, was es für einen Mann wie mich bedeutet, im Geiste geknechtet zu werden und seine wissenschaftliche Kreativität nicht ausleben zu können... Aber das ist ja jetzt... (Heulen)... endlich, endlich vorbei! Danke."
Mit diesem Worte ließ er wieder von den beiden erstaunten Agenten ab und trottete in Richtung Hubschrauber. Ohne Rücksicht auf den Straßenverkehr lief er geradewegs über die Strasse, die die Gruppe von dem Grünstreifen,auf welchem der Helikopter gelandet war, trennte. Die Mühe, nach rechts oder links zu schauen, machte sich Bushnell erst garnicht. Ein Sportwagen, der mit einem Affenzahn angerauscht kam, konnte gerade noch rechtzeitig abbremsen und ausweichen.

"He Du Arschloch! Guck doch, wo du hin gehst! Du blöder Penner!"

Bushnell sah ihn nur mit etwas erstauntem und konsternierten Blick an und ging dann weiter, als sei nichts geschehen.

"Na das kann ja noch heiter werden..." sagte Eicke und verdrehte die Augen. Jacklone zog es vor, zu schweigen.


Pullach


Nachdem der Helikopter mit seinen drei speziellen Passagieren gelandet war, beeilten Sie sich, bei ihrem Chef vorstellig zu werden. Reimer, der gerade eine frische Ladung Pillen getankt hatte, empfing Sie mit überschwenglicher Euphorie:

"Aah, meine beiden Topspione" stiess er mit einem gutgelaunten Grinsen hervor. "Und Sie müssen dann wohl Dr. Bushnell sein!" sagte er mit einem Blick in dessen Richtung. Nachdem er dem Doktor die Hand geschüttelt hatte, kam er recht schnell zur Sache: "So. Zuerst muss ich sagen, dass es mich sehr freut, dass mein Team nun solch hochkäratige Unterstützung
bekommt..."
"Haben sie ein Minzbonbon?" fiel ihm Bushnell mit etwas schüchterner Stimme ins Wort. "Ein Minzbonbon? Nein." entgegnete Reimer ein wenig verwundert, ein wenig verärgert. Er mochte es überhaupt nicht, wenn jemand seine geliebten Monologe störte.
"Schade... Mir ist grade so danach."
"Später, Später. Jetzt müssen sie mir ihre vollste Aufmerksamkeit schenken: In letzter Zeit gab es, wie sie sicherlich wissen, eine Reihe von abscheulichen Anschlägen, deren Aufklärung zum jetzigen Zeitpunkt stark
hinterherhinkt oder noch garnicht erst begonnen hat. Unsere Experten sind mit der Art und Weise, wie diese Anschläge ausgeführt werden und welche Auswirkungen diese haben, sichtlich überfordert. Deshalb kamen wir auf Sie zurück: Sie arbeiteten bereits früher an ähnlichen Projekten, beispielsweise einem Gas, das Menschen in kochende Fleischklumpen verwandeln kann, genetischer Manipulation oder angewandter Quantenmechanik. Auch in der Stringtheorie haben Sie damals recht exzessiv geforscht. Um es auf den Punkt zu bringen, viele der Ereignisse, die in letzter Zeit geschahen, sehen wie eine Weiterentwicklung dieser damaligen Projekte aus. So, als ob jemand ihre alten Forschungsergebnisse genommen hätte, und sie für seine eigenen -bösen- Zwecke missbraucht hätte.

Was Sie an Materialien, Geld und sonstiger Unterstützung brauchen, werden sie erhalten. Es soll ihnen an nichts mangeln! Zunächst muss ich sie bitten, noch heute Abend mit zu einem Tatort zu kommen, denn ohne ihre Lageeinschätzung sind wir dort, ganz ehrlich gesagt, ziemlich aufgeschmissen. Es geht dabei um einen Anschlag auf einen Bus in der Nähe der Münchner Innenstadt, heute Mittag."

Nach diesen Worten legte er einige Fotos des Tatortes auf den Tisch. Nachdem Jacklone, Bushnell und Eicke diese gesichtet hatten, war schnell klar, dass die heutige Nacht sich noch sehr lange hinziehen würde...
"Gut, Gut. Wir spielen also Detektiv. Haha, das liebe ich!" entfuhr es dem aufgeregten Bushnell, der sich wohl wie ein Held in eine, Anfang des Jahrhunderts gedrehten, miesen Gangsterfilm fühlen musste.
Jacklone, wie immer eher schweigsam, genoß es still, den tattrigen Bushnell etwas auftauen zu sehen.
"Ahh, meine Herren... Wir müssten noch etwas ganz außerordentlich wichtiges erledigen, bevor wir zum Tatort fahren!"

Es stellte sich heraus, dass Bushnell nicht mit leerem Magen denken konnte, und da Eicke und Jacklone auch beide schon eine ganze Weile nichts gegessen hatten, stimmten Sie zu, an einem Drive-In  zunächst einige Burger sowohl als auch einige Erdbeer-Milchshakes zu holen. Je näher die Zeit des Essens rückte, desto größer wurden Bushnells Augen. Permanent beteuerte er, wie sehr er Hamburger liebe und dass der "Whopper" in seinen Augen eine Art kulinarische Sensation sei. Jacklone grinste zwar ein wenig, wusste aber nicht, ob er angesichts des Genius von

Bushnell lachen sollte oder aber wegen dessen Unfähigkeit zu erwachsenem Benehmen heulen sollte... Es wurde ihm

zusehends klarer, dass Sie nun -Er und Eicke- die Babysitter für Bushnell spielen sollten. Da er entmündigt worden war, musste er tatsächlich die ganze Zeit so etwas wie eine Autoritätsperson um sich haben, welche die
Verantwortung für ihn  übernahm. Jacklone hoffte, dass er sich wenigstens selbst den Allerwertesten abwischen konnte...

Nachdem sie im Auto überschwenglich gegessen hatten, rauschten sie mit Vollgas Richtung Tatort. Bushnell war wohl aufgrund der abnorm hohen Kalorienzufuhr fürs Erste zufriedengestellt, weshalb er es dann auch tatsächlich schaffte, einige Minuten schweigsam zu sein.
Nach kurzer Fahrt erreichte das Trio schließlich den Ort des Verbrechens. Bereits 100 Meter vor dem eigentlichen Ort des Geschehens hatte man eine weiträumige Absperrung errichtet. In diesem Radius wurden sämtliche Geschäfte, Büros und Wohnungen fürs Erste evakuiert. Dies geschah als eine Form von erweiterter Sicherheitsmaßnahme, da Polizei und Regierungsbeamte nicht wußten, womit sie es eigentlich zu tun hatten und wie gefährlich es letztendlich war.

Nach einem kurzen Gespräch wurden sie vom diensthabenden Polizeioffizier an den Ort des Geschehens gebracht. Ihre Augen weiteten sich, als sie den Bus in Augenschein nahmen. Es war mucksmäuschenstill, niemand redete. Alle waren geschockt. Ein solch bizarres Bild hatte man noch niemals gesehen. Der Bus, ein ganz gewöhnliches Nahverkehrsmodell, ein solches, wie es zu tausenden in deutschen Großstädten zum Einsatz kam, war in eine Art Blase gehüllt. Diese Blase schien offensichtlich aus irgendeinem Harz oder Bernstein zu bestehen, denn man konnte, ganz genauso wie bei geschliffenem Bernstein, hindurchsehen und die darin gefangenen Objekte begutachten. Innerhalb jener Blase konnte man versteinerte Menschen sehen, die wirkten, als seien sie eigens für diesen Zweck aus Wachs angefertigt worden. Doch das waren sie nicht. Sie waren real. Reale Menschen, gefangen in einem riesigen Pfropfen rotbräunlich schimmerndem, künstlichem Bernstein.
Die meisten Fahrgäste sassen noch auf ihren Sitzen, sahen auf die Straße hinaus, lasen ein Buch oder fummelten an ihrem Handy herum. Die Versteinerung schien sie urplötzlich überrascht zu haben, in Sekundenbruchteilen, denn Niemand war in der Lage gewesen, zu reagieren. Die Szenerie wirkte wie ein Stilleben, welches ein Maler mit ruhiger Hand und gekonnter Strichführung dahingezaubert hatte. In dieser Masse aus synthetischem, halb-edlem Gestein brach sich das Licht ganz genauso, als ob es sich seinen Weg durch funkelnden Bernstein bahnen müsse.

Wäre nicht das Schicksal jener Menschen im Bus so unsagbar traurig und berührend gewesen, so hätte man all dies als etwas wunderbares, ja fast gar vollkommenes betrachtet, gleich einem glitzernden Modell einer urbanen Verkehrskulisse.

"Mein Gott" entfuhr es Jacklone, "Wer ist zu so etwas fähig?"

"Es ist der Horror..." pflichtete ihm Eicke mit geschockter Miene bei.


Bushnell stand nachdenklich vor dem Gebilde, wollte erst seinem Geist ein Urteil abgewinnen, bevor er es mit seinen Händen zu erkunden begann.

"Gas... Oh Ja. Gas."

"Wie bitte?" unterbrach Jacklone sein lautes Zwiegespräch.
"Gas. Ich bin der vorläufigen Meinung, diese Substanz wurde als eine Art Gas freigesetzt, bevor es sich verfestigen konnte. Dieses Gas muss sich einerseits sehr schnell verbreitet haben, andererseits aber auch mit unglaublicher Schnelle seine Festigkeit gewonnen haben."
"Hat es noch in irgendeiner Art ansteckende, giftige oder umweltschädigende Eigenschaften? Ist es gefährlich, es zu berühren?"
"Nun Ja, anfassen würde ich es vorerst nicht. Aber es scheint keine toxischen oder umweltschädlichen Stoffe mehr freizusetzen. Zumindest auf den ersten Blick..." fügte er nachdenklich hinzu.
"OK. Und was ist mit den Leuten, die darin gefangen sind? Sind Sie... tot?"
"Eine gute Frage. Mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit sind sie nicht mehr am Leben, jedoch sind die Leichen höchstwahrscheinlich äußerst gut kondensiert. Wie frisches Hundefutter zum Beispiel."
Jacklone zog es vor, diese Äußerung vorerst unkommentiert zu lassen und warf Bushnell nur einen leicht vorwurfsvollen Blick zu.
In Eicke begann es indes, zu brodeln. "Wer steckt hinter diesen abartigen Teufeleien!? Und wieso läßt man sich ausgerechnet so etwas verqueres und krankes einfallen, anstatt die Leute einfach zu erschießen!?"
"Der Auswirkung wegen" antwortete Jacklone mit nachdenklicher Miene. "Wer auch immer hinter diesem Anschlag steckt, er wollte AUfmerksamkeit. Ansonsten hätte er die Leute wirklich einfach erschießen können. Aber hier wollte jemand auf sich aufmerksam machen. Warum auch immer..."

"Diese Bastarde. Aber ich glaube einfach nicht, dass es hinter all diesen Ereignissen einen geordneten Sinn oder Zweck gibt. Irgendein kranker Hurensohn missbraucht hier einfach seine hochprofessionellen wissenschaftlichen Kenntnisse und Fähigkeiten, um die Menschheit zu peinigen oder der Gesellschaft irgendetwas heimzuzahlen. Was auch
immer. Es ist einfach nur aufs abartigste  grotesk und krank! Aber wir werden sie kriegen, wir werden sie kriegen!" murmelte Eicke mit grimmig-gehässiger Miene.
 

"Nun, meine Herren, unsere Arbeit hier ist beendet." sagte Bushnell."Wir müssen schleunigst Proben dieser seltsamen Blase in mein Labor schaffen, um herauszufinden, Wer oder Was an diesem Anschlag schuld ist."

"In ihr Labor!? Welches Labor?" entgegnete Jacklone verwundert.

"In das Labor, das ich schon früher für meine Forschungen verwendet habe, das Labor der Uniklinik hier in München. Man muss es schleunigst für mich leerräumen und herrichten lassen! Auf, auf! Meine Herren, wir haben keine Zeit zu verlieren! Fahren wir!"
Jacklone und Eicke blickten sich verdutzt in die Augen, zogen es aber vor, Bushnells überraschenden Enthusiasmus unkommentiert zu lassen. Sie beauftragten einige der herumlaufenden Beamten damit, ein kleines Stück des künstlichen Bernsteins herauszutrennen und an besagtes Labor zu schicken. Ebenso sorgten sie dafür, dass der Bus vorerst in eine große Halle transportiert wurde, wo man ihn weiter untersuchen konnte.

Jenes stille Aquarium eingefrorener, abnorm-pervers glotzender, puppenhaft erscheinender Menschen hatte die Gemüter des Trios aufs heftigste in Wallungen versetzt, und so waren alle am fortgeschritteneren Abend recht froh, dass sie sich nun für einige Stunden in ihre Kojen hauen und die Dinge so sein lassen durften, wie sie nun einmal waren. Für tiefergehende Analysen all der schrecklichen Untaten, derer Zeuge sie innerhalb der letzten 24 Stunden geworden waren, fehlten Jacklone und Eicke schlicht die Nerven. Die Ausnahme freilich bildete Bushnell, welcher ganz positiv angeregt durch all die Schrecknisse zu werden schien.

Kopfzerbrechen bereitete ihm die molekulare Struktur und genaue ZUsammensetzung der bernsteinenen Substanz. Es schien ihm lediglich sicher zu sein, dass ihre Verbreitung ursprünglich als ein Gas stattgefunden haben musste.
Aber wie genau die Umwandlungsreaktion von Gas in verfestigte Materie vonstatten ging, war fürs erste ein Rätsel.
Auch hegte Bushnell eine gewisse Bewunderung für die Schöpfer jener Substanz, unter anderem bezeichnete er die Köpfe dahinter als "große Genies" und die Umsetzung des Attentats als "kurios und denkerisch unerreicht". Seine Nachforschungen sollte Bushnell bis weit in die frühen Morgenstunden beschäftigt halten, seine wissenschaftliche Neugier diente ihm hierbei als ein ausgezeichnet funktionierendes, natürliches Stimulans.

Jacklone setzte sich, nachdem er Bushnell und Eicke beim Labor abgeliefert hatte, in seinen Audi und gab in Richtung Münchner Innenstadt und Hotel Gas. Die kurze Zeitspanne, die ihm durch das Fahren frei wurde, nutzte er, um Reimer telefonisch kurz auf den neuesten Stand der Dinge zu bringen. Dann schaltete Er, obwohl er wußte, dass es keinerlei gute Nachrichten geben würde, das Radio ein:

 "...haben alle Maßnahmen zur Vorbeugung einer Massenpanik und einer allgemeinen, weitverbreiteten Unruhe keinerlei WIrkung gezeigt. Schätzungsweise an die 120.000 Menschen befinden sich auf der Flucht vor der radioaktiven Wolke, die mittlerweile ganz Südwestdeutschland einzuhüllen droht. In den Geschäften werden schon jetzt, einen knappen Tag nach der Katastrophe, Lieferengpässe von abgepacktem Wasser, Konservengemüse und anderen lange haltbaren Lebensmitteln gemeldet. Auf Anraten der Regierung decken sich die Bürger mit allem ein, was zum längeren Überleben in abgeschotteter Einsamkeit nötig ist. Schwerbewaffnete Truppenverbände der Bundeswehr haben im Laufe des Tages begonnen, die 30-Km Sicherheitszone rund um den direkt betroffenen Unglücksort abzusichern. In dieses Gebiet darf niemand mehr ohne gültige Genehmigung einfahren und die dort lebenden Bürger wurden ansatzweise schon evakuiert.

Bis allerdings alle Menschen in Sicherheit gebracht sind und mit den lebensnotwendigsten Gütern versorgt werden können, werden nach Regierungsangaben noch etwa 2-3 Tage vorübergehen.

Mittlerweile steigt unter der in dem Schutzradius ansässigen Bevölkerung die Angst vor einer sich anbahnenden Schlechtwetterfront. Dann könnte sich eines der schlimmsten, denkbaren Szenarien, nämlich stark radioaktiver Niederschlag, sogenannter saurer Regen, verwirklichen. Sollte dieser Fall eintreffen, so würde der Regen in schnellster Zeit dafür sorgen, dass sogenannte Radionukleide ins Grundwasser und damit in den
Nahrungsmittelkreislauf einer breiteren Bevölkerungsschicht kommen. Auch würden sich dadurch jene radioaktiven Substanzen, namentlich Iod 133, Plutonium und Strontium 90, in den tiefergelegenen Gesteins- und Erdschichten dauerhaft ablagern, was zu einer Schädigung der Umwelt für viele Jahrzehnte sorgen würde und..."

Kein Wort von dem Attentat auf den Bus. Angesichts der bedrohlichen Lage im Schwarzwald schien das Jacklone allerdings nur zu verständlich. Die Schlagzeilen boten eben in einem derartigen Szenario, welches die Schädigung von Millionen vorausahnen ließ, keinen Platz für das Schicksal einiger Weniger. Möglicherweise war das auch besser so. Es schien ihm durchaus zweckmäßig, die Öffentlichkeit nicht noch mehr durch die Schilderungen abartiger und perverser Anschläge wachzurütteln. Noch mehr Panik und Angst konnte zur Zeit niemand gebrauchen.

Düsteren Gedanken nachgehend kam Jacklone an seinem Hotel an. Trotz seiner momentanen unmenschlichen Erschöpfung und tief zerfurchter Mattigkeit spürte Er nicht das Verlangen, schon schlafen zu gehen. So beschloss er kurzerhand, noch einige Gläser Whisky in seinem Lieblings-Pub leeren zu gehen und so die monströsen Schrecknisse des Tages ein
wenig zu vergessen. Da er sich fest vorgenommen hatte, mindestens das Level starker Angetrunkenheit zu erreichen, ließ er seinen Audi in der Tiefgarage des Hotels stehen und machte sich zu Fuss auf den Weg- die zehn Minuten

Wegstrecke vergingen im Nu.

Als er die Türe des Pubs öffnete und ihm der vertraute Geruch von Zigarettenqualm und ein wenig abgestandener Luft entgegenschlug, wandelte sich seine bisher eher trübe Feierabendlaune schlagartig zum Besseren. Die Atmosphäre sich eifrig unterhaltender, unentwegt Gläser und Bierflaschen hebenden sowie päckchenweise Zigaretten konsumierender Kneipengänger schien ihn mit offenen Armen zu empfangen und ihm war, als ob man ihm eine gewaltige Last von seinen
Schultern genommen hatte. Jacklone setzte sich an die Theke und orderte fürs Erste einen doppelten Whisky. Sollten die anderen sich doch mit Biertrinken aufhalten, Er würde definitiv gleich richtig anfangen. Ein Mann, ein Wort.
Schon nach einer halben Stunde hatte Jacklone drei doppelte Whisky geleert, was ihm einen wohligen Zustand angeheiterter Geselligkeit bescherte, ihn aber dennoch nicht vom Barhocker haute. Im Laufe der letzten Jahre hatte Jacklone sich an recht hohe Mengen harten Alkohols gewöhnt, ohne indes zum Säufer zu mutieren. Die Grenze zwischen
wohliger Entspannung und extremem Alkoholismus behielt er permanent fest im Griff, was ihm nicht zuletzt auch durch seine Fähigkeit zur Selbstkritik möglich wurde.
So sass er also noch fest auf seinem Barhocker, als er sich nach einer dreiviertelstunde mit dem Barkeeper über Belanglosigkeiten unterhielt. Schließlich endete das Gespräch, dass sich zu Jacklones Verdruss am Ende doch nur um die Schlagzeilen des Tages gedreht hatte. Allmählich begannen seine Gedanken, breitere Schleifen zu ziehen: Wer war
zu all diesen entsetzlichen Taten imstande? Und warum beging dieser Jemand jene Abscheulichkeiten? Es wirkte ganz so, als ob ein makabres Riesenbaby mit seinem gigantomanen Experimentierkasten beim Spielen erwischt worden wäre- eine zyklopische Anzahl von Versuchen an der Menschheit begehend. Was wollte man damit erreichen oder zeigen? Ein
Rätsel.
Am Ende begann er, über den Brief nachzugrübeln, den er in den frühen Morgenstunden erhalten hatte. Wer um alles in der Welt schickte ihm ein solches Gedicht -das ja überdies ganz offensichtlich mit den Ereignissen des Tages in Verbindung zu stehen schien- und legte noch eine Plastikkarte ohne Beschriftung dazu??? Damned, all dies ergab
überhaupt keinen Sinn, so sehr er seine Hirnwindungen auch bemühte. No Way. Die absonderlichsten Vorstellungen und Ängste bemächtigten sich seiner. Er hatte das Gefühl, dass seine Klamotten ihm nicht mehr recht passen wollten. All dies hatte etwas beunruhigendes an sich und er war immer mehr der Meinung, er müsse sich von nun an aufs Schlimmste
gefasst machen- insofern dies nicht schon längst eingetreten war.

Während Jacklone so dasass und über den Sinn all der Abscheulichkeiten philosophierte, mit denen er im Laufe des Tages Bekanntschaft gemacht hatte, bekam er unversehends Gesellschaft. Ein Mann, offenbar älteren Baujahres, sehr formell mit brauner Krawatte und dunklem Sakko angezogen, schickte sich an, ihn anzusprechen.

"Sieht ganz so aus, als ob sie einen harten Tag hinter sich haben" sagte er, und deutete dabei auf die leeren Whiskygläser.

Der Mann hatte schon graue Schlieren in seinem schwarzen, durchaus noch sehr vollen Haar, und ein sehr kantiges Gesichtsprofil und -wie im natürlichen Gegensatz dazu- weiche Gesichtshaut, die voller denkerischer Furchen war. Ein von rauhen Stoppeln begründeter Dreitagebart rundete das Ganze perfekt ab- er sah aus wie einer jener Trenchcoatträger, wie man sie aus den alten Akte-X Folgen kennengelernt hat. Ein geheimnisvoller Mensch, durch und durch.

Jacklone wußte selbst nicht so recht, ob er nach den Strapazen des Tages noch ein -offenbar völlig belangloses- Gespräch führen zu führen geneigt war, allerdings wollte er sich gegenüber dem höflich dreinschauenden Fremden auch nicht grundlos abweisend verhalten, also antwortete er brav:

"Naja, kann man so sagen. Der Tag hat mich ein wenig mitgenommen und der kleine Umtrunk tut nun sein übriges, um mich ein wenig geschunden wirken zu lassen..."
Der Fremde lachte, dann sah er ihm direkt in die Augen: "Nun, Mr. Jacklone, ich wäre erstaunt, wenn dem nicht so wäre."
"Was soll das, woher kennen sie meinen Namen?" erwiderte Jacklone verdutzt.
"Nun, da sie sowieso schon, durch die Ereignisse des Tages und ihre Arbeit sehr mitgenommen sind, will ich ohne

Umschweife zum Kern des Grundes unseres Gespräches kommen. Ich weiß sehr wohl und sehr genau, wer sie sind und welchen Tätigkeiten sie bei ihrer Arbeit nachgehen. Ich kenne sie, Mr. Jacklone, und das sehr gut!"

Jetzt war Jacklone wach und hing an den Lippen des mysteriösen Fremdlings. Seine Verwunderung über dessen Äußerung kannte überhaupt keine Grenzen. Er pochte darauf, zu erfahren, was es mit seinem geheimnisvollen Gegenüber auf sich hatte.
"Wer sind sie und was wollen sie von mir!? Woher wissen sie, was ich während meiner Arbeit mache?" Jacklone war innerlich gespannt wie ein Flitzebogen. Der Tag wollte und wollte ihm einfach keine Ruhe gönnen, so schien es.

Immer neue wunderliche Dinge -oder in diesem Fall geheimnisvolle Menschen- kamen zum Vorschein. "Mr. Jacklone, ich weiß, dass sie auf der Suche sind. Auf der Suche nach Antworten. Nun, möglicherweise kann ich
ihnen einige Antworten auf die Fragen in ihrem Kopf geben. Um sie nicht zu lange von ihrer ersehnten Erholung abzuhalten, halte ich es für das Beste, wenn wir ohne Umschweife zur Sache kommen."
"Damit habe ich sicher kein Problem."
Der Mann lächelte. "Das habe ich auch vermutet. Nun, sicherlich haben sie sich schon die Frage nach der Urheberschaft jener... Experimente, deren Zeuge sie geworden sind, gestellt. Nun, ich kann ihnen versichern, dass
die Sache auf die sie gestoßen sind, weit größere Ausmasse hat, als ihnen zum derzeitigen Zeitpunkt ersichtlich ist. Alles, was sie tun müssen, ist sich die richtigen Fragen zu stellen, beispielsweise jene: Was wäre, wenn es
sich bei diesen -aus ihrer Sicht der Dinge abscheulichen- Anschlägen in Wahrheit um Beweise handeln würde? Um Beweise, dass eine wissenschaftliche Theorie oder ein bestimmtes Experiment funktioniert haben?
Jacklone wurde hellhörig. "Interessant" entgegnete er, "sprechen sie weiter!"
"Was wäre, wenn ich ihnen einen Namen und eine Adresse nennen könnte, unter der sie einen Eingeweihten all jener furchtbaren Ereignisse antreffen könnten?"
"Ich wäre durchaus nicht abgeneigt, ihm einen Besuch abzustatten" sagte Jacklone trocken. Aber was ist mit dem Brief? Und der Chipkarte?"
"Ein großes Geheimnis. Die Karte ist buchstäblich der Schlüssel dazu. Und der Brief -nun der war eine Warnung. Und in der Tat sollten sie auf der Hut sein! Mehr als das kann und will ich ihnen jetzt nicht sagen. Wir treffen uns
morgen wieder, dann werde ich ihnen einen Namen geben. Passen sie bis dorthin gut auf sich auf! Es sind gefährliche Zeiten!"

Mit diesen Worten nahm der Mann seinen Hut und seine Jacke, streifte sie sich über und ging dann wortlos von dannen.

Jacklone indes hatte es die Sprache verschlagen und er fühlte sich auch gerade recht verdattert, so als ob er sich in einem grotesken, vor Seltsamkeit strotzenden, abartigen Traum befände, dessen Verwirrung und Abnormität keinerlei Grenzen zu kennen schien, und der ihn immer wieder aufs neue mit abscheulichen Entsetzlichkeiten zu quälen trachtete. Ein Traum, aus dem es kein Erwachen zu geben schien...

Er orderte noch einen Whisky um einen klaren Kopf zu bekommen. Über all die furchtbaren Dinge und die seltsame Begegnung von eben nachzudenken, erschien ihm momentan ein wenig kontraproduktiv für seine geistige Gesundheit zu sein und so schien Alkohol das geeignete, probate Mittel zu sein, um diesen Zustand zu erreichen.
Als der Whisky vor ihm stand, holte er eine Zigarette aus der Schachtel und zündete sich eine an. Mit tiefen, genussvollen Zügen rauchte er. Dazwischen nippte er an seinem Whisky. Wohlige Entspannung durchflutete ihn. Die beiden gesellschaftlich akzeptierten Drogen, die er seinem Körper zuführte, waren tatsächlich in diesem Moment
genau das Richtige. Er achtete darauf, seine Zigarette nicht sinnlos schnell herunterzupaffen, sondern sie mit Bedacht zu genießen, jeden Zug mit einem tiefen, hedonistischen Gefühl verknüpfend.

Als er die Zigarette geraucht hatte und der Whisky ausgetrunken war, zahlte er und schickte sich an, zu gehen. Ihm stand, nach all der Aufregung, der Sinn nach einer wundervollen, orgiastischen Nacht um seinen Feierabend ausklingen zu lassen. Ob er versuchen sollte, seine gestrige Bekanntschaft -die Brünette mit den einladenden
Kurven- zu kontaktieren? Leider hatte er nur seine Nummer hinterlegt, sie aber nicht nach der ihren gefragt. Das bedauerte er für einen Moment sehr. Wie dumm von ihm. Aber vielleicht konnte er sie ja in jenem Pub antreffen, in dem er sie aufgegabelt hatte?
Nachdem er sich, innerlich hin und her gerissen, dafür entschieden hatte, zuerst ins Hotel zu gehen und zu duschen, setzte er sich in in Bewegung. Unterwegs begannen seine Gedanken wieder, große Schleifen zu ziehen... gottlob hatte er genug Whisky getankt, um seine Nerven zu beruhigen, so dass seine Ängste und Sorgen ein wenig in Schach gehalten wurden. Eine Wohltat.
Am Foyer des Hotels angekommen, ging er zuerst zur Rezeption.
"Guten Abend. Sagen sie, wurde im Laufe des Tages Post oder sonstige Mitteilungen abgegeben?"
"Sie sind Mr. Jacklone, nicht wahr?" sagte der Portier und begann, unter der Theke herumzunesteln. Schließlich zog er ein weißes Kuvert hervor."Hier, das wurde für sie abgegeben."
"Und von wem?"
"Ein Kurier hat den Brief gebracht und nichts weiter über den Absender verlauten lassen. Es tut mir sehr leid."
"Na gut" meinte Jacklone mürrisch und mit zynischer Miene"neue Überraschung, neues Glück."

Als er in seinem Zimmer angekommen war, öffnete er den Umschlag. Äußerlich war er unscheinbar, kein Drudenfuss prangte darauf. Allerdings auch kein Hinweis auf den Absender. Erst meinte er, das Kuvert enthalte garnichts, da ihm nach dem Aufmachen zuerst nichts entgegenfiel, kein Blatt, keine Mitteilung oder sonstiges. Als er ihn jedoch ganz nach unten kippte, rutschte aus dem hintersten Winkel eine kleine Micro-SD Speicherkarte hervor. Da er gerade keinen Computer zur Hand hatte, und zu erschöpft und zu alkoholisiert war, um sich noch einmal zur
Einsatzzentrale zu bewegen, ließ er es dabei bewenden und beschloss, sich sofort hinzulegen- auch ohne seine brünette Bekanntschaft nochmals zu kontaktieren.
Als er sich das Nachttischchen in seinen Tunnelblick, den er mittlerweile dank dem Whisky hatte, geraten ließ, entdeckte er, dass die kurvige Brünette ihm netterweise ihre Nummer auf einem Zettel hinterlassen hatte. So konnte er sich während des Schlafs den schönen, erwartungsvollen Träumen einer kommenden Nacht mit ihr hingeben. Er sollte phantastisch schlafen.

Kapitel 11


Apollyon raste durch die fast gespenstisch leeren, nächtlichen Straßen Münchens. Er war ob der kommenden Ereignisse sehr nachdenklich, allerdings hätte er auf eventuelle, außenstehende Beobachter eher geistesabwesend und unkonzetriert gewirkt, was aber absolut nicht der Fall war. Nach außen hin gab er sich ruhig und gelassen, mit einer Coolness, die er sich auch in den verzwicktesten Situationen stets zu bewahren versuchte. Dies gelang ihm meistens auch. Aufgrund seiner erworbenen intellektuellen und okkulten Kenntnisse sowie seinem bereits erreichten,
hohen Grad in der Bruderschaft -er durfte sich "Magus Pentalphae" nennen- war er außerordentlich selbstbewußt. Er kannte seine Intelligenz und seine Fähigkeiten. Durch die Erlangung der magischen und okkulten Geheimnisse hatte sein Bewußtsein Ebenen erreicht, von denen NOrmalsterbliche noch nicht einmal im Ansatz etwas ahnten.

Allerdings forderten seine Fähigkeiten und sein hoher Kenntnisstand gewisse Opfer. So war er fast zu einem Eremiten geworden, hatte kaum ein Sozialleben, von einer Beziehung ganz zu schweigen. Stets musste er seinen Geist trainieren; unablässig und gnadenlos, denn nur mit der entsprechenden mentalen Stärke waren die Geheimnisse, deren Teilhaber er geworden war, überhaupt zu ertragen.
Seine Interessen beschränkten sich fast ausschließlich auf Themen wie Alchemie, Freimaurerei, Magie, Kabbalah, Stringtheorie, Quantenphysik, Psychologie oder auch Pharmakologie. Wer in der Bruderschaft danach strebte, Inhaber eines höheren Grades zu werden, war angehalten, KEnntnisse in sämtlichen Wissenschaften und geheimen Lehren zu
erwerben.

Ebenso meditierte er jeden Tag mindestens zwei Stunden und achtete streng darauf, auch mindestens 3 Stunden zu lesen. Der Geist musste ununterbrochen geschult werden, wenn er Großes bewirken wollte. Materiellen Gütern hatte er sich freiwillig entsagt. Zwar war sein Bankkonto mehr als gut gefüllt, auch seine Wohnung und sein Auto waren
äußerst luxuriös, doch dies bedeutete ihm nichts. Ebenso hätte er auf der Straße hausen können, das Einzige, was zählte war, die großen Mysterien zu ergründen.
Während er mit seinem schicken Auto dahinbrauste, hingen seine Gedanken nur einem Thema nach: Jenem dunklen Ritual, dem er heute Abend beiwohnen sollte. Nein, es sogar mehr als das: Es war ein Experiment mit außerordentlich weitreichenden Folgen, die man zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht wirklich absehen konnte. Was man jedoch schon
jetzt mit Bestimmtheit sagen konnte war, dass es der Bruderschaft durch dieses Experiment besser ermöglicht würde, die gefährlichen Portale zu den lichtlosen Kammern jenseits der Zeit, die man auch als interdimensionale Tore bezeichnen konnte, zu erschaffen und offenzuhalten. Auch würde man von jetzt an weniger menschliches Material verschleißen müssen, denn der Tod Unschuldiger würde nach dem Versuch mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr zwingend nötig sein.

Bilder vergangener Kriege und Terrorakte zogen vor seinem inneren Auge dahin... Er dachte an Auschwitz und an all die astronomisch hohen Opfer, die man hatte erbringen müssen. Im Vergleich zu den dadurch bewirkten Ergebnissen erschienen diese nun unnötig hoch. Allerdings war es der Bruderschaft bisher nicht möglich gewesen, die Portale anders als Aktivierung mittels menschlicher Lebensenergie zu öffnen. In den letzten Jahren hatte die Technik jedoch große Fortschritte gemacht, und durch die gepaarte Anwendung von neuester Wissenschaft mit alten, fluchwürdigen
Ritualen eröffneten sich der Bruderschaft neue und großartige Möglichkeiten. Letztendlich schienen ihm all die Opfer nur notwendige Ergebnisse eines jahrhundertealten Lernprozesses zu sein, an dessen Ende das Ziel stand, die Zeit und das Leben an sich zu beherrschen. Nur wer riskierte zu weit zu gehen, wusste letztendlich, wie weit er gehen konnte.

Die Bruderschaft war damals, in den 1920er Jahren, aus dem Dunkel der Geschichte ans Licht getreten und hatte begonnen, einen Staat nach ihren Lehren und Vorstellungen zu erschaffen. Alle diese Bemühungen gipfelten in der Machtergreifung Hitlers und der Errichtung eines großdeutschen Reiches. Als eigenständiger Kern innerhalb von Himmlers gefürchteter, schrecklicher SS hatten die Brüder begonnen, Einfluß auf die Politik und den Krieg zu nehmen. Die "Endlösung der Judenfrage" hatte letztlich nur den Bemühungen der Bruderschaft gedient. Gleichzeitig versuchte man die SS zu einer Art modernem Ritterorden zu formen- einem schwarzen Orden.
Die Keimzelle der SS, die Thule-Gesellschaft, war unter Kennern der geschichtlichen Materie berüchtigt für ihre okkulten Rituale. Und die Thule-Gesellschaft hatte fast ausschließlich nur aus Ordensmitgliedern bestanden. Auch die kommenden Größen der Nazipartei, etwa Rudolf Hess und Herrmann Göring, waren Mitglied gewesen.
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Nicki
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Beiträge: 3613
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Ei 10


Beitrag30.05.2011 17:08

von Nicki
Antworten mit Zitat

Lieber Mureth,
ich habe in Word kopiert. Du schreibst hier insgesamt ca. 17.00,  in Worten:
siebzehntausend Wörter
Da muss man sich ja Urlaub nehmen, um das alles zu lesen und dann noch einen Kommentar abgeben zu können.
Was erwartest du?
MfG
Nicki
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Mûreth
Schneckenpost
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Beiträge: 11



M
Beitrag30.05.2011 17:14

von Mûreth
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Hi,

du zählst Wörter? Also sowas ist mir auch noch nicht passiert... Was erwarte ich? Gute Frage, ich würde sagen, Kritik in jedweder Form.

Als Neuling weiß ich nicht wirklich, wie es hier üblich ist, zu posten. Hätte ich das ganze auf mehrere Teile verstreut als separate Themen posten sollen? Wie gesagt, ich weiß es nicht. Mir war eben nicht klar, dass ich hier der einzige bin, der so ne lange Geschichte postet.

Gruß,

M.
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Xumandar
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Beiträge: 1385
Wohnort: Psy Korps 3. Division


X
Beitrag30.05.2011 17:19
Re: Angst (Roman, erste Kapitel)
von Xumandar
Antworten mit Zitat

Also das ist wirklich viel. Zuviel für meinen Geschmack, daher werde ich auch nur das Vorwort und die ersten beiden Absätze unter die Lupe nehmen. Wenn du schon so einen langen Text kritisiert haben willst, stell ihn lieber Stück für Stück ins Forum.


Mûreth hat Folgendes geschrieben:
A N G S T


Ist das eigentlich so gewollt mit den Leerstellen? Auf mich wirkt es zusammen mit den Großbuchstaben übertrieben um Aufmerksamkeit verlangent.

Mit dem Vorwort selbst, kann ich ebensowenig etwas anfangen. Das Jahrtausend nach dem Jahrtausend, klingt erzwungen Mysteriös. Dabei wird wohl nichts anderes als die Jahrtausendwende gemeint sein. Und warum dass nun so etwas besonderes ist will sich mir auch nicht erschließen warum gerade das so etwas besonderes sein soll. Aber das kann auch nur an mir liegen, ich konnte mit solchem Milleniumgedöns noch nie viel anfangen.

Warum heisst es dort eigentlich die ganze Zeit Sie? Ist damit die Ordnung oder eine Oberchefin gemeint? Und eine Ordnung die Gold verlangt. Wirkt auf mich auch eher befremdlich. Vor allem solche Stellen wie Kuss des Blutes und irgendwelche Skorpione unter den Fusssohlen, wirken auf mich auch eher unfreiwillig komisch. Was ja nun bestimmt nicht beabsichtigt war.

Und was ich mich auch frage. Dieses Vorwort steht da ziemlich frei im Raum. Ich bekomme keinen Bezug. Meiner Meinung nach sollte ein Vorwort etwas zur Welt aussagen. Etwas erklären oder für die Geschichte vorrausgesetztes Wissen vermitteln. Nun mit gutem Willen könnte ich erkennen, dass letzteres gewollt war, nur stellen sich mir mehr Fragen als für mich so früh in einer Geschichte angenehm ist.

Mûreth hat Folgendes geschrieben:
Eine milde Frühlingssonne erhellte das Hotelzimmer


Scheint mir momentan wieder in Mode zu sein dieser Standardsatz mit der Sonne, da kommt bei mir bereits der Gedanke an Einheitsbrei in den Sinn. Da könnte man jetzt sicher drüber streiten ob das wirklich ein Kritikpunkt ist, aber bei mir fehlt schon in diesem Zeitpunkt das wirkliche Interesse.

Mûreth hat Folgendes geschrieben:
begann ein Handy zu schrillen.


Also meines klingelt nur, wenn es schrillen würde, wäre es schneller in der Werkstatt als ich Mobiltelefon sagen könnte.

Mûreth hat Folgendes geschrieben:
Mit schlaftrunkener Benommenheit begann eine Hand, danach zu tasten.


Schlaftrunkene Benommenheit? Warum nicht einfach schlaftrunken? Obwohl eine schlaftrunkene Hand klingt auch irgendwie seltsam. Ich würde aber auf jeden fall nicht Schlaftrunkene Benommenheit schreiben. Liest sich eher schlecht.

[quote="Mûreth"]mit leichtem Ärger über die Frühe des Anrufs getränkter Stimme.[quote="Mûreth"]

Sogar noch ein schlimmerer Fall, viel zu kompliziert der Satz. Außerdem weiß der Leser gar nicht wieviel Uhr es wirklich ist. Er weiß das Frühling ist und die Sonne bereits scheint, mehr nicht da sollte vorher schon klar sein wenn es zum Beispiel noch früh Morgens ist und statt leichtem Ärger besser einfach nur
Zitat:
verärgert über den frühen Anruf


Und was will mir dieses getränkter sagen? Dass seine Stimme mit Ärger getränkt ist? Also ich weiß doch dass es sich nicht über den Anruf freut, von daher, wenn es den so gemeint ist, ist diese Information eher überflüssig.

Und dann das Telefonat. Ich weiß noch nicht mehr dieser Jacklone (seltsamer Name übrigens) überhaupt ist. Und dann kommt da ein nuklearen Zwischenfall. Also mich tut es nur verwirren, aber es weckt einfach keine Neugier was dort passiert ist. Ich würde das nuklear eher weglassen und nur von einem Zwischenfall sprechen und vorher bereits etwas mehr zu seiner Person schreiben. Und seine Reaktion die aus einem Was besteht, lässt ihn auch nicht gerade sehr souverän erscheinen. !? würde ich übrigens unbedingt vermeiden. Es soll ja wohl darstellten das er verwirrt ist, also solltest du diese Verwirrung lieber mit Worten zeigen als mit einem befremdlich wirkendem !?


Mûreth hat Folgendes geschrieben:
Ein Klicken im Hörer


Wieso Hörer? Wieso Klicken? Hatte er gerade eben nicht noch ein Mobiltelefon in der Hand? Seit wann haben die extra Hörer? Und das der Anrufer wohl die Verbindung unterbrochen hat könnte man auch besser zeigen als einfach zu meinen, dass er es bemerkt hat.

Mûreth hat Folgendes geschrieben:
Er nahm sich einige Sekunden Zeit, um sich zu sammeln.


Und hier sehe ich nur da einen Kerl mit verwirrtem Blick in die Leere blinzeln. Bisher wirkt er auf mich eher nur sehr verwirrt und kann mir kaum vorstellen, dass dies wirklich beabsichtigt ist.

Auch das er plötzlich wieder Kopfschmerzen hat und sich dann an letzte Nacht erinnert verstärkt diesen Eindruck bei mir nur noch.

Und ein Frauenkopf der sein Gesicht ins Kissen drückt wirkt für mich nun vermutlich im Verbund mit dem Rest einfach nur noch einfreiwillig komisch.

Mûreth hat Folgendes geschrieben:
gelinde ausgedrückt gewaltigen und sehr ansehnlichen
Brüste


Und hier nun frage ich mich einfach nur noch. In wie weit bringen diese großen Brüste nun die Geschichte weiter? Und gelinde ausgedrückt, halt ich gelinde ausgedrückt in einer Beschreibung für eine Todsünde die auf jeden fall zu unterlassen ist.

Soweit wäre es dann für mich erstmal, weiter mache ich dann ein anderesmal.

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Grade du solltest doch wissen, dass ich nicht glaube was mir andere einreden, selbst wenn ich das verstehe, was sie mir sagen wollen!
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Ernst Clemens
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Alter: 77
Beiträge: 594
Wohnort: München


Beitrag30.05.2011 17:20

von Ernst Clemens
Antworten mit Zitat

poste sie einfach kapitelweise!

ernst
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Murmel
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Alter: 68
Beiträge: 6380
Wohnort: USA
DSFo-Sponsor


Beitrag30.05.2011 17:30

von Murmel
Antworten mit Zitat

Willkommen im DSFo.

Schwer, sich zurechtzufinden ... Zur Hilfe gibt es Regeln und Hinweise, die den Boards vorangestellt sind.

Guckst du hier: http://www.dsfo.de/fo/viewtopic.php?t=27668 vor allem Punkt 3.

Rezensionen bedürfen Zeit. Diese Boards sind zugegebenermaßen mehr für Kurzprosa geeignet als für Romane. In Häppchen gepostet, sind Romane besser verdaulich.

 Wink

Unsere Moderatoren sind sehr hilfreich, übrigens.

Grüße

murmel.


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Mûreth
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Beitrag30.05.2011 17:33

von Mûreth
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@ Ernst

Mach ich, geht aber erst wieder morgen.

@ Xumandar

Sowas hatte ich dann schon eher erwartet.

Das Werk heischt durchaus oft um Aufmerksamkeit. Und für meinen übermäßigen Gebrauch sinnloser Adjektive bin ich durchaus bekannt. Manche mögen das, andere nicht.

Um den Titel mit den Großbuchstaben mach ich mir jetzt weniger Gedanken, auch um das Vorwort nicht. Ehrlich gesagt hab ich mir noch nicht die Mühe gemacht, mehr als dieses kurze Gedicht zu schreiben. Das hier ist auch noch eine recht unkorrigierte Version des Textes.

Da wollte ich erstmal schauen, was andere Leute dazu meinen und dann sehen,  was ich verbessere.

Achja, stellenweise nimmt sich das Buch selbst nicht zu ernst. Klar, der Leser kann das vorher nicht wissen. Aber dieses übertriebene oder überschwengliche ist durchaus beabsichtigt.

Gruß,

M.
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Xumandar
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Beitrag30.05.2011 17:40

von Xumandar
Antworten mit Zitat

Mûreth hat Folgendes geschrieben:

Sowas hatte ich dann schon eher erwartet.


Nur bedenke. Nur für diesen kleinen Abschnitt deiner Geschichte war ich nun mehr als zehn Minuten dran. Die Muße und die Zeit dies jetzt in einem Rutsch für den gesamten Text zu haben habe ich sicherlich nicht.

Mûreth hat Folgendes geschrieben:

Achja, stellenweise nimmt sich das Buch selbst nicht zu ernst. Klar, der Leser kann das vorher nicht wissen. Aber dieses übertriebene oder überschwengliche ist durchaus beabsichtigt.


Das mag ja sein wie es ist. Nur liest es sich stellen weise einfach wirklich nicht angenehm und von Ironie war für mich jetzt nichts zuerkennen. Und eine wirklich Lust in mir nun weiter zu lesen konnte der Text bisher auch nicht wecken. Von daher würde ich vorschlagen es noch einmal zu überdenken es wirklich so zu schreiben.

Und Werke der um Aufmerksamkeit betteln wie man es ja auch sagen könnte, sind mir schon nicht wirklich symphatisch. Wenn eine Geschichte aufmerksamkeit sollte sie sie sich verdienen. Sie sollte mich fesseln, Interesse und Lust wecken weiter zu lesen. Das fehlt irgendwie.

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Mûreth
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Beitrag30.05.2011 18:03

von Mûreth
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@Xumandar

Ich erwarte ja auch nicht, dass man mich auf jeden klitzekleinen Fehler hinweist- wenn jemand sich die Zeit nimmt, und mir seine Meinung zu den ersten paar Absätzen sagt, ist das ja besser als nichts.

Also ich werd mir dann überlegen, wie ich es umschreiben kann. Die Fehler, die du gesehen hast, sind im ganzen Buch präsent. Es ist aber schwierig, weil ich teilweise komplett umdenken muss. Allerdings ist mir das dann doch lieber, als den Leuten einen Text zu präsentieren, zu dessen Lesen man sich zwingen muss.

Vielleicht bin ich aber einfach nicht geschult genug, sprich habe zuwenig Werke anderer Schriftsteller gelesen. Durch sowas erwirbt man ja auch Kenntnisse, wie man eine fesselnde Geschichte schreibt.

Gruß,

M.
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Nicki
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Beitrag30.05.2011 18:07

von Nicki
Antworten mit Zitat

Hallo,

darf ich mal fragen was und wieviel du so liest?
Was meinst du mit zu wenig?


Zitat:
sprich habe zuwenig Werke anderer Schriftsteller gelesen.


MfG
Nicki
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Xumandar
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Beitrag30.05.2011 18:09

von Xumandar
Antworten mit Zitat

Mûreth hat Folgendes geschrieben:

Vielleicht bin ich aber einfach nicht geschult genug, sprich habe zuwenig Werke anderer Schriftsteller gelesen.


Ja lesen kann helfen. Aber das einzige was wirklich hilft ist üben. Immer wieder üben. Viele Kurzgeschichten schreiben und auch sehr wichtig gegenüber sich selbst sein größer Kritiker sein.

Niemand schreibt direkt als Erstes einen ganzen Roman und der ist dann auch gleich gut. Geht gar nicht. Ein Ding der Unmöglichkeit. Von daher wäre mein Ratschlag erstmal wenn dir diese Geschichte am Herzen liegt und sie etwas länger werden soll, sie vielleicht erstmal beiseite legen und mit kleineren Geschichten üben.

Baue auch eine Welt um diese große Geschichte herum auf, schreibe für dich selbst, wie sieht diese Welt aus? Was passiert? Wie sind die Menschen? All sowas. Früher oder später wenn du eben auch hart an dir selbst arbeitest wird das Wissen kommen.

Aber eben nicht nur dadurch, dass du Bücher liest.

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Mûreth
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Beiträge: 11



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Beitrag30.05.2011 18:17

von Mûreth
pdf-Datei Antworten mit Zitat

@Nicki

Also ich lese querbeet. Überwiegend aber Mystery, Horror oder Sci-Fi.
Meine Lieblingsbücher sind "Blut der Erde" von Keith Laumer, "Das foucaultsche Pendel" von Umberto Eco, "Illuminatus" von Robert Anton Wilson und "Der Fall Charles Dexter Ward" von H.P. Lovecraft.

Gerade letzteren liebe ich. Und Illuminatus hat mich als Teenie sehr in meiner Art zu denken beeinflußt.

Bei mir war das schon immer so, dass ich durch häufiges Lesen auch die Qualität meiner Texte steigern konnte. Ich lese auch viel trockenes Zeug, beispielsweise "Das elegante Universum" von Brian Green. Da geht´s um die Stringtheorie. Letztens habe ich auch einige verbotene Romane gelesen, eine Trilogie, deren Stil und Wortart recht anstrengend und altbacken ist. Davon habe ich mich sehr beeinflußen lassen, wenn ich beide Werke mal miteinander vergleiche.

Gruß,

M.
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Xumandar
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Beitrag30.05.2011 18:19

von Xumandar
Antworten mit Zitat

Mûreth hat Folgendes geschrieben:
Letztens habe ich auch einige verbotene Romane gelesen, eine Trilogie


Was soll ich mir darunter vorstellen?

X


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Mr. Curiosity
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Der goldene Käfig


Beitrag30.05.2011 18:32

von Mr. Curiosity
Antworten mit Zitat

Hallo Mureth,

dem Stil nach zu urteilen bist du wohl noch recht jung und fängst gerade mit diesem Hobby an. Daher werde ich mich etwas zurückhaltend ausdrücken:  
Es ist wirklich schlecht.
Allerdings beurteile ich nur nach den ersten beiden Absätzen, denn du musst deinen Text schon in kleinere Häppchen unterteilen. So viel Text auf einem Haufen wird sich hier keiner zu Gemüte führen.
Ich gehe mal ein bisschen ins Detail.

Zitat:

Wenn das Jahrtausend beginnt, das nach dem Jahrtausend kommt


Was willst du damit sagen? Wenn ein Jahrtausend anfängt, endet nunmal ein früheres. Deshalb ist dieser Gliedsatz vollkommen überflüssig.

Zitat:
Wird es eine dunkle und geheime Ordnung geben

Warum? Wo ist der Zusammenhang?
Zitat:
Ihr Gesetz wird der Haß sein und ihre Waffe das Gift

"Hass" mit zwei "s". Und eine Ordnung ist mit einem Gesetz fast gleichzusetzen. Wie soll man sich den Hass als Gesetz vorstellen? Und wie kann eine Ordnung eine Waffe haben?

Zitat:
Sie wird immer mehr Gold wollen und ihre
Herrschaft ü ber die ganze Erde verbreiten

Eine Ordnung? Außerdem klingt das sehr kleinkindhaft ausgedrückt.

Zitat:
Und ihre Diener werden untereinander durch einen Kuß des Blutes verbunden sein.


Hä?

Zitat:
Das einzige Gesetz wird das sein, welches sie im Schatten diktiert


What?

Zitat:
Und die Welt wandert mit dem Skorpion unter ihren Sohlen.


Wie geht das?

Zitat:

Eine milde Frühlingssonne erhellte das Hotelzimmer und sandte durch zwei hohe, mit wuchtigen schwarzen Erkern ausgestattete
Fenster ihre milden, wärmenden Straßen
. Auf neben dem Bett plazierten, aus feinstem Mahagoniholz gefertigten Nachttischchen begann ein Handy zu schrillen.


Mit Wetterbeschreibungen anzufangen halte ich für unklug. Auch diese erzeugt keinerlei Spannung. Die Beschreibungen wirken wie auf Krampf eingebaut und sie wiederholen sich (rot markiert). Außerdem schreibst du "Straßen" anstatt "Strahlen" und im nächsten Satz fehlt ein Artikel. Auch dort sind die Beschreibungen leblos. Beschränk dich auf aussagekräftige Details. Bring die Beschreibungen nicht zu auffällig ein.  

Zitat:
Mit schlaftrunkener Benommenheit


Umständlich, fast tautologisch. "Schlaftrunken" reicht.

Was danach kommt soll wohl Spannung erzeugen, wirkt aber ob seiner fehlenden Subtilität unbeholfen. Hier hast du wirklich den Holzhammer rausgeholt. Weitere umständliche Formulierungen sind drin, auf die ich jetzt nicht im näheren eingehen werde. Es gibt viel zu tun.

Lass dich nicht abschrecken. Schau mal in die Schreibwerkstatt rein. Sie ist sehr nützlich  Wink

LG David


_________________


"Wenn du Schriftsteller sein willst, dann sag, dass du der Beste bist ...
Aber nicht, solange es mich gibt, kapiert?! Es sei denn, du willst das draußen austragen."

(Ernest Hemingway in "Midnight in Paris")
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Mûreth
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Beitrag30.05.2011 19:09

von Mûreth
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@Mr. Curiosity

Oh danke. Also anscheinend verfehle ich mit dem, was ich geschrieben habe, völlig das, was ich erreichen wollte. Es scheint so, als würde mein Geschreibsel gerade das Gegenteil bewirken. Nicht sehr ermutigend. Ich hatte doch gehofft, wenigstens als "Mittelgut" bewertet zu werden.Wie auch immer, ich werd mir deinen Tip mal zu Herzen nehmen und die Schreibwerkstatt zu Rate ziehen. Es ist halt nervig zu erkennen, dass man wahrscheinlich alles noch mal komplett neu schreiben muss...

@Xumandar

So wie ich es geschrieben habe. Die Trilogie steht auf dem Index, was ich niemals geglaubt hätte, dass dies heutzutage überhaupt noch möglich sei. Jedenfalls sind die Bücher im Netz sehr bekannt, viele mögen sie. Ich würde es aber gern unterlassen, mich weiter darüber zu unterhalten. Naja, ich hätte es garnicht erst erwähnen sollen.

Gruß,

M.
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Murmel
Geschlecht:weiblichSchlichter und Stänker

Alter: 68
Beiträge: 6380
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Beitrag30.05.2011 19:33

von Murmel
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Wow, dein erster Beitrag war 2006. Sorry, ich bin zufällig daraufgestossen.

Einem Lektor reichen zwei Paragraphen, um zu erkennen, wie gut deine Schreibe ist.

Fürs Üben und Besserwerden reichen kleine Stücke.


_________________
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Hardy-Kern
Kopfloser

Alter: 74
Beiträge: 4841
Wohnort: Deutschland


Beitrag30.05.2011 19:43

von Hardy-Kern
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Habe ich auch gerade mal nachgelesen, war Oktober 06.
Was kann man machen? Da es sich wahrscheinlich um eine längere Geschichte, oder sogar Roman handelt, würde ich es in die Abt. Dauerbrenner setzen.

Ist besser, glaub's, denn auch in der Werkstatt werden sich nur wenige mit diesem "Riemen" beschäftigen.
Bin zwar auch ein Freund längerer Geschichten, aber das erschlägt einen.Smile

Hardy
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