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Was ist ein gutes Gedicht?

 
 
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holgercp
Geschlecht:männlichWortedrechsler

Alter: 54
Beiträge: 54
Wohnort: Paderborn


Beitrag17.12.2007 17:03

von holgercp
Antworten mit Zitat

Brynhilda hat Folgendes geschrieben:

Denn das, was du hier aufstellst, ist weder eine Behauptung, noch ein Argument, sondern schlicht ein Axiom
 Wink


ich möchte hier nochmal das eigentliche Thema dieses Threads aufgreifen, nämlich "was ist ein gutes Gedicht"?
Ich habe ganz weit oben versucht zu erklären, warum bestimmte Texte auf mich wirken.
Der Grund war nicht, dass ich da klugscheißen wollte, sondern dass ich versuchen wollte ein Argument zu liefern, denn die kommen in diesem Thread leider ein wenig kurz.

Ich denke wenn man sich der Frage annähern möchte, kommt man nicht umhin, zu erklären wie irgendetwas wirkt. Bisher ist aber - soweit ich das sehen kann - ausschließlich davon gesprochen worden "dass etwas wirkt".

z.B. Ralphie hat Folgendes geschrieben:
Ein gutes Gedicht reimt sich, besitzt Rhythmus und wurde bis jetzt im DSFO nicht eingestellt.


Ich möchte das gar nicht mal unbedingt leugnen, aber die Behauptung allein bringt uns nicht weiter.
Man kann natürlich "Gedicht" so definieren, dass es sich reimen muss und Rhytmus hat, aber auch dann sind wir nicht bei einem Wert "gut" angelangt.

Worauf ich hinaus möchte ist folgendes:
Bei dieser oder ähnlicher Fragen müssen wir uns überlegen, warum das so ist?
Also, warum braucht ein Gedicht Reime und Rhytmus um gut zu sein?
Oder: was bewirkt Reim und Rhytmus in einem Gedicht?


_________________
Poetry is just the evidence of life. If your life is burning well, poetry is just the ash.
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scriptor
Geschlecht:männlichEselsohr
S


Beiträge: 255



S
Beitrag17.12.2007 17:57

von scriptor
Antworten mit Zitat

holgercp hat Folgendes geschrieben:

Also, warum braucht ein Gedicht Reime und Rhytmus um gut zu sein?
Oder: was bewirkt Reim und Rhytmus in einem Gedicht?


1. Ich bin nicht der Meinung, dass die Qualität eines Gedichtes vom Reim abhängt - dazu gibt es zu viele bemerkenswerte Gedichte ohne Reim, spätestens seit Ende des neunzehnten Jahrhunderts.

2. Rhythmus bedeutet für mich auch nicht, dass die klassischen Versmaße (Jambus, Trochäus, Anapäst oder Daktylos) vorhanden sein müssen; auch ein freier Rhythmus kann seine Wirkung entfalten - und ein wirklich guter freier Rhythmus ist schwerer zu gestalten als sich (oft mit Füllwörtern) im klassischen Versmaß einzurichten.

3. Für viel wichtiger als diese formalen Kriterien halte ich das Vorhandensein der Metapher; Gedichte sind Bilder, die mit Worten gemacht werden; vom gelungenen Wort-Bild lebt das Gedicht, ansonsten ist es nur in Zeilen zerhackte Prosa (was leider oft der Fall ist).

4. Und was die Wirkung angeht: Eine gelungene Handhabung der genannten formalen Mittel bewirkt immer eine Verdichtung der Sprache und von dieser Präzisierung lebt das Gedicht auch.
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Mana
Mensch

Alter: 39
Beiträge: 2227
Wohnort: Düsseldorf


Apollon
Beitrag17.12.2007 18:36

von Mana
Antworten mit Zitat

Wenn man sich viele Werke anschaut die aus einer zeit stammen in der Reime und Versmaß eigentlich kein Zwang mehr waren, sieht man wozu man diese veraltete form auch nutzen kann.
Heutzutage vermitteln Versmaße und reime etwas erzwungenes, sowas wie eine Tristesse, zum ersten mal hab ich des bei Hesses "Im Nebel" gesehen.
Wozu hat er diese Form verwendet? Ich glaube um die tiefe seines Gedichts zu untermalen. Während früher eine solche Form pflicht war, kann sie heute genutzt werden um ein bestimmtes Gefühl zu transportieren.
So sehe ich des als Laie.


_________________
Der Verstand schreibt mit Tinte, das Herz mit Leidenschaft...

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Mein Lieblingsepigramm:
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Und mich in gott und gott in mich zusammenfasse." von Johannes Scheffler
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firstoffertio
Geschlecht:weiblichShow-don't-Tellefant


Beiträge: 5854
Wohnort: Irland
Das bronzene Stundenglas Der goldene Spiegel - Lyrik (1)
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Beitrag01.09.2011 22:59

von firstoffertio
Antworten mit Zitat

Brynhilda hat Folgendes geschrieben:
Liebe Silvia!

Natürlich hast du mit deiner Interpretation genauso recht, wie ich. Hilde Domin hat mal gesagt, daß ein Gedicht erst durch die Rezeption des Lesers seine Vervollkommnung erlangt.
Damit hat sie meiner Ansicht nach recht.

Im übrigen zeigt sich ein gutes Gedicht auch daran, daß man darüber diskutieren kann und ins Gespräch kommt, daß es so wie Müllers Nebensonnen viele Möglichkeiten der Interpretation eröffnet.

Liebe Grüße,
Ilka


Jim Knopf hat mich auf diesen alten thread aufmerksam gemacht.

Also erst mal denke ich, es gibt ganz verschiedene Arten von Gedichten, manche sind mehr eindeutig als andere. Manche spielen mehr mit Sprache, andere weniger.

Aber ich hatte am Wochenende eine außergewöhnliche Erfahrung, die ich gerne teilen würde:

Vor einer Lesung von Paul Muldoon war eine einstündige Einführung in sein Werk. Unerwarted war Paul Muldoon schon da. Es wurden Kopien von seinem Gedicht Coyote ausgehändigt, und meine Güte, haben die Leute darüber interpretiert. Ich habe nicht alles verstanden, höre schlecht, aber ich hatte den Eindruck, dass da einiges nicht passend war. Muldoon sass brav dabei und hörte fast eine Stunde lang zu.

Gedicht hier: http://bcm.bc.edu/issues/fall_2003/ll_coyote.html

Dann bedankte er sich, alles sei hochinteressant gewesen, aber:

Man solle doch das ganze Gedicht lesen, und es fange mit dem Titel an. Tatsächlich haben die, die es vorlasen, den Titel unterschlagen. Der sei ein Wegweiser. Und das Ganze fand statt im alten renovierten Gericht, das nun Kunstzentrum ist, so fragte er, ob wir uns im Jury Room befinden (nein), aber nichtsdestotrotz wies er darauf hin, dass man auch beim Gedichtelesen nach der Evidenz im Text für die eigene Interpretation suchen müsse. Dann erklärte er, wie das Gedicht entstanden ist, einfach aufgrund einer tatsächlichen Erfahrung, wo ein Coyote unbemerkt von seinem halbblinden Hund an seinem Haus vorbeilief. Wie er aus der Situation ins Denken kam, und das Gedicht nicht mehr ist als ein Gedicht über den Coyote, seinen Hund, ihn und seine Partnerin zu dem bestimmten Zeitpunkt.
Er beschrieb auch wie er das Bild des Murmelspielens benutzt hat (all das Runde hat damit zu tun).

Das in seiner coolen, lockeren, etwas naiv wirkenden Art. Wenn er liest, läuft er dauern hin und her, stoppt manchmal, schaut dem Publikum ganz direkt in die Augen. Kann man schlecht beschreiben.) Und wenn er von den Murmeln sprach, machte er immer diese Bewegung mit den Fingern, wie man die Murmeln in Bewegung versetzt. Ich werde das nie vergessen.
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Gast







Beitrag05.03.2012 19:07

von Gast
Antworten mit Zitat

Nihil hat Folgendes geschrieben:
Buon giorno!
 Ein Gedicht muss, um hervorragend zu sein, aus der Masse aller Gedichte durch seine Qualität hervorstechen. Es darf nichts Alltägliches, nichts schon oft Durchgekautes zum Thema haben und darf nicht mit Worten, die jedem Dichter sofort einfallen, beschrieben worden sein.


zu dieser Sequenz:

Das halte ich für eine gewagte These.
Es ist nicht entscheidend, wie alltäglich, wie oft schon gesagt und beschrieben ein Sujet ist. Eher so: wie jemand das Alltägliche sichtet, dass schon so oft Durchgekaute aufbereitet, macht die Spannung aus. Es ist die Geschichte, die einer zu erzählen weiß, die fasziniert. Man muss die Liebe nicht neu erfinden, die Geschichten, die jede Generation für sich neu erlebt, nicht mit Worten fassen wollen, die niemand mehr versteht, nur, damit es originell klingt. Wenn man Heines "Ein Jüngling liebt ein Mädchen" heute nochmal schreiben will, ist das Thema nicht erledigt, nur weil Heine das achtzehnhundertundeinpaargequetschte schon mal aufgeschrieben hat. Das gleiche Geschehen wird von einer anderen Person im Heute völlig neu erlebt und in eigene Worte gefasst. Was ist daran falsch? Ich finde gerade das, was uns bis ins Innerste trifft und bewegt, egal, ob schon Shakespeare das Thema bearbeitet hat, entscheidend dafür, ob es berühren und anrühren kann. Wenn einer ein Gedicht über seinen speziellen Bezug zu Mülltonnen schreibt und einen seelischen Faden dazu spinnt, kann das ein wunderbares und lustiges und zum Nachdenken anregendes Werk werden, wenn es gut erzählt ist und das, was alltäglich und schon durchgekaut ist, nicht weggelassen wird. Denn darin erkennt man sich wieder, als Leser.
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