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Aristoteles


 
 
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Pedro
Geschlecht:männlichEselsohr
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Beiträge: 241
Wohnort: Freiburg


P
Beitrag13.03.2011 09:51
Aristoteles
von Pedro
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Aristoteles


Ich schaue ihn mir genauer an:
Sein Kopf über dem  unrasierten Gesicht ist kahl, nur hinten fallen einige fettige Strähnen grau gesprenkelten Haars bis fast auf den Kragen seines speckig glänzenden schwarzen Sakkos, das überhaupt nicht zu der hellen, fadenscheinigen Tweedhose passt. Seine Manschetten sind ausgefranst und am Rande so schwarz wie seine Fingernägel. Sein Alter kann ich nur schwer einschätzen, etwa 50 bis 60 Jahre vermute ich.
Da sitzt er auf dem Boden vor einem Kaufhaus am Eingang, neben ihm ein kleiner Hund, eine Promenadenmischung, schwarz – weiß, kurzer Schwanz, ein Ohr hängt, das andere steht.

Später Nachmittag, es fängt an zu regnen.
Vor ihm ein Einkaufswagen aus einem Supermarkt, beladen mit Tüten, Kleidungsstücken und einem Schlafsack. Alles abgedeckt mit einer durchsichtigen Plastikplane. Er hat ein Buch in der Hand, „Aristoteles“ kann ich auf dem Einband lesen.
Die Leute laufen vorbei, ab und zu wirft jemand eine Münze in die Blechdose, die vor ihm steht.
Ich bleibe längere Zeit vor ihm stehen, werfe dann ein Geldstück in die Blechbüchse und frage ihn, ob er mitkommen wolle. Ich sei gerade allein, hätte ein Haus, wir könnten da zusammen etwas essen.
Zunächst zögert er, scheint überrascht. Ob er den Hund  mitnehmen könne, fragt er. Wir gehen ins Parkhaus, wo mein Auto steht und laden alles ein. Der Hund legt sich auf dem Rücksitz.
Ich will gleich mit ihm ins Haus gehen, aber er meint, er müsse erst alles, was er habe, ausladen. Seine Sachen lasse er nie aus den Augen.
Wir bringen dann alles ins Wohnzimmer, den Wagen stellt er am Eingang ab, der Hund legt sich in eine Ecke.
Ob er sich frisch machen könne, fragt er. Ich zeige ihm das Bad. Mir fällt ein, dass irgendwo noch ein Karton mit Kleidung herumstehen müsste. Meine Frau wollte ihn beim Roten Kreuz abgeben, hatte aber dann wohl keine Zeit mehr gehabt.
Ich finde ihn in der Garage, stelle ihn vor das Bad und rufe: „Vor der Tür steht ein Karton mit alten Kleidungsstücken, vielleicht können Sie etwas davon gebrauchen“. Keine Antwort.
Wir sitzen dann zusammen am Küchentisch und essen, Kartoffeln und Gemüse, dazu habe ich Steaks gebraten. Eine Flasche mit spanischem Rotwein habe ich entkorkt. Er will keinen Wein, er trinke keinen Alkohol mehr, schon seit längerer Zeit. Leitungswasser möchte er, er sei daran gewöhnt.
Der Mann hat Hunger, greift kräftig zu, schaut mich öfter an und schüttelt  den Kopf. Völlig verändert sieht er aus, hat sich gewaschen und rasiert, meine abgelegten Kleidungsstücke passen ihm.

„Warum haben Sie mich mitgenommen?“, fragt er nach längerer Zeit.
 Ja, warum habe ich ihn zu mir nach Hause eingeladen? Meine Frau ist gerade mit einem Mann abgehauen, ich fühle mich alleine. Ich sage aber:
„Sie hatten ein Buch in der Hand, „ Aristoteles“, habe ich auf dem Einband gelesen.“
„Ja, das ist schon interessant, es geht da um einen Gottesbeweis. Haben Sie etwas von Aristoteles gelesen?“
Ich sehe ihn ziemlich verblüfft an.„Nur sehr wenig, ich habe wenig Ahnung von Philosophie.“

Wir haben uns noch nicht vorgestellt.
„Heiner Müller“, sage ich, „ich arbeite als Bauingenieur in einer größeren Firma.“
„Namen spielen für mich keine Rolle mehr. Nennen sie mich, wie Sie wollen, Franz, Uwe, Gerd oder -“
„Dann werde ich Sie Aristoteles nennen“, sage ich lachend.
Er nickt  etwas erstaunt.

„Sie wollen sicher etwas mehr von mir wissen, warum ich Penner bin, wie es dazu gekommen ist. Daraufhin werden Leute wie ich im Allgemeinen angequatscht, das wollen „anständige“ Leute immer wissen. Da werden dann die tollsten Märchen erzählt.“
„Mir brauchen Sie nichts zu erzählen, wenn Sie nicht wollen, schon gar keine Märchen.“
„Na ja, wenn man ein anständiges Essen vorgesetzt bekommt, wenn man sich wieder einmal waschen kann, anständige Kleidung erhält, dann ist man irgendwie verpflichtet. Im Leben gibt es nichts umsonst.“

Wir gehen zusammen ins Wohnzimmer, auch der Hund legt sich wieder in eine Ecke, nachdem er die Reste des Essens aufgefressen hat. Ich hole eine weitere Flasche Wein und einen Krug mit Leitungswasser für Aristoteles, stelle alles auf den Couchtisch.
Aristoteles sitzt mir in einem Sessel gegenüber.
„Obdachlose tragen an ihrem Schicksal selten die alleinige Verantwortung. Es ist oft ein Resultat tragischer Verkettungen: In schwierigen Familienverhältnissen aufgewachsen, psychische Erkrankungen wie Depressionen, Alkoholismus und Drogenkonsum. In Deutschland gibt es etwa 600 000 Wohnungslose.
Seit 15 Jahren bin ich schon unterwegs und immer noch nicht angekommen“, sagt er. „Das fing an, als meine Frau weglief. Ich will ihnen Einzelheiten ersparen, mich kurz fassen.“
Er macht eine Pause, setzte sich bequemer in den Sessel, trinkt einen Schluck Wasser und lehnt sich zurück. Dann spricht er weiter, ohne mich direkt anzusehen.
„Nach kurzer Zeit zitterten mir morgens schon die Hände, ich musste ein Glas Wein zu mir nehmen, später auch Schnaps, verlor dann auch meine Arbeit und meine Wohnung, war dann plötzlich auf der Straße."
Er hält sein Glas mit beiden Händen fest umklammert und dreht es hin und her.
„Mit viel Alkohol kam ich durch den ersten Winter, lernte Sachen zu organisieren, lernte, wo einem geholfen wurde, lernte auf der Straße zu überleben."
Jetzt schaut er mich direkt an.
„Sie können sich das sicher nicht vorstellen, man lebt da draußen ständig in Gefahr,
überfallen und beraubt zu werden, Jugendliche, die selbst in Gefahr sind, einmal obdachlos zu werden, haben ihr Feindbild: den Penner. Aber das interessiert Sie wahrscheinlich gar nicht."
„Doch, doch, erzählen Sie bitte weiter."
„Man kommt schnell völlig nach unten, hat kaum ein Chance da wieder wegzukommen. Man hört dann noch immer wieder, man sei ja selber schuld an allem, habe es letzthin nicht besser verdient. Schließlich glaubt man es selber."

Aristoteles steht auf, geht zum Fenster und schaut auf die Straße. Dann dreht er sich wieder um.
„Man wird abhängig von staatlichen und kirchlichen Hilfsangeboten, man gewöhnt sich daran, man sieht keine andere Perspektive, man hat auch keine andere. Und vielleicht will man nach einiger Zeit auch keine andere haben."
Den letzten Satz hat er ziemlich leise gesprochen.
„Ich brauche inzwischen nicht mehr, als ich da in dem Einkaufswagen habe. Ich brauche nichts mehr, auch keine soziale Anerkennung. Ich fühle mich freier als vorher. Ich will meine Ruhe haben. Ich glaube, das Leben ist wollen, möchten, sollen. Müssen ist etwas ganz anderes.“

Er steht auf und lässt den Hund raus, im Garten kann er frei herumlaufen.
„Ich bin ziemlich viel herumgekommen. Ich mache meine Runde, einige Leute kennen mich, da bekomme ich etwas zu essen, kann manchmal auch bei ihnen schlafen, mich und meine Wäsche waschen. Dafür arbeite ich dann ein bisschen, helfe den Leuten im Garten. Früher habe ich noch Arbeit gesucht, jetzt nicht mehr."
„Reicht denn das Geld, was sie von Leuten bekommen, für notwendiges Essen?"
„Meistens schon, aber es gibt hier Suppenküchen, da kann man auch etwas zu essen bekommen.“
„Und wo schlafen Sie?“
„Es gibt einen alten Friedhof, da wird schon lange keiner mehr beerdigt. Aber den will man jetzt zu einem Parkplatz umfunktionieren.“
„Und im Winter?“
„Ich habe einen warmen Schlafsack. Kleidung erhalte ich vom Roten Kreuz und von der Caritas.“
„Ich las, dass der Staat eine billige Wohnung bezahlt...“
„Ja, aber das ist eher theoretisch, für den genehmigten Preis bekomme ich hier keine Wohnung und ohne Wohnsitz auch keine Arbeit oder eine finanzielle Unterstützung.
In einem Heim könnte ich unterkommen, aber das will ich nicht. Viele Obdachlose vermeiden die Not- und Übernachtungsunterkünfte, wollen sich nicht von der Bürokratie gängeln oder von den eigenen Kumpanen bestehlen lassen. Das Problem der Obdachlosigkeit ist schwer zu lösen.
Henry VIII hat es gelöst!“
„Wie denn?“
„Er hat viele Tausende Obdachlose aufhängen lassen!“
Aristoteles hustete, hat sich beim Trinken verschluckt. Ich nehme einen kräftigen Schluck Wein zu mir.
„Ich bin meistens alleine. Auf der Straße gibt es keine Freundschaft, es geht ums Überleben.
Manchmal wird es gefährlich, ein Bekannter ist einmal mit Springerstiefeln zusammengetreten worden, musste ins Krankenhaus. Bisher bin ich klar gekommen.“
„Wie ist das, wenn Sie mal krank werden?“
„Neulich hatte ich starke Zahnschmerzen. Vom Sozialamt erhielt ich ein Schreiben für eine provisorische Behandlung in einem Krankenhaus. Als ich dahin kam, wurde mir gesagt, provisorische Behandlungen seien hier nicht üblich. Es sei ja wohl auch nicht so dringend.“
„Ja und dann?“
Aristoteles gießt sein Glas wieder voll, trinkt und stellt es auf den Tisch.
„In der Nacht bekam ich fürchterliche Schmerzen. Wenn ich gewusst hätte, welcher Zahn entzündet war, hätte ich ihn mir selber rausgerissen. Mit einem völlig geschwollenen Gesicht lief ich dann wieder ins Krankenhaus. Dann wurde ich behandelt!"
Aristoteles streicht sich mit der Hand über die Augen.
„Ich habe viel Zeit, über mich selbst nachzudenken, über die Frage, warum und wozu. Eine Antwort habe ich noch nicht gefunden, vielleicht gibt es sie nicht, ich weiß nur, dass es kein Anrecht auf Wohlstand und Glück gibt.“
Aristoteles hat immer langsamer gesprochen, vor sich hin geschaut.
 Ich biete ihm das Gästezimmer für die Nacht an, sage ihm, dass er morgen seine Wäsche in der Waschmaschine waschen solle. Er könne ruhig ein paar Tage bleiben.

Abends komme ich von meiner Arbeit nach Hause, habe noch schnell eingekauft, auch Hundefutter. Der Tisch ist gedeckt, Aristoteles hat gekocht, die Wohnung ist sauber. Ich staune immer mehr über ihn, spricht wie ein Akademiker und kann auch noch gut kochen.

Wir setzen uns wieder ins Wohnzimmer, ich muss noch etwas arbeiten. Er steht am Bücherregal und schaut sich philosophische Werke an, nimmt Heidegger heraus und liest.
Ob ich das schon gelesen hätte, fragt er mich nach einiger Zeit. Ich sage, ich hätte da einiges stehen, hätte versucht es zu lesen, aber Heidegger könne ich nicht verstehen, da fehle mir die Bildung.
Der schreibe schon kompliziert, meint er, wenn ich wolle, könne er mir etwas helfen, ihn zu verstehen.
Ich bin überrascht, helfen?
Ja, er habe sich längere Zeit mit Heidegger beschäftigt, sagt er, zögert ein wenig und fügt dann hinzu: „Über den habe ich mal etwas geschrieben, das ist allerdings schon lange her.“

Ich sage ihm, dass ich  für ihn eine Arbeitsstelle gefunden hätte, einfache Büroarbeiten in meiner Firma. Wenn er wolle, könne er morgen einmal mitkommen und sich die Arbeit anschauen.

Aristoteles ist mitgegangen, 14 Tage ist er bei mir geblieben, hat im Haus und Büro gearbeitet, hat versucht, mich in die Grundlagen der Philosophie einzuführen. Über den Gottesbeweis von Aristoteles haben wir auch gesprochen.
Wir haben über alles Mögliche diskutiert, über das Leben, das Sterben, den Tod.
Er   sagte einmal:
„Der einzige Trost ist, dass das Leben, egal was geschieht, einfach weiter geht. Wenn wir sterben, verändert der Lebensstrom vielleicht für einen Moment seinen Lauf, doch er lässt die Lücke, die wir hinterlassen, ziemlich rasch wieder zufließen.“

Ich habe mich an ihn und seinen Hund gewöhnt, obwohl der den Garten ziemlich veränderte. Die Gardinen im Haus ließ er hängen.
Als ich eines Samstags aufstehe, ich habe länger geschlafen, sind er, sein kleiner Hund und sein Einkaufswagen nicht mehr da.

Ein Zettel liegt auf der Anrichte:
Vielen Dank für alles.
Aristoteles

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BlueNote
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Beitrag13.03.2011 12:34

von BlueNote
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Hi Pedro,

das ist eine unglaublich ... schöne Geschichte. Es gibt fast nichts zu meckern, wirlich hervorragend geschrieben. Auch das Happy-End geht zu Herzen - und das ist auch die einzig richige Wendung, die die Geschichte nehmen kann - zeigt sie uns doch, wie einfach es sein kann, den gestrauchelten Akademiker wieder halbwegs auf die richtige Spur zu setzen.

Zwei kleine Anmerkungen: Wie soll ein Obdachloser eigentlich Post zugestellt ekommen? Dann: Die Sache mit Henry VIII hängt ein wenig in der Luft. Mit den aufgeknüpften Obdachlosen dachte ich zunächst, die Geschichte nähme eine seltsame Wendung.

Ansonsten: Alles top! Auch der Sachverstand, der hinter der Geschichte steckt, ist mir angenehm aufgefallen.

BN
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Bananenfischin
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Beitrag13.03.2011 12:39

von Bananenfischin
Antworten mit Zitat

Hallo Pedro!

Nanu, habe ich nach 10 Zeilen gedacht, dieser Text kommt mir doch irgendwie bekannt vor ... Nachgesehen, und siehe da: Vor fast genau einem Jahr "Diogenes". Aber beim Vergleichen sehe ich, es ist eine Menge anders, auch das Ende, und ich muss sagen, dieses hier gefällt mir besser.
Der Mittelteil mit dem Gespräch über Ursachen und Auswirkungen von Obdachlosigkeit ist mir zu lang geraten, und teils wirkt es auch so, als wolle der Autor einfach ein bisschen über das Thema dozieren, besonders hier:

Zitat:
Obdachlose tragen an ihrem Schicksal selten die alleinige Verantwortung. Es ist oft ein Resultat tragischer Verkettungen: In schwierigen Familienverhältnissen aufgewachsen, psychische Erkrankungen wie Depressionen, Alkoholismus und Drogenkonsum. In Deutschland gibt es etwa 600 000 Wohnungslose.


Unklar ist in dieser Version die Motivation des Mannes, den Obdachlosen zu sich einzuladen. Da solltest du wenigstens noch ein paar Sätze zu einflechten. Und sei es, dass du nur schreibst, er wisse selbst nicht genau, warum er das täte oder dass es aus einem Impuls heraus geschähe.

Dass Aristoteles auch noch anfängt, im Büro zu arbeiten, das war mir ein bisschen zu viel des Guten. Ich finde, Gespräche über Philosophie, Nützlichmachen im Haus und dann das Verschwinden reicht völlig.

Ich denke auch, diese Sätze können weg:
Zitat:
Ich habe mich an ihn und seinen Hund gewöhnt, obwohl der den Garten ziemlich veränderte. Die Gardinen im Haus ließ er hängen.


Liebe Grüße
Bananenfischin

Kleines Edit: Ich habe das Ende anders gedeutet als BN. Für mich hat sich Aristoteles wohl entschieden, sein altes Leben weiterzuführen. Zumindest gehe ich nicht davon aus, dass er weiter im Büro arbeiten wird.


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BlueNote
Geschlecht:männlichStimme der Vernunft


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Wohnort: NBY



Beitrag13.03.2011 12:59

von BlueNote
Antworten mit Zitat

Sein altes Leben ...???
Dann ... würde mir das alles nicht mehr so gefallen. Das fände ich seltsam. Was hätte dann die Geschichte für einen Sinn?

Aber diese Auslegung kann natürlich genauso richtig sein.
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Gast3
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Beitrag13.03.2011 13:20

von Gast3
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Hallo Pedro,

da ich deine Schreibweise und deine Geschichten sehr mag, freut es mich,  wieder einmal etwas von dir zu lesen.
Bis auf den von Banenenfischin bereits angemerkten "dozierenden" Teil habe ich jetzt nichts zu bemeckern.

Ich verstehe den Schluss auch so, dass Aristoteles zurück auf die Straße geht, weil er sich inzwischen mit seinem Leben auf diese Art arrangiert hat.  
Zitat:
„Ich brauche inzwischen nicht mehr, als ich da in dem Einkaufswagen habe. Ich brauche nichts mehr, auch keine soziale Anerkennung. Ich fühle mich freier als vorher. Ich will meine Ruhe haben. Ich glaube, das Leben ist wollen, möchten, sollen. Müssen ist etwas ganz anderes.“


Sehr gerne gelesen.

Lieben Gruß
schneestern


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Hardy-Kern
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Beitrag13.03.2011 13:37

von Hardy-Kern
Antworten mit Zitat

Meinetwegen könntest du dieses Thema auch noch etwas ausbauen.
Wir sollten mal nicht vergessen, dass es Menschen gibt (auch in diesem Forum) die über solche Verhältnisse der Obdachlosigkeit nicht so gut informiert sind.
Eine gelungene Mischung von Geschichte und Bericht, wobei sich bei mir die Einladung des Aristoteles nicht richtig erschließt.
Nimmt er nun den Mann mit nachhause, weil er Mitleid mit ihm hat, oder weil er neugierig ist etwas über einen Mann zu erfahren der Aristoteles liest.
Wahrscheinlich aus beiden Gründen, denn, dass ihm seine Alte weggelaufen ist, kann wohl keine ausreichende Begründung sein.

Gute Geschichte, mit passendem Schluss exakt geschrieben.

Hardy
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Bananenfischin
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Beitrag13.03.2011 14:00

von Bananenfischin
Antworten mit Zitat

@Hardy:

Zitat:
Meinetwegen könntest du dieses Thema auch noch etwas ausbauen.
Wir sollten mal nicht vergessen, dass es Menschen gibt (auch in diesem Forum) die über solche Verhältnisse der Obdachlosigkeit nicht so gut informiert sind.


Aber das ist doch nicht Aufgabe eines literarischen Textes. Jedenfalls nicht mit dem Holzhammer.


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Pedro
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Beitrag13.03.2011 17:08

von Pedro
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Hallo BlueNote,

Zitat:
das ist eine unglaublich ... schöne Geschichte.

Danke frür die Blumen.

Zitat:
Es gibt fast nichts zu meckern, wirlich hervorragend geschrieben. Auch das Happy-End geht zu Herzen - und das ist auch die einzig richige Wendung, die die Geschichte nehmen kann - zeigt sie uns doch, wie einfach es sein kann, den gestrauchelten Akademiker wieder halbwegs auf die richtige Spur zu setzen.

Ein Happy-End? So kann man es auch deuten-

Zitat:
Zwei kleine Anmerkungen: Wie soll ein Obdachloser eigentlich Post zugestellt ekommen?

Er bekommt von niemandem Post!

Zitat:
Auch der Sachverstand, der hinter der Geschichte steckt, ist mir angenehm aufgefallen
.
Ich bin mal in Berlin eine kurze Zeit mit einerm "Penner" mitgezogen, was er mir erzählt hat, habe ich hier verarbeitet.

Grüße aus Chile

Pedro
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Pedro
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Beitrag13.03.2011 17:23

von Pedro
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Hallo Bananenfischin,

ja es ist eine Version, in der auch "Diogenes" verarbeitet ist.
Mir gefällt diese Version auch besser.
 
Zitat:
Der Mittelteil mit dem Gespräch über Ursachen und Auswirkungen von Obdachlosigkeit ist mir zu lang geraten, und teils wirkt es auch so, als wolle der Autor einfach ein bisschen über das Thema dozieren-

Dozieren wollte ich auf keinen Fall, aber mir waren gewisse Zusammenhänge nicht ganz klar, der "Penner" hat mich aufgeklärt.

Zitat:
Unklar ist in dieser Version die Motivation des Mannes, den Obdachlosen zu sich einzuladen. Da solltest du wenigstens noch ein paar Sätze zu einflechten.

Darüber werde ich nachdenken.

Zitat:
Dass Aristoteles auch noch anfängt, im Büro zu arbeiten, das war mir ein bisschen zu viel des Guten.

Die Geschichte hat sich tatsächlich so abgespielt, wie ich geschrieben habe.

Zitat:
Ich denke auch, diese Sätze können weg:
Zitat:
Ich habe mich an ihn und seinen Hund gewöhnt, obwohl der den Garten ziemlich veränderte. Die Gardinen im Haus ließ er hängen.

Da bin ich anderer Ansicht.

Grüße aus Chile

Pedro
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Pedro
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Beitrag13.03.2011 17:26

von Pedro
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Hallo schneestern,

Zitat:
da ich deine Schreibweise und deine Geschichten sehr mag, freut es mich,  wieder einmal etwas von dir zu lesen.

Das freut mich sehr, dass ich endlich einen Fan gefunden habe.

Grüße aus Chile

Pedro
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Pedro
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Beiträge: 241
Wohnort: Freiburg


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Beitrag13.03.2011 17:31

von Pedro
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Hallo Hardy-Kern,

Zitat:
Wir sollten mal nicht vergessen, dass es Menschen gibt (auch in diesem Forum) die über solche Verhältnisse der Obdachlosigkeit nicht so gut informiert sind.

Das denke ich auch, Literatur hat auch die Aufgabe, Leute zu wecken!!!

Zitat:
Nimmt er nun den Mann mit nachhause, weil er Mitleid mit ihm hat, oder weil er neugierig ist etwas über einen Mann zu erfahren der Aristoteles liest.
Wahrscheinlich aus beiden Gründen, denn, dass ihm seine Alte weggelaufen ist, kann wohl keine ausreichende Begründung sein.

Ja, aus beiden Gründen.

Grüße aus Chile

Pedro
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Jester's Tear
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Beiträge: 25
Wohnort: Bonn


J
Beitrag13.03.2011 23:22

von Jester's Tear
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Hallo Pedro,

ich bin neu hier im Forum und habe zum Start direkt die richtige Geschichte rausgepickt.
Bei dem Titel hatte ich schon Angst, dass hier ein schwerer Text auf mich zukommt, aber das Gegenteil ist der Fall. Er liest sich flüßig und zieht mich auf seine Weise in den Bann.
Ich hab' auch keine Lust, diesen Text unnötig auf den Kopf zu stellen, da er für mich gut ist, wie er da steht.

Das Thema ist sehr interessant. Wie oft stellt man sich die Frage, wie kann ein Mensch so tief sinken? Und man ist neugierig auf diese Geschichten. Das du dieser Neugier nachgegangen bist, finde ich toll.

Ich hatte in der letzten Zeit leider einen etwas negativen Blick auf diesen Bereich der Gesellschaft und danke dir für diesen Blickwinkel.

LG
Heiko
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Mardii
Stiefmütterle

Alter: 64
Beiträge: 1774



Beitrag14.03.2011 01:02

von Mardii
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Hallo Pedro,

sehr gut geschrieben deine Geschichte. Kurze, knappe Sprache bei den Beschreibungen und die Informationen, um die es geht, in Dialog eingepackt. Den Schluss sehe ich eher auch so, dass Aristoteles sein Leben auf der Straße wieder aufnimmt, weil es ihm in den Wänden einer Behausung zu eng wird.

Grüße von Mardii


_________________
`bin ein herzen´s gutes stück blech was halt gerne ein edelmetall wäre´
Ridickully
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The Brain
Geschlecht:weiblichReißwolf

Alter: 65
Beiträge: 1966
Wohnort: Over the rainbow


Beitrag14.03.2011 01:47

von The Brain
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Hallo Pedro,

wie schön, mal wieder etwas von dir zu lesen!

Zitat:
„Der einzige Trost ist, dass das Leben, egal was geschieht, einfach weiter geht. Wenn wir sterben, verändert der Lebensstrom vielleicht für einen Moment seinen Lauf, doch er lässt die Lücke, die wir hinterlassen, ziemlich rasch wieder zufließen.“


Den Satz mag ich!

Eine leise unaufdringliche Geschichte. Gerade durch die "ausgesparten" Emotionen entfaltet sie ihre Wirkung.

Das einzige, was mich stören könnte, wäre die offensichtliche Bildung deines Aristotoles. Das ist mir etwas zu sehr Klischee - warum müssen Obdachlose in Geschichten immer über einen exponierten Bildungsgrad verfügen ... Da du aber auch dies nur angedeutet hast, will ich mal nicht zu sehr darauf pochen.

Liebe Grüße nach Chile

Brain


_________________
Dinge wahrzunehmen,
der Keim der Intelligenz

(Laotse)

***********

Die Kindheit endet nicht mit dem Erwachsenwerden.
Sie begleitet dich durch all deine Lebenstage.

***********

Alle Bücher dieser Welt
Bringen dir kein Glück,
Doch sie weisen dich geheim
In dich selbst zurück.

(Hermann Hesse)
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sander
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Beiträge: 9



Beitrag14.03.2011 13:41
schöne geschichte
von sander
Antworten mit Zitat

lieber pedro,
vieles ist schon geschrieben worden über deine schöne kurzgeschichte. sie gefällt mir, weil sie so ruhig und unaufgeregt dahinfließt und den leser mitnimmt in eine welt, die ihm vielleicht fremd ist. man spürt eine wahrhaftigkeit und einen großen ernst, trotzdem bleibt dein erzählton leicht. bei der schilderung der obdachlosenschicksale droht dieses leichte abhanden zu kommen, aber es kehrt dann wieder.
am schluss würde ich die zeit nicht verändern, und wenn doch, dann nicht das perfekt nehmen, das klingt dort fremd:
"aristoteles ist mitgegangen ..."

grüße aus dem rheinland
sander
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Pedro
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Beitrag14.03.2011 15:31

von Pedro
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Hallo Jester's Tear,

Zitat:
Das Thema ist sehr interessant. Wie oft stellt man sich die Frage, wie kann ein Mensch so tief sinken? Und man ist neugierig auf diese Geschichten. Das du dieser Neugier nachgegangen bist, finde ich toll.
Ich hatte in der letzten Zeit leider einen etwas negativen Blick auf diesen Bereich der Gesellschaft und danke dir für diesen Blickwinkel.


Meine Schreibabsicht ist voll bei dir angekommen, was mich sehr freut.

Grüße aus Chile
Pedro
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Pedro
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Beiträge: 241
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Beitrag14.03.2011 15:34

von Pedro
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Hallo Mardii,

deine Analyse ist aus meiner Sicht sehr zutreffend. Um eine kurze, knappe Spracher bemühe ich mich sehr.

Grüße aus Chile

Pedro
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Pedro
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Beiträge: 241
Wohnort: Freiburg


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Beitrag14.03.2011 15:46

von Pedro
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Hallo The Brain,

Zitat:
wie schön, mal wieder etwas von dir zu lesen!

Ja, ich komme zur Zeit wenig zum Schreiben, mir fällt auch nichts Besonderes ein, ich werde mir meiner Mittelmäßigkeit immer mehr bewusst.
Ich arbeite viel auf meinem Grundstück (1000 Quadratmeter), pflanze, beschneide Obstbäume etc. Den Erfolg kann ich sofort sehen.

Zitat:
Eine leise unaufdringliche Geschichte. Gerade durch die "ausgesparten" Emotionen entfaltet sie ihre Wirkung.

- so zu schreiben, war meine Absicht, ein "blindes Huhn findet auch manchmal ein Korn" hätte meine Oma gesagt.

Zitat:
Das einzige, was mich stören könnte, wäre die offensichtliche Bildung deines Aristotoles. Das ist mir etwas zu sehr Klischee - warum müssen Obdachlose in Geschichten immer über einen exponierten Bildungsgrad verfügen ...

Klischee? Da bin ich mir nicht so sicher.

Grüße aus Chile

Pedro
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Hardy-Kern
Kopfloser

Alter: 74
Beiträge: 4832
Wohnort: Deutschland


Beitrag14.03.2011 15:47

von Hardy-Kern
Antworten mit Zitat

Pedro hat Folgendes geschrieben:

Das denke ich auch, Literatur hat auch die Aufgabe, Leute zu wecken!!!
Pedro

Das ist eine gelungene Antwort.  Cool

Hardy
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Pedro
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Beiträge: 241
Wohnort: Freiburg


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Beitrag14.03.2011 16:11
Re: schöne geschichte
von Pedro
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo sander,

Fein, dass mein Schreibversuch bei dir angekommen ist.

Zitat:
man spürt eine wahrhaftigkeit und einen großen ernst,

Darum habe ich mich bemüht.

Zitat:
am schluss würde ich die zeit nicht verändern, und wenn doch, dann nicht das perfekt nehmen, das klingt dort fremd:

- Ich werde darüber nachdenken.

Grüße aus Chile

Pedro
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