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Parcival Erklärbär
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Beiträge: 4
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P 28.02.2011 21:30 Der Physiker von Parcival
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Hier mein erstes Werk in diesem Forum.
Anhand dieser KG wollte ich eigentlich meine Fähigkeit, emotionale Dialoge zu verfassen, auf die Probe stellen.
Zudem interessiert mich die Frage, ob es mir mit dieser KG gelingt, den/die Leser/in (ansatzweise) nachdenklich zu stimmen.
Für Kommentare bedanke ich mich bereits jetzt schon recht herzlich.
Der Physiker
Der Inhalt der Physik geht die Physiker an, die Auswirkung alle Menschen.
Friedrich Dürrenmatt
Alan saß in seinem Arbeitszimmer, umringt von Skizzen und Fachliteratur.
Der Widerhall seiner Tastenanschläge wirkte wie ein hektisches hämmern in der abendlichen Stille.
Es war 22 Uhr und die Kleine schlief bereits.
Alan war müde und dennoch wollte er dem inneren Drang nach Ruhe nicht nachgeben – noch nicht jedenfalls.
Hin und wieder ein kurzer Blick auf das ausgebreitete Material auf dem Schreibtisch; ansonsten volle Konzentration auf den Laptop. Er musste die wenige Zeit nutzen, die ihm für die Arbeit an seinem Projekt blieb.
Er hatte ausgerechnet, dass man durch die Nutzung seiner Anlagen anstelle vergleichbarer Fertigungen, nahezu zehn Prozent der Ausgaben einsparen könnte. Höhere Effektivität bei geringerer Laufzeit und unwesentlich höherem Schadstoffausstoß. Ein Riesengeschäft.
Die Müdigkeit schien ihn zu übermannen und deshalb reckte er sich kurz, hob die Brille mit der linken Hand an, um sich mit der rechten über seine Augen zu fahren.
Als er seine Augen wieder öffnete, erkannte er seine Tochter, die unbemerkt ihr Zimmer verlassen haben musste und nun in der Türe stand.
Marie hielt ihren Teddy in den Armen, der nun einem unförmigen, braunen Stoffball ähnelte.
»Ich kann nicht schlafen«, platzte es aus ihr heraus, ehe Alan überhaupt nachgefragt hatte.
»Warum denn nicht, mein Liebling?«
»Da war wieder überall Rauch«.
»Aber ich habe dir doch gezeigt, dass da kein Rauch sein kann, meine Prinzessin«.
Maries Teddy offenbarte nun einige Stellen, an denen weiße Büschel hervorquollen.
»Er war aber trotzdem da, Papi«. »Ich kann nichts dafür«, fügte sie hinzu.
Alan atmete tief aus, nahm erneut die Brille ab und fuhr sich mit der Hand über die Augen.
Er wusste, dass er heute Abend nicht würde weiterarbeiten können.
Behutsam schlüpfte er in seine Pantoffeln und ging mit ausgestrecktem Arm auf seine Tochter zu.
»Komm, wir schauen nach, ob dort wirklich Rauch ist«, sagte er mit gefasster Stimme.
Nach kurzem zögern, ergriff Marie die Hand ihres Vaters und schlurfte mit ihm Richtung Kinderzimmer.
Dort angekommen, umklammerte sie mit beiden Armen das Bein ihres Vaters.
Ihre Blicke trafen sich, als Alan verdutzt hinabsah.
Maries Stirn glitzerte und wirkte wie eine schwache Lichtquelle in der ansonsten beinahe allumfassenden Dunkelheit des Hausflures.
Seufzend packte Alan die Türklinke des Kinderzimmers, drückte sie langsam hinab und ging einen Schritt hinein, um das Licht anzuschalten.
»Siehst Du, kein Rauch da, vor dem man Angst haben müsste«, sagte Alan. Er schaltete das Licht wieder aus.
»Ich weiß«.
»Du weißt es?«
»Ja, wenn Du da bist, ist der Rauch nie da«, klärte Marie ihren Vater auf.
»Du kannst ja machen, dass der Rauch verschwindet. Du kannst ihn an und aus machen«.
»Aber Papi macht doch den Rauch nicht, vor dem Du dich so fürchtest, Prinzessin«, antwortete Alan perplex.
»Doch«, widersprach ihm Marie und nun wurde der Flur von zwei weiteren Lichtquellen erleuchtet. »Du kannst ihn an und aus machen«.
Ihr ganzes Gesicht schien nun zu glänzen.
»Das stimmt doch nicht, meine Kleine«, entgegnete Alan sanft. Ein verzweifelter Versuch die Lichtquelle zu dimmen.
»Das ganze Papier auf deinem Tisch, das bringt auch nur neuen Rauch, stimmt’s?«.
»Nur ein ganz klein wenig mehr«, antwortete Alan langsam ob dieser merkwürdigen Aussage seiner Tochter – doch langsam schien eine Erkenntnis in ihm zu reifen.
»Du musst sehen, dass Papis Anlagen kaum mehr Rauch machen als andere Anlagen, dafür allerdings Papi und ganz vielen anderen Menschen auf der Welt mehr Geld bringen«, versuchte er seiner fünfjährigen Tochter die Vorteile seiner komplexen Arbeit zu veranschaulichen.
»Das ist auch gut für Dich«, fügte er, seine makellosen Zähne zeigend, hinzu.
»Das ist mir egal«, platzte es unvermittelt aus Marie heraus. »Den ganzen Teddies und den anderen Tieren auf der Erde gefällt der viele Rauch auch nicht!«
»Papi würde den Teddies und anderen Tieren doch nie etwas böses tun, mein Schatz – das weißt du doch«, entgegnete Alan peinlich berührt.
Wohl wissend, dass sich Marie dadurch nicht beruhigen lassen würde, fügte er hinzu »Lass uns morgen noch einmal darüber sprechen - dann erklärt dir Papi, dass der Rauch nichts böses anrichtet. Einverstanden?«
»In Ordnung«, murmelte Marie.
»Aber schau, was der Rauch mit Clarence gemacht hat«, fügte sie nach einem Blick auf ihr Kuscheltier hinzu.
»Clarence?«
»Mein Teddy«, klärte ihn Marie auf, die linke Hand in die Hüfte stemmend und so ihrer Mutter in nichts nachstehend.
Clarence hatte Maries Ängsten Tribut zollen müssen.
»Natürlich, Clarence...«, murmelte Alan – doch sein Blick schien bereits wieder an seinem Schreibtisch zu haften.
»Du gehst jetzt am besten ins Bett...du musst morgen früh in den Kindergarten«, sagte Alan, als er Marie mit sanftem Nachdruck zu ihrem Bettchen führte und ihr einen Kuss auf die Stirn drückte.
»Papi hat dich lieb, Prinzessin«.
Die Lichtquellen waren inzwischen erloschen.
An seinem Schreibtisch angelangt, hatten Zahlen und Formeln Alans Kopf längst zurückerobert.
Marie würde schon nichts passieren.
Und Clarence war ersetzbar.
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G.T. Klammeraffe
G Alter: 38 Beiträge: 680
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G 28.02.2011 22:19
von G.T.
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Die Geschichte gefällt mir. Hat meines Erachtens nur einen großen Knackpunkt: Das Alter der Tochter.
Eine Fünfjährige, die Papis Konzepte in Frage stellt?
Da stellt sich mir vor allem die Frage: Woher weiß sie von "mehr Rauch"? Von selbst kann sie nicht drauf kommen. Sie versteht kein Wort von dem, was Papi vielleicht manchmal vor sich hin murmelt. Höherer Schadstoffausstoß - da kannst du einem kleinen Mädchen auch "Hallebubbugugguvoll" sagen.
Lesen, was Papi sich da zusammenreimt - das kann sie auch nicht. Es muss ihr jemand gesagt haben. Wer? Erzählt Mutti ihr, dass Papi Projekte plant, bei denen mehr Rauch zustande kommt? Nee.
Also, das Mädchen muss um einiges Älter sein. Mindestens 10 Jahre, würde ich sagen.
Außerdem fände ich die Geschichte eindrucksvoller, wenn der Prota einen Tick sympathischer wäre. Etwas wie "makellose Zähne" macht ihn irgendwie zu perfekt.
Seine Begründung der Tochter Gegenüber ist auch arg daneben.
Man erklärt doch keiner Fünfjährigen Vorteile einer Arbeit mit dem Argument "Geld"!
Stilistisch hat mir die Geschichte aber gefallen, ich freu mich auf mehr von dir!
Hier noch eine kleine Grammatikkorrektur:
Zitat: | Alan saß in seinem Arbeitszimmer, umringt von Skizzen und Fachliteratur.
Der Widerhall seiner Tastenanschläge wirkte wie ein hektisches Hämmern in der abendlichen Stille.
Es war 22 Uhr und die Kleine schlief bereits.
Alan war müde und dennoch wollte er dem inneren Drang nach Ruhe nicht nachgeben – noch nicht jedenfalls.
Hin und wieder ein kurzer Blick auf das ausgebreitete Material auf dem Schreibtisch; ansonsten volle Konzentration auf den Laptop. Er musste die wenige Zeit nutzen, die ihm für die Arbeit an seinem Projekt blieb.
Er hatte ausgerechnet, dass man durch die Nutzung seiner Anlagen anstelle vergleichbarer Fertigungen, nahezu zehn Prozent der Ausgaben einsparen könnte. Höhere Effektivität bei geringerer Laufzeit und unwesentlich höherem Schadstoffausstoß. Ein Riesengeschäft.
Die Müdigkeit schien ihn zu übermannen und deshalb reckte er sich kurz, hob die Brille mit der linken Hand an, um sich mit der rechten über seine Augen zu fahren. (das finde ich etwas zuviel. Es würde völlig reichen: Er nahm die Brille ab und fuhr sich mit der Hand über die Augen)
Als er seine Augen wieder öffnete, erkannte er seine Tochter, die unbemerkt ihr Zimmer verlassen haben musste und nun in der Türe stand.
Marie hielt ihren Teddy in den Armen, der nun (Wortwiederholung) einem unförmigen, braunen Stoffball ähnelte.
»Ich kann nicht schlafen«, platzte es aus ihr heraus, ehe Alan überhaupt nachgefragt hatte.
»Warum denn nicht, mein Liebling?«
»Da war wieder überall Rauch«.
»Aber ich habe dir doch gezeigt, dass da kein Rauch sein kann, meine Prinzessin«.
Maries Teddy offenbarte nun (wie wäre es mit: jetzt) einige Stellen, an denen weiße Büschel hervorquollen.
»Er war aber trotzdem da, Papi«. »Ich kann nichts dafür«, fügte sie hinzu.
Alan atmete tief aus, nahm erneut die Brille ab und fuhr sich mit der Hand über die Augen.
Er wusste, dass er heute Abend nicht würde weiterarbeiten können.
Behutsam schlüpfte er in seine Pantoffeln und ging mit ausgestrecktem Arm auf seine Tochter zu.
»Komm, wir schauen nach, ob dort wirklich Rauch ist«, sagte er mit gefasster Stimme.
Nach kurzem Zögern, (hier kein Komma!) ergriff Marie die Hand ihres Vaters und schlurfte mit ihm Richtung Kinderzimmer.
[...] |
Ade! G.T.
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Parcival Erklärbär
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Beiträge: 4
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P 28.02.2011 22:50
von Parcival
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Zunächst: Danke für deine rasche und hilfreiche Antwort!
Alan muss seiner Tochter nicht unbedingt von "höherem Schadstoffausstoß" oder CO2-Emission erählen.
Ich denke, dass sich ein Kind, das den Vater so hart arbeiten sieht, seine eigenen Gedanken macht und es selbstverständlich ist, dass es Fragen dazu stellt, die der Vater dann dem Alter der Tochter entsprechend, beantworten muss. In diesem Falle, denke ich, wäre es möglich, dass der Vater sagt: "Diese großen Schornsteine dort drüben - die baut der Papa auch. Nur etwas besser"...ich denke soetwas kann auch eine fünfjährige bereits einordnen.
Das Alter hatte jedoch den Vorteil, dass Maries Meinung zu ihres Vaters Arbeit noch unverfälscht von Erkenntnissen Außenstehender war.
Ich hoffe, du versteht, was ich damit zum Ausdruck bringen möchte.
Ich stimme dir aber zu, die Wahl des Alters war vielleicht um ein paar Jahre zu niedrig angesetzt.
Zitat: |
Seine Begründung der Tochter Gegenüber ist auch arg daneben.
Man erklärt doch keiner Fünfjährigen Vorteile einer Arbeit mit dem Argument "Geld"! |
Aber welche Vorteile hat seine Arbeit denn sonst? Gut, es werden "Produkte" hergestellt. Aber das kann jede bereits existierende Anlage auch. Alans Anlage ist ein "neuartiger" Typ von Anlage, der höhere Wirtschaftlichkeit bringen soll.
Es läuft alles auf "Geld" hinaus, oder nicht?
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G.T. Klammeraffe
G Alter: 38 Beiträge: 680
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G 01.03.2011 12:58
von G.T.
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Zum Alter der Tochter: Er mag ihr schon von seiner Arbeit erzählen, aber ich bezweifle, dass sie daraus eigenständig so kritische Schlüsse zieht.
Zu seiner Erklärung: Ein Kind braucht Bilder. "Geld" reicht da nicht. Das ist zu abstrakt. Eher:
"Du musst sehen, dass Papis Anlagen kaum mehr Rauch machen als andere Anlagen, dafür allerdings Papi und ganz vielen anderen Menschen auf der Welt mehr Geld bringen. Und Geld brauchen wir. Schau mal, dein schöner Teddy: Ohne Geld hätten wir ihn dir nicht kaufen können. Mit der Anlage, die Papi baut, können viele Kinder Teddybären bekommen, die jetzt noch keine haben."
Erst mit einer Erklärung, die Bezug zum eigenen Leben hat, kann ein Kind etwas anfangen.
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Beka Exposéadler
Beiträge: 2378
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01.03.2011 14:22
von Beka
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Mir gefällt es auch.
Das Alter des Kindes könnte man vielleicht eher mit 7 Jahren ansetzen. Auch da haben sie durchaus noch mehr oder
weniger irrationale Ängste und gehen mit Teddy ins Bett. Allerdings gibt es auch sehr aufgeweckte 5-jährige,
die Fragen stellen, über die man sich nur wundert.
Den Dialog zwischen den beiden finde ich gelungen, nur eine kleine Kritik:
Dein Vater geht mir etwas zu verschwenderisch mit Kosenamen um.
Man redet seine Kinder im Alltag nicht so oft mit meine Prinzessin, mein Liebling, meine Kleine, mein Schatz an.
Eher gibt es einen Kosenamen, der dann häufig gebraucht wird.
Prinzessin liest man oft in Geschichten, in Wirklichkeit kenne ich kaum Väter, die ihre Töchter so nennen.
Grüße
Beka
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Humpenstemmer Eselsohr
Alter: 53 Beiträge: 363 Wohnort: Bremen
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01.03.2011 16:29 Re: Der Physiker von Humpenstemmer
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Parcival hat Folgendes geschrieben: | »Er war aber trotzdem da, Papi«. »Ich kann nichts dafür«, fügte sie hinzu.
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Die direkte Rede wird hier nicht unterbrochen. Du kannst natürlich eine Beschreibung einfügen und das Mädchen weiter reden lassen. Hier würde ich die Anführungszeichen löschen.
Ansonsten ist der Text recht ansprechend. Das mit dem Alter finde ich weniger problematisch. Hat schon mal jemand Logo auf dem KiKa gesehen? Die Nachrichten verstehen sicher auch 5-jährige.
Was mich ein wenig gestört hat, ist ganz am Anfang das Hämmern auf der Tastatur. Mit Hämmern assoziiere ich Lärm oder zumindest laute Geräusche. Das Klackern einer Laptop-Tastatur würde ich nicht als laut bezeichnen.
mfg
Niels
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Parcival Erklärbär
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Beiträge: 4
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P 03.03.2011 20:41
von Parcival
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Vielen Dank für die konstruktiven Kritiken!
Hier nochmals die überarbeitete Version, die, wie ich hoffe, eine Verbesserung zur vorherigen darstellt?
Der Physiker
Der Inhalt der Physik geht die Physiker an, die Auswirkung alle Menschen.
Friedrich Dürrenmatt
Alan saß in seinem Arbeitszimmer, umringt von Skizzen und Fachliteratur.
Der Widerhall seiner Tastenanschläge wirkte wie eine Sinfonie, die der abendlichen Stille Leben einhauchte. Mal schnell, mal langsam, ab und an hektisch, doch meist sehr ruhig und regelmäßig, flogen Alans Finger über die Tastatur seines Laptops.
Es war 22 Uhr und die Kleine schlief bereits.
Alan war müde, dennoch wollte er dem inneren Drang nach Ruhe nicht nachgeben – noch nicht jedenfalls.
Hin und wieder ein kurzer Blick auf das ausgebreitete Material auf dem Schreibtisch; ansonsten volle Konzentration auf den Laptop. Er musste die wenige Zeit nutzen, die ihm für die Arbeit an seinem Projekt blieb.
Seinen Berechnungen zufolge könnte man, durch die Nutzung der geplanten Anlagen anstelle vergleichbarer Fertigungen, nahezu zehn Prozent der Ausgaben einsparen. Höhere Effektivität bei geringerer Laufzeit und unwesentlich höherem Schadstoffausstoß. Ein Riesengeschäft.
Die Müdigkeit schien ihn zu übermannen und deshalb reckte er sich kurz, hob die Brille mit der linken Hand an, um sich mit der rechten über seine Augen zu fahren.
Als er seine Augen wieder öffnete, erkannte er seine Tochter, die unbemerkt ihr Zimmer verlassen haben musste und nun in der Türe stand.
Marie hielt ihren Teddy in den Armen, der nun einem unförmigen, braunen Stoffball ähnelte.
»Ich kann nicht schlafen«, platzte es aus ihr heraus, ehe Alan überhaupt nachgefragt hatte.
»Warum denn nicht, mein Liebling?«
»Da war wieder überall Rauch«.
»Aber ich habe dir doch gezeigt, dass da kein Rauch sein kann«.
Maries Teddy offenbarte nun einige Stellen, an denen weiße Büschel hervorquollen.
»Er war aber trotzdem da, Papi. Ich kann nichts dafür«, fügte sie hinzu.
Alan atmete tief aus, nahm erneut die Brille ab und fuhr sich mit der Hand über die Augen.
Seitdem er versucht hatte, seiner Tochter zu erklären, womit er die ganzen Abende so fieberhaft verbrachte, fand sie selten den Weg zu friedvollen Träumen.
Er wusste, dass er heute Abend nicht würde weiterarbeiten können.
Behutsam schlüpfte er in seine Pantoffeln und ging mit ausgestrecktem Arm auf seine Tochter zu.
»Komm, wir schauen nach, ob dort wirklich Rauch ist«, sagte er mit gefasster Stimme.
Nach kurzem zögern ergriff Marie die Hand ihres Vaters und schlurfte mit ihm Richtung Kinderzimmer.
Dort angekommen, umklammerte sie mit beiden Armen das Bein ihres Vaters.
Ihre Blicke trafen sich, als Alan verdutzt hinabsah.
Maries Stirn glitzerte und wirkte wie eine schwache Lichtquelle in der ansonsten beinahe allumfassenden Dunkelheit des Hausflures.
Seufzend packte Alan die Türklinke des Kinderzimmers, drückte sie langsam hinab und ging einen Schritt hinein, um das Licht anzuschalten.
»Siehst Du, kein Rauch da, vor dem man Angst haben müsste«, sagte Alan. Er schaltete das Licht wieder aus.
»Ich weiß«.
»Du weißt es?«
»Ja, wenn Du da bist, ist der Rauch nie da«, klärte Marie ihren Vater auf.
»Du kannst ja machen, dass der Rauch verschwindet. Du kannst ihn an und aus machen«.
»Aber Papi macht doch den Rauch nicht, vor dem Du dich so fürchtest «, antwortete Alan perplex.
»Doch«, widersprach ihm Marie und sodann wurde der Flur von zwei weiteren Lichtquellen erleuchtet. »Du kannst ihn an und aus machen«.
Ihr ganzes Gesicht schien nun zu glänzen.
»Das stimmt doch nicht, Liebling«, entgegnete Alan sanft. Ein verzweifelter Versuch die Lichtquelle zu dimmen.
»Das ganze Papier auf deinem Tisch, das bringt auch nur neuen Rauch, stimmt’s?«.
»Nur ein ganz klein wenig mehr«, antwortete Alan langsam ob dieser merkwürdigen Aussage seiner Tochter – doch langsam schien eine Erkenntnis in ihm zu reifen.
»Du musst sehen, dass Papis Anlagen kaum mehr Rauch machen als andere Anlagen, dafür allerdings Papi und ganz vielen anderen Menschen auf der Welt mehr Geld bringen«, versuchte er seiner siebenjährigen Tochter die Vorteile seiner komplexen Arbeit zu veranschaulichen.
»Das ist auch gut für Dich«, fügte er lächelnd hinzu.
»Das ist mir egal«, platzte es unvermittelt aus Marie heraus. »Den ganzen Teddies und den anderen Tieren auf der Erde gefällt der viele Rauch auch nicht!«
»Papi würde den Teddies und anderen Tieren doch nie etwas böses tun, mein Schatz – das weißt du doch«, entgegnete Alan peinlich berührt.
Wohl wissend, dass sich Marie dadurch nicht beruhigen lassen würde, fügte er hinzu »Lass uns morgen noch einmal darüber sprechen - dann erklärt dir Papi, dass der Rauch nichts böses anrichtet. Einverstanden?«
»In Ordnung«, murmelte Marie.
»Aber schau, was der Rauch mit Clarence gemacht hat«, fügte sie nach einem Blick auf ihr Kuscheltier hinzu.
»Clarence?«
»Mein Teddy«, klärte ihn Marie auf, die linke Hand in die Hüfte stemmend und so ihrer toten Mutter in nichts nachstehend.
Clarence hatte Maries Ängsten Tribut zollen müssen.
»Natürlich, Clarence...«, murmelte Alan – doch sein Blick schien bereits wieder an seinem Schreibtisch zu haften.
»Du gehst jetzt am besten ins Bett...du musst morgen früh in den Kindergarten«, sagte Alan, als er Marie mit sanftem Nachdruck zu ihrem Bettchen führte und ihr einen Kuss auf die Stirn drückte.
»Papi hat dich lieb, Prinzessin«.
Die Lichtquellen waren inzwischen erloschen.
An seinem Schreibtisch angelangt, hatten Zahlen und Formeln Alans Kopf längst zurückerobert.
Marie würde schon nichts passieren.
Und Clarence war ersetzbar.
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Humpenstemmer Eselsohr
Alter: 53 Beiträge: 363 Wohnort: Bremen
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03.03.2011 21:05
von Humpenstemmer
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Sehr viel besser, gratuliere. Eine Kleinigkeit habe ich aber noch:
Das gesamte Gespräch in Maries Zimmer findet im Dunkeln statt denn:
Parcival hat Folgendes geschrieben: | »Siehst Du, kein Rauch da, vor dem man Angst haben müsste«, sagte Alan. Er schaltete das Licht wieder aus. |
Gefällt mir.
mfg
Niels
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