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Noorik Kapitel 1: Die Pfütze


 
 
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Friedbert
Geschlecht:männlichWortedrechsler
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Alter: 46
Beiträge: 51
Wohnort: Zürich


F
Beitrag27.01.2011 08:39
Noorik Kapitel 1: Die Pfütze
von Friedbert
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Huhu

Nachdem ich nun Zugang zum Redlight habe, reiche ich hier die erste Hälfte des ersten Kapitels meiner Geschichte nach.

Hoffe, ihr habt Spass damit und freue mich über Kritik

Noorik Kapitel 1: Die Pfütze 1/2

“Einen doppelten Milchshake”, verlautbarte ein besonders witziger und mit wer weiß was für Designerdrogen zugedröhnter Zeitgenosse menschlicher Abstammung. Währenddessen glotzte er der ebenso schönen wie freizügigen Bardame ins pralle Dekolleté. Seine grinsende Visage vermittelte staunende Erwartung, als müsste ihm aus dem Spalt zwischen ihren Brüsten nächstens ein Sprungteufel entgegen federn.
     Eine angemessene Würdigung seiner Kreativität blieb aus. Es musste anderes Geschütz aufgefahren werden, um das Mädchen aus der Routine zu bringen. Sie zeigte sich trotz ihres jugendlichen Aussehens mit allen Wassern gewaschen. Einer alten Gewohnheit folgend, sortierte sie ihn unter “Klaus” ein.
     “Ja bist du denn alt genug für so was?” fragte sie mit gespieltem Erstaunen und stützte sich neugierig auf die Theke, als würde sie in einen Kinderwagen schauen. Sie kaute ihren Kaugummi nun auf eine Weise, welche genügen müsste, um nervenden Typen los zu werden.
     Exemplar Klaus holte siegessicher zum Gegenschlag aus. Bevor er aber seine – durch Chemikalien subjektiv gesteigerte – Unwiderstehlichkeit unter Beweis stellen konnte, überrollte eine Stimme wie Donner  seine Gedanken.
     “Belästigt sie diese halbe Portion, Madame? Brauchen sie Hilfe?”, erkundigte sich ein Riese von einem Mann, welcher gleich nebenan in der Ecke, abseits vom Neonblitz-Gewitter der Tanzfläche vor einem Humpen Bier-Imitat saß. Da ihre Schicht gerade erst begonnen hatte, konnte sie nicht sagen, wie lange er da sass und wieviel er intus hatte. So oder so nicht der Typ, mit dem man sich anlegte.
     “Ach was, alles unter Kontrolle, der kleine Charmebolzen hat halt noch nie Titten gesehen.”
     “Hmm, Schade”, sagte der Riese enttäuscht. “Dass ich nicht helfen kann, meine ich.”
     Nachdem er einen großen Schluck genommen hatte, betrachtete er seine rechte Faust mit dem forschenden Blick eines Naturwissenschaftlers. Respektvoll und in sicherem Abstand.
     Da Klaus gerade sichtlich damit beschäftigt war, seine Strategie zu überdenken, musterte die Barfrau den anderen Mann einen Augenblick genauer.
     Wie es sich für einen Riesen gehört, musste er die meisten anderen Gäste um mindestens einen Kopf überragen, wenn er sich gerade hinstellte, und seine Oberarme entsprachen ihren Oberschenkeln. Kaum zu glauben, dass er der selben Spezies wie der Klaus angehörte, welche in dieser zwielichtigen Gegend eine klare Minderheit bildete.
     Als sie sich wieder Klaus zuwenden wollte, war dieser in der Menge verschwunden. Sein Denken schien noch soweit zu funktionieren, dass er Ärger aus dem Weg ging. Alle anderen Gäste wirkten momentan bedient und saubermachen war zwecklos, also wanderte ihr Blick abermals in die Ecke.
     Weder das fröhlich-vielfarbige Hemd, noch die Badelatschen konnten darüber hinwegtäuschen, dass er ein Söldner oder Kriegsveteran sein musste. Solche Narben zog man sich selten bei einem Bürojob zu. Auch war Weiß-Sodom nicht der Ort für kaufmännische Angestellte.
     Die durchtrainierte Frau, welche vor kurzem noch an der Stange getanzt und zugleich eine beeindruckende Feuerschluck-Show zum Besten gegeben hatte, durchquerte den Raum und ging direkt auf den Riesen zu.
     Mitte dreißig und der dominante, oder der mütterliche Typ, je nach Vorliebe des Kunden. Sie hatte ihre feuerroten Rastalocken zu einem eindrücklichen Zopf geflochten, welcher ihr bis zum Steiß hing. Ansonsten war sie nackt. Auf ihren Körper waren vereinzelt Flammen tätowiert. Eine Amazone.  
     Ihr Gang zeugte vom natürlichen Stolz einer Selbständigen. Zuhälterei gab es auf Weiß-Sodom nicht. Sie war hier ebenso wenig erlaubt, wie fast alle Handlungen, welche auch in der IPG, der interplanetarischen Gemeinschaft, als gesetzwidrig galten. Im Gegensatz zu den meisten Planeten hielt man sich hier jedoch an die Gesetzte.
     Die Eisteufel regierten mit eiserner Faust. Wer gegen ihren strengen Kodex verstiess, tat dies mit tödlicher Sicherheit kein zweites Mal.
     Nicht unter den Kodex fielen der Drogen- und Waffenhandel oder Hehlerei. In Insiderkreisen hatte sich Weiß-Sodom als größter Schwarzmarkt weit und breit einen Namen gemacht. Hier konnte man problemlos alles kaufen oder verkaufen, für dessen Besitz oder Gebrauch man sich im restlichen Kosmos mühsam rechtfertigen musste. Mühsam bis hin zur Todesstrafe.
     Als natürliche Folge dieses Umstandes kam hier der kriminelle Abschaum der Galaxis zusammen. Nicht, um Stunk zu machen, sondern um Besorgungen zu erledigen, Zuflucht zu finden, Pläne zu schmieden, Komplizen zu rekrutieren, oder seine Freizeit zu genießen. Niemand stellte Fragen, solange man sich zu benehmen wusste. Leben und leben lassen.
     Eine unterirdische Stadt auf einem unbeachteten Eisplaneten, von deren Existenz die IPG, keinen Schimmer hatte. Damit dies so blieb, lag es im Eigeninteresse der Bewohner und Besucher, sich an sämtliche Regeln zu halten.
    
     “Hey Lucy-Schätzchen, das Übliche”, sagte die Tänzerin zur Barfrau und warf ihr einen Kuss zu. Sie legte ihren Zopf über die Schulter nach vorne, lehnte sich direkt neben dem Riesen mit dem Rücken an die Bar und stützte sich mit den Ellbogen darauf. Mit laszivem Augenaufschlag schaute sie ihn an.
     "Na, großer Krieger, hab dich von der Bühne aus gesehen. Neu hier? Schätze, du bist wegen mir gekommen, oder? Wie wär’s mit uns?" Ihre Stimme klang tief und ruhig.
     “Keine Ahnung wie es mit uns wäre.” Er machte sich nicht die Mühe, seinen Blick vom Bier abzuwenden.
     Sie musste schmunzeln über sein demonstratives Desinteresse. Nicht gerade die Reaktion, die sie gewohnt war. “Na dann lass es uns rausfinden. Man würde es nicht für möglich halten, aber die haben hier passable Zimmer im Obergeschoss.”
     "Nee, lass mal, ich bin gekommen um mich zu besaufen"
     "Sicher teuer bei deinem Kampfgewicht. Na jedenfalls willkommen im Reich der Eisteufel. Ironischerweise einer der wenigen Orte im bekannten Universum, wo verschiedene Spezies und Kulturen ohne Vorurteile und Misstrauen miteinander leben. Wahrscheinlich aus dem einfachen Grund, dass die meisten negativen Dinge, welche man über sein Gegenüber denken kann, zutreffen, oft sogar nur an der Oberfläche kratzten.
     Hey, ich könnte dich anpissen. Wäre das ein Angebot? Der Laden ist ja nicht umsonst bekannt, als ‘die Pfütze’. Ich mach dir einen guten Preis, versprochen!"
     "Danke, ich hab noch Pisse im Glas, und kein Hokuspokus bitte."
     Sie versuchte, sich ihre Überraschung nicht anmerken zu lassen. "Hokuspokus? Jetzt bin ich aber beleidigt.”
     "Ja ja, ich weiß schon", sagte er in gelangweiltem Ton.
     Sie schob ihr Gesicht nahe vor seines und flüsterte: ”Hat sich das mit den Drüsen schon soweit rum gesprochen?”
     “Was für Drüsen?” fragte er erstaunt. “Ich dachte nur, du hättest dir nach deinem Rumgehampel eine Pause verdient.”
     Die Frau bekam ihren Drink serviert. Sie drehte sich seitlich zur Bar und genehmigte sich genüsslich einen Schluck. Währenddessen unterzog sie ihr Gegenüber einem langen, prüfenden Blick. Plötzlich machte sie ein freudig erstauntes Gesicht und schlug mit der flachen Hand auf die Theke.
     “Du meine Güte, hier scheint mich echt jemand als menschliches Wesen wahrzunehmen, richtig mit Herz und Hirn und all so was. Sag mal, wie komm ich zu der Ehre?”
     “Ach, nichts Persönliches”
     “Ok, hast aber nicht zufällig bemerkt, dass der Laden hier ein Puff ist, oder? Hier geht’s nicht um freundliche Worte.”
     “Und welche Kneipe in Weiß-Sodom ist kein verficktes Puff?”
     “Der Punkt geht an dich.” Sie grinste ihn an, doch er zeigte keine Reaktion. Er schien in mehrfacher Hinsicht ein schwerer Brocken zu sein. Noch immer hatte sie es nicht geschafft, ihm auch nur ein Lächeln zu entlocken. Dennoch war er freundlich und seine düstere Art faszinierte sie.

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anuphti
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Beitrag01.02.2011 00:51

von anuphti
Antworten mit Zitat

Hallo Friedbert,

frisch zurück vom FFF habe ich erst jetzt Zeit mich wieder um den Alltag im dsfo zu kümmern smile extra

Erst einmal herzlich willkommen.

Dein Kapitel in der Prosa habe ich schon gelesen und war dann schon gespannt auf den Anfang der Geschichte.

Und ich muss zugeben, ich mag diese Geschichte irgendwie smile extra

Ich würde sogar sagen, dass Du sie in der normalen Prosa posten könntest, dort bekämst Du wesentlich mehr Feedback zur Textarbeit, weil sich nicht so viele Mitglieder im Redlight tummeln.
Schreib doch einfach mal einen Moderator an, und frag, ob der Beitrag noch in die Prosa Werkstatt verschoben werden dürfte.

Ich finde den Text auf jeden Fall witzig und sprachlich gelungen, und schon die erste Hälfte von dem Kapitel macht mich neugierig auf mehr.

Kleinigkeiten könnte man sicher bemängeln (aber dazu ist es mir jetzt schon viiiiel zu spät *gähn*)

Liebe Grüße
Nuff


_________________
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Learn from the mistakes of others. You don´t live long enough to make all of them yourself. (Eleanor Roosevelt)

You don´t have to fight to live as you wish; live as you wish and pay whatever price is required. (Richard Bach)
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Friedbert
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F
Beitrag01.02.2011 07:52

von Friedbert
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Hi Anuphi

Vielen Dank für dein Lob!

Hab mich schon gewundert, warum ich für dieses Kapitel so viel weniger Feedback bekomme, wie für das zweite Kapitel.

Denkst du, das mit dem verschieben wäre möglich. Immerhin kommen hier körperliche Gewalt (zweite Hälfte), Prostitution und "anpissen" vor? Bin ich da übervorsichtig?

Naja, frage am Besten einen Moderator...

Greets
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Friedbert
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Alter: 46
Beiträge: 51
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F
Beitrag03.02.2011 10:29

von Friedbert
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Huhu

Hier die zweite Hälfte des Textes:

Noorik Kapitel 1: Die Pfütze 2/2


    “Du scheinst bedrückt zu sein. Ist dir eine Laus über die Leber gelaufen?” Sie war gewillt, sich nicht so leicht abwimmeln zu lassen.
     “Jep, ne bekackte Drei-Meter-Laus, und bei der einen ist es nicht geblieben!”
     “Die  Rragoz-Kriege?”
     “Blitzmerkerin, es steht eins zu eins.”
     “Hey, wer hätte das gedacht, wir haben es hier mit einem waschechten Helden zu tun.”
     “Drauf geschissen.”
Er trank seinen Humpen mit einem Zug leer und ließ ihm auf die Theke knallen.
     “Es gibt keine Helden. Es gibt nur zwei Sorten von Menschen. Die einen, die klug genug sind, sich aus Scheiße rauszuhalten und die anderen, zu welchen ich gehöre. Und weißt du, was das Schlimmste daran ist? Mit der Zeit fühlt man sich in Scheiße richtig zu Hause, reine Gewöhnungssache”
     Er dachte einen Moment nach und seine Kiefermuskulatur spannte sich. “Da kommt mir gleich mein damaliger Truppenführer in den Sinn. Der hat ständig irgendwelchen Heldenquatsch von sich gegeben. Liess unseren Trupp mehr als einmal aus reinem Heldentum ins offene Messer laufen. Wäre diese Hackfresse nicht aufgrund seiner Selbstüberschätzung draufgegangen, ich hätte mich gerne um sein Ableben gekümmert. ”
     “Muss schrecklich gewesen sein. Tote Kinder und all so was. Ich kenne nur die offizielle Version und habe selbst die nur am Rande mitgekriegt.”
     “Was heißt schrecklich? Ein Wort, das einen Scheiß aussagt. Die Kolonisten wollten nichts weiter, als in Ruhe und Abgeschiedenheit ihren Nachwuchs großziehen. Eine Siedlung, ähnlich aufgezogen wie bei den Hinterwäldlern von Trans-Eden. Naja, wem’s gefällt. “
     “Hey, du kennst meine Heimat? Ein Mann von Welt!”
     Er zog den Kopf ein. “Ups”
     “Schon ok”, sagte sie beschwichtigend und tätschelte seine Schulter. “wenn ich gut auf den Verein zu sprechen wäre, wäre ich nicht hier, oder? Bitte erzähl weiter.”
     “Die Scanns hatten auf dem Planeten keine tierischen Lebensformen angezeigt. Zumindest keine Warmblüter. Woher hätten die Familien wissen sollen, dass ein bisschen Rohstoffabbau einem Klopfen am Tor zur Hölle gleichkommt?
     Die Rragoz krochen überall gleichzeitig aus ihren Löchern. Rein instinktgesteuert, ohne einen Funken Verstand in ihren Chitin-Schädeln und somit ohne Gnade. Dafür verdammt schnell und gründlich.
     Als unser Einsatztrupp endlich vor Ort war, konnten wir gerade noch die Resten zusammenfegen. Was für eine Sauerei! Darauf wird man in der Akademie nicht vorbereitet. Für die Mistviecher waren wir willkommener Nachschub. Wir hatten kaum mit dem Bergen der Leichen angefangen, da zeigten sie sich erneut an der Oberfläche.”
     Er wurde nachdenklich und es war nicht klar, ob er zu der Frau, oder zu sich selber sprach: “Auf einmal war der Teufel los. Chaos, Lärm, überall Blut. Abgetrennte Gliedmassen, die Gesichter von Kameraden, weggeätzt und absorbiert. Dieses gottverfluchte Ungeziefer!
     Man kommt an einen Punkt, wo man aufhört, Mensch zu sein. Es bleibt einem keine andere Wahl, wenn man überleben will. Ein Schalter im Kopf wird umgelegt. Ein grünes Schild fängt zu blinken an. Der Notausgang aus einem zerfetzten Weltbild mit pulverisierten Werten. Eine Art Blutrausch. Totaler Kontrollverlust.
     Töten, Schmerzen zufügen. Nichts anderes zählt mehr. Habe mich selten so wach gefühlt, so nüchtern, so tot. Man funktioniert nur noch, kalt und präzise wie eine Maschine, und es sollte besser nichts Unschuldiges im Weg stehen. Rachegelüste sind nur ein jämmerliches Vorstadium dieses Zustandes.
     Plötzlich ist alles vorbei. Nichts bewegt sich mehr in der Schusslinie. Kein Summen, Flattern oder Klappern mehr. Man steht verloren da und weiss nicht, wie man auf die Stille, auf den Sieg reagieren soll. Zeit vergeht und langsam verzieht sich der Gestank des verbrannten Fleisches. Ruhe kehrt ein und der Blick klärt sich.  Erst später tauchen die Bilder des Kampfes ins Bewusstsein auf und verfolgen dich ein Leben lang. Hier hast du deinen Helden.
     Nichts wird je wieder so sein, wie es vorher war. Man hat die Arschkarte des Lebens gezogen und kann sich nicht darüber freuen, dass man zu den Überlebenden gehört. Wie soll man da noch mit vollem Elan bekackte Rosen züchten?”
     Er musterte sie und schien eine Weile zu brauchen, um wieder in der Gegenwart anzukommen. Dann drehte er sich zur Theke und bestellte per Handzeichen zwei volle Versionen der mittlerweile leeren Gläser vor ihnen.
     “Da kann ich nicht mitreden”, sagte die Frau kleinlaut und verfluchte sich dafür, ihren Finger in seine Wunde gebohrt zu haben. Er schien jedoch zu seiner verschlossenen, mürrischen Art zurückgefunden zu haben, als ob nichts geschehen wäre.
     “Dein verdammtes Glück! Aber ich plaudere aus dem Nähkästchen. Was interessiert es dich.”
     “Nun, du scheinst ein netter Kerl zu sein”
     ”Sagt wer?”
     “Hast du das Bier und den Cutthroat für dich selbst bestellt?”
     Er gab  ein undefinierbares Grunzen von sich.
     “Ok, dann verpiss ich mich eben…” Es hatte keinen Zweck, er wollte seine Ruhe.
     “Nein, bleib”
     “Hä?”
     “Bitte bleib.”
     “Wieso?”
     “Naja, vielleicht, weil ich dich als menschliches Wesen wahrnehme?”
     “Wenn ich bleibe, bist du dann auch menschlich?”
     “Ich kann’s versuchen. Ich heisse Fark.”
     “Entschuldige mich kurz, Fark, aber es befindet sich seit längerem eine Hand an meinem Arsch, welcher ich dort keine Aufenthaltsbewilligung erteilt habe.”
     Der Riese hatte gerade genug Zeit, sein Bier abzustellen und im Störenfried den Milchbubi von vorhin zu erkennen, als dieser bereits blutend und bewusstlos auf dem Boden lag. Scheinbar war es mit seinem Selbsterhaltungstrieb doch nicht weit her. Fark gab ein bewunderndes Pfeifen von sich. Ihre Fäuste, Ellbogen und Knie hatten ausgeteilt, dass es eine wahre Freude war.
     Aus dem Schatten lösten sich zwei Anabolika-Freaks mit dem Emblem der Eisteufel auf den Lederjacken. Einer der beiden zwinkerte der Frau schelmisch zu, bevor sie den Grapscher in Richtung Ausgang schleiften.
     “Wie bescheuert kann man sein! Als ob die plastische Chirurgie nichts besseres zu tun hätte! Arme Sau.” Sie schüttelte den Kopf und schien den Mann ernsthaft zu bedauern.
     “Na so übel hast du ihn auch nicht zugerichtet.”
     “Ich nicht”, sagte sie und schaute seufzend den beiden Männern nach. Sie griff zu ihrem Drink und nahm einen grossen Schluck.
     “Ach Scheisse! Weisst du was, ich mache für heute Feierabend. Manche Leute… Genug davon! “
     Sie stellte ihr Glas auf die Theke und streckte ihm ihre Hand hin. “Ich bin Räkel. Eigentlich Rachel, aber die Stangentanzerei…”
     “Sehr erfreut. Von Eden nach Sodom, eine steile Karriere.”
     “Exakt, da hast du einen Volltreffer gelandet.”
     “Ich habe nichts dergleichen getan. Und warum bist du nicht gut auf die Eden-Leute zu sprechen?
     “Ach, das ist eine alte Geschichte. Ich wurde aus der Gemeinschaft ausgeschlossen. Auf Lebzeit.”
     “Oh, du hast doch nicht etwa böse Worte benutzt, oder?”
     “So was ähnliches. Man hat mich dort ‘das Mädchen aus der Hölle’ genannt.”
     “Hossa, das müssen aber sehr böse Worte gewesen sein. Kannst du mir die bei Gelegenheit beibringen, ich stehe auf böse Worte, verfluchte Scheisse.”
     “Ob du es glaubst oder nicht, ich habe dort viel über Menschen gelernt. Themenwechsel. Sag mal, willst du selber auch Kinder?”
     Fark verschluckte sich. “Wie kommst du jetzt auf den Scheiss?”
     “Wegen den Siedlern”
     “Die Welt, in welche ich Kinder setzen würde, existiert nicht.”
     “Verstehe.”
     Sie redeten und tranken, tranken und redeten. Fark ignorierte auch später anzügliche Angebote, obwohl es nicht mehr ums Geschäft ging.
     Die Nacht war lang, sehr lang und am übernächsten Morgen waren nur die Kopfschmerzen grösser als die frisch gebackene, wohl gemerkt, platonische Freundschaft zwischen den beiden.
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