Ein Bayer im 8. Himmel

[Ernst Clemens]

Dass sich viele Menschen nach einem Glück im 7. Himmel sehnen belegen die auf rosarotes Papier gedruckten Romane von Rosamunde Pilcher und die Millionen auf parfümierten Tasten getippten SMS zur genüge.

Klar. Möchten Sie vielleicht im ersten Stock des Himmelreiches sein? Schauen Sie mal nach oben. Wir haben Ende Januar und es fällt Ihnen a graislichs Gmisch von Schnee und Regen in die Augen. Können Sie sich vorstellen, im dünnen Hemdchen dort oben auf einer der grauen Wolken zu sitzen und zu frohlocken? Ja so samma dann! Da würdest du dir ja glatt den Arsch abfrieren. Und beim 23. Refrain des Halleluja wäre die Stimme so heiser, dass nur noch ein mattes Krächzen in den himmlischen Sphären zu hören wäre.

Den zweiten Stock hatte Petrus vor rund 65 Jahren eigenmächtig geschlossen. Er wollte die Verantwortung für sein Reich nicht mehr übernehmen, nachdem ständig amerikanische und englische Bomber auf ihren Durchflugsrechten bestanden. Er siedelte alle Bewohner in den dritten Stock um. Anleitungen, wie man dieses logistische Problem effizient löst holte er sich damals aus Berlin.

Vor wenigen Jahren hatte Gott auch die Etagen drei bis fünf schließen lassen. In diesen oberen Stockwerken störten zwar die herumfliegenden Satelliten und Raketen nur noch selten, aber wenn es einen Unfall gab, dann rummste es heftig. Die endgültige Entscheidung für die Räumung traf der Herr aber erst, als die Verhandlungen mit den chinesischen Versicherungsunternehmen definitiv scheiterten. Es blieb einfach eine Tatsache, dass Menschenleben in China wenig bedeuten. Und wer würde dann noch Geld für Tote ausgeben?

In der Bibel steht zwar so einiges zum Thema „liebet und vermehret euch“, aber Gott – in der Zwischenzeit zum gewitzten Diplomaten avanciert - eröffnete den sechsten Stock des Himmels gar nicht erst für den Publikumsverkehr. Die Verwechslungsgefahr war ihm zu groß.

Deshalb drängen sich nun alle im 7. Himmel und treten sich gegenseitig auf die Füße. Es ist wie in einem riesigen Puff. Jeder mit jedem und jede mit jeder. Da darf sogar der Horst Seehofer mit der stämmigen Claudia Roth schnackseln, ohne das es ihn Stimmen kostet. Friede, Freude, Eierkuchen wo man hinsieht! Pfui Teifi, das ist ja kaum noch zum Aushalten. Wo soll ich da als Bayer mit meinem angeborenen Grant hin?

Gestern wurde im Fernsehen gezeigt, wie das Konzept des 8. Himmels sein wird: Die Gewerkschaften haben es endlich geschafft den alten Petrus in Pension zu schicken. An seiner Stelle steht jetzt ein elegant gestyltes Terminal an der Himmelspforte. Der Boandlkramer drückt jedem Menschen, den er abholt eine mehrstellige Code-Nummer in die Hand, bevor er ihn dort oben von seinem Karren ablädt. Und diese Nummer muss der arme Sünder, der Einlass begehrt, in das Terminal eintippen. Bill Gate hat in seiner unermesslichen Güte und in seinem genau messbaren Reichtum eine eigene Stiftung gegründet und dort eine spezielle Software programmieren lassen. Seine Vorgabe war einfach: bedienerfreundlich musste sie sein und vom Konzept her eine Fortschreibung von Windows 7. Jeder Kandidat kann sich dann aus einem reichhaltigen Menü genau die Punkte aussuchen, die er für sich wünscht. Man kann gespannt sein.

Ich werde mich jedenfalls für den 8. Himmel entscheiden, wenn es mal so weit ist – es sei denn, ich werde in die Hölle geschickt.....

[adelbo]

Hallo Ernst Clemens,
ich finde die Idee zu diesem Text super. Wie Du den siebten Himmel erklärst, das hat schon was.
Am unterhaltsamsten ist er bestimmt für alle Bayern hier in diesem Forum.
Leider sprichst Du damit nicht alle Bundesdeutsche an. Aber wie gesagt, ich finde ihn lustig und voller versteckter Wahrheiten.
Natürlich  ohne jede schriftstellerische Bewertung. Weil, das traue ich mich noch nicht. Dazu bin ich selber noch zu unsicher.
Eines ist mir nur im ersten Absatz, also auf der ersten Etage deines Himmels aufgefallen. Erst schreibst Du immer ganz vornehm "sie" und dann bis Du plötzlich beim "du". Ist das gewollt.
Ich hatte Spass beim Lesen.
LG
Adelbo

[Ilona]

Die Idee ist gut. Allerdings ist der Eingangssatz grausig, insbesondere der Anfang mit "Dass".

Dann hat mir der Kontrast zwischen dem Erzähler und dem bayrischen Teil nicht gefallen. Ich fände ein aifgelockertes Deutsch im erzählten Teil als passender. So wirkt es ein bvisschen steif.

Grüße von

Ilona

[Gast3]

Lieber Ernst,

mir gefällt deine Geschichte richtig gut, auch wenn ich Ilona zustimmen würde, dass du es insgesamt noch ein bisserl "lockerer" formulieren könntest. Aber die Idee ist klasse.

Und das hier, mag ich mir schon überhaupt nicht vorstellen

[Ernst Clemens]

hallo ihr drei,

danke für eure meinungen zu meinem text.

nachdem ich den wettbewerb FFF "verschlafen" hatte, wollte ich es einfach mal versuchen, einen text in der vorgegebenen zeit zu entwickeln, zu schreiben und hier einzustellen. dass das resultat nicht optimal ist, war mir klar.

@ adelbo: ich habe den text nochmals durchgelesen. wo findest du den übergang von "sie" zum "du"?

@ ilona: ja, "steif" ist eine sehr passende formulierung (gilt für all meine texte) ich versuche, sie hauptsächlich bei dialogen lockerer zu gestalten (aber in diesem text gibt es leider gar keine dialoge). also unbedingt ein punkt, an dem ich arbeiten muss

@ schneestern: aloisius lässt grüßen! ich habe mich als ausländer mal aufs glatteis von "boarisch" gewagt....

herzliche grüße
ernst

[Gast3]

Sorry, wenn ich mich einmische zwecks Sie/du:

Können Sie sich vorstellen, im dünnen Hemdchen dort oben auf einer der grauen Wolken zu sitzen und zu frohlocken? Ja so samma dann! Da würdest du dir ja glatt den Arsch abfrieren.

Aloisius ist und bleibt immer gut

Lieben Gruß
schneestern

[Ernst Clemens]

danke für den hinweis, andrea.
ich habe das

[Gast3]

Lieber Ernst,

du hast schon Recht mit der festen Redewendung, da du aber den Leser vorher praktisch direkt ansprichst, ist es auch für mich dann nicht mehr stimmig. Aber du kannst ja leicht ein "Sie sich" daraus machen, passt ganz genauso gut

Lieben Gruß
schneestern