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Selbstkritik und der Vergleich zu anderen Autoren

 
 
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Vinter
Geschlecht:männlichGänsefüßchen

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Beiträge: 37
Wohnort: Haltern am See


Beitrag19.01.2011 11:54
Selbstkritik und der Vergleich zu anderen Autoren
von Vinter
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Ahoi,

ich denke jeder hier kennt das Thema Selbstkritik. Man ist mit dem eigenen Werk nie so richtig zufrieden. Es gibt Ecken und Kanten, Wortwiederholungen, unpassende Beschreibungen, leblose Dialoge und was weiß ich was nicht noch alles.

Ich persönlich hadere ganz besonders damit, Wörter wie "er" oder als Alternative den Namen des Charakters zu nennen. Oh nein, nicht schon wieder ein "er". Kann ich jetzt tatsächlich schon wieder den Namen meines Charakters benutzen ? Und aus diesem Zwang heraus, das Wörtchen "er" zu vermeiden begebe ich mich plötzlich in die kompliziertesten Satzkonstruktionen - das macht es natürlich auch nicht besser.

Vielleicht erzähl ich mit dem, was jetzt kommt, den meisten nichts neues. Aber als jemand, der selbst noch relativ wenig praktische Schreiberfahrung besitzt, war das für mich doch ein Erkenntnis:
Ich habe mir mal den "Spaß" gemacht, bei dem Buch, welches ich aktuell lese (Es ist mal wieder der Herr der Ringe, diesmal aber auf Englisch), ganz bewusst auf solche Wörter zu achten, wie ich sie in meinem Texten immer versuche zu vermeiden.
Und was ich enddeckte: Tolkien, als Held meiner Jugend - das Buch las ich zum ersten Mal mit 12 - macht es auch nicht anders. Ständig und überall "they". In manchen Szenen kommt in jedem zweiten Satz "they" vor. In mehreren Sätzen hintereinander "Merry". Und so weiter.

Die Erkenntnis, dass man fremde Texte von "richtigen" Autoren - richtig im Gegensatz zu einem selbst, der nie etwas veröffentlicht hat und bei dem maximal eine Handvoll angefangene Geschichten in der Schublade liegen - als Genußleser viel unkritischer liest als selbstgeschriebenes war mir bis dahin völlig neu. Natürlich ist es offensichtlich, wenn man es so ausspricht. Wenn man einfach zum Vergnügen liest, dann werden sprachliche Feinheiten weniger beachtet. Solange man nicht über grobe Schnitzer aus dem Lesefluss gerissen wird, ist für den Leser alles in Ordnung.

Ich denke, dass ganze läuft unbewusst ab:
Man stellt einen Autor wie Tolkien nicht in Frage. Der Mann hat ein weltberühmtes, zeitloses Buch veröffentlicht und damit ein ganzes Genre der Literatur begründet. Das Buch MUSS gut sein.
Grobe Schnitzer und extrem schlechter Stil fallen auf und trüben das Lesevergnügen, durchschnittliches geht aber im Lesefluss unter. Und um zu faszinieren muss ein Buch nicht makellos sein. Und vielleicht sieht man an den eigenen Texten gerne Makel, wo eigentlich keine sind - denn die "richtigen Autoren schreiben soviel besser als man selbst."

Was will ich jetzt mit dem Thread bezwecken ?
Keine Ahnung. Natürlich lese ich meine Texte immer noch überkritisch. Das muss auch so sein. Aber es hilft unerfahrenen Autoren, sich daran zu erinnern, dass andere auch nur mit Wasser kochen. Und das man manchmal ganz bewusst andere Texte lesen muss, um zu erkennen, dass der eigene Stil nicht so katastrophal ist wie man eigentlich denkt.

Um mal den Bogen zum Forum zu spannen:
Natürlicherweise werden hier eingestellte Texte ebenfalls überkritisch betrachtet. Das ergibt sich aus der Situation, in der man die eingestellten Texte liest. Hier wird gezielt nach Kritik gefragt, also liest man einen Text ganz anders.
Ich glaube, die wenigsten würden sich die Mühe machen, die Seiten eines Romanes so auseinander zu pflücken wie es hier manchmal mit geposteten Texten geschieht. Das soll nicht als Vorwurf verstanden werden, nur als Ermunterung an die zerpflückten Autoren.

Nehmt Kritik ernst, aber auch nicht zu ernst.
Es liegt oftmals auch daran, dass es nicht in einem Buch steht, sondern von ausgewiesenen Amateuren gepostet wurde.
Und manchmal ist es auch einfach Geschmackssache.
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pna
Geschlecht:männlichGrauzonenjunkie

Alter: 59
Beiträge: 1610
Wohnort: Wien, Ottakring


Paterson
Beitrag19.01.2011 12:34

von pna
Antworten mit Zitat

Zuerst mal: Danke für den gut formulierten Beitrag.

Und jetzt gleich mal zur Sache: Die Problematik, die Du ansprichst in Bezug auf Selbstkritik und "nie mit dem eigenen Werk zufrieden sein", trifft in etwa 5 - 8 % der angehenden Schriftsteller. Der Rest ist sichs zufrieden und wundert sich nur über die Gehässigkeit der Welt, die stets Schwefel und Pech über ihre Werk ausschütten.

Ich glaube, ein wesentliches Merkmal eines Autoren, der sein Tun ernst nimmt ist, dass er am liebsten noch in seine längst publizierten Bücher hineinkriechen würde um ein paar Worte hier, und ein paar Sätze da umzustellen.

Deine Sensibilität mit trögen Worten (Namensnennung, dann dauernd: er er er) kann ich nachvollziehen, ist aber in Wirklichkeit nur ein hochgezüchtetes Problem, an welchem sich die Erbsenzähler abarbeiten.
Der Unterschied zwischen Dir als "neuen" Autoren und solchen wie Tolkien und King und weiß der Hugo wer noch ist, dass die "Titanen" der Literatur durch ewig gleiche Verbeugungsrituale der Kritik entrissen werden, weil der Mensch nun mal lieber ums goldene Kalb tanzt als sonstwas.

Ein anderer Unterschied mag der sein, dass einem aufmerksamen Leser bei einem wirklich guten Autoren die stilistischen Schnitzer nicht auffallen, weil der Schriftsteller einfach eine saugeile Geschichte zu erzählen hat und weiß, wie man das macht.

Die Beinpinkelei der Literaturkritik bezüglich mauer Satzstellungen und Wortwiederholungen ist ein Produkt unserer Zeit, weil die Rezensionisten in den modernen Medienstuben ebenso ein Produkt unserer Zeit sind. Hier langt es nur noch zu geschmäcklerischen Urteilen, die getarnt werden als süffisante Hinweise auf Wortwiederholungen, Namensgebung, örtliche Settings etc pipapo.

Dieser Niveauniedergang der Literaturkritik färbt natürlich auf die Urteile diverser Forenteilnehmer und Amazonrezensionisten ab, die in all ihrer Wichtigkeit vollkommen übersehen, dass sie sich mit Erbsenzählerei und Beistrickarithmetik aufhalten und keinen blassen Dunst haben von Thema, Umsetzung, Intention, Querverweise, literarische Verbindungen, etc ...

Ich will damit sagen: Lass Dich von denen, die viele Worte über die Wiederholung des Wortes "er" verlieren, nicht aus dem Konzept bringen. Lächle und sei nett. Und hör auf die, die Dich mit Fragen nach der Geschichte hinter Deiner Geschichte quälen.

Liebe Grüße,
Peter
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i-Punkt
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Beitrag19.01.2011 12:58

von i-Punkt
Antworten mit Zitat

Ich finde die Erbsenzählerei durchaus in Ordnung, da sie für Sprache sensibilisiert, auch wenn man nicht alles, was man schreibt, derart zerpflückt.

Zumindest habe ich die Zeit an der Journalistenschule im Redigierkurs als sehr wertvoll in Erinnerung. In keiner Redaktion der Welt wird später eine ganze Gruppe Nachwuchs-Schreiber sitzen, die glauben sie sind's, und über eine mögliche Wertung im Wörtchen "Aufständige" diskutieren. Aber dass man Texte bis aufs Kleinste zerpflückt hat, Bücher wie "Deutsch für Profis" unter dem Kopfkissen liegen hatte oder sich im "Wörterbuch des Unmenschen" über den Nazi-Hintergrund des Wortes "durchführen" informiert hatte, lässt einen bewusster mit manchen Formulierungen umgehen. Wie bei vielem anderen verhindert hartes Training nicht, dass man eine tänzerisch leichte Kür hinzulegen.

I.


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Schreiben ist einfach, man setzt sich nur hin, starrt auf ein weißes Blatt Papier, bis sich Blutstropfen auf der Stirn bilden.
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Angst
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Beiträge: 1571



A
Beitrag19.01.2011 13:07

von Angst
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Irgendwo hat sich mal jemand tierisch darüber aufgeregt, dass J. K. Rowling nach direkter Rede immer nur "said" schreibt. Ich weiss bis heute nicht, ob sie das tatsächlich tut. Hatte mich damals, als ich Harry Potter las, zu sehr in die Charaktere und die Story verliebt.

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»Das Paradox ist die Leidenschaft des Gedankens.«
— Søren Kierkegaard, Philosophische Brosamen,
München: Deutscher Taschenbuch Verlag, S. 48.
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pna
Geschlecht:männlichGrauzonenjunkie

Alter: 59
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Paterson
Beitrag19.01.2011 13:21

von pna
Antworten mit Zitat

i-Punkt hat Folgendes geschrieben:
Ich finde die Erbsenzählerei durchaus in Ordnung, da sie für Sprache sensibilisiert, auch wenn man nicht alles, was man schreibt, derart zerpflückt.

Zumindest habe ich die Zeit an der Journalistenschule im Redigierkurs als sehr wertvoll in Erinnerung. In keiner Redaktion der Welt wird später eine ganze Gruppe Nachwuchs-Schreiber sitzen, die glauben sie sind's, und über eine mögliche Wertung im Wörtchen "Aufständige" diskutieren. Aber dass man Texte bis aufs Kleinste zerpflückt hat, Bücher wie "Deutsch für Profis" unter dem Kopfkissen liegen hatte oder sich im "Wörterbuch des Unmenschen" über den Nazi-Hintergrund des Wortes "durchführen" informiert hatte, lässt einen bewusster mit manchen Formulierungen umgehen. Wie bei vielem anderen verhindert hartes Training nicht, dass man eine tänzerisch leichte Kür hinzulegen.

I.


Dazu ein recht interessanter Artikel im Online Spiegel: http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13688207.html

Sorry für das halbe Offtopic.
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i-Punkt
Geschlecht:weiblichKlammeraffe

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Wohnort: Baden-Württemberg


Beitrag19.01.2011 13:40

von i-Punkt
Antworten mit Zitat

Scheinheilige hat Folgendes geschrieben:
Irgendwo hat sich mal jemand tierisch darüber aufgeregt, dass J. K. Rowling nach direkter Rede immer nur "said" schreibt. Ich weiss bis heute nicht, ob sie das tatsächlich tut. Hatte mich damals, als ich Harry Potter las, zu sehr in die Charaktere und die Story verliebt.


Das ist ja ein hervorragendes Beispiel zum Erbsenzählen. Was wenn ich das Interview mit Elmore Leonard aus dem SZ-Magazin zitiere ...
 Wink

"Niemals ein anderes Verb außer »sagte« bei Dialogen verwenden, denn der Satz gehört der Figur; das Verb ist der Autor, der sich einmischt. Das Verb »sagte« ist weit weniger aufdringlich als grollte, keuchte, warnte, log. »Postulierte« habe ich auch schon gelesen, die Bedeutung musste ich erst im Lexikon nachschlagen."

"Sagte" kann meiner Meinung nach niemals falsch sein, "witzelte", "hüstelte", "prustete" schon. Auch im Journalismus ist das im angelsächsischen Raum üblicher als bei uns. "Said, said, said" belegt, dass ich Quellen habe ohne zu werten.

Manchmal ist eine Wiederholung besser als ein krampfhaftes Synonym. Ein Stuhl ist nun mal ein Stuhl. Oder klingt Sitzmöbel besser?

I. (ich kann auch ein bisschen OT ...)

P.S. Natürlich lasse ich manchmal Figuren wispern, nuscheln oder herausplatzen. Regeln sind ja dazu da, um gebrochen zu werden.
  Razz


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Alogius
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Alter: 47
Beiträge: 3206

Die Goldene Bushaltestelle Goldene Feder Prosa (Anzahl: 2)


Vom Verschwinden der Muse
Beitrag19.01.2011 13:45

von Alogius
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Meine Meinung dazu geht in pna's Richtung:

Wenn ich einen Text geschrieben habe, dann schaue ich ihn mir wieder und wieder an, bis ich zufrieden bin (oder bis es so scheint, als wäre ich es). Irgendwann folgt der Punkt, da stelle ich fest, dass ich den Text bis zum Äußersten der gegenwärtigen Möglichkeiten verbessert, umgestellt und umgeschrieben habe.
Dann löse ich mich, stelle ihn hier ein (oder was auch immer für einen Veröffentlichungsgrad der Text haben soll) und warte ab. Später fällt einem immer wieder etwas ein, was man doch wieder anders gemacht hätte. Das ist einfach so. Ich glaube, ein "guter" Autor (streiten wir uns mal nicht über das Adjektiv) stellt an sich selbst die höchsten Ansprüche. Auch glaube ich, dass selbst die "Profis" (oder die, die quasi als "Titanen" der Literatur bezeichnet werden können; nicht alle Veröffentlichten sind das tatsächlich...) dieses Gefühl und diese Arbeitsweise kennen. Aber irgendwann kommt eben der schon angesprochene Moment des Lösens, und man stellt sich der Kritik.
Der Unterschied ist der, den pna schon genannt hat:
Einer wie S. King, der kann so gut Geschichten erzählen, dass die sprachlichen Schnitzer einfach überlesen oder verziehen werden. Spielt eigentlich keine Rolle, ist eben so. Ist menschlich.

Erbsenzählerei kann etwas Grausames sein. Da stellt man zum Beispiel hier einen Text ein, den man nach bestem Gewissen und den gegenwärtigen (weil: Entwicklung ist immer, Stillstand ist gleich Tod) Möglichkeiten geschrieben, ausgebessert und bearbeitet hat, und alles, was die Erbsenzähler bringen, ist ein Auszählen der Pronomen oder Hinweise auf das Enden der wörtlichen Rede. Anstatt, und das meint wohl auch pna mit der erwähnten "Wichtigkeit" dieser Kritiker, das Ganze zu sehen und statt einer Aufsatzkorrektur eine Kritik zu schreiben.
Aber damit muss man leben, und manchmal ist man selbst vielleicht nicht besser, wenn man kritisiert.


Das
Zitat:
Hier langt es nur noch zu geschmäcklerischen Urteilen, die getarnt werden als süffisante Hinweise auf Wortwiederholungen, Namensgebung, örtliche Settings etc pipapo.

fasst es sehr gut zusammen.

Ich reagiere auf Kritik in diesem Stil meist mit Unverständnis (was schlecht ist^^), lieber aber mit Humor (was gut ist).
Man sollte sich die Art Kritik zu Herzen nehmen und umsetzen, die das Gesamte in einen Kontext führt und sich nicht an Kleinkram aufhält, der vollkommen uninteressant ist.


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Murmel
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Beitrag19.01.2011 15:59

von Murmel
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Das führt zwar weg von der Anfangsdiskussion, aber ist die Kritik im DSFo nicht auch von der Fähigkeit des Einstellers abhängig?

Und sind nicht auch - gerade am Anfang - gerade die gefühlten Regeln (die ja gar keine sind), die Führungsseile, an denen sich der angehende Schriftsteller entlanghangelt, bis er merkt, dass er auch frei klettern kann?

Das grosse Ganze sehen, können nur wenige Menschen, ich behaupte einmal nur 5%. Daher gibt es so wenig Visionäre und gute Strategen auf der Welt. Die Mehrheit der Menschen ist taktisch, reaktiv und Detail orientiert. Das ist nichts Schlimmes, sogar gut so, daher kannst du ihnen das nicht vorwerfen.

Sehen können, was nicht da ist, ist nur wenigen gegeben. Es ist immer einfacher, den Satz vor sich zu kritisieren, als den zu sehen, der fehlt. Und wenn der Kritiker noch nichts ausser Rechtschreibregeln kennt, dann wird er eben sich daran festziehen.

Zurück zum Ursprung: die Verwendung von 'er' und 'sie' ist viel besser als die schrecklichen Umschreibungsversuche, die den Leser nur verwirren. Eindeutigkeit ist wichtig. Das "sagte" wird beim Schnelllesen nur wie ein Pfeil interpretiert => Sprecher, während hingegen 'keuchte' aktiv gelesen werden muss (und dazu noch ein Geräusch produziert wird). Er, sie, sagte, werden passiv gelesen, genauso wie eindeutige Namen.


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Gast







Beitrag19.01.2011 19:38

von Gast
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Meiner Meinung nach ist Selbstkritik schon sehr wichtig, aber die Kritik eines jeden Lesers nehme ich auch ernst. Was die Kritik hier angeht, stimmt es schon, dass sich viel an bestimmten Dingen festhalten.
Aber, ich finde das schult erst einmal. Wie Murmel schon sagte: Erst mal hangeln - dann klettern.  

Der ein oder andere ist ja hier auch strikt gegen Schreibratgeber, andere Lehrbücher oder Workshops. Ich möchte so manches Mal unter einen Text schreiben:
Bitte lieber Autor, lerne doch erst mal, wenigstens ein bisschen das Handwerk und dann sehen wir weiter ...

Zum Vergleich mit anderen Autoren kann ich nur sagen, dass ich mittlerweile kaum noch ein Buch lese, kann ohne, dass mir irgendwas auffällt. Zuletzt in Reckless – Cornelia Funke – auf einer einzigen Seite 16-mal „war“
und es war nicht wirklich schlimm. Dennoch schult es den eigenen Schreibstil sowie jede Kritik hier, die sich auf den reinen Stil bezieht, wertvoll ist.
Was man letztendlich davon mitnimmt, bleibt ja zum Glück jedem selbst überlassen.

Liebe Grüße
Monika
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Theresa87
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Beitrag19.01.2011 20:43

von Theresa87
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Ein Moderator eines anderen Forums hat uns nach einer langen Diskussion über das Kritisieren fremder Texte mal einen Textausschnitt eingestellt mit der Bitte, ihn einfach mal so zu kritisieren / lektorieren, wie wir es für richtig halten. Eine sehr lehrreiche Erfahrung.

Manche haben den Abschnitt inhaltlich zerpflückt, andere (u. a. ich) haben sich mehr auf das Sprachliche konzentriert. Ich muss sagen: als ich mit dem Text fertig war, war er bunt. Ich habe ihn wirklich zerpflückt, da er in meinen Augen grottenschlecht war (andere, die auf sprachlicher Ebene unterwegs waren, waren meiner Meinung; leider war er auf inhaltlicher Ebene nicht viel besser ...).

Die Auflösung hat uns alle erstaunt: Es war ein Ausschnitt aus dem Literaturnobelpreisträger "Stadt der Blinden"  Shocked

Daraus habe ich zwei wichtige Dinge gelernt:

1) Um veröffentlicht und erfolgreich zu werden, muss ein Buch nicht perfekt sein (wobei ich natürlich trotzdem immer mein Möglichstes geben werde), und

2) ich werde mir wohl nie ein Buch zum Lesen kaufen, das den Literaturnobelpreis gewonnen hat ...  Rolling Eyes

Ja, ich bin ein sehr kritischer Leser. Berufskrankheit, ich arbeite neben meinem eigenen Geschreibsel als Lektor (hauptsächlich sprachliche Ebene). Aber ich weiß auch, dass ein komplett perfekter Schreibstil weniger fesselnd sein kann als ein Schreibstil mit einer eigenen Stimme, einem eigenen Charme. Daher ist für mich erstmal die Stimme des Textes wichtig; danach kommt die Perfektion. Ein Text soll vor allem Dingen zwei Anforderungen erfüllen: Er soll fesseln, und er soll flüssig zu lesen sein. Wenn ein Text beides erfüllt, ist er gut. Wenn nicht, muss weitergearbeitet werden.

So, das war mal mein Senf zu diesem Thema wink

Liebe Grüße,
Theresa


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jyqq
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Beiträge: 81



J
Beitrag19.01.2011 21:02

von jyqq
Antworten mit Zitat

Der Literaturnobelpreis wird normalerweise nicht für ein einzelnes Buch vergeben.
Meist bekommt ihn der Autor für sein Lebenswerk.

Wie lange war denn der Abschnitt, wenn ihr ihn so gründlich zerpflücken und bereichern und bunt machen konntet? Mehr als ein paar Seiten konnten es ja wohl kaum sein.
Kann man da wirklich Aussagen über den Inhalt treffen?

Würde man hier ein paar Seiten der Blechtrommel reinstellen fiele es bei den Kritikern auch durch.
Das ändert aber nichts an der gewaltigen Wirkung dieses Romans, der zu Recht zur Weltliteratur zählt.

PS: flüssig lesbar stellt zB. für mich keine Grundanforderung an gute Literatur dar.
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Vinter
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Beitrag19.01.2011 21:20

von Vinter
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Hello again wink
Ich finde das Beispiel hervorragend und es macht mir Mut.
Es zeigt in meinen Augen zwei Dinge:

1) Unter der Prämisse "Bitte mal kritisieren" wird ein Text völlig anders betrachtet und vielleicht auch 'zwanghaft' versucht, negative Punkte zu finden. Da steckt nichtmal böse Absicht dahinter, man sucht er unbewusst nach "Fehlerchen".
2) Geschmäcker sind verschieden.

Höchstwahrscheinlich ist es sogar so, dass, wenn man einen Text komplett anhand der negativen Kritiken umbaut danach jemand anderes kommt, der genau die umgebauten Sätze und Formulierungen wieder kritisiert.

Damit will ich nicht aussagen, dass diese Art von Kritik sinnlos ist. Im Gegenteil, ich selbst nehme Kritik immer sehr ernst. Es hilft einem, andere Sichtweisen zu erhalten und seinen eigenen Text mit etwas Abstand zu lesen.

Allerdings ist Kritik auch nie die ultimative Wahrheit und man sollte dem nicht sklavisch folgen, immerhin ist es das eigene Werk.

(Um Himmelswillen, mit dieser ganzen Kritikgeschichte bin ich / sind wir völlig vom Thema abgekommen. Ausserdem klingt es grade so, als würde ich die hier gebrachte Kritik für wertlos/sinnlos halten, dabei ist genau das Gegenteil der Fall. Ich bin der festen Überzeugung, dass dieses Forum und das 'an die Öffentlichkeit gehen' mit den eigenen Texten, sich den Meinungen von anderen auszusetzen eine sehr wichtige Erfahrung und Lehrstube ist. Will das nur mal deutlich hervorheben, bevor es jemand falsch versteht!)
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Theresa87
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Beitrag19.01.2011 22:27

von Theresa87
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jyqq, natürlich war der Abschnitt nur kurz, vielleicht eine Buchseite. Unsere Kritik konnte sich daher auch nur auf diesen Abschnitt beziehen. Trotzdem hat er mir gereicht um zu wissen, dass ich dieses Buch nie lesen werde, und bei mir eine generelle Abneigung gegen Literaturnobelpreisträger geweckt, weil ich mir nur dachte: Wenn die so etwas prämieren, dann will ich nicht wissen, was sonst noch ... aber ich bin auch jemand, der ein Buch nach der ersten Seite weglegt, wenn der Schreibstil einfach nur anstrengend und in meinen Augen schlecht ist ...

Aber Geschmäcker sind natürlich verschieden. Irgendetwas müssen die Juroren ja daran gefunden haben. Danke übrigens für den Hinweis mit der Blechtrommel, dann werde ich die wohl auch nie lesen wink

Vinter, dein Hinweis mit den unterschiedlichen Kritiken ist auf jeden Fall richtig. Gib einen Text zehn verschiedenen Lektoren und jeder wird dir andere Dinge anmerken. Einzig bei der Rechtschreibung und Zeichensetzung sollten sie sich einig sein ... zumindest bei den Dingen, die NICHT unterschiedlich gehandhabt werden können wink (selbst Duden und Wahrig geben unterschiedliche Rechtschreibempfehlungen für die Wörter, die mehr als eine gültige Schreibweise haben)

Zwischen Lektor und Autor muss daher immer die Chemie stimmen, damit am Ende ein Manuskript steht, mit dem beide zufrieden sind.


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pna
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Paterson
Beitrag19.01.2011 22:28

von pna
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jyqq hat Folgendes geschrieben:
Der Literaturnobelpreis wird normalerweise nicht für ein einzelnes Buch vergeben.
Meist bekommt ihn der Autor für sein Lebenswerk.

Wie lange war denn der Abschnitt, wenn ihr ihn so gründlich zerpflücken und bereichern und bunt machen konntet? Mehr als ein paar Seiten konnten es ja wohl kaum sein.
Kann man da wirklich Aussagen über den Inhalt treffen?

Würde man hier ein paar Seiten der Blechtrommel reinstellen fiele es bei den Kritikern auch durch.
Das ändert aber nichts an der gewaltigen Wirkung dieses Romans, der zu Recht zur Weltliteratur zählt.

PS: flüssig lesbar stellt zB. für mich keine Grundanforderung an gute Literatur dar.


Was wären denn für Dich die Grundanforderungen, und wie würdest Du sie definieren?

lg/Peter
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Beitrag19.01.2011 23:40

von Murmel
Antworten mit Zitat

jyqq hat Folgendes geschrieben:
Der Literaturnobelpreis wird normalerweise nicht für ein einzelnes Buch vergeben.
Meist bekommt ihn der Autor für sein Lebenswerk.


Ist das so? Bei jedem anderen Nobelpreis sicherlich richtig, aber nicht immer bei Literatur, oder?

Wird hier nicht Inhalt und Stil durcheinander geworfen? Bei einem Literaturnobelpreis geht es nicht zwangsläufig um Stil und Sprache, sondern oder gerade auch um die Botschaft.

Für alle, die den Weg der traditionellen Veröffentlichung anstreben, wird einmal der Punkt kommen, wo sie merken, dass es in erster Linie die Story ist, die verkauft wird. Stil und Sprache geraten zum Vehikel, während in Schriftstellerkreisen sie zum Selbstzweck erkoren werden. Wo die Wahrheit liegt?


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sleepless_lives
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Beitrag20.01.2011 15:31

von sleepless_lives
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Saramagos Stil ist einzigartig und grandios. Dass man seinen Stil vielleicht nicht mag, ist eine Sache, dass man seine Sprachgewalt nicht erkennt, eine andere (selbst in Übersetzung). Und wenn einer eine eigene Stimme hat, dann wohl er. Der Mann hat den Nobelpreis völlig zu recht bekommen. Leider ist er letztes Jahr gestorben. Schriftsteller, die so brillant und intelligent schreiben, sind ganz, ganz rar. Was für ein Verlust für die Literatur!

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Es sollte endlich Klarheit darüber bestehen, dass es uns nicht zukommt, Wirklichkeit zu liefern, sondern Anspielungen auf ein Denkbares zu erfinden, das nicht dargestellt werden kann. (Jean-François Lyotard)

If you had a million Shakespeares, could they write like a monkey? (Steven Wright)
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jyqq
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J
Beitrag20.01.2011 15:46

von jyqq
Antworten mit Zitat

pna hat Folgendes geschrieben:


Was wären denn für Dich die Grundanforderungen, und wie würdest Du sie definieren?

lg/Peter


Ein Text muss mich irgendwie ansprechen. Egal auf welcher Ebene; aber auf je mehr Ebenen desto besser.
Das ist die einzige "Grundanforderung" für mich.
Mit abstrakten Definitionen mag ich mich nicht herumschlagen.
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