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Autor |
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Longo Klammeraffe
L Alter: 34 Beiträge: 890
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L 13.08.2010 00:29 Aufschlag und Ende von Longo
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Ich fliege nach Vietnam, haue dem Vietnamesen
eine in die Fresse, fliege nach China, haue dem
Chinesen eine in die Fresse, fliege weg.
Ich stehe auf dem Mount Everest und schlage
einen Bergsteiger in die Tiefe, ich fliege mit
ihm nach unten, blicke ihn an, würge ihn, bis
er bewusstlos wird, fliege weg, in
die Sonne. Die Sonne ist mir nicht zu heiß, ich zer-
schlage sie zu Brei, es wird Nacht. Die Menschen
werden depressiv, ich lache laut. Ich gehe zu
deinem Haus, klingele, da stehst du da. Du bist alt
geworden, sage ich, lache. Ich habe Zeit. Sie macht
die Tür zu, ich reiße sie auf und sage: Ich habe Zeit.
Es ist Nacht. Ich klatsche dir eine, du knallst auf das
Bett, ich vergesse mich, fliege fort, drehe die Erde,
immer schneller, packe den Nigerianer, den Kanadier,
schüttle sie, reiße sie auseinander. Ich
schreie auf, drehe mich in meinem Bett, zucke stärker,
schlage an die Wand, noch lauter, reiße
mich hoch, atme, nehme Anlauf, und
springe aus dem Fenster, die Scheibe klirrt, kurzer
Flug, Aufschlag und Ende.
MFG Longo
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Kristallkind Leseratte
Beiträge: 150
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19.08.2010 13:52
von Kristallkind
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Hi Longo!
Finde ich...interessant:)
Normalerweise bin ich eher ein Fan von sehr verdichteteten Werken, aber Dein Gedicht hat was. Man könnte es gar nicht anders schreiben und genauso wie es ist spricht es mich an. Ich weiß nicht ob es die Enjambements sind oder einfach die Thematik von dem LI, das sich selbst einfach viel zu wichtig nimmt und an seinem egozentrischen Handeln letztlich zu Grunde geht.
Für mich sehr gelungen, auch wenn wie gesagt die Struktur mir erst einmal fremd erschien.
Gerne Gelesen,
KK
_________________ "Auge um Auge - und die ganze Welt wird blind sein." (Mohandas Karamchand Gandhi) |
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dschingis Eselsohr
Alter: 52 Beiträge: 305
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23.12.2010 06:21
von dschingis
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Hallo Longo,
es muss ein großer Schmerz sein, der sich so ausdrückt. Ein Schmerz, den einer alleine nicht verursacht hat(oder doch?) und den einer alleine nicht tragen kann, darum streut das LI ihn in die Welt ... zumindest als Ausdruck der Intensität. Eindringlich und nahezu überwältigend geschrieben. Ein kleines Juwel. Ich sehe das Blitzen und Funkeln, Du spielst im Text mit einer Szenerie, um etwas Überdimensionales zu zeigen, das ist Dir sehr gut gelungen.
Klassetext, der mich sehr berührt hat.
Gruß,
Bianka
_________________ Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst.
Voltaire
zuletzt appeliert alles Erzählen an ein latentes Vorwissen des Lesers - und bleibt in seinem Gelingen von dessen Fülle abhängig. - Hans Wollschläger |
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MosesBob Gehirn²
Administrator Alter: 44 Beiträge: 18339
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24.12.2010 10:21 Re: Aufschlag und Ende von MosesBob
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Moin Longo!
Schönes Comeback, starker Text. Meiner Meinung nach schwächelt er minimal an zwei Stellen: Die Schlusssequenz zieht sich zu sehr in die Länge und endet mit dem Sprung aus dem Fenster zu platt. Dort hätte ich noch einen kleinen Zungenschanlzer erwartet. Da mir die Szene mit dem Bergsteiger gut gefiel, den du auf den Weg nach unten würgst, hatte ich regelrecht erwartet, dass du dasselbe auch mit dir auf dem Weg nach unten machst. Wäre ein schönes Déjà-vu gewesen. Außerdem gefällt mir diese Formulierung nicht (zu proletisch/hollywood-like):
Longo hat Folgendes geschrieben: | Die Sonne ist mir nicht zu heiß, ich zer-
schlage sie zu Brei, es wird Nacht. |
Vorschlag: "ich verpass ihr eine". Frag mich nicht warum, aber interessant finde ich auch: "Die Sonne ist mir nicht zu heiß, ich stech ihr die Augen aus, es wird Nacht."
So oder so: Starkes Stück. Mir gefällt's.
Beste Grüße,
Martin
_________________ Das Leben geht weiter – das tut es immer.
(James Herbert)
Die letzte Stimme, die man hört, bevor die Welt untergeht, wird die eines Experten sein, der versichert, das sei technisch unmöglich.
(Sir Peter Ustinov)
Der Weise lebt still inmitten der Welt, sein Herz ist ein offener Raum.
(Laotse) |
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jim-knopf Dichter und Trinker
Alter: 35 Beiträge: 3974 Wohnort: München
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24.12.2010 12:29
von jim-knopf
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Ein Lichtblick
Beeindruckender Text. Ich nominiere das mal.
Gruß
Roman
_________________ Ich habe heute leider keine Signatur für dich. |
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Longo Klammeraffe
L Alter: 34 Beiträge: 890
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MrPink Lyromane
Alter: 53 Beiträge: 2431 Wohnort: Oberbayern
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10.01.2011 23:06
von MrPink
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Grad durch den kleinen Literaten entdeckt und für extrem stark befunden.
Fällt mir nix zu ein, einfach nur gut.
schönen Abend
andi
_________________ „Das Schreiben wird nicht von Schmerzen besorgt, sondern von einem Autor.“
(Buk) |
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Andi Fontäne Eselsohr
Alter: 37 Beiträge: 268
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15.01.2011 17:38
von Andi Fontäne
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Ein stilistisch ansprechender Text, der das Gefühl der Wut, des Sich-Vergessens sehr gut darstellt.
Mir gefällt die Stelle, wo die Sonne zu Brei geschlagen wird und es Nacht wird. Kombiniert mit dem fliegenden lyrischen Ich, kommt bei mir die Assoziation mit einem wütenden, amoklaufenden Superman, der an Liebeskummer leidet in den Kopf.
Werde ich sicher noch einige Male lesen.
Grüße
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