Relativ moralisch

[bookwriter]

Der allgemeinen Besorgnis
eines Verfalls der Moral,
beklagt von den Medien,
kann widersprochen werden.
Es steht alles zum Besten.

Moral, so ist zu erfahren,
ist nicht mehr als die Regel des Handelns
bestimmter Personen, Gruppen oder Kulturen,
sofern sie sozial erwartet und anerkannt werden.
Das leuchtet ein.

So wird denn einerseits klar,
dass aus moralischer Sicht gegen Managerboni,
in welcher Höhe auch immer,
kein Einwand zu gelten hat.
So sagt es die Regel.

Zum anderen ist jedoch zu bemerken,
dass Hinterziehung von Steuern
sowie Konten in Liechtenstein
bei Hartz IV-Empfängern
gegen alle Moral verstoßen.

Wenn man es so betrachtet,
ist allerdings auch jeder Taliban,
der üblicherweise dem Leben ein Ende setzt
indem er den Sprenggürtel zündet,
ein hoch moralischer Mensch.
 
Selbst wenn diese Sitte auf uns
derzeit noch ein wenig befremdlich wirkt.

[bookwriter]

Der ursprüngliche Titel "Richtigstellung" war wohl doch zu allgemein, um Interesse zu erzeugen. Ich versuche es mit einer dem Inhalt angenäherten Überschrift noch einmal.
Man liest sich.

[Michael Lüttke]

Natürlich  schlüssiger und sehr nachvollziehbarer Text.
Aber die Strophen mussten nicht sein, weil es ein zusammenhängender Text ist.

Sozusagen ein Kommentar.
Nichts Lyrisches !!!!!!!!
(Aber gut )

[bookwriter]

Ich glaubte, deutlich unterschiedliche Aspekte in Verse  zu gliedern. Beim Lesen hätte ich hier eine kleine Pause gemacht. Je nun...

[Merlinor]

[Sternenfänger]

Hallo bookwriter,

ich habe deinen Text gern gelesen.

A L L E S, jeder Wert, jede Moralvorstellung, jeder Standpunkt ist abhängig von der jeweiligen Perspektive und damit absolut relativ.
Diesen Umstand stellst du deutlich und flüssig lesbar dar.

[bookwriter]

@Sternenfänger, stellvertretend für alle Anderen: danke, ich fühle mich gut verstanden. Scheint es doch so, als ob auch eindeutige Inhalte und unmissverständliche Formulierungen in diesem Kreis akzeptiert werden.
Und: nein, als Lyrik würde ich es auch nicht bezeichnen. Meine politischenGedichte nenne ich gern "Minimalprosa", aber diese Versuche, einen Gedanken knapp und genau auf den Punkt zu bringen, führen bei mir eben zu dieser Form.