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Schmierfink
Lyroholiker

Alter: 34
Beiträge: 1172



Beitrag15.10.2010 15:33
Schwarzlicht
von Schmierfink
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So weit war sie zuvor nie gegangen. Weiter durch das Dickkicht der Bäume deren finstere Kronen über ihr prangten und weiter wurde sie getrieben. Ihre einzigen Begleiter das seltsames Lied der Blätter dieser Nacht und die traurigen Namen, die der Wind in die Dunkelheit flüsterte. Nicht ein Blick zurück und doch war sie ohne jede Zukunft in glitzernden Traumwelten. Eine unsagbar schöne junge Frau, aber der Schein trügte. Sie war nie eines jener Mädchen gewesen, das sich wohl fühlte unter schmachtenden Blicken, zwischen gekünsteltem Gelächter und Papas schönen Geschichten groß geworden. Strauchelte, musste langsamer vorangehen von nun an, um nicht mehr so schwer zu stürzen. In ihren Beinen pochte der Schmerz, ob des dornigen Gestrüpps in dem sie sich verfangen hatte, immer wieder und der Gedanke an das unveränderlich Vergangene brannte in ihrem Gesicht mit der salziger Gewissheit: Puppen und Kleider waren genug verschlissen und niemand würde ihm folgen auf diesem Pfad, dem hoffnungslosen Kind.
Kleine, zögernde Schritte, die sie den Weg entlang trugen, wie auf dem Wasser schwankende Schiffchen, das war alles, was sie mit der Zeit noch fühlte. Ihre Welt ein Orkan aus gemischten Gefühlen. Um sie herum kein Stock und kein Stein, nur die Stille. In ihr überschlugen sich die Gedanken und kamen zu keinem Ende, das brauchbar gewesen wäre, während sie weiter vorstieß in das ihr Unbekannte. Um Erlösung.

Fast konnte sie sie riechen, wie sie so den verschlungen Pfad entlang hastete, jene bitterliche Mixtur aus nicht mehr wollen und doch müssen und deren süßen Stachel in ihrem eigenen Fleisch fühlen. Der Schauer von Gruselgeschichten am Kinderbett und die Erwartung das Unverhandelbare verhandeln zu müssen, mit den ersten geliebten Lippen. Salzig quoll sie ihr aus den Poren, diese ängstliche Freude, und tränkte die kühle Luft in Wehmut. Jeder Tropfen ein Indiz für das, was menschlich war an ihr in der alles umfangenden Dunkelheit.
Dumpfe Schläge in der Nacht. Trommeln, irgendwo Tiergestammel, letztlich dann der Tod? Sie ängstigte sich so sehr, wollte doch unbedingt, dass einmal alles richtig war, bevor sie starb.
Stunden mussten sie her sein die letzten Lichter mit ihrem herzlichen Schein und kaum erinnerte sie noch der dahingesagten Worte Laslos, der sie, wie jeden Abend, gebeten hatte mit seiner fistelnden Stimme, doch nicht zu gehen und wieder vergebens.

Sie liebte ihren Bruder - natürlich. Man liebte seinen Bruder, wie eine Schwester ihren Bruder eben liebt und so liebte man. Die Wahrheit?
Keine Worte finden und wieder verlieren müssen. Da war etwas, wovor ein Unbehagen niemals verleugnet werden kann, das uns doch packt und hin und her wirft auf dem Meer unserer Leidenschaften, wie ein plötzlicher Sturm auf hoher See. Boote sind wir in seinem Auge und ertragen die Ruhe, bevor es hell wird in unseren Herzen.
Es waren solche seltsamen Momente, die man nie erlebt haben, nah an sich heranziehen und doch verleugnen will: Die entstellten Unfallopfer deren Leiden eine Sensation ist. Stunden als stünde die Zeit, wie Tage an himmelblauen Küsten
ohne auch nur eine Ahnung zu haben was eine Uhr ist. Ob dort Jemand zu Tode kam? Zeitlosigkeit in der Umklammerung starker Arme - egal wie groß die Angst ist, Nichts zu sein. Das Sein und das Nichts, wir irgendwo dazwischen.
Alles nur ein Gemisch von Stimmungen, in dem fragilen Netz unseres Geistes.
Innerste Bedürfnisse vom Licht einer Sonne durchdrungen, wie Spiegelsäle in denen die Akteure Tänzer sind auf den Scherben unserer Sehnsüchte. Mit geschickten Schritten ringen sie um den einen Moment da sein im Auge des Betrachters, der niemals den Tod bedeutet. Das Leben: Die Hoffnung wider alle Hoffnung.

Laslo hatte nicht lange zu leiden. Liebevoll umfassten ihre schlanken Finger seinen Hals, drückten und schoben, genau wie er es mochte. Dieses Ringen mit ihr, der Luft und dem Tod. Es verschaffte ihm eine seltsame Art der Befriedigung. Als fände er erst in diesen Ketten die Freiheit zu atmen.
Langsam zog er ihren Körper weiter auf sich und schon fühlte sie seine fordernden Hände ihren Rock hochschieben. Die Stöße seines Atems an ihrer Haut, erregend.  Immer fester spürte sie seine Geilheit an ihrem Schoß, vor der ihr grauste. Immer fester drückte sie einen Hals zu, während sie merkte, wie das Schlafmittel, welches sie ihm ins Abendmahl gerührt hatte, zu wirken begann. Schon wurden seine Bewegungen weniger heftig. Härter, schneller pressten ihre zitternden Finger auf seinen Adamsapfel ein, bis Laslo feststellen musste welch kostbares Gut Luft eigentlich war.
Ein letztes Mal sah er sie an mit dem Dunkel seiner weit aufgerissen Augen, bevor er seine im Todeskampf verkrampfte Faust sinken ließ, als wollte er selbst im Sterben noch ein Mal über ihren Arm streichen.
Im dumpfen Schein der Lampe spiegelte sich ein Lächeln im einzigen Fenster ihrer Behausung. Sie war zur Frau geworden.

(Wird mit noch einem etwa gleich langen Teil fortgesetzt, Gnade euch armen Lesern Razz, naja vielleicht will ja sogar jemand wissen, wie es weiter geht^^)



_________________
"Ein Kluger bemerkt alles, ein Dummer macht über alles seine Bemerkungen."
Heinrich Heine

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Max Frisch

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Georg Büchner
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Ilona
Klammeraffe
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Beiträge: 558
Wohnort: irgendwo in Hessen


I
Beitrag15.10.2010 20:45

von Ilona
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Hi Scvhmierfink

mir fällt auf dass die Prota keinen NAmen hat der Laslo aber dooch. Weshalb? Die Prota bleibt eine schemenhafte Gestalt, ist das beabsichtigt? Wenn nicht würde ich als Autor näher herangehen und sie als person zeigen oder noch besser den Leser mitgehen lassen.

Ausserdem sind mir abgegriffene Formulierungen aufgefallen, was mich denn doch gewundert hat.

Zitat:
Eine unsagbar schöne junge Frau
Ne oder?

Zitat:
Sie war nie eines jener Mädchen gewesen, das sich wohl fühlte unter schmachtenden Blicken, zwischen gekünsteltem Gelächter und Papas schönen Geschichten groß geworden.

was das mit Schönheit zu tun hat erschliesst sich mir nicht.

Zitat:
Kleine, zögernde Schritte, die sie den Weg entlang trugen


Mich tragen meine Beine wenn ich kleine Schritte mache Smile

Zitat:
jene bitterliche Mixtur aus nicht mehr wollen und doch müssen


mehr von solchen Sätzen bitte, da geht doch was

Zitat:
Alles nur ein Gemisch von Stimmungen, in dem fragilen Netz unseres Geistes.
Hier quatschst Du als Autor dazwischen, das kommt nicht gut.

Zitat:
Sie war zur Frau geworden.


Das erinnert mich an gewisse Schreiber die im vorigen Jahrhundert sehr modern waren.

Kurz und gut, es liest sich unausgegoren. EIn Prosastück braucht eine Handlung wenn es fesseln soll. Du scheinst Dir eine ausgedacht zu haben, aber sie kommt nicht genügend durch.

Grüße von

Ilona
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Gast







Beitrag16.10.2010 11:36

von Gast
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Hallo Schmierfink,

war jetzt zum zweiten mal da, und möchte doch etwas zu deiner Geschichte sagen, die wie ich finde, eigentlich fast so stehen bleiben könnte, wenn wir sie (ja, wie heisst sie) nicht am beginn auf der flucht beobachtet hätten, also klar, ich möchte dann auch wissen, wohin der weg sie führt.

dein thema ist so eins, da fragt man sich, will man darüber reden? und dann wieder: who's afraid of words (f.zappa)? etwas verschwindet nicht deshalb, weil man darüber schweigt...

dein sprache ist für mich ein bisschen sehr dicht, ich kann allerdings verstehen, dass man es eilig hat, man zehntausend dinge in einen satz packen will, als wäre man morgen nicht mehr da.

ein beispiel nur, wo es dann wirklich gehakt hat bei mir:

Zitat:
Es waren solche seltsamen Momente, die man nie erlebt haben, nah an sich heranziehen und doch verleugnen will: Die entstellten Unfallopfer deren Leiden eine Sensation ist. Stunden als stünde die Zeit, wie Tage an himmelblauen Küsten
ohne auch nur eine Ahnung zu haben was eine Uhr ist.



Wenn du genau hinschaust, dann wirst du dich fragen: welcher leser wird sich die zeit nehmen oder auch die mühe machen, hier nicht einfach drüberhinwegzulesen? und dabei hast du hier mindestens drei für dich wichtige aspekte des lebens, fühlens, beobachtens mit hineingepackt.

was, frage ich dich, hindert dich daran, ein bisschen auf den leser zuzugehen und, sagen wir, zwei oder gar drei sätze hier zu schreiben, bei denen wir nicht extra nochma nachschauen müssen, ob auch alles stimmt?

ich gestehe dir zu, dass dies eine art zu schreiben ist, und ich verstehe auch, dass du nicht nach beifall heischest, aber darum geht es mir nicht.

auch sätze, die deutlicher sind, müssen weder trivial noch tumb sein; und wer es mit schnörkeln übertreibt, muss damit rechnen, einen sonst wohlwollenden leser zu verschrecken.

ich hoffe, du fühlst dich nicht angegriffen, das liegt nämlich nicht in meiner absicht, ich liebe kryptisches, manchmal und grausame dinge in einer milchigen verpackung lässt sie manchmal noch deutlicher erscheinen, denn: wir müssen nah ran, vielleicht sogar die verpackung wegreissen,

jetzt aber genug

viele grüsse, ich lese weiter,


anja
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Schmierfink
Lyroholiker

Alter: 34
Beiträge: 1172



Beitrag16.10.2010 14:45

von Schmierfink
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Hey Ilona,

vielen Dank gleichmal fürs Lesen, bin wirklich für jeden Leser dankbar, der sich meine prosaischen Versuche mal anschaut, du merkst ja, da ist noch einiges zu tun.

Das meine Protagonistin keinen Namen hat ist schon meine Absicht, ob das gut ist ka. sie sollte halt wie du sagst, eher unbestimmt bleiben, wie das ganze Geschehen, hab vielleicht ein bisschen viel Kafka gelesen letzte Zeit.^^ Nicht das ich mich mit ihm verglichen will, Gott bewahre, aber ich wollte hier auch mal ein eher unverfügbares Geschehen beschreiben und den Leser mit einem schemenhaften Dunkel konfrontieren. So richtig klappst ja nicht.

Du kritisierst auch die eher ausgelutschten Phrasen, naja ich wollte stilistisch einfach mal was konventionelles schreiben, Entschuldigung ist das natürlich keine, sehe ich schon ein, das man einiges "besser" formulieren kann.

Nur wegen der Kritik an dem Kommentar, das sehe ich ein wenig anders. Bin ja nicht ich, der Autor der sich da äußerst, sondern ich verwende ja legitimerweise einen kommentierenden Erzähler, keinen personalen. Er ist ja nicht auf die Gedanken und Beobachtungen der Prota beschränkt, dass dir das nicht gefällt ist natürlich absolut legitim, nur gegen die Generalisierung wehre ich mich, gebe dir aber Recht, dass man den Erzähler vielleicht deutlicher herausarbeiten müsste....

Vielleicht freut, es dich, sofern du überhaupt noch weiterlesen willst, das Teil 2 deutlich mehr Handlung als Betrachtungen aufweist.

Danke für deine Ansichten, hat mir schon ein echtes Stück weitergeholfen, auf meinem gewundenen Wege.


Hey Lorraine,

ok, das klingt ja schonmal garnicht so schlecht, du hast das Zeug zweimal gelesen und bist zumindest noch nicht abgeschreckt. wink
Ja, wie heist sie? Einen Name hatte sie sogar mal, hab ich dann aber Ersatzlos gestrichen, um sie weniger greifbar zu machen und das Geschehene unbestimmter, was aber ein Fehler gewesen sein könnte, mal schauen, galube dazu muss man auch den ganzen Text kennen...

Das sehe ich jetzt mal positiv, da das Thema dich ja zumindest beschäftigt, das soll Literatur finde ich erreichen.

Du hast schon Recht mit dem Stil, wobei ich eh schon versucht habe mal konventioneller zu schreiben, aber stimmt, die Schachtelsätze finde ich dann mit etwas Abstand auch zu viel, macht nicht viel Freude auf Dauer.
Wobei ich den einen oder andern Halbsatz schon mal ganz kuhl finde, so Selbstlob wieder aus.^^

Angegriffen fühle ich mich garnicht, keine Sorge, du hast im Grunde ja absolut Recht. Werde schauen das ich das umarbeite und dann den zweiten Teil auch leserfreundlicher präsentieren kann. Auch dir danke ich sehr, für dein Interesse.

lg
Schmierfink


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Ilona
Klammeraffe
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I
Beitrag16.10.2010 17:56

von Ilona
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Hi Schmierfink

Zitat:
Nur wegen der Kritik an dem Kommentar, das sehe ich ein wenig anders. Bin ja nicht ich, der Autor der sich da äußerst, sondern ich verwende ja legitimerweise einen kommentierenden Erzähler


Natürlich kannst DU aus der Sicht eines kommentierenden Erzählers schreiben nur: dann solltest DU das von Anfang bis Ende durchhalten. Der Text ist aus der Sicht des Mädchens geschrieben und kommentiert die Ereignisse eben nicht. Der Autor schildert nur die Vorgeschichte, soweit sie notwendig ist, das ist ken eigenständiges Kommentieren

Entweder kommtentierst Du mehr als Erzähler - sehr gefährlich, Du wirst dann leicht geschwätzig und kannst Dir das nur als ausgezeichneter Stilist leisten - oder Du bleibst eben dabei, alles aus der Position des Mädchens zu berichten. Wenn Du letzteres wählst, darf es aber nicht unseres Geistes heissen.

Grüße von

Ilona
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Schmierfink
Lyroholiker

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Beitrag17.10.2010 01:42

von Schmierfink
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Haste Recht Ilona, geb ich zu! Muss ich ändern, werde mich dann wohl doch für den personalen Erzähler aus ihrer Sicht entscheiden, ist wohl die weit bessere Übung.

Lieben Dank nochmal.

lg
Schmierfink


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Schmierfink
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Beitrag28.10.2010 16:33

von Schmierfink
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So für alle die nicht darauf gewartet haben, hier folgt letztendlich doch die Fortsetzung:

Alles hinter ihr gelassen dort im Mondschein. Ziel ungezählter Streifzüge seit frühester Kindheit; das war nun also, was sie immer erträumt hatte - der Altar. Ein von den Dorfbewohnern gefürchteter Ort, um den sich ungezählte Legenden rankten. Geschichten wurden erzählt an den wärmenden Feuern der Winternächte: Von blutbesudelten Kultfeiern, Männern, die mehr Tier als Mensch waren und einer seltsamen Stimme aus den Tiefen des Gesteins, so alt wie das Dunkel selbst. Sie hoffte dort zu finden, was sie nie besessen hatte. Den Mut für das was noch kam und genug Stärke für Gewesenes. Das Ziel jedenfalls, war erreicht.
Ein finsterer Traum aus Marmor erhob sich fordernd, ein Objekt wie aus den ängstigenden Fantasien ihrer Kinderträume: Die leblose  Einsamkeit des Todes in ihrer totalen Endgültigkeit.

In der Luft lag der Geruch abgebrannter Kerzen. Sie hörte ein Kind vor dem Fenster lachen, während Laslo unter Stöhnen seine Hände über ihren Körper gleiten lies. Träume zerplatzten am orangenen Horizont.
Es war des Mädchens zehnter Geburtstag, das erste mal, dass ihr Bruder sie berührte, mit seinen verkrüppelten Händen.  
Wie sie die Abende verfluchte, an denen Laslo stockbesoffen aus der Kneipe kam, in der er alleine im Eck sitzen musste, der "Hundemensch". Er tat dann diese Dinge mit ihr. Sang ihre Schlaflieder mit seinem Keuchen.

Ihre Gedanken kehrten zurück zu der trostlosen Landschaft vor ihr und dem beeindruckenden Bauwerk. Nie zuvor, war sie wirklich so ohne Trost gewesen, hatte sie so etwas gesehen. Wie die vier weißen Säulen aus der Erde ragten , als wären es Klauen, der Altar in düsteren Farben glimmte und doch keine Lampe auszumachen war. Das Mädchen konnte zwar, aus der Entfernung erkennen, dass etwas an den Spitzen der Türme hing, jedoch in der Dunkelheit noch nichts Genaueres bestimmen. Hingegen die Details des eigentlichen Altars, der auf einer kleinen über alabasterne Stufen zu erreichenden Plattform in der Mitte gelagert war, sprangen ihr sofort ins Auge. Er bestand aus dunkel schwarzem Gestein, in welches kunstvolle Ornamente gearbeitet waren und glomm mit durchdringender Intensität. Schon aus der Ferne wurde ihr bewusst, dass unmöglich ein Handwerker der Umgebung, oder gar ihres Dorfes ihn gefertigt haben könnte. Wie in Trance näherte sie sich den herrschaftlichen Stufen, ihr Blick gebannt auf den Mustern im Stein.
Langsam erkannte sie, was die filigranen Linien und tiefen Kerben, die mit kaum zu ermessender Kunstfertigkeit gearbeitet waren, darstellten.
Berge von Toten, dahin geschlachtet von zweibeinigen Kreaturen. Manche befanden sich noch im Kampf mit ihren Peinigern, sie wurden durchbohrt und zerschnitten, zur sichtlichen Freude ihrer Mörder. Linien nur, die entschiedenü ber Leben und Tod. Kurz wurde ihr schwarz vor Augen, Bilder der Vergangenehit traten ihr in den Sinn.

Sie sah ihn genau vor sich mit den schwarzen Narben auf der Brust. Hörte seine schmerzerfüllten Silben sich in der Luft verhaspeln. Die anderen Dorfbewohner, die selben, die sie öfter mit Dreck bewarfen, hatten ihren Bruder, wie ein reudiges Tier über die Hauptstraße getrieben. "Dieser Bastard", sagten sie, solle es nicht noch einmal wagen, sich einer ihrer Töchter zu nähern. Glühenden Stöcke lehrten ihn diese Lektion und lehrten die junge Frau, dass Worte zweischneide Schwerter waren. An diesem Tag hatte sie sich gewünscht taub zu sein, als die Tränen ihres Bruders sich auf ihrem Kleid verliefen.

Von diesen Bildern wirr und verstört, war sie gezwungen sich kurz zu fassen, innezuhalten, noch bevor sie den Altar ganz erreicht hatte; stütze sich an eine der Säulen, während sie langsam auf die letzte Stufe sank. Ihre Beine hielten sie nicht mehr, der schwere Kopf strebte gegen Boden, konnte dennoch nicht aufhören die Szene auf dem Stein weiter zu betrachten. Alle Anstrengung richtete sie darauf. Die lachenden Gesichter der Schlächter, die fast erhaben wirkenden aus zarten Strichen zusammengefügten Leichentürme. Es war furchtbar anzusehen.
Schauerlich lief etwas warmes über ihre Stirn, die sich sonderbar kalt anfühlte. Mit letzter Kraft strich sie sich über den Haaransatz, fast stockte ihr der schwache Atem, als sie wieder auf ihre Hand sah. Überall war jetzt Blut. Erneut trafen sie einige Tropfen, diesmal an der Schulter. Ihr wurde Angst und Bange, aber nicht einmal für richtige Furcht hatte sie noch die Stärke, Laufen, Schreien hätte sie sowieso nicht mehr können, bevor sie das Bewusstsein verlor. Sie begann zu träumen:

Es regnete seit Wochen. Der Dorfvogt war gerade wieder gegangen und weinend berichtete die Schwester ihrem Bruder davon, dass die Dorfversammlung beschlossen hatte, sie beide auszustoßen. Man hätte keinen Platz mehr für solche Missgeburten. Das Wort hallte immer noch schneiden in ihren Ohren.
Vater- und Mutterlose Sträuner waren sie, ohne Wert und Rechte. Ihr Bruder ein verkrüppeltes Tier und sie von minderer Intelligenz, so hatte sie es gelernt. Dann ein Schlag ins Gesicht, alles wurde schwarz und sie erwachte ohne Namen.

Ein wunderbar milder Herbsttag war angebrochen und sie fand sich allein in dem heimatlichen Wald, der ihr so vertraut,  das Geschehene kaum begreifend. Weder erinnerte sie sich an den Ort der letzten Nacht, noch an die schrecklichen Vorkommnisse. Verwirrt wie sie in das Dickkicht der Bäume gelangt war, begab sie sich auf den Weg zurück in ihr Dorf. Viele Stunden wanderte sie über verschlungene Pfade, eher sie ihre Heimat erreichte, die sie verlassen vorfand.
Sie suchte den restlichen Tag, schrie und weinte und war doch ganz allein.
Im laufe der nächsten Tage und Wochen, machte sie immer ausgedehntere Streifzüge in die Umgebung des Dorfes, auf der Suche nach Nahrung und Brennholz, manchmal fand sie dabei die eine oder andere Leiche. Wenige Wochen später starb auch sie.

Ende


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Ilona
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Beitrag29.10.2010 21:54

von Ilona
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Hi Schmierfink,

der ganze Text hat unbestreitbar was, Deine Sprache taugt gut für dunkle Geheimnisse.

Aber: Auch die dunkelsten Geheimnisse sind letztendlich Geschichten, die sich im Nachhinein als schlüssig erweisen sollten.

Du arbeitest mit Andeutungen, aber wenig zielgerichtet. Da werden zwei Kinder aus der Dorfgemeinschaft ausgestossen, zwischendurch begrabscht der Bruder die Schwester, sie wird zur Frau als sie in umbringt und Papas Tochter war sie nie gewesen. Zudem wird das ganze mit schwarzen Messen auf einem Marmoralter gewürzt, den die Kinder wohl gut kenen, der aber trotzdem das heißersehnte Ziel ist (?)

Das hätte für zwei Geschichten gelangt, und die wären auch noch geheimnisvoll und finster gewesen. Ein bisschen mehr Handlungsunterbau fände ich wüschenswert.

Dann ist mir eine Stilschlamperei aufgefallen. Das ganze spielt zu Zeiten, als man Brennholz sammelte und dem Aberglauben verfallen war, und im ersten Teil ist von Papa die Rede?

Wenn Du Geschichen schreiben möchtest (und du könntest das bestimmt gut) wirst Du um schnödes Handwerk nicht herumkommen. Vielleicht raffst Du Dich ja auf, ich mag so Geschichten.

Grüße von

Ilona
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Schmierfink
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Beitrag30.10.2010 15:46

von Schmierfink
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Hey Ilona,

danke fürs Lesen, schön das es dir ein wenig gefallen hat.

Da hast du wohl Recht, die Andeutungen verwende ich zwar bewusst, aber das kann einem einem zu leicht als blosses Auslassen und Gewirr von Handlungssträngen erscheinen! Ein wenig viel wohl, was ich da reinpressen wollte....

Danke, das mit dem Papa, wäre mir so garnicht aufgefallen, passt aber wirklich nicht zur sonstigen Geschichte.

Danke für die Klammer. wink Mal schauen, so sicher bin ich mir da nicht, versuche aber mehr Romane zu lesen zur Zeit und sogar ne Einführung in die Erzähltheorie, taugt aber mehr zu Analyse und Interpretation und so.^^

Danke für deine Meinung.

lg
Schmierfink


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