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Begon Wortedrechsler
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Beiträge: 66
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B 07.10.2010 19:32 Stimmung von Begon
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Wütend schleudere ich mein Heft zur Seite, stoße meinen Schreibtischstuhl zurück und fahre in die Höhe. Diese verdammte Lernerei! Eine Stegreifaufgabe nach der anderen. Schulaufgaben, Referate, Projekte, Partner- und Gruppenarbeit, Abfragen! Ich reibe mir mit den Fingerspitzen die Schläfen, starre den Berg von Heften an, die noch unberührt auf dem schweren Mahagonitisch liegen, den ich als Schreibtisch benutze.
Mein Schädel dröhnt, als würde er jeden Moment zerspringen, und ich befürchte, in meinen Augen lodert der gleiche Blick, den ein Serienmörder hat, kurz bevor er seine Kettensäge anschmeißt. Wie weit ist die unbeschwerte Kindheit plötzlich weg! Gestern noch mit Barbies gespielt, heute schon auf Ausbildungsplatzsuche und morgen schon im Altenheim.
Ich blicke hinaus in den Regen, der so rhythmisch an mein Fenster trommelt. Das Wetter passt zu meiner Stimmung. Seufzend lasse ich mich wieder nieder, greife erneut nach meinem Biologieheft. „Die Weinbergschnecke – Lebensraum, Ernährung und Unterarten“ – was für ein interessantes Thema. Erneut massiere ich meine Schläfen. Der bohrende Druck hinter den Augen lässt einfach nicht nach. Vielleicht liegt es da dran, dass die Buchstaben und Zeilen immer wieder vor meinen Augen verschwimmen. Ich sehe auf meinen kleinen Radiowecker. Fast 20:00 Uhr. Und noch nicht einmal halb fertig! Wehmütig starre ich meinen kleinen Fernseher an, der am hinteren Bettende steht. Wird wohl nichts, mit meinem Date mit Käpt’n Jack Sparrow.
Erneut senke ich meinen Blick, versuche mir die verschiedenen Arten der Weinbergschnecke einzuprägen – und kapituliere schließlich. Lange nachdem ich das Heft zugeklappt habe, starre ich noch immer hinaus in den Regen und frage mich wann aus dem Kind mit der unerschöpflichen Energie die blasse junge Frau geworden ist, die sich nun verschwommen im Fenster spiegelt.
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lady-in-black Bitte nicht füttern
Beiträge: 1474 Wohnort: Killer Förde
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07.10.2010 23:04
von lady-in-black
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Hallo Inkognito,
ich versuche gerade als absoluter Neuling die goldene Regel Nr. 6 zu trainieren. Daher von mir weder eine Kritik noch irgendwelche Ratschläge, sondern nur die Wiedergabe eines ganz spontanen Eindrucks:
Ich hatte echte Schwierigkeiten auf Anhieb zu erkennen, ob nun eine Schülerin, eine Lehrerin oder sogar eine Uni-Professorin für Biologie schreibt.
Die Aufgabe "Die Weinbergschnecke – Lebensraum, Ernährung und Unterarten“ hat mich echt irritiert... aber vielleicht ist meine Schulzeit ja auch nur einfach zu lange her
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Akiragirl Dünnhäuterin
Alter: 33 Beiträge: 3632 Wohnort: Leipzig
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09.10.2010 18:41
von Akiragirl
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Hallo Inko,
das Thema deines Textes ist mir wohl vertraut und du hast die „Stimmung“ (wie dein Titel schon sagt) dieses Gefühls auch recht gut eingefangen. Leider wirkt es stellenweise etwas unreif bzw. pubertär, ein wenig „Null Bock Stimmung“, wie ich in meiner Teenie-Zeit immer gesagt habe. Ich denke aber, so sollte der Text nicht wirken, sondern eher wie die ernsthafte Suche nach Sinn einer Frau, die des „Alltagstrotts“ müde ist.
Deshalb vielleicht etwas „reifer“ schreiben, solche Dinge: Mein Schädel dröhnt, als würde er jeden Moment zerspringen, und ich befürchte, in meinen Augen lodert der gleiche Blick, den ein Serienmörder hat, kurz bevor er seine Kettensäge anschmeißt. eher weglassen. Sie beißen sich zu sehr mit dem Ende.
Achja, dieser Satz hat mich etwas gestört: schweren Mahagonitisch liegen, den ich als Schreibtisch benutze Klingt so doppelt gemoppelt.
Liebe Grüße
Anne
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tomconrad Schneckenpost
T Alter: 64 Beiträge: 5 Wohnort: herford
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T 10.10.2010 15:18
von tomconrad
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Hallo,
also ich finde den Text durchgehend gelungen, ich kann die Stimmung gut nachvollziehen. Keinesfalls halte ich einige Formulierungen für unreif, lediglich der letzte Satz scheint mir ein wenig zu theatralisch.
Du könntest diese Szene als Anfang einer Geschichte nehmen, in deren Verlauf sich , zum Beispiel durch ein Ereignis, die Stimmung komplett umkehrt.
Ist vielleicht einen Versuch wert.
Beste Grüße
tomconrad
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Charlson Gänsefüßchen
Alter: 52 Beiträge: 19 Wohnort: Am Ende der Welt
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10.10.2010 17:45
von Charlson
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Hallo,
da gebe ich den anderen recht. man weißt nicht wirklich, wer es ist und wie alt sie ist. Und dass sie eine sie ist, erfährt man als letztes, was mir wirklich gut gefällt. Auch wenn es theatralisch ist.
Sonst ließt sich das ziemlich gut, mit einem Gefühl der Depression und/oder Melancholie.
Wenn das ist was du wolltest, dh. den Leser irritieren, das hast du erreicht
Aber sehr interessant, ich mag nicht diese gradlinigen Geschichten, wo man am Anfang gleich alles weiß. Auch wenn ich zu diesen Geschichten neige.
Gruß Charlson
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dschingis Eselsohr
Alter: 52 Beiträge: 305
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21.10.2010 12:11
von dschingis
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Hey I.
fein beschriebene Stimmung, Deine Satzanfänge gefallen mir. Dieser Text liest sich flüssig und Du führst den Leser verständlich in das Gefühl hinein, welches sich einstellt, wenn wir uns vom Druck des Außens überwältigt empfinden und das Spiegelbild zur blassen Unkenntlichkeit verschwimmt.
Ein besinnlich machender kleiner Text, der mich an mein inneres Kind erinnert. Gut gemacht!
Liebe Grüße,
Bianka
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Ahriman Klammeraffe
Alter: 89 Beiträge: 705 Wohnort: 89250 Senden
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21.10.2010 12:21
von Ahriman
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Der Text ist gut. Lediglich hier:
Zitat: | estern noch mit Barbies gespielt, heute schon auf Ausbildungsplatzsuche und morgen schon im Altenheim. |
da muß das erste "schon" raus.
Die Metapher mit dem Serienmörder ist großartig, sehr wirkungsvoll.
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Ernst Clemens Klammeraffe
Alter: 77 Beiträge: 594 Wohnort: München
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21.10.2010 16:40
von Ernst Clemens
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hallo inko,
diesen satz habe ich gleich in meine sammlung gelungener formulierungen aufgenommen: Zitat: | in meinen Augen lodert der gleiche Blick, den ein Serienmörder hat, kurz bevor er seine Kettensäge anschmeißt. |
herzliche grüße
ernst
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femme-fatale233 Füßchen
Alter: 31 Beiträge: 1913 Wohnort: München
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21.10.2010 18:03
von femme-fatale233
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Hallo Inkognito!
Leider bin ich nicht voll des Lobes, denn für meinen Geschmack bleibt der Text hinter seinen Erwartungen zurück. Er ist mir zu konventionell, es gibt keinen Teil, der ihm eine neue, überraschende Seite gibt.
Klar, es geht um das (er)wachsen an Aufgaben, die die kindliche Seele der jungen Frau überfordern, aber diese Idee wird auf eine Art dargeboten, wie es sie schon so oft gegeben hat. Es ist eine Frustration, die jeder kennt und nachvollziehen kann, aber genau dadurch verliert der Text seinen Reiz - es passiert nichts, das eine neue, spannende Auseinandersetzung mit dem Thema schafft.
Ich hoffe, ich war nicht zu hart,
liebe Grüße,
Carolina
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Begon Wortedrechsler
B
Beiträge: 66
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B 21.10.2010 20:11
von Begon
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Hallo Leute,
ich danke euch für eure Verbesserungsvorschläge, die lobenden Worte und auch für eure Kommentare, hinsichtlich, dass es diese Art eines Textes schon xmal gibt. =)
Ich habe diesen Text geschrieben, als ich mich in genau jener Stimmung befand, die ich beschrieben habe. Zu dem Kommentar "[...]"Null Bock Stimmung"[...]": Das liegt vll. daran, dass ich selbst erst U15 bin und dementsprechend die Pubertät im Prinzip noch vor mir liegt. ;D Ich bemühe mich zwar immer, mein Alter beim Schreiben zurück zu drängen, aber anscheinend schlägt es doch in einigen Passagen durch...
Eure Verbesserungsvorschläge werde ich mir merken, mal schauen, ob ich diesen Text überarbeite. =)
@Ernst Clemens: Das freut mich sehr!
vlG
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