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Seitensprung


 
 
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Pedro
Geschlecht:männlichEselsohr
P


Beiträge: 241
Wohnort: Freiburg


P
Beitrag28.08.2010 10:10
Seitensprung
von Pedro
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Seitensprung

Kaum war er eingeschlafen, als ihn seine Frau  wach rüttelte.
„Die ganze Zeit habe ich wach gelegen, konnte nicht einschlafen, habe auf dich gewartet. Jetzt brauchst du auch nicht zu pennen.“
„Lass mich in Ruhe.“
„Dich in Ruhe lassen? Das könnte dir so passen, ich hatte auch keine Ruhe. Immer diese Sauferei...“
„Ach hör doch auf, lass mich jetzt schlafen.“
Sie rüttelte ihn wieder wach, diesmal gelang es ihr nicht gleich.
„ Jetzt will ich mit dir reden...“
Er wusste, dass sie so weitermachen würde. Ablenken musste er sie. Er richtete sich im Bett auf, zeigte mit dem Finger in eine Ecke des Zimmers.
„Was macht der Mann da?“
„Was für ein  Mann, bist du jetzt völlig wahnsinnig geworden?“
„Na ja, der Mann, der da in der Ecke steht.“
Sie machte das Licht an.
„Wo ist hier ein Mann?“
„Na da, schau doch hin, jetzt geht er in die Küche.“
„Ach hör doch mit dem Quatsch auf. Immer wieder hockst du die ganze Nacht irgendwo rum und lässt dich volllaufen..“
Recht hat sie eigentlich, dachte er. Er trank zu viel, sagte aber:
„An deiner Stelle würde ich mal ganz ruhig sein, was du so treibst!“
„Was?“
„ Du weißt schon was ich meine, ich bin doch nicht blöd!"

Sie schwieg plötzlich, er war überrascht, hatte  an nichts Bestimmtes gedacht. Wusste er etwas nicht, was er hätte wissen müssen? Ihm war bisher nichts aufgefallen.
Hatte seine Frau einen Freund, betrog sie ihn? Unmöglich dachte er, fragte sie aber dann:
 „Wer ist der Kerl? Kenne ich ihn?“
„Welcher Kerl?“
„Na, der Kerl, mit dem du dich triffst, mit dem du ein Verhältnis hast?“
„Von wem redest du? Was für ein Verhältnis?“
„Für wie blöd hältst du mich eigentlich? Glaubst du, ich bin ein Vollidiot? Deine häufigen Besuche beim Ohrenarzt!
Ich habe ihn angerufen“, log er, „er kennt dich überhaupt nicht, ich hab dann gesagt, dass ich wohl eine falsche Nummer gewählt hätte!“
Sie antwortete nicht, bohrte mit ihrer Zunge in einer Backe herum, wie sie es immer machte, wenn sie über etwas angestrengt nachdachte. Ihre langen schwarzen Haare fielen ihr über die Schultern. Attraktiv sah sie aus, begehrenswert.
„Wie lange geht das  schon?“
Sie schaute ihn nicht an, flüsterte dann:
„Drei Monate.“
 „Wer ist er, kenne ich den Kerl? Mit wem hast du mich betrogen?“
 „ Du kennst ihn sowieso nicht.“
„Wie ist es dazu gekommen?“
Sie zögerte längere Zeit, sagte  dann:
„Mit achtzehn habe ich dich geheiratet, jetzt bin ich dreißig. Du kennst nur deine Arbeit, interessierst dich kaum für mich. Wir machen fast nie etwas zusammen. Eine Ehe habe ich mir anders vorgestellt. Ich habe mich manchmal bei dir sehr einsam gefühlt, wollte mit dir reden, aber du warst nicht dazu bereit. Dann kam  ein Mann, der mich beachtete, mir zuhörte, mich in den Arm nahm und zärtlich zu mir war.
Du hast nie um mich gekämpft, mir nie gezeigt, dass ich wichtig für dich bin.“
Sie hatte sich im Bett auf die Seite gedreht, schaute an die Wand.
„Wie soll das jetzt weitergehen? Was stellt du dir vor, was willst du?“
Sie fing an zu weinen.
„Ich weiß auch nicht.“

Werner saß im Garten, schien überrascht zu sein, ihn zu sehen.
„Schön, dass du gekommen bist, wir könnten zusammen eine Flasche Sekt trinken und überlegen, wohin wir das nächste Mal angeln gehen.“
Er  brachte in einem Eiskühler den Sekt, goss beiden ein.
„Prost dann“, sagte Werner.
„Ich muss mit dir reden, brauche deinen Rat, Eva betrügt mich, hat eine Beziehung mit einem anderen Mann.“
Werner sprang auf, setzte sich dann wieder, trank in einem Zug sein Glas aus, schenkte sich gleich wieder ein.
„Was? Mit wem?“
„Weiß ich nicht.“
„Verdächtigst du jemanden?“
„Durch Zufall habe ich es endlich gemerkt, wohl als Letzter. Wer es ist, weiß ich nicht, interessiert mich im Augenblick auch nicht. Ich brauche deinen Rat, was soll ich jetzt machen?“
„Wie bist du denn dahinter gekommen? Wann?“
 „Gestern, als ich von deiner Geburtstagsfeier nach Hause kam, sie hat sich selber verraten.“
„Was hat sie dir denn erzählt?“
„Mir hat sie die Schuld gegeben, ich hätte mich zu wenig um sie gekümmert. Sie hätte deswegen eine Beziehung mit einem anderen begonnen. Mit wem wollte sie nicht sagen.“
Werner stand auf, sagte, er müsse noch schnell einen dringenden Anruf erledigen. Als er zurück kam, goss er noch einmal die Gläser voll.
„Wir haben oft über Evolution diskutiert. Ich glaube, dass sie auch auf Seitensprünge anwendbar ist.
Wenn der Schwanz steht, schaltet das Gehirn ab. Wir werden in unserem Verhalten durch hormonale Schlüsselreize gesteuert, unsere Kulturzeit ist erst kurz. Lustbetont, sind wir alle, Männer und Frauen, programmiert, viele Nachkommen zu zeugen. Ein Seitensprung ist so wenig auszuschließen wie ein Verkehrsunfall.“
Sie hörten ein Auto, Werners Frau war zurückgekommen.
Er merkte, dass ihm ein Gespräch mit seinem Freund nicht weiter helfen würde.
Werner stand  auf und sagte: „Schmeiß sie raus!“

Vor dem Haus stand ein Taxi, Eva kam ihm mit einem Koffer entgegen.
„Rausschmeißen soll ich dich, hat Werner gesagt.“
Sie schaute ihn erstaunt an.
„Das hat dein bester Freund  gesagt? Du hast mich gefragt, wer der Kerl sei, ich wollte es dir eigentlich nicht sagen. Es ist Werner.“
Sie stieg ins Taxi ein und drehte sich nicht noch einmal um.

Bleich lag sie mit geschlossenen Augen da. Kabel und Schläuche waren mit ihr verbunden. Als der Anruf vom Krankenhaus gekommen war, war er sofort hingefahren. Ihr Taxi sei mit einem Lastwagen zusammengestoßen, sagte man ihm. Das musste  passiert sein, nachdem sie von ihm weggefahren war. Sie lag im Koma.
Seit zwei Tagen  saß er an ihrem Bett. Er schaute sie immer wieder an und streichelte ihr über das Gesicht.
Er dachte an alles, was sie vor langer Zeit gemeinsam gemacht hatten, an Wanderungen, Reisen und lange, intensive Gespräche.  
Er hatte nicht gemerkt, dass etwas langsam verloren ging.
Aus dem Miteinander war ein Nebeneinander geworden. Manchmal werden Wege eng, man kann nicht mehr nebeneinander gehen. Sie war zu weit voraus gegangen, er konnte jetzt nicht mehr nachkommen.
„Dreh dich um, dreh dich um“, rief er laut.
Sie öffnete plötzlich die Augen und an ihrem Blick merkte er, dass sie ihn nicht erkannte.

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Gast







Beitrag01.09.2010 13:32

von Gast
Antworten mit Zitat

Hola Pedro,
Rechtschreib- oder Grammatik- bzw. Satzzeichenfehler sind mir keine aufgefallen. Das' schon mal gut hehe. Allgemein liest es sich gut, angenehm, aber gleichzeitig auch ein wenig flach. Das is' die Gefahr bei schönem, simplen Stil, der gut flutscht, er kann farblos werden. Teilweise hast du aber Sachen drin, die mir gefallen. Seitensprung = Verkehrsunfall leuchtet mir ein und war genau im richtigen Grad "gewagt" und einiger mentaler Überprüfung bedürftig, dass es nicht als epischer Vorverweis erkannt wurde. Die böse Überraschung am Ende is' insofern gelungen, als dass ich sie nicht erwartet hab, aber emotional steckt fast nix zwischen den Zeilen. Ich mag den letzten Satz, der`s super, verzichtet auf den ganzen "EVA!!! ERKENNST DU MICH DENN NICHT! ICH BIN'S!!!"-*heftiganihrrütteln*-Scheiss --> Anti-Klischee, sauber und nüchtern, steckt aber trotzdem alles drin. Gelingt dir nicht immer (anderes gutes Beispiel: als sich Eva im Bett umdreht: ganzes Bild im Kopf, man weiß genau, was abgeht. Manchmal reicht's einfach wenig zu schreiben, weil die Leute schon genügend Filmszenen im Kopf haben^^)
Fazit: Eig janz jut aba bissle flach.
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Ilona
Klammeraffe
I


Beiträge: 558
Wohnort: irgendwo in Hessen


I
Beitrag01.09.2010 22:24

von Ilona
Antworten mit Zitat

Sprachlich finde ich es gut, aber in die Handlung überzeugt mich nicht so ganz. Möglicherweise liegt es an den Dialogen, die nicht so recht zünden wollen. Es wirkt auf mcih oberflächlich teils klischeebeladen, es ist nicht schlecht aber so richtig gut eben auch nicht.

Ich kann jetzt keinen Punkt nennen, der mich explizit gestört hätte, aber die Gesamtheit überzeugt mich nicht.

Grüße

Ilona
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Pedro
Geschlecht:männlichEselsohr
P


Beiträge: 241
Wohnort: Freiburg


P
Beitrag02.09.2010 05:39

von Pedro
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Morgen Ilona, morgen David,

Euere Anmerkungen entsprechen meinen Gedanken über den Text. Er muss auf jeden Fall überarbeitet werden.
Ich beanke mich für die konstruktiven Rückmeldungen.

Gruß

Pedro
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Zeth Jin
Geschlecht:männlichLeseratte

Alter: 39
Beiträge: 141



Beitrag02.09.2010 07:24

von Zeth Jin
Antworten mit Zitat

Die Idee, die da hintersteckt ist super. Was mir fehlt sind Hintergrundinfos. Die Charaktere werden einfach in irgendwelche Szenen geschubst und einige Fragen bleiben an den Situationen offen.
Gute wäre es wenn du kleinere Vorstellungszeilen dazuschreiben könntest. Schon in der ersten Szene, einfach nur dass der Ort des Geschehens das Schlafzimmer ist, er besoffen aus der Kneipe gekommen ist (oder auch nicht, denn wirklich besoffen "klingt" er nicht). Das gleiche gilt auch für die üblichen Szenen, der Inhalt ist da aber so das drumherum nicht.
Zu den Dialogen: Mir fehlen die Gefühle der Charaktere. So kam seine Entäuschung als er mit seiner Behauptung recht hatte nicht glaubhaft rüber. Ihr Drama selber ist wenig feminin und eher unrealistisch (in 95% der Fällen gehen Frauen fremd weil ihr Mann langsam zum Weichei geworden ist und suchen das Abendteuer bei einem James Bond, Brad Pitt oder auch Johnny Depp ^^)
Die Aufdeckungsidee, dass er einfach mal drauf los vermutet und dabei recht hat, ist eine sehr gute Misere. Arbeite die Dialoge und Besonders das Innere Leben des Protagonisten weiter auf. Die zweite Misere mit dem Autounfall ist eine sehr tragisch(gut)e Idee. Aber auch hier wirkt es zu profan zu schnell abgehandelt.
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Pedro
Geschlecht:männlichEselsohr
P


Beiträge: 241
Wohnort: Freiburg


P
Beitrag04.09.2010 06:29

von Pedro
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Danke für deine konstruktive Kritik. Werde deine Anmerkungen bei einer Überarbeitung sicherlich verwenden.

Gruß

Pedro
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Tanja Küsters
Geschlecht:weiblichEselsohr

Alter: 52
Beiträge: 222
Wohnort: Leverkusen


Beitrag04.09.2010 21:23

von Tanja Küsters
Antworten mit Zitat

Hallo Pedro,

habe gut in den Dialog reingefunden, aber der sprachliche Ausdruck hat mich etwas gestört, ABER, du hast ihn über den ganzen Dialog hin aufrecht gehalten und deshalb passt es, auch wenn man nichts weiter weiß über die beiden. Auch der Sprung ins kalte Wasser, den du für die Leser bereitgehalten hast mit dem Einstieg, ist vollkommen gut gelungen, meiner Meinung nach.

Ich habe nichts anzumerken, außer, dass mir der Schluss nicht ganz so gefällt, ich hätte da eher eine hitzige Diskussion erwartet, nachdem heraus kam, dass Werner der Seitensprung ist, was ich schon vermutet hatte.

LG Tanja


_________________
Wenn ich schreibe, beflügele ich meine Seele.
Wenn ich redigiere, lege ich sie an die Leine.
Wenn ich lektoriere, stutze ich ihre Flügel.
Wenn ich veröffentliche, gebe ich sie frei
und sie wird trotzdem bei mir bleiben.
©Tanja Küsters
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Pedro
Geschlecht:männlichEselsohr
P


Beiträge: 241
Wohnort: Freiburg


P
Beitrag05.09.2010 06:35
Seitensprung
von Pedro
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Morgen Tanja,

danke für deine Rückmeldung, freut mich, dass etwas rüber gekommen ist.
Über deine Anmerkung werde ich nachdenken.

Gruß

Pedro
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