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[Sat] Der Herr Maier

 
 
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Moredread
Gänsefüßchen
M


Beiträge: 20



M
Beitrag03.03.2006 14:15
[Sat] Der Herr Maier
von Moredread
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

[gekürzt]

Der Herr Maier

Eigentlich hatte es gar nicht weh getan. Herr Maier war über die Straße gegangen, hatte es quietschen gehört, sich alarmiert umgedreht ââ?¬â?? da war er schon durch die Luft gewirbelt. Er hatte mit einem Male auf der Nase gelegen, ganz verdattert, und war aufgestanden. Und da stellte er fest, dass es ihm eigentlich ganz gut ging, es war noch alles dran und nichts schmerzte. Er sah zwei Jugendliche auf sich zukommen, ein Pärchen. Mit einem Male blieben sie abrupt stehen. ââ?¬Å¾Oh mein Gottââ?¬Å?, hauchte sie. ââ?¬Å¾Der is´ hinüberââ?¬Å?, sagte ihr Freund abgeklärt. Von wem redeten die da? Hatte der Verrückte noch jemanden über den Haufen gefahren? Herr Maier blickte sich um. Und sah ihn. Oder besser, sah sich. Oder um es ganz genau zu nehmen, er sah, was noch von ihm übrig geblieben war nach dem Unfall. Er drehte sich noch einmal zu dem Fahrzeug um, dessen Fahrer jetzt auf ihn... oder es... oder was auch immer, zuging. Das Auto war ziemlich im Eimer.
Und er auch ââ?¬â?? fürs Erste. Oder, wie es aussah, fürs Letzte. Da erst begann er wirklich zu begreifen, was vorgefallen war. Was sagte man in so einem Augenblick? ââ?¬Å¾Oh mein Gottââ?¬Å?, entfuhr es ihm ââ?¬â?? damit stand er immerhin auf der sicheren Seite. ââ?¬Å¾Hilfe?ââ?¬Å? ââ?¬â?? das war einen Versuch wert. Er ging auf das Pärchen zu, das jetzt da stand und diskutierte. ââ?¬Å¾...und dann Peng, verstehst du, der Kerl hat einfach nicht auf die Straße geguckt. Ich glaube, der hatte ein Handy...ââ?¬Å?, sagte er gerade zu ihr. ââ?¬Å¾Hallo?ââ?¬Å?, probierte Herr Maier es noch einmal hoffnungsvoll. Als die Beiden nicht reagierten und begannen, über das Handyverbot am Steuer zu schwadronieren, schwenkte er seine Hand vor den Augen des Mädchens. Keine Reaktion.

Herr Maier seufzte. Was sollte er denn jetzt machen? Er musste erst einmal zur Polizei und... aber halt, die konnten ihn ja gar nicht sehen. Ob die Beamten für so einen Fall vorgesorgt hatten? Dann fiel ihm ein, dass Leute, die tot waren, in der Regel keinen Kontakt zu den Lebenden pflegten. Der letzte Fall, der ihm bekannt wäre, war bereits 2000 Jahre her und... aber halt. Wenn das stimmen sollte, hätte dann nicht jemand erscheinen sollen, um, na ja, mit einer Waage seine guten Taten gegen seine Sünden aufzuwiegen oder etwas in der Art? Aber es war nichts Dergleichen passiert (im Geiste zählte er seine Kirchenbesuche und kam zu dem Entschluss, dass das auch gut so war). Er stand immer noch hier herum und das konnte doch nur bedeuten, dass... ja, was eigentlich? Er seufzte. Das war alles viel zu hoch für ihn. Hatten die Fragen denn nie ein Ende? Was sollte er denn jetzt machen? Er überlegte ein Weilchen und fasste schließlich den Entschluss, nach Hause zu gehen. Was sollte er denn sonst auch tun?
Er griff in die Innentasche seiner Jacke. Wo waren denn bloß die Autoschlüssel? Er dachte nach: Als er das Gebäude verlassen hatte, befanden sich die Schlüssel in seiner Hand. Unmittelbar danach fand der Unfall statt. Dann müssten die Dinger jetzt wo sein? Sein Blick schweifte über die Straße. Er ärgerte sich gerade, dass er keinen Mantel trug, denn es war tiefster Winter. Er wollte ja bloß die Straße überqueren, um in sein Auto zu steigen, ursprünglich. Da fiel ihm auf, dass er gar nicht fror, kein Stück, um genau zu sein. Warm war ihm auch nicht. Offensichtlich war ihm das Kältegefühl zusammen mit seinem Körper abhanden gekommen. Immerhin etwas, das es nicht zu bedauern galt. Er begann, die Straße abzusuchen und entdeckte den Schlüsselbund, der zwanzig Meter weiter im Rinnstein lag. Er bückte sich, um ihn aufzuheben. Seltsam, sehr seltsam. Als er ihn aufhob, blieb er liegen. Moment mal - er hatte den Schlüssel aufgehoben, der war irgendwie durch seine Hand geglitten und auf dem Boden liegen geblieben. Aber gleichzeitig hatte er jetzt auch einen Schlüssel in der Hand. Der sah genau so aus wie der am Boden, aber er war ein bisschen durchsichtig. Er blickte noch einmal zum Boden, ging alles im Geiste durch und entschloss, dass es keinen Sinn hatte, sich weiter damit zu beschäftigen.
Aber er musste, denn das Thema hatte die Eigenart, sich aufzudrängen. Am Auto angelangt stellte er nämlich fest, dass die Tür nach dem Aufschließen recht eigenartig reagierte. Es erinnerte ihn an den Schlüssel, aber an den wollte er ja nicht denken, also gab es nichts Vergleichbares, und er beschloss, sich zu Hause damit zu befassen. Als er den Schlüssel nämlich eingesteckt hatte, war erst einmal wie gewohnt der Knopf herausgefahren. Aber dieses Mal war er transparent. Das wäre ihm aber gar nicht aufgefallen, ebenso wenig wie die Tatsache, dass das Schloss beim Äffnen irgendwie gleichzeitig verriegelt blieb. Aber es war völlig unmöglich, das ganze bei der Wagentür zu ignorieren. Als er sie aufsperrte, blieb sie gleichzeitig geschlossen. Die offene Tür war, wie schon zuvor der Schlüssel, leicht transparent. Die geschlossene Tür hätte ihn am Betreten des Wagens gehindert, und er wollte doch nach Hause, um über alles nachzudenken, und außerdem war die Wagentür ja offen, und darum stieg er in den Wagen.
Fahrzeug anlassen, Kupplung, Gang einlegen... ein Schrei entfuhr seinen Lippen. Beim losfahren hatte er sich durch etwas bewegt. Was...? Er bremste und sah in den Rückspiegel. Dort sah er sein Auto stehen. In welchem Auto saß er dann gerade? Verwirrt sah er sich um. Entgegen seiner Vorsätze dachte er nach. Er war tot, körperlos. Er konnte offenbar durch feste Materie, also zum Beispiel eine Autotür, gehen. Dann der Schlüssel. Dann das Auto... also, wenn er das richtig verstanden hatte, dann war er jetzt eine Seele. Dann war der Autoschlüssel... die Seele eines Autoschlüssels und das Auto, in dem er saß...
Im Geiste hatte er eine Audienz beim Papst. ââ?¬Å¾Benediktââ?¬Å?, hörte er sich sagen, ââ?¬Å¾du versprichst den Menschen Seelenheil. Aber was ist mit den Autos und ihren Schlüsseln? Kannst du auch ihnen Erlösung verschaffen?ââ?¬Å?. Der Papst in seiner Vorstellung sah ihn erstaunt an.
Maier war sich ganz sicher, dass es im Christentum keine Autoschlüssel mit Seelen gab. Gab es überhaupt eine Religion, in der es so etwas gab? Ihm fiel keine ein, womit er wieder in einer geistigen Endlosschleife gefangen war, die er durchbrach, indem er sich sagte, dass er ins traute Heim fahren würde, um endlich einmal über alles nachgrübeln zu können. Er startete den Wagen.

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LimeLuke
Gänsefüßchen
L


Beiträge: 33
Wohnort: köln


L
Beitrag10.03.2006 20:10

von LimeLuke
Antworten mit Zitat

Hach ja der herr maier,
Ich find das so schön. Weisst du ja schon.
Aber ich sag es gerne nochmal Very Happy
Die idee ist wunderbar. Gleichzeitig nüchtern und aufreibend.
Und deine Erklärung für das ganze find ich super.
Schöner Gedanke: Die Existenz an sich als Theaterstück...
Hach wie schön.
Aber Satiere, hm...
Naja da hätt ichs nicht drunter abgelegt.
Eher philosophisch find ich
Bis dann
ll


_________________
"Das leben hält stehts Mohn in den Händen"-Oscar Wilde
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SB
Eselsohr
S


Beiträge: 338



S
Beitrag12.03.2006 18:54

von SB
Antworten mit Zitat

Also ich finde den Herr Maier gut. Mann kann sich richtig vorstellen wie perplex er ist nach dem Unfall, und ich find's auch irgendwie amüsant wie er sich so verhält. Typisch Mensch: im Zweifelsfall immer der Gewohnheit nach! Ob's eine richtige Satire ist oder nicht kann ich ehrlich gesagt gar nicht einordnen, aber meine  Bewertungsnote dafür leg ich bei 70 fest.
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Gast







Beitrag28.03.2006 21:36

von Gast
Antworten mit Zitat

Tolle Idee. Vor allem das mit der durchsichtigen Tür und dem durchsichtigen Auto.  Wink   Gefällt mir gut.

Ach ja, ich bin der Geist mit dem Morgengespräch. Hab mir (noch?) kein Login zugelegt.

Schöne Grüße

Petra
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Gast







Beitrag29.03.2006 13:54

von Gast
Antworten mit Zitat

Ja, eigentlich ganz gut geschrieben, wenngleich wenig atmosphärisch. ABER: Idee frech vom Film Ghost- Nachricht von Sam  plagiiert...  tstststs
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