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Teil 49


 
 
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Lyrika
Leseratte
L


Beiträge: 130
Wohnort: Berlin


Liebe einen Inder
L
Beitrag15.08.2010 01:04
Teil 49
von Lyrika
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Kim, die in der Zeit meine Hand genommen hatte, brachte nur ein `Ach, du arme Scheiße ` hervor und schob sich einen zweiten Bonbon in den Mund. Der Wind war stärker geworden, die Luft schwerer und es würde nicht mehr lange dauern, bis sich die Wolken ihrer Schwere entledigen würden. Kims Haare wurden zum Spielgefährten des Windes. Sie ließ meine Hand los und versuchte einzelne Strähnen dem Wind zu entziehen und legte sie schützend hinter ihre Ohren. Dabei brummte sie etwas vor sich hin. Ich machte nur ein `Hm?`, was mehr aus Höflichkeit, als aus wirklichem Interesse gemeint war. Sie legte ihre Ellenbogen auf ihre Oberschenkel und strich sich die Haarsträhnen weiter hinter die Ohren.
„Und was nun?“, fragte sie, ohne mich anzuschauen. Klackernd stieß der Bonbon an ihre Zähne.
„Weiß nicht.“ Meine Stimme klang rauh und wurde von einem erneuerten Grollen verschluckt. Die schwülerwerdenden Luft und der Gedanke an das Aus meiner Beziehung packten mich an der Kehle und drückten langsam zu. Der Kloß, der sich daraus bildete, begann weh zutun. Die einzige Möglichkeit mich diesen Schmerzes zu entledigen, war, mich meinem Schmerz über den Verlust von Matthias Gefühlen hinzugeben. Der Druck im meinem Hals erreichte seinen Höhepunkt. Geschoben von dem Schmerz kroch er innerlich zu meinen Tränendrüsen, die mir die Erleichterung brachten. Leise ließ ich meinen Tränen freien Lauf.
„Ich glaube, er ist einfach nur angespannt. Schau mal, er liegt da im Krankenhaus und du warst im Urlaub. Na ja, und ehrlich gesagt, habt ihr euch ja in der letzten Zeit nicht so gut verstanden.“ Sie schaute mich in ihrer Haltung von unten her seitlich an.
Ich mied ihren Blick.
„Aber deswegen muß er doch nicht gleich Schluß machen.“, versuchte ich mich zu verteidigen, wohl wissend, daß sie einen Funken Wahrheit in ihre Äußerung gelegt hatte. Kim schaffte es mit einigem Geschick immer wieder, daß sie mir die Meinung sagen konnte, ohne daß ich entweder explodierte oder sauer wurde. In meiner jetzigen Situation war es mir auch gleichgültig, wer hier mit was die Schuld hatte. Ich fühlte nur eine beginnende Leere zu spüren. Würde ich denn nie wieder Matthias in meiner Küche Kaffee kochen sehen? Würde er mir nie wieder liebevoll seine Schulter zum anlehnen anbieten? Und wie würde es aussehen, wenn wir uns in der Uni begegneten? Eisiges Schweigen? Vernichtende Blicke? Meine Gedanken und Befürchtungen brauten sich in meinem Kopf zusammen, wie die Wolken am Himmel, die jetzt mit zuckenden Blitzen signalisierten, daß sie einem noch eine paar Minuten Zeit ließen, sich ins Trockene retten zu können.
„Wollen wir zu dir hoch gehen?“, fragte Kim und nahm damit das Angebot der Wolken unbewußt an. Ich nickte, stand auf und zog meinen Hausschlüssel hervor. Es war der Anblick des Schlüsselbundes, der wie die Blitze am Himmel durch meinen Körper zuckten. Ich sah Matthias seinen Hausschlüssel und schüttelte ungläubig den Kopf. Sollte es wirklich aus zwischen uns sein? So plötzlich?
Bevor wir Opfer des einsetzenden Regens wurden, hatte wir meine Wohnung erreicht. Ich schloß die Haustür auf, ließ Kim rein und schloß die Haustür hinter mir. Explosionsartig prasselten die Regentropfen gegen meine Fenster und wir schauten uns beide an.
„Auweia, das aber mal heftig.“, kommentierte Kim das Spektakel.
„Was meinst du? Das mit Matthias und mir oder das Gewitter?“ Ein kleines Lächeln huschte über meine Lippen, da ich ja genau wußte, was Kim meinte. Sie lächelte zurück. „Beides.“
Ich schob mich an ihr vorbei und ging in die Küche.
„Willst du ´nen Tee oder was Kaltes?“ Abwartend stand ich in der Mitte der Küche.
„´Nen Tee.“, kam es aus dem kleinen Flur und ich hörte die Badezimmertür klappen.
Ich bereite den Tee zu und servierte ihn Kim, die in der Zwischenzeit die Küche betreten hatte. Sie setzte sich an den Tisch und gab sich Zucker in den Tee.
„Ich wollte nicht schnüffeln. Aber als ich mich auf die Toilette gesetzt hab, ist er mir ins Auge gestochen.“ Irritiert schaute ich sie an.
„Der hier.“, sagte sie und hielt den Schwangerschaftstest in die Höhe. Meine Augen rollten in meinen Höhlen. Ein kurzer Griff über den Tisch und ich versenkte das dämliche Ding im Mülleimer.
„Wegen diesem kleinen Strich wollte er nur noch mit mir zusammen bleiben.“ Enttäuscht über diese Aussage von Matthias rührte ich den Zucker in meinem Tee um.
„Nur deswegen? Sara, das ist übertrieben.“
„Nein, wenn ich´s dir doch sage. So hat er es gesagt. Genau so.“ Patzig schob ich meine Unterlippe nach vorne. „Glaubst du mir nicht?“
„Oh doch, aber das du Matthias nachsagst, das er nur deswegen…“ Sie zeigte auf den Mülleimer. „bei dir geblieben wäre; das ist übertrieben.“ Mit einem verächtlichen Schnaufer aus meiner Nase wollte ich die Unterhaltung einebben. Eine Weile schwiegen wir uns an, tranken Tee und beobachteten die Regentropfen, wie sie sich an der Fensterscheibe zu kleinen Rinnsälen vereinten.
„Du kommst wieder mit ihm zusammen. Ganz sicher.“ Kim nahm das Gespräch wieder auf.
„Aber es wird nicht mehr so sein wie früher.“ Mir wurde schwer ums Herz.
„Was ist schon wie früher? Wenn ihr euch liebt, so richtig liebt, dann hält eure Beziehung so was aus.“ Abwartend schaute sie mich über ihr Teeglas an.
„Was?“, fragte ich leicht gereizt.
„Wenn ihr euch so richtig liebt hab ich gesagt.“
„Ja, ich hab dich schon verstanden.“ Ich wußte ganz genau, auf was sie hinauswollte.
„Vivek.“, flüsterte sie. Ich hätte ihr am liebsten meine Faust in ihr Gesicht gerammt.
„Warum kommst du jetzt mit Vivek?“ Meine Tonlage war aggressiver geworden, weil ich bemerkte, wie sich die Kreise um mich herum enger zogen. Der wahre Kern über das Ende meiner Beziehung mit Matthias wurde immer mehr in den Mittelpunkt gedrängt. Was Kim und ich wußten, aber bis jetzt noch nicht angesprochen hatten, wurde Inhalt unseres weiteren Gesprächs.
„Warum hast du dich mit Vivek eingelassen?“ Sie ließ ihn nicht mehr aus ihren Fängen. Vivek war mit in der Ursachenforschung.
„Kim, ich weiß es doch auch nicht.“ Ich wirbelte mit meinen Händen in der Luft herum. „Es ist einfach so passiert.“
„Komisch, ich dachte immer, du bist glücklich mit Matthias.“ Forschend schaute sie mich an und grinste.
„Was gibt’s denn da zu grinsen?“ Ehe sie antworten konnte, klingelte ihr Handy. Sie entschuldigte sich und nahm ab. Das Gespräch war kurz, aber heftig.
„Es war Alberto. Ich soll wieder mehr aushelfen.“ Ich nickte und hörte innerlich Albertos Stimme mit dem wunderschönen italienischen Akzent.
„Also weiter. Warum ich grinse fragst du. Ganz einfach. Du hast ihn nie richtig geliebt.“
„Doch!“, verteidigte ich mich. Kim stand auf, kreuzte ein Bein über den Sitz des Stuhls und setzte sich auf ihn drauf.
„Aha, und warum hab ich nie dieses Leuchten in deinen Augen gesehen? Ja, da schaust du doof. Ich meine, das Leuchten, was ich in deinen Augen sehen, wenn nur alleine sein Name fällt?“
„Wessen Name?“ Gefährlich nahe stand Kim vor einer saftigen Ohrfeige, die ich ihr gleich verpassen würde. Warum mußte sie noch Salz in die Wunde streuen?
„Vivek.“, sagte sie langsam und kam mit ihrem Kopf herausfordern nahe zu mir heran.
„Laß den Scheiß!“
„Vivek.“
„Kim, ich warne dich!“
„Vivek.“ Ich stand auf, ging um den Tisch herum und kam auf sie zu. Kim fing an zu lachen.
„Vivek Shetty. Vivek Shetty.“, sang sie jetzt mehr, als das sie seinen Namen aussprach. Ich hatte sie erreicht und wollte ihr die Haare ausrupfen. Lachend und schützend hielt sie sich die Hände vor ihren Kopf.
„Du sollst….auf-hören. Das…ist nicht….lustig!“, rief ich. Sie hielt meine Hände fest, schaute mir direkt in die Augen und wurde ernst.
„Sara, genau das meine ich. Dieses Funkeln hab ich bei Matthias nicht gesehen. Und bei Viveks Namen brennen deine Augen vor Sehnsucht und Leidenschaft. Sara, was hat er nur mit dir gemacht?“ Wir hielten in unserer Handlung inne und ich blickte sie verstohlen an. Im stehen berichtet ich ihr, was sich zwischen Vivek und mir am See abgespielt hatte. Sie unterbrach mich nicht und hörte aufmerksam zu. Als ich geendet hatte, ruhten ihre Augen auf mir. Ich kannte sie auch nur allzu gut, um zu wissen, daß sie sich Fragen stellte.
„Was denkst du?“ Ich war auf jede Frage gefaßt, nur nicht auf die, die sie mir jetzt stellte.
„Bist du dir sicher, daß es am See Vivek war?“

„Was redest du denn da?“ Verunsichert durch ihre Frage, holte ich mir die einzelnen Situationen, in denen ich Vivek begegnet war in Erinnerung.
Ich war mir immer sicher gewesen, daß ich Vivek in den Arm geschlossen hatte. Nur bei der Situation im Krankenhaus. In gewisser Weise mußte ich Kim recht geben. Er hatte den Arztkittel von Zayed an und ich war davon ausgegangen, daß ich auch tatsächlich Zayed vor mir hatte. Erst im Keller des Krankenhauses, gab er sich als Vivek aus. Es gab also eine undichte Stelle, an der sie sich vertauscht hatten. Schnell wischte ich das mulmige Gefühl zur Seite, was Kim mit ihrer Äußerung in mir ausgelöst hatte.
„Und, was ist deine Erkenntnis? War es immer Vivek?“, forschte Kim nach. Sie ließ mich los und ich ging wieder um den Tisch herum und setzte mich, im Gedanken versunken, auf den Stuhl.
„Nein, nein, es war immer Vivek. Er hat ja im Keller, daß gesagt, was ich ihm nach unserem Besuch am See im Auto gesagt hatte, nämlich, daß ich einen Inder liebe.“, sagte ich mit dünner Stimme mehr zu mir als zu ihr.
Kim schien mein Bekenntnis nicht zu überzeugen. Mit verzogenem Gesicht nahm sie einen Schluck von ihrem Tee und schielte mich dabei über den Rand des Teeglases an.
„Sara?“
„Ja?“
„Mal ehrlich. Meinst du nicht, daß sich die Zwillinge auch über…na ja, so was unterhalten?“ Jetzt fing sie an mich nicht nur richtig zu verunsichern, sondern auch zu nerven. Die aufkeimende Gereiztheit über das Frage- und Antwortspiel ließ ich an meinem Tee aus und verpaßte ihm mehr Zucker, als das er fassen konnte.
„Gib´s zu. Du hast ebend kurz darüber nachgedacht.“ Grinsend schüttete sich Kim neuen Tee nach.
„Nein, hab ich nicht. Außerdem hast du deinen Standpunkt ja schon auf dem Campus klargemacht. Als du Vivek auf den Kopf zugesagt hast, daß er ja mit seinem Bruder die Rollen tauscht.“ Ich nahm einen Schluck von meinem Tee und würgte mit angeekeltem Gesicht die verzuckerte Brühe herunter.
„Aha, du hast dir also noch keine Gedanken darüber gemacht? Und wenn es doch so sein sollte, wie ich auf dem Campus behauptet habe? Wenn sie es nicht tun, dann frag ich mich, warum dir auch Zayed nachstellt?“ Ich sah meine Faust in ihrem Gesicht sitzen. Mußte sie denn immer so direkt sein, dachte ich und drehte mich zum Fenster hin, an dem der Regen immer noch seine prasselnde Melodie spielte begleitet von dem Grollen, das noch stärker geworden war. Ein ausgewachsenes Sommergewitter. Irgendwie passend in meiner Situation.
Mein Freund dachte ich bin schwanger, hat mit mir Schluß gemacht; Vivek und Zayed, wobei ich langsam nicht mehr wußte, wen von beiden hatte ich nun vor mir gehabt und dann noch Kim, die mir gerade jetzt keine große Hilfe war.
„Ich denke, die beiden haben…“, kam ihre Stimme spekulativ an mein Ohr. Mich packte die Wut.
„Hör doch mal auf damit! Zayed stellt mir nicht nach. Er ist nur…nur nett zu mir.“, rief ich laut und deutlich und suchte ich mit meinen Händen in der Luft nach den richtigen Worten.
„Komische Art nett zu sein. ´Nen bißchen zu nett, oder?“ Kim legte ihren Zeigefinger unbeeindruckt, ob ich sie nun angeschnauzt hatte oder nicht, auf ihre Lippen und zog ihre Stirn in Falten. Ich ließ einen tiefen, vom Thema, genervten Seuftzter von mir und stellte meinen Ellenbogen senkrecht in die Luft halten auf dem Tisch ab. Ich ballte meine Hand zu einer Faust, die ich drohend Kim entgegen hielt.
„Ok, ok, ich bin ja schon ruhig. Laß uns das Thema wechseln.“, kommentierte sie mit einem schiefen Lächeln meine unmißverständliche Geste. Mit einem bejahenden und stumm zustimmenden Augenaufschlag senkte ich meine Faust und wir begannen über die Arbeit und das Studium zu reden.
Meine Beziehung zu Matthias oder was davon übrig geblieben war, bildete den Abschluß unseres Abends. Ich erklärte Kim, daß ich mir darüber im Klaren war, daß ich Matthias Liebe verloren hätte. Sie dementierte all meine aufsteigenden Anzweifelungen, daß es kein Zurück mehr zu ihm gab. Tief in meinem Inneren hatte aber längst der Abschied von Matthias seinen Lauf genommen, wurde aber von meinem Bewußtsein daran gehindert, an die Oberfläche zu dringen. Irgendwie machte ich mir doch Hoffnung, daß sich etwas zwischen und kitten ließ. Bloß was, fragte ich mich.
Trotzdem beschäftigten mich Kims Fragen noch die nächsten Tage. Was wurde hier wirklich gespielt?

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