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Teil 07


 
 
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Lyrika
Leseratte
L


Beiträge: 130
Wohnort: Berlin


Liebe einen Inder
L
Beitrag14.08.2010 23:44
Teil 07
von Lyrika
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Sie hatte wohl begriffen, was sich zwischen uns abgespielt hatte oder haben mußte, da wir wie Kinder auseinanderstoben, die bei etwas Verbotenem erwischt worden waren. Die Situation ließ sich aus ihrer Position auch nicht anders deuten. Er, der Arzt, mit seinem Gesicht nahe an meinem Hals und ich, die Patientin, stehe vor ihm mit geschlossenen Augen. Ich hatte ja keine Verletzung am Hals, sondern am Finger. Sie war auch ausgerechnet die Krankenschwester, die mich aufgenommen hatte. Somit kannte sie meine Verletzung. Und die Frau von heute weiß, daß diese Nähe etwas anderes als ein normales Arzt-Patient-Verhältnis war. Verlegen schaute ich schnell zu Boden und widmete mich dann mit hochrotem Gesicht und übertrieben Interesse meinem bandagierten Finger. Nicht noch mehr Ärger, dachte ich mir. Er drehte sich nicht einmal zu der Krankenschwester herum. Den Blick fest auf mir ruhend sprach er mit fester Stimme zu ihr:
„Ich komme gleich. Bitte, laß mich jetzt meine Arbeit erledigen und schließe die Tür!“
Ohne sie anzusehen bemerkte ich die Gefühle, die von ihr ausgingen. Wut, Eifersucht, Verachtung. Ich wartete auf den Mix der Gefühle, die sie dazu veranlassen könnten, die Tür mit einem lauten Knall zu schließen. Ein Bruchteil einer Sekunde vernahm ich auch schon das Ergebnis. Die Tür flog knallend zu. Obwohl ich ja damit gerechnet hatte, zuckte ich zusammen. Die Erschütterung, die von der Wucht der Tür ausging, ließ einige Instrumente in einer der Vitrinen erzittern. Hatte sie auch den Platz genau neben der Tür.
Der Situation keiner Bedeutung schenken zu müssen, startete ich ein Ablenkungsmanöver und ging auf einen der Stühle zu, an dem meine Tasche hing. Suchend schaute ich mich um. Wo war sie denn abgeblieben? Auch das noch, dachte ich und ließ meine Schultern hängen. Nein, diesmal keine Tränen, ermahnte ich mich.
„Suchst du etwas?“ fragte er mich.
„Ja, meine Tasche. Sie hing doch hier.“ Immer noch suchend bückte ich mich leicht nach vorne, um die Stühle von allen Seiten absuchen zu können. Dabei stützte ich mich mit der Hand an einer der Stuhllehnen ab. Ein stechender Schmerz durchfuhr meine linke Hand und ließ ein lautes `Aua` von mir geben. Ich schüttelte ein wenig die verletzte Hand. Hatte ich doch vergessen, daß ich seit ungefähr 10 Minuten stolze Besitzerin einer kleinen Schiene an meiner Hand war und die ich durch meine Aktion erfolgreich an die Wand gerammt hatte. Meine Unachtsamkeit wurde auch gleich bestraft. Aus einem stechenden wurde ein pochender Schmerz. Wann hatte ich zuletzt soviel Aufmerksamkeit bekommen? Noch ehe ich `Aua` gesagt hatte, stand er sofort neben mir, drehte mich an den Schultern zu sich herum und blickte mir tief in die Augen. Wir standen uns gegenüber.
„Ich habe dir gesagt, du sollst auf dich aufpassen!“ Sein Blick, seine Stimme, sein Tonfall veranlaßten mich wortlos meine Hand zu heben und sie ihm zu zeigen. Er hielt mich weiter an den Schultern, senkte seinen Kopf, schaute nur flüchtig auf die Hand, versicherte sich, daß alles in Ordnung war und schaute mir wieder in die Augen. Es war mir, als sah ich ein kurzes Aufflackern in seinen Augen, daß mehr als Fürsorge bedeutete. Ich war so verunsichert und bemerkte, wie die Aufregung des Tages in meine Knochen fuhr. Plötzlich fühlte ich mich schwach und müde.
„Versprich mir, daß du auf dich aufpassen wirst!“ befahl er mir mehr, als das er es sagte und nahm seine Hände von meinen Schultern. Sanft strich er mir über die Wange und lächelte. Was war das für ein Gefühl, was mir sagte, daß ich ihm vertrauen konnte. Ein mir völlig fremder Mensch erweckte in mir das Urgefühl des Vertrauens. Gab es so etwas wie die Liebe auf den ersten Blick tatsächlich? Ich ließ es zu, daß er mich berührte. Ich gab mich seinem Streicheln hin, schloß die Augen und schmiegte meine Wange in seine Hand.
„Matthias.“ flüsterte ich. Das Streicheln hielt inne und ich hörte aus weiter Entfernung:
„Matthias? Wer ist Matthias?“ Abrupt riß ich die Augen auf.
„Er ist mein…mein Freund.“ stammelte ich, immer noch mit seiner Hand auf meiner Wange ruhend. Er zog seine Hand weg, atmete tief durch, ließ ein kleines Stöhnen von sich, schüttelte mit geschlossenen Augen leicht den Kopf, öffnete die Augen wieder und wandte sich von mir ab.
„Du hattest keine Tasche dabei. So, die Behandlung ist beendet. Wenn was mit deiner Hand sein sollte, ich überweise dich an einen Orthopäden. Das Krankenhaus ist nicht mehr zuständig.“ erklärte er mir in einem kühlen Ärzteton und ging zu dem kleinen Schreibtisch herüber. Dort füllte er einige Papiere aus und kam mit einem Zettel, auf dem Überweisung stand, auf mich zu. Ich konnte der ganzen Szene nicht mehr folgen und stand dort wie Falschgeld herum. Was hatte ich falsch gemacht?
„Das war´s?“ war die einzige blöde Frage, die mir über die Lippen kam.
„Ja, das war´s, Sara. Hier, die Überweisung und nun muß ich mich wieder um die anderen Patienten kümmern.“ sagte er und nahm mich bei der Schulter, um mich bei seinem Verlassen des Behandlungszimmer mit hinaus zu befördern. Es versetzte mir einen Stich, daß er mir plötzlich so kühl entgegen kam. An der Tür blickte ich ihm noch einmal in die Augen. Er erwiderte den Blick, lächelte, zog die Tür auf und bat mich mit einer Handbewegung, das Behandlungszimmer zu verlassen. Nun standen wir beide auf dem Gang. Es gab keinen Abschied, kein Händedruck, kein Wort über ein Wiedersehen. Ich schaute ihm noch nach, als er mich einfach stehen ließ und sich der noch immer böse dreinblickenden Krankenschwester widmete. Wie ein begossener Pudel dackelte ich auf den Ausgang zu. Kim kam mir schon auf dem Gang entgegen. Sie sah es mir wohl an, daß etwas nicht in Ordnung war und hackte mich wortlos unter. So verließen wir das Krankenhaus und ich wußte nicht, ob ich je wieder dieses Gefühl, was er in mir auslöste, auslöschen konnte.
`Ja, das war´s, Sara` schallte es noch in meinen Ohren. War es das wirklich?

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