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[ROM] Chroniken eines Gottes V. Domus Ignis

 
 
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monosoph
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Beitrag12.06.2007 15:51
[ROM] Chroniken eines Gottes V. Domus Ignis
von monosoph
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Hailag wandte den Blick von der Stadt ab und verließ seinen Balkon raschen Schrittes. Er hatte mittlerweile seine goldene Ritualmaske angelegt, die sein Gesicht unter Edelmetall und Rubin verbarg, der sein Sichtfeld in ein dunkles Rot tauchte. Auch die Robe, die er nun trug war weitaus prächtiger als das Priestergewand, das er am Morgen getragen hatte: Mit weinrotem Garn waren Flammenmuster in den leuchtendroten Grundstoff gestickt, feines Goldbrokat an Ärmeln und Kragen und die vielen kleinen, in Gold gefassten Diamanten, die das Licht zurückwarfen und das Gewand in den Farben des Regenbogens schillern ließen.
Der sanfte Wind der durch den Vorhang in die Gemächer des Erzdiakons hereinwehte bauschte den wallenden Stoff der Robe auf und ließ den Priester dadurch größer und eindrucksvoller erscheinen als er in dieser Aufmachung bereits ohnehin war.
Vor dem schweren Tisch aus schwarzem Stein kniete Maina, der Zeremonienpriester Hailags, ein rundlicher Mann, dessen langes graues Haar wirr über seine Schultern fiel und dessen einst so strahlenden Augen ihren Glanz seit Jahren verloren hatten und scheinbar in die Leere starrten.
„Meister“, sagte er mit raspelnder Stimme, „das heutige Opfer...tier ist bereit. Gebt mir die Order und ich lasse die Glocken des Domus Ignis lodern.“
Hailag nickte und Maina verschwand, jedoch nicht, ohne vorher eine tiefe Verbeugung zu machen, wie der Erzdiakon zufrieden feststellte. Auch sein Zeremonienpriester begann die Zweifel an seiner gottgegebenen Autorität zu verlieren. Auch hatte er seit dem morgendlichen Treffen nichts mehr von Aesma gehört, was seine Laune enorm besserte.
Wieso machte er sich eigentlich Sorgen? Alles folgte seinem vorherbestimmten Lauf, kein Grund also, beunruhigt zu sein.
Er begab sich in die Eingangshalle seiner Residenz, beobachtet von seinen starren aber nichtsdestotrotz erhabenen Ebenbildern und nahm bereits auf den Stufen der Treppe den Duft von Weihrauch wahr, der schwadenförmig vom Dom durch den Kreuzgang in die Halle waberte und alles in eine andere Sphäre zu heben schien.
Und während die Glocken ihr dröhnendes Lied begannen, hallten die monotonen und gerade deswegen eindrucksvollen Gesänge der Mönche Peuors durch die Gänge und Hallen. „Dong“, ließ die erste Glocke die Luft vibrieren.
„Mors stupebit et natura.“
„Dong“, zweiter Schlag.
„Cum resurget creatura.“
„Dong“, grollte es zum Dritten mit aller Macht.
„Judicanti responsura.“
Nun stimmte eine zweite, ungleich größere Glocke in das bronzene Grollen der ersten ein. „Judex ergo cum sedebit.“
In genau diesem Moment würden die wahren Gläubigen auf dem Tempelplatz zusammenlaufen um den Segen des Feurigen zu empfangen.
„Quidquid latet apparebit.“
Hailag hoffte, dass auch seine Feinde anwesend sein würden, wenn der Ungerechtigkeit in diesem Reich der erste tödliche Stich versetzt werden wurde.
„Nil inultum remanebit.“
Nun begannen alle Glocken des Doms, den donnernden Ruf Peuors über die Stadt und den Wald erschallen zu lassen und es klang in den Ohren des Erzdiakons wie das höhnische Lachen, das ein Gigant seinem unterlegenen Gegner in seiner gerechtfertigten Verachtung entgegenwirft.
„Tuba mirum spargens sonum.“
In der Halle, vor der Tür zum Kreuzgang stellte sich nun eine kleine Prozession auf: Sechs stämmige Akolythen trugen eine massive Steintruhe herbei, in der sich das Ritualopfer befand. Anscheinend wirkte das Schlafmittel noch, denn es waren keinerlei Bewegungen oder Geräusche daraus zu vernehmen. Vor den Trägern nahmen zwei Priester mit Weihrauchschwenkern Aufstellung und ließen in gleichmäßigen Pendelbewegungen geweihte Wolken in die Luft aufsteigen. Hailag sog den Geruch ein und fühlte sich gestärkt für das, was vor ihm lag.
„Per sepulcra regionum.“
Hinter der Truhe stellten sich zehn der Mönche des Feurigen auf, ihre verhüllten Köpfe in Demut gesenkt, das Feuerrot ihrer Roben Spiegel ihres inneren Brandes. Ihren Gesang setzten sie indes unbeirrt fort.
„Coget omnus ante thronem.“
Hailag ließ sich von einem Akolythen das Zepter der eifernden Flamme, seine Ritualwaffe, überreichen und wog die schwere Holzstange mit den hineingeschnitzten Liturgien und dem vyrnköpfigen Metallaufsatz in den Händen. Er konnte spüren, wie die sakrale Macht, die von diesem Artefakt ausging, durch seine Finger in seinen Körper strömte und ihn mit einem Gefühl unglaublicher Vertrautheit erfüllte: rechtschaffende Genugtuung. Dieses Opfer würde Pairi Daeza so schnell nicht vergessen, denn mit ihm würde die Unfreiheit selbst ihr Unleben auf dem Altar aushauchen.
Im Takt der läutenden Glocken schritt die Prozession voran. Hailag nahm seinen Platz unmittelbar vor der Truhe ein und ließ das gleichmäßige Donnern von den Zwillingstürmen her eins mit seinen Schritten werden.



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Boro
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Beitrag13.06.2007 18:14

von Boro
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Hi Lukas,

da hast Du Dich ja an etwas gewaltiges rangetraut. Mir gefällt dieser erste Teil des Domus Ignis sehr gut. Wirkliche Schwächen sind mir keine aufgefallen, außer vielleicht

Zitat:
„Meister“, sagte er mit raspelnder Stimme, „das heutige Opfer...tier ist bereit. Gebt mir die Order und ich lasse die Glocken des Domus Ignis lodern.“


.. ich finde das "lodern" irgendwie nicht zum kalten Stahl (oder Bronze) einer Glocke, noch zum klaren Klang des Geläuts passt.

Dann interessiert mich noch, was die sakralen Chöre denn eigentlich murmeln, z.B. „Mors stupebit et natura.“. Auch wenn es der Dramaturgie überhaupt nicht schadet, das IlNormale sich nur schwerlich zusammenreimen kann was die Mönche singen, so wäre vielleicht eine Übersetzung ganz nützlich.

Glückwunsch! Ein spannender und vielversprechender Auftakt!

cu

Martin
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Longo
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L
Beitrag13.06.2007 22:35

von Longo
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Ich habe zwar Latein in der Schule, aber leider kein Bock, das zu übersetzen ( Laughing ). Untertitel wink wie bei der Passion Christi wären nett.
Sonst gut.

MFG Longo
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monosoph
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Beitrag13.06.2007 23:35

von monosoph
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@Boro: Darf ich das als Startsignal für meinen Vorschlag sehen???

Der lateinische Text stammt aus der Totenmesse und wird auch als "Dies Irae" bezeichnet (nach dem ersten Vers). Das Ganze ist ein gregorianischer Gesang und wurde unter anderem von Mozart (Requiem) und Berlioz (Symphony Fantastique) vertont...
Aber auch Hans Zimmer (König der Löwen, Endkampf) oder Don Davis (Matrix Revolutions, ebenfalls Endkampf) haben dieses klassische Thema aufgegriffen...wieso sollte es der LIteratur verboten sein...es gibt zwar eine reimende Übersetzung, die halte ich allerdings für mies...deswegen übersetze ich etwas freier. (ps: UNtertitel in einem Buch erinnern mich an "Krieg und Frieden", das war grausam...ich kann nämlich kein Französisch)

Tod und Natur werden erstarren,
wenn die Schöpfung sich erhebt
um sich vor Gericht zu verantworten

wenn der Richter also erscheint,
wird alles, was gewesen ist, offenbart,
nichts bleibt ungesühnt

das Horn erschallt mit lautem Klang,
durch die Gräber der Welt,
alle weiß Er vor dem Thron


http://de.wikipedia.org/wiki/Dies_irae

Da gibt es mehr an Infos und die kompletten Strophen.


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Boro
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Beitrag14.06.2007 16:09

von Boro
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Ahh! Das erhellt meine Sinne.

cu

Martin
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