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cascail Eselsohr
Alter: 72 Beiträge: 410 Wohnort: frankreich
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19.10.2011 16:50 Mein Traum von cascail
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Mamas Traum
Sie lief an der Mauer entlang. Woher kannte diese Mauer nur? Jetzt fiel es ihr wieder ein! Sie war in der kleinen Stadt , in der sie aufgewachsen war, auf dem Weg, welcher zum Schwimmbad führte. Man musste durch ein Wäldchen an ihr entlang laufen. Dann kam ein kleiner Durchstieg, drei steile Stufen auf der einen, vier Stufen auf der anderen, und man konnte auf die andere Seite der Mauer gelangen, den dahinterfliessenden breiten Bach auf einer Brücke überqueren. Nur noch ein paar Meter und man kam an das Btretterhäuschen, wo man seine Dauerkarte vorzeigen musste, um sich dann in der muffigen, nach feuchten Badeanzügen riechenden Kabine umzuziehen. Aber da wollte sie nicht hin. Obwohl sie sonst gerne ins Schwimmbad ging.
Heute lief sie ihrem Mann nach, der bei dem Durchstieg auf die Mauer geklettert war und diese jetzt mit seinen Krücken entlanhinkte.
« Das darf er nicht » dachte sie erschrocken. « Er wird herunterfallen und überhaupt, wieso kann der auf einmal so gut hinken ? » Sie lief hinter ihm her, doch er schien sich immer weiter von ihr zu entfernen, obwohl sie doch rannte. Wie kam es, dass er so verdammt schnell hinken konnte ? Und dann passierte das, was sie am meisten gefürchtet hatte. Mit einem gewaltigen Satz sprang ein riesiger, zottiger Braunbär auf die hohe Mauer. Direkt vor ihren Mann, der sofort die Krücken fallen liess und wie angenagelt stehen blieb. Sie rannte um sein Leben . Der Bär sah nicht nach einem freundlichen Teddy aus. Er fletschete sein beeindruckendes Gebiss und ihr Herz drohte vor Angst und Entsetzen zu zerspringen.
« Er wird ihn auffressen ! Ich muss schneller rennen ! » Doch die Entfernung blieb bestehen, so sehr sie auch hastete. Gleich würde der monströse Bär ihren Mann, den sie über alles liebte, in einem einzigen gierigen Happen verschlingen . Warum lief ihr Mann nicht davon ?
« Das weisst du doch genau, du dummes Huhn ! » schalt sie sich.« Das hast du doch selber den Kindern immer wieder eingebläut ! Nie einem Bär den Rücken zukehren und fliehen. Stehen bleiben und singen ! »
Und genau das tat ihr bedrohter Mann jetzt. Er sang laut und deutlich : « Shine on you crazy Diamond » von Pink Floyd. Warum ausgerechnet dieses Lied ? fragte sie sich verwundert. Und nun fing der Bär an sich im Rhytmus zu wiegen und es kam ihr ganz so vor, als brummte er die Melodie mit.
« Was, um Himmels Willen… » entfuhr es ihr erstaunt. Ihr Mann holte eine Sechserpackung mit Eiern aus seiner nicht vorhandenen Hosentasche und wie ein Zauberer auf einem Kindergeburtstag nahm er ein Ei nach dem anderen heraus und stach in jedes Ende des Ovals mit einem unglaublich spitzen Fingernagel ( wann hatte er sich den denn wachsen lassen ? Davon hatte sie noch gar nichts gemerkt ?) ein kreisrundes Loch in das Ei, welches er dann mit einer kleinen Verbeugung dem Bären reichte, der es geschickt in seine Tatze nahm und mit zurückglegtem Kopf, die Augen vor Wohlbehagen halb geschlossen, ausnuckelte.
Als die Sechserpackung leer war, warf ihr Mann sie in den Bach, wo sie auf den Wellen zwischen den Steinen davontanzte. Der Bär leckte sorgfältig das Eigelb ab, das trotz seiner Vorsicht auf die Hose ihres Mannes gekleckert war . Dann hob er grüssend die Tatze, klopfte ihrem Mann leicht auf die Schulter und sagte : »Danke, Kumpel, die Eier vom freilaufenden Biohühnern sind eindeutige die besten, machs gut, und vergiss nicht, morgen bin ich dran, ich habe einen erstklassigen Whiskey bei den Bienen gekauft ! » Drehte sich um, sprang mit einem plumpen Satz von der Mauer, durchquerte singend den Bach und verschwand im Wald. Jetzt drehte sich ihr Mann um : » Sag mal, kannst du mich denn nicht mal zum Füttern der Kinder in Ruhe lassen ? », sammelte seine Krücken wieder auf, wandte ihr den Rücken zu und hinkte weiter auf der Mauer davon. Verloren und sah sie ihm nach, bis er auf der endlosen Mauer verschwunden war.
Mein Traum von gestern Nacht . Könnt ihr den analysieren ?
Weitere Werke von cascail:
_________________ Nur mit Natur, möglichst pur! |
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Einherjer Klammeraffe
Beiträge: 545
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22.10.2011 14:00
von Einherjer
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Hallo cascail.
Vielleicht wunderst du dich, warum dein Text keine Rückmeldung erhält.
Ich vermute, dass es an folgendem Satz liegt:
Zitat: | Mein Traum von gestern Nacht . Könnt ihr den analysieren ? |
Das ist ähnlich, als ob der Lehrer in der 13. bzw. jetzt 12. Stufe fragt, was 4+7 ist.
Niemand gibt gern antworten auf Fragen, deren Antwort leicht und eindeutig erscheint.
Trotzdem geht es dir ja eigentlich um Rückmeldungen zu deinem Text und nicht um die Antwort auf deine Frage.
Insgesamt ein sehr sicher erzählter Text.
Den inneren Monolog der Protagonistin würde ich kursiv schreiben und nicht in Anführugnszeichen setzen. Alle Satzzeichen, auch Ausrufezeichen und Fragezeichen, ohne Leerzeichen an das Satzende stellen.
Vielleicht würde ich den Leser anfangs im Dunkeln lassen, ob es sich um einen Traum handelt und ihn über die vielen Ungereimtheiten diesen Schluss selbst ziehen lassen.
Zu Deutung: Der Sohn hat anscheinend das Wolfsmenschensyndrom. Ihn deshalb im Wald zu verstecken, ihn als Bären zu bezeichnen und ihn gar mit rohen Eiern zu füttern, halte ich nicht für zeitgemäß.
Die Frau scheint sich besonders zu schämen. Sie will verhindern, dass sich ihr Mann mit dem Sohn trifft. Sie hat derartige Vorurteile, dass sie Angst hat, ihr Sohn könnte ihrem Mann etwas antun.
Ihr Sohn ist aber sehr friedlich und in keinster Weise verbittert. Es wird zwar beschrieben, wie er die Zähne fletscht, dies könnte aber durch die subjektive Sichtweise der Protagonistin nur unterstellt sein. Vermutlich lächelt er nur, als er seinen Vater begrüßt.
Bewundernswert finde ich, dass der Sohn nicht zum Menschenfeind wird. Er freut sich über die minimale Zuwendung, er scheint Pink Floyd zu mögen und zynischerweise sieht er die rohen Eier nicht als Erniedrigung, sondern als Geschenk. Dass er durch die lange Zeit im Wald einige Defizite hat und denkt, bei den Bienen könne man Whisky kaufen, ist verständlich und gelichzeitig traurig.
Das verhältnis Vater - Sohn ist wesentlich besser, als das Mutter - Sohn.
Der vater scheint sich regelmäßig mit seinem Sohn zu treffen. Die beiden verstehen sich gut. Es scheint die Mutter zu sein, die dafür sorgt, dass sich Vater und Sohn nur heimlich treffen können.
Dies belastet auch die Beziehung zwischen den Ehepartnern. Als die Ehefrau, in ihrer irrigen Annahme der Sohn könnte dem Vater etwas antun, die beiden stört, reagiert der Mann sehr unwirsch und hinkt davon.
Dass er in seiner Anwort politisch inkorrekt vom "Füttern der Kinder" spricht, ist vermutlich dem Sprachgebrauch zwischen den Ehepartnern zu schulden und keine böse Absicht.
Gruß
Einherjer
_________________ Stil ist die Fähigkeit, komplizierte Dinge einfach zu sagen - nicht umgekehrt (Jean Cocteau)
Der Unterschied zwischen dem richtigen Wort und dem beinahe richtigen ist der gleiche wie zwischen einem Blitz und einem Glühwürmchen. (Mark Twain) |
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Klaus Eselsohr
K Alter: 73 Beiträge: 247 Wohnort: Irgendwo im Nirgendwo
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K 22.10.2011 20:46
von Klaus
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Tippe mal auf den Alptraum einer schwangeren Frau. Ausgelöst durch verschiedene Faktoren wie z.B. tagsüber nicht verarbeitete Probleme wie Angst vor eventuellen Behinderungen des Kindes, (durch) unbedachte Äußerungen von Arzt und/oder betreuendem Personal, Zukunftsängste, Probleme mit dem Partner (sich allein gelassen fühlen, eventuelle mangelnde oder fehlende Empatiefähigkeit des Partners oder anderer Kontaktpersonen etc.) Besonders in der letzten Zeit der Schwangerschaft auftretend, durch unruhigen Schlaf wegen vermehrter Kindsbewegung. Betroffene Frauen sollten das Gespräch mit Menschen suchen, die sie und ihre Sorgen ernst nehmen. Ich weiß, das sagt sich alles leicht.
Gruß
von
Klaus
_________________ „Mir ist die gefährliche Freiheit lieber als eine ruhige Knechtschaft.“
(Jean-Jacques Rousseau) |
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cascail Eselsohr
Alter: 72 Beiträge: 410 Wohnort: frankreich
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23.10.2011 09:34 Hmh von cascail
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Ist es nicht relativ typisch, dass man immer alle in der Familie vor Unheil bewahren möchte und damit des Öfteren übers Ziel hinausschiesst?
Das Zähnefletschen des Bären habe ich im Nachhinein auch als Begrüssungslächeln angesehen.
_________________ Nur mit Natur, möglichst pur! |
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Einherjer Klammeraffe
Beiträge: 545
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23.10.2011 11:49
von Einherjer
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Hallo cascail.
Meine Interpretation war natürlich nur halb ernst gemeint und ist sehr übertrieben.
Insgesamt gefällt mir dein Text. Ist er wirklich aus einem Traum entstanden?
Gruß
Einherjer
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cascail Eselsohr
Alter: 72 Beiträge: 410 Wohnort: frankreich
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23.10.2011 14:40 comme ci, comme ça von cascail
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Soweit man Träume nach ein paar Tagen übehaupt hinbekommt. Ich habe ihn meinem Partner(Vater unserer Kinder) erzählt und, wie es bei TRäumen oft ist, konnte er sich dann besser erinnern, als ich.
_________________ Nur mit Natur, möglichst pur! |
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