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Deutsches Schriftstellerforum Foren-Übersicht -> Antiquariat -> Postkartenprosa 07/2010
Brief an eine Tote (unheilbar)

 
 
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Schmierfink
Lyroholiker

Alter: 34
Beiträge: 1172



Beitrag02.08.2010 19:00
Brief an eine Tote (unheilbar)
von Schmierfink
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Drei Tage sind es jetzt. Kaum noch anderes gesehen seither, als die braunen Punkte an der Wand des Hotelzimmers. Draußen auf der Straße jagen sich die Geräusche, irgendwo Hundegebell, ab und an Glockengeläut. Alles wie ein traumloser Schlaf: Die Nächte auf den Pflastersteinen, das Klappern deiner Schuhe fehlt. Und ständig, wohin ich auch trete und an welcher Wand ich lehne, ohne sicheren Halt: Die Hoffnung, es wäre nicht weiter als die nächste Ecke und dein Lächeln würde da warten, müde zwar, aber das nur zu verständlich. Es würde da sein und ein letztes mal winken, mit deinem Galgenhumor mir die Welt erklären. „ Die Woche fängt ja gut an!“ Weißt du noch, jene ersten Worte in der Berliner Kneipe angesichts deines Missgeschicks- dem Fleck auf meinem Hemd und wie schwer sie mir fielen? Wie ich dir Blumen ins Haar steckte Wochen später. Gut, dass David Arzt war.
Ich blinzle gegen das Geschrei, will nicht aufwachen.

Plötzlich einer von diesen spanischen Zeitungsjungen, der auf mich zukommt. Gestikulierend. Bin ich denn eine Schlagzeile? Das Weiß seiner Zähne, ekelhaft. Will ihn verscheuchen: er schaut mich an wie ein Esel. Ich sage ihm, er soll still sein, immer wieder. Selbst Radios sollen schweigen, wenn ich in der Nähe bin. In den Bars jedes mal meine Bitte darum den Fernseher abzuschalten. Da ich nichts provozieren will, gehe ich weiter. Dauernd die Angst: Sie werden kommen, mir ihre Trauer aussprechen. Und ich denke an jene Bibelstelle: Selig werden die sein, die da Gott fern sind und bin weit weg von den roten Lippen der Hure die da einfach so steht unter der Laterne, als wäre nie etwas gewesen. Und was ist schon gewesen?

Wieder auf dem Zimmer, das selbe wie vor zwei Jahren- dein ausdrücklicher Wunsch. Du hast es so gewollt, sage ich mir. Ich war nur ein Rädchen, nicht mehr als die Kugel die den Lauf verlassen hat, beruhige ich mich und schaffe es nicht. Dachten wir wirklich, man könnte Krebs heilen?
Was dachten wir überhaupt damals, angesichts des grenzenlosen Horizonts und was wussten wir schon vom Endstadium und der Wirkung von Natrium-Pentobarbital?

Mehr und mehr Bilder von dir in meinem Kopf. Ein schlafloser Traum:
Du in dem roten Kleid auf dem Pier am Hafen und das Schwarz deiner Haare im Wind. Du als wir nicht in die Kathedrale eingelassen wurden, wegen unserer Sachen und der kindlicher Zorn in deinen Mundwinkeln darüber. Wie süß du Zähne zeigst! Dein Ungeschick beim Essen von Hummer, wir gönnten ihn uns und jene Nacht unter dem Feigenbaum. Kein Sterbenswort mehr, letztlich; du lachst über einen billigen Witz- wir durchfuhren Guernica.

Du und ich, wir sind es müde geworden und jetzt bist du vorausgegangen nach Hause und ich komme nach.

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EdgarAllanPoe
Geschlecht:männlichPoepulistischer Plattfüßler

Alter: 32
Beiträge: 2356
Wohnort: Greifswald
Bronzene Harfe Die Goldene Bushaltestelle
Goldene Feder Lyrik


Die Tauben
Beitrag02.08.2010 19:27

von EdgarAllanPoe
Antworten mit Zitat

Hallo Autor,

mich vermag dieser Text zu überzeugen, obwohl er mit den Vorgaben des Krimis bricht: Das Verbrechen steht erst am Ende und wird allenfalls angedeutet. "Erweiterter Suizid", würde dazu ein Jurist sagen.
Mir fällt auf, dass dein Stil ab und an Brüche aufweist, außerdem hat der Text gelegentlich eine poetische Note, die auf jemanden schließen lässt, der ansonst der Lyrik den Vorzug gibt. Das Ganze erinnert mich ein wenig an Schmierfink.
Sprachlich gelingt es dir also, Atmosphäre aufzubauen und die Spannung bis am Ende oben zu halten. Die Verzweiflung des Ich-Erzählers verdeutlichst du gut.
Deshalb gebe ich dir sieben Federn.

Liebe Grüße,

Eddie


_________________
(...) Das Gedicht will zu einem Andern, es braucht dieses Andere, es braucht ein Gegenüber. Paul Celan

Life is what happens while you are busy making other plans.
- JOHN LENNON, "Beautiful Boy"

Uns gefällt Ihr Sound nicht. Gitarrengruppen sind von gestern. (Aus der Begründung der Plattenfirma Decca, die 1962 die Beatles ablehnte.)
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Gast







Beitrag02.08.2010 23:28

von Gast
Antworten mit Zitat

Hallo liebe(r) Postkartenprosaist(in),

bei meiner Bewertung habe ich folgende Kriterien berücksichtigt:

Stil und Sprache: Da gibt's schon ein paar Schnitzer, leider. Leider deshalb, weil mir der Stil ansonsten ganz hervorragend gefällt!

Idee: Weiß nicht, ich versteh's vermutlich nicht so ganz. Zumindest sehe ich hier keinen Krimi, auch beim zweiten Mal lesen nicht. Insofern kann ich mit der Idee wohl einfach nichts anfangen.

Bezug zur Themenvorgabe: Der Urlaub ist da, passt schon.

Fazit: Toller Stil, ein paar orthografische Holperer, inhaltlich werde ich leider nicht warm damit.


LG,

Soraya
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Alogius
Geschlecht:männlichKinnbeber

Alter: 47
Beiträge: 3206

Die Goldene Bushaltestelle Goldene Feder Prosa (Anzahl: 2)


Vom Verschwinden der Muse
Beitrag03.08.2010 13:24

von Alogius
Antworten mit Zitat

Hi,

ich beschränke mich ob der Textmenge auf kurze Kommentare. Falls notwendig, kann ich später detaillierter werden.

Kein sehr klassischer Krimi. Ist das ein Krimi? Ich bin in dem Genre (wie mein eigener Tex beweisen wird) kein Experte.
Aber der Text ist grandios. Dennoch. Darum eine gute Wertung.

Gruß,

Tom


_________________
Aus einem Traum:
Entsetzter Gartenzwerg: Es gibt immer noch ein nullteres Fußballfeld. Wir werden viele Evolutionen verpassen.
Busfahrer: Tröste dich. Mit etwas Glück sehen wir den Tentakel des Yankeespielers, wie er den Ereignishorizont des Schwarzen Loches verlässt.
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The Brain
Geschlecht:weiblichReißwolf

Alter: 65
Beiträge: 1966
Wohnort: Over the rainbow


Beitrag03.08.2010 14:06

von The Brain
Antworten mit Zitat

Ein stimmungsvolles Bild, das du hier zeichnest - könnte an mancher Stelle vielleicht noch intensiviert werden? Nun gut Wortzahl begrenzt.
Ein Verbrechen? Zumindest strafbar .... Ein Krimi?


_________________
Dinge wahrzunehmen,
der Keim der Intelligenz

(Laotse)

***********

Die Kindheit endet nicht mit dem Erwachsenwerden.
Sie begleitet dich durch all deine Lebenstage.

***********

Alle Bücher dieser Welt
Bringen dir kein Glück,
Doch sie weisen dich geheim
In dich selbst zurück.

(Hermann Hesse)
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Traumtänzerin
Fähnchen Fieselschreib

Alter: 30
Beiträge: 1178



Beitrag03.08.2010 14:08

von Traumtänzerin
Antworten mit Zitat

Sehr schön geschrieben. Kein Bezug zum Foto, aber gut. Urlaub nur in einzelnen Formulierungen erkennbar.
Ein paar Kommata vergessen. Ansonsten: Wirklich angenehm zu lesen. Sauberer Stil.

Inhaltlich sehr tiefgehender Plot, unterstützt durch den tollen Schreibstil.

Ich weiß, dass hört sich jetzt alles nach 08/15-Sätzen an, die man mal eben dahinrotzt.
Aber jedes lobende Wort für diesen Text ist ehrlich gemeint (und wenn ich hätte lange grübeln müssen, natürlich auch nach reiflicher Überlegung). wink

Über die Gesamtwertung bin ich mir jedoch noch nicht im Klaren. Es gibt hier wahnsinnig gute und wahnsinnig vielschichtige Texte.


_________________
Title sponsored by Boro, (c) by Alogius
---
Es genügt nicht, keine Meinung zu haben. Man muss auch unfähig sein, sie auszudrücken.
---
Eine spitze Zunge ist in manchen Ländern schon unerlaubter Waffenbesitz.
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Dem wird befohlen, der sich selbst nicht gehorchen kann. (Nietzsche)
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Inquisition war in der frühen Neuzeit der ganz große Burner.
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Lejonina
Geschlecht:weiblichWortedrechsler

Alter: 41
Beiträge: 80
Wohnort: Volos, Griechenland


Beitrag03.08.2010 15:45

von Lejonina
Antworten mit Zitat

Hallo unbekannte(r) AutorIn!

Dein Text dringt zu mir durch und macht mich traurig. Zugegeben, beim ersten Lesen habe ich ihn nicht ganz verstanden. Aber als ich erstmal kapiert hatte, worum es ging, hat es mich sprachlos gemacht.

Deine Geschichte hebt sich deutlich von den anderen ab. Ich bewundere, wie Du in einem so kurzen Text soviel Gefühl erzeugen kannst. Und diese feinen Andeutungen. Nachher hat man trotzdem das Gefühl, eine große Geschichte mit vielen Details und Einzelheiten erfahren zu haben.

Ich bin sehr gespannt wer Du bist und freue mich, mehr von Dir zu lesen!

LG, Lejo
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Exzess
Geschlecht:männlichGänsefüßchen

Alter: 32
Beiträge: 21



Beitrag03.08.2010 15:55

von Exzess
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Der Smiley ist echt gut dafür, um zu zeigen, dass ich die Zeilen, die du hier vorstellst, echt gut finde. Aber wenn ich den Cursor darauf zubewege, erscheint der Titel "Shocked".  Ach 'uck, egal.

 Shocked

wieso schreibst du so ?


_________________
finis dierum
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Old
Geschlecht:männlichEselsohr

Alter: 68
Beiträge: 351
Wohnort: Georgien


Beitrag03.08.2010 16:23

von Old
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Der Vorhang öffnet sich. Der Lärm beginnt abzuflachen.
Ich trete mit einem vierköpfigen Team auf die Bühne. Wir nehmen an den vor uns stehenden Tischen platz. Hin und wieder ein räuspern aus dem Publikum, so dass ich mich gezwungen sehe, einen stechenden Blick hinunter zu schicken. Befriedigend nehme ich zur Kenntnis, dass der letzte Räusper, verschreckt im Hals stecken geblieben ist.  

Darf ich vorstellen, das Bewertungs-Komitee.
Zu meiner Rechten, Frau Schlauberger.
Daneben, Herr Besserwisser.  
Zu meiner Linken, Frau Dr. Prosa
Und Herr Schund

Wenn ich kurz die Kriterien erläutern darf. Jeder Kandidat bekommt grundsätzlich 3 Punkte, es denn, beim Lesen der Kurzgeschichten wird einem vom Bewertungs-Komitee so übel, das er oder sie, einen unnatürlichen Farbton annimmt.
Außer Bewertung steht vorab das Zählen der Wörter. Dafür ist Hilfsbewerter Nihil zuständig. Später wird dann, unabhängig, der Klasse des Textes, über eine Disqualifizierung entschieden.

Wieder ein räuspern, wieder ein entschiedener Blick der sofort für Ruhe sorgt.

Weitere Punkte gibt es für den Begriff „Urlaub“, im weitesten Sinn.
Für die Bezugnahme auf das vorgegebene Bild.
Für das Szenario Verbrechen
Für Spannung, oder Witz.
Für die Idee.
Für Logik und Glaubwürdigkeit
Maximal sind somit 9 Punkte zu erreichen.

Wir fahren fort mit: „Brief an eine Tote (unheilbar)“

Begriff „Urlaub“, im weitesten Sinn. – 0,5 Punkte
Bezugnahme auf das vorgegebene Bild. - 0,0 Punkte
Szenario Verbrechen. - 0,1 Punkte
Spannung, oder Witz. - 0,2 Punkte
Idee. - 0,3 Punkte
Logik und Glaubwürdigkeit. - 0,3 Punkte   ->   1,4 + 1 = 2,4

Der Komitee-Leiter erhebt sich und gibt eine kurze Bemerkung ab:

Tja…, weiß nicht was er sagen soll, setzt sich wieder.
 
Der Saal jubelt, das Komitee erhebt sich. Kurze Pause.
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BlueNote
Geschlecht:männlichStimme der Vernunft


Beiträge: 7304
Wohnort: NBY



Beitrag03.08.2010 19:45

von BlueNote
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Das ist eine doch recht wirre Geschichte, die mir nicht besonders gefällt. Sie hat nur den Anschein von Tiefe. Eigentlich ist sie sehr oberflächlich geschrieben. Die Sprache wirkt unausgegoren.
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MadameMimm
Geschlecht:weiblichKlammeraffe

Alter: 50
Beiträge: 575
Wohnort: Schwabenland


Beitrag03.08.2010 21:10

von MadameMimm
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Hallo,

die Idee zu deiner Geschichte gefällt mir sehr gut, nur frage ich mich, inwieweit die Kriterien für eine Verbrechen gegeben sind. Sicher, Sterbehilfe ist illegal, aber irgendwie will sich bei mir da kein "Krimi-Feeling" einstellen. Ich fühle eher Mitleid mit dem Ehemann und kann seine Gefühle sehr gut verstehen. Spannung kommt aber nicht auf. Auch deshalb nicht, weil mir manche Sätze so unvollständig vorkommen, was mich im Lesefluss behindert:
Zitat:
Kaum noch anderes gesehen seither, als die braunen Punkte an der Wand des Hotelzimmers.
Da fehlt mir ein "ich".
Zitat:
Selig werden die sein, die da Gott fern sind und bin weit weg von den roten Lippen der Hure die da einfach so steht unter der Laterne, als wäre nie etwas gewesen
..."Gott fern sind und bin weit weg..." das klingt so unfertig?

Ansonsten hast du gute Ansätze gezeigt, die Trauer und Hilflosigekeit darzustellen.


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Hexliche Grüße von Tanja
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andrea jutta
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Beitrag04.08.2010 01:48

von andrea jutta
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Hi,

ein sehr berührendes Thema, das du auch packend und sensibel beschríeben hast. Sterbehilfe - Verzweiflungstat. Meiner Meinung nach ist die Geschichte aber weder ein Krimi noch ein Thriller. Vielleicht gehört es eher in die Ecke Psycho-Drama. Sorry, aber aus dem Grund nur 3 Punkte von mir.
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Pütchen
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Beitrag04.08.2010 07:15

von Pütchen
Antworten mit Zitat

Hallo smile

Éine tragische Geschichte, auch wirklich gut erzählt.

Sie hat aber für mich nichts mit einem Krimi oder Thriller zu tun, es ist eine Tragödie.

Auch fehlt mir jegliche Assoziation zum Bild.

Von daher gelungene Geschichte, aber in Bezug auf den Wettbewerb eher nicht so passend in meinen Augen.

Viele Grüße, Pütchen


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"Die Menschen bauen zu viele Mauern und zu wenig Brücken."
(Isaac Newton, 1642-1726)

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gepuzzelt
Eselsohr
G


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G
Beitrag04.08.2010 11:34

von gepuzzelt
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stilistisch klingt es sehr abgehackt, was wohl mit dem Mangel an Verben in einigen Sätzen zu tun hat. Dadurch nimmt man sich die Chance eines differenzierten Erzählens.
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Liesette
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Beitrag04.08.2010 14:55

von Liesette
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Diese Melancholie kommt mir hitverdächtig bekannt vor Wink . Es ist ein schöner Text, traurige Gedanken - aber eben leider kein Krimi. Krebs ist kein Verbrechen, auch Selbstmord nicht.
Unter anderen Voraussetzungen würde ich höher bewerten, nur diesmal geht es nicht, es ist leider am Thema vorbei.


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Nemo
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Wohnort: Dresden
Pokapro 2016 Pokapro III & Lezepo I
Postkartenprosa II


Beitrag04.08.2010 15:43

von Nemo
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Lieber Autor,

einen Text mit Klammer im Titel gab's schon beim letzten Pokapro. Der Verfasser war der Schmierfink. Sollte es möglich sein, dass der Schmierfink auch hinter diesem Text ... nein anders gefragt: Sollte es möglich sein, dass jemand anders als der Schmierfink dahinter steckt? Vor allem, weil die unprosaische Abneigung gegen das Verb wirklich für einen Lyriker spricht. Und weil's außerdem genau sein Thema ist. Ach, wenn Du es bist, du Kleckspirol, du Kritzelspatz, dann will ich Dich in den Arm nehmen, Dich drücken und trösten, auf dass Du statt mit Tränen fortan mit Tinte schreiben kannst. Was muss die unglückliche Liebe und das Verlassenwerden Dir das Herz zerfressen haben, dass es so traurige Geschichten in Deinen Kopf pumpt. Aber alles wird gut  smile extra

Nun zum Text: Die Idee selbst riecht wie das Giftfläschchen aus Romeo und Julia. Für einen Krimi braucht es freilich ein Verbrechen. Da muss man sich schon ein wenig auskennen, um darauf zu kommen. So viel ich weiß, ist Natrium-Pentobarbital ein Barbiturat, was eigentlich nur noch in der Tiermedizin verwendet wird, ein Schlafmittel mit hohem Suchtpotential, füher als Tablette auf Rezept erhältlich. Heute haben es ein paar Verrückte für die aktive Sterbehilfe wiederentdeckt, wahrscheinlich ist das auch die Straftat, um die sich die Geschichte dreht, vor allem wenn man die Krebssache einbezieht. Aber ist das ein Krimi? Ich lasse die Antwort mal außen vor, solch feste Kategorien bringen hier nicht weiter. So ein richtiger Brief an eine Tote ist es freilich auch nicht, sondern eher ein innerer Monolog. Dort liegen dann auch die Stärken in diesem Text: Eine hoch verdichtete Psyche, die auf lyrische Art ihren Selbstmordgedanken mit Argumenten füttert. Sprachlich ist das alles mehr Lyrik als Prosa. Das passt aber ganz gut, weil Lyrik mitunter besser innere, emotionale Befindlichkeiten einzufangen vermag, als es Prosa kann (obwohl das nicht immer so ist). Dabei geht der Erzähler mit einem sicheren Blick für Details zu Werke, lässt nicht locker damit, den Leser zu greifen. Der Text arbeitet mit lyrischer Methode, mit mythologischem Bildmaterial (die Bibel, die Hure (von Babylon?)), mit Symbolik (das Ungeschick beim Essen des Hummers; das Fahren durch Guernica), beweist dabei ein ganz eigenes Geschick darin, etwas zusammen zu würfeln, von dem man nie glauben mag, dass es passt: Doch tatsächlich ergibt sich ein Bild.

Mir gefällt der Text im Ganzen, auch wenn richtig gute Prosa mehr Stringenz in der dramaturgischen Struktur braucht, eine dynamischere Erzählsprache, die jene Dynamik der Bilder aufzunehmen versteht. Aber wenn Du dranbleibst, wirst Du uns irgendwann alle in die Tasche stecken (solltest Du der sein, für den ich Dich halte).

Beste Grüße
Nemo


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Kunst ist Leben. Also lebe!
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*Gast*
Klammeraffe
*


Beiträge: 504
Wohnort: Rheinland-Pfalz


*
Beitrag04.08.2010 16:42

von *Gast*
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Eine Sprache, die einen in die Geschichte zieht. Leider kann ich das Verbrechen nicht erkennen. Tötung auf Verlangen? Mit Schlafmitteln? Wenn sie noch in Urlaub fahren konnte, konnte sie die doch auch selbst nehmen.

Grammatik, Zeichensetzung?

Aber bei aller Kritik mochte ich den Erzählton sehr gerne.

LG
Sabine
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Leene
Eselsohr


Beiträge: 448



Beitrag04.08.2010 17:12

von Leene
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Bin unschlüssig. Einerseits finde ich die erzeugte Stimmung toll, hat was von Max Frisch. Andererseits sind da stilistische Unebenheiten und Kommafehler, die für mich die Stimmung wieder stören. Und wer ist David? Meiner Meinung nach zu viel Information an dieser Stelle. Hängt aber wahrscheinlich mit dem Ende zusammen, dass ich nicht ganz verstehe: Er hat sie „eingeschläfert“? Mit Hilfe des Arztes, der das Barbiturat gab? Oder hat er sie erschossen? Hier hätte ich lieber ein eindeutiges Ende.
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Jocelyn
Bernsteinzimmer

Alter: 59
Beiträge: 2251
Wohnort: Königstein im Taunus
Das Silberne Fahrrad Ei 1



Beitrag04.08.2010 18:46

von Jocelyn
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Der Text hat die wehmütige Atmosphäre, die das Thema verlangt.
Nicht schlecht gemacht.

6 Federn


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If you dig it, do it. If you really dig it, do it twice.
(Jim Croce)

Die beständigen Dinge vergeuden sich nicht, sie brauchen nichts als eine einzige, ewig gleiche Beziehung zur Welt.
(Aus: Atemschaukel von Herta Müller, Carl Hanser Verlag, München 2009, Seite 198)

"Si Dieu n'existait pas, il faudrait l'inventer."
(Voltaire)
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Nihil
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Moderator
Alter: 34
Beiträge: 6039



Beitrag04.08.2010 20:18

von Nihil
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Liebe/r Autor/in von „Brief an eine Tote (unheilbar)“,
dies waren die Kriterien, die meine Bewertung beeinflusst haben:
1) Umgang mit dem vorgegebenen Thema
(Einbindung der Vorgaben, Einfallsreichtum)
2) Dramaturgie
(ansprechender und sinnvoller Titel, Organisation der Handlung, Spannung)
3) Form und Sprache
(Rechtschreib- und Grammatikfehler, Wortschatz, stringenter Stil, Perspektive)
4) Fazit
(Vergleich mit anderen Einsendungen, persönliche Meinung)

1)
Prinzipiell finde ich gut, dass bei Dir der Urlaub eine zentrale Rolle spielt. Der spanische Urlaubsort, sogar ein ganz spezifisches Zimmer, stellen immerhin geliebte Erinnerungen an die verstorbene Frau oder Freundin da. Nicht ganz zufrieden bin ich allerdings mit der Art Deines Verbrechens. Die katholische Kirche sieht Selbstmord als Verbrechen an, der Staat allerdings nicht (einen Toten kann man ja auch nicht mehr verurteilen). Auch ich finde, man kann ihn nur als Straftat auffassen, wenn man sehr, sehr gnädig ist. Die krimitypische Analyse von Tatort, Motiven und der Suche nach dem Täter bleibt in Deinem Text leider ebenso außen vor.

2)
Zunächst einmal hat mich der Titel mehr gestört als interessiert, weil ich den Nachtrag in Klammern missverständlich fand. Brief an eine unheilbar Tote hätte ich besser gefunden, aber das ist natürlich nur eine Kleinigkeit. Einen Brief habe ich in Deiner Geschichte aber nicht entdeckt. Es ist doch bloß Ein Spaziergang mit anschließendem Selbstmord, oder etwa nicht? Briefform hat die Geschichte schließlich auch nicht. Einen Spannungsbogen im Sinne von sich zuspitzender Handlung sehe ich in Deiner Geschichte nicht, aber durch die Anekdoten, die wirklich sehr gut für Stimmung sorgen, leidet man automatisch immer ein Stückchen mehr mit dem Protagonisten. Von daher würde ich sagen, nimmt zumindest das Interesse an der Hauptfigur zu, was man ja auch als Spannungsbogen bezeichnen kann.
Den Selbstmord am Ende kaufe ich Dir, so gut mir die Geschichte auch gefallen hat, nicht ab. Du beschreibst zwar Trauer, Trotz und Schmerz, aber für einen Selbstmord genügt kein Gefühl außer der Verzweiflung. Verzweifelt ist dein Protagonist nicht. Dafür fehlen mir Fragen wie: Hat mein Leben ohne dich noch einen Sinn? Hättest du gerettet werden können, wenn wir den Krebs eher erkannt hätten? Warum habe ich unsere letzten Stunden nicht noch mehr genutzt? Und so weiter. Ich würde sagen, deine Figur ist noch nicht einmal depressiv, sondern eher melancholisch, als wäre der Tod der Geliebten schon drei Jahre her, die Erinnerung aber immer noch schmerzhaft. Den Freitod finde ich deshalb unmotiviert.

3)
Die Sprache Deines Textes hat mir sehr gefallen. Sowohl Dein Satzbau als auch der dadurch entstehende Rhythmus wirken abwechslungsreich und natürlich. Wortschatz und Formulierungen sind ebenfalls sehr unterschiedlich, klischeehafte Formulierungen habe ich keine entdeckt. Deine Beschreibungen der Trauer, des fast schon kindlichen Trotzes (wenn selbst die Radios schweigen sollen), der Sehnsucht nach dem Vergangenen gelingen ebenfalls gut und eindringlich. Das einzige Gefühl, dass Du meiner Meinung nach nicht genug beschrieben hast, ist die Verzweiflung. Die findet sich hier nämlich gar nicht. Alle vier Absätze vor der Pointe hätte ich als ganz gewöhnliche Trauer eingeordnet, auch wenn das ein wenig abschätzig klingen mag. Ich sehe darin nichts, was den Protagonisten wirklich an den Rand der Verzweiflung bringen würde, siehe oben.
Störend finde ich lediglich, dass du beim Setzen eines Gedankenstrichs nur hinter dem Strich eine Leerzeile setzt, nicht davor. Außerdem denke ich, wäre an einer Stelle (Wie süß du Zähne zeigst!) das Präteritum passender gewesen. Er denkt zwar an sie, sieht sie aber nicht wirklich vor sich sitzen, deswegen wäre das im Präteritum eine allgemeinere Erinnerung. Einzig
Zitat:
Gut, dass David Arzt war.

scheint mir an seiner Stelle deplatziert und zusammenhanglos zu sein.

4)
Subjektiv hat mir deine Geschichte ziemlich gut gefallen, aber das Problem der fehlenden Motivation für den Suizid sowie die Schwierigkeit, ihn als Verbrechen anzusehen, machen mir Probleme. Sprachlich und auch von der erzählerischen Dichte habe ich nichts zu beanstanden, aber weil die Wettbewerbsbedingungen nun einmal erfüllt werden müssen, ziehe ich ein bisschen ab.
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Gast3
Klammeraffe
G


Beiträge: 794
Wohnort: BY


G
Beitrag04.08.2010 21:44

von Gast3
Antworten mit Zitat

Liebe/r Autor/in,

sehr berührende Geschichte. Der Schreibstil hierbei gefällt mir besonders gut. Jemand wurde getötet, und trotzdem gelingt es mir nicht, den Text als Krimi und die Tat als Verbrechen anzusehen. Gefällt mir aber trotzdem.

Lieben Gruß
schneestern


_________________
Sich vergleichen, ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit.
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anuphti
Geschlecht:weiblichTrostkeks

Alter: 58
Beiträge: 4320
Wohnort: Isarstrand
DSFo-Sponsor Pokapro 2015


Beitrag04.08.2010 23:16

von anuphti
Antworten mit Zitat

hm, schon über den Titel stolpere ich ...

wenn jemand schon tot ist, dann ist Heilung doch eh nicht mehr möglich?
Die vielen verkürzten Sätze lassen vermuten, dass Du den Text arg gekürzt hast?

Wie auch immer ...

Liebe/r Inkognito,

Da ich weder ein Krimiexperte, noch Germanist, oder Literaturkritiker bin, ist dieses Schema völlig subjektiv und genügt lediglich meinen eigenen Ansprüchen an Grammatik, Stil und Rechtschreibung, sowie meinen mageren Kenntnissen über Spannungsbögen und Logik.

Ich werte von 1 bis 8 Federn, eine zusätzliche Feder gibt es, wenn die Vorgabe „Urlaub“ umgesetzt wurde,  wenn die Knochen von dem Foto in irgendeiner Form eingebaut wurden, dann gibt es tendenziell die bessere Bewertung, wenn ich zwischen zwei Federnzahlen schwanke.

Wenn ich das Genre Krimi (so als unbedarfter Leser) gar nicht erkennen kann, gibt es nur eine Feder.

Die A-Note bezieht sich auf die „Theorie“ der Geschichte, also Grammatik und Co., bei einem so kurzen Text erwarte ich mir einen weitgehend fehlerfreien Text (Irrtümer vorbehalten, bin auch nicht so fit mit der neuen deutschen Rechtschreibung ...)
Die B-Note  beschreibt die „Praxis“, also wie korrekt, gut recherchiert und logisch die Geschichte umgesetzt wurde.
Und die total subjektive C-Note beschreibt die schwer fassbare Kreativität, also ungewöhnliche Idee (Titel), überraschende Umsetzung, sowie den Humorfaktor und Spannung, ohne den ich (Banause) Krimis gar nicht lesen würde.

A-Note 3
B-Note 3
C-Note 3

Gesamt 3

Plus Urlaubsfeder macht 4 Federn
Knochen? keine

Ich hatte Schwierigkeiten mit Deinem Text, wahrscheinlich aufgrund der Kürzungen waren viele Sätze zusammenhanglos, und so fand ich den Text auch nicht wirklich spannend.

Das Thema Sterbehilfe könnte wahrscheinlich auch ein paar mehr Worte vertragen .

Trotzdem gerne gelesen!

Liebe Grüße
Nuff


_________________
Pronomen: sie/ihr

Learn from the mistakes of others. You don´t live long enough to make all of them yourself. (Eleanor Roosevelt)

You don´t have to fight to live as you wish; live as you wish and pay whatever price is required. (Richard Bach)
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