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Deutsches Schriftstellerforum Foren-Übersicht -> Antiquariat -> Postkartenprosa 07/2010
Osaka Blues

 
 
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sleepless_lives
Geschlecht:männlichSchall und Wahn

Administrator
Alter: 58
Beiträge: 6477
Wohnort: München
DSFo-Sponsor Pokapro und Lezepo 2014
Pokapro VI Weltrettung in Gold


Beitrag02.08.2010 19:00
Osaka Blues
von sleepless_lives
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Von oben, von den Beton-und-Stahl-Fangarmen der Hochstraßen, Fußgängerbrücken und Treppenkatarakte,  fielen Wassertropfen auf das ölige Pflaster der Chou Odori, zerplatzten. Gedanken. Nicht zu Ende gedacht. Mögliche Vergangenheiten, mögliche Zukünfte. Hauswandbedeckende Leuchtreklamen spiegelten sich in den nächtlichen Wasserpfützen, zu Miniaturen geschrumpft. Pulsierend. Stumm. Wie die Seelen von Toten, denen man die Passage verwehrt hatte. Toshiro von der Osaka-Kriminalpolizei hustete eine Zigarette neben mir.

Ja, das Verbrechen war mir selbst in meinen Urlaub gefolgt. Im Moment saß es im Hotel in Amerika-mura, beschwerte sich, dass es nirgendwo etwas Richtiges zu essen gäbe, und feuerte wahrscheinlich gerade den Ehering wutentbrannt in eine Ecke des Raumes, wo sie ihn gut wiederfinden würde. Wenigstens bewirkte ihre üble Laune, dass sie mich nicht mehr »mein Kommisar-Rex-Schnauzi-Bautzelchen« nannte. Mein Name war Reginald. nicht Rex.

Ein Mädchen im Minirock und schwarzen Wollstrümpfen verteilte Papiertaschentücher als Werbegeschenke an die vorübereilenden Passanten. Ein Lächeln. Ein Blick aus braunen Augen, der mich als Querschläger traf.
»Let's go. Itadakimasu!«, sagte ich und schlug den Kragen meines Mantels hoch. Toshiro verdrehte die Augen. Mein Japanisch war verdammt gut, es waren die heimtückischen Japaner, die hinter meinem Rücken andauernd ihre Sprache veränderten.
 
Wir betraten die Bahia. Alte, niedrige Häuser, übriggeblieben, direkt unter der Hanshin-Expressway-Chou-Kreuzung. Das Zentrum des portugiesischen Castella-Kuchen-Schmuggels während des Togukawa-Shogunats. Ein paar Straßen, so unglaublich gefährlich für jeden Außenseiter, jenseits der Vorstellungskraft. Erst kürzlich war ein Geschäftsmann unabsichtlich in das Viertel geraten, hatte lediglich einen Bahia-Bewohner gefragt, ob der den Weg zur U-Bahn-Station wisse. »Nein«, wurde ihm geantwortet. Wie können Menschen nur so grausam sein. Nun würde mich mein Weg auf diesen Spielplatz des Teufels führen. Ein singender Tierschädel war inklusive eines deutschen Professors, seinem Besitzer, von einer Forensik-Konferenz gestohlen worden und eine Spur aus Brotkrumen führte direkt in die Bahia. Das hätte mich stutzig machen sollen. Es war zu einfach.

In der Bahia lebten nur Burakumin, die Ausgestoßenen der japanischen Gesellschaft. Die einstigen Verwalter des Todes. Man sprach nicht von ihnen, erwähnte nicht mal ihren Namen. Es hatte den  ganzen Nachmittag gedauert, bis ich herausgefunden hatte, was Toshiro meinte, als er mir seinen Verdacht über den Verbleib des entführten Professor hatte mitteilen wollen.

»Please look, Rekusu-san«, sagte Toshiro und deutete auf ein Tempura-Restaurant mit einem Schild in Deutsch: »Wunderland«. Wir traten ein. Hinter uns wurde die hölzerne Schiebetür von unsichtbarer Hand geschlossen. Da saß der Professor mit einem japanischen Kollegen. Lachend. Es war eine Falle. Sie hatten mich gekriegt. Toshiro grinste. Man folterte mich stundenlang, indem man ein Stück frisch zubereitetes Tempura nach dem anderen in meine Essschale legte und ständig neuen teuren Sake in mein Glas schüttete. Erst in den frühen Morgenstunden konnte ich meinen Quälern entkommen und torkelte Richtung Hotel. Eine vernebelte Morgensonne klebte am östlichen Himmelsrand über Shinsaibashi.

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Gast







Beitrag02.08.2010 22:30

von Gast
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Hallo liebe(r) Postkartenprosaist(in),

bei meiner Bewertung habe ich folgende Kriterien berücksichtigt:

Stil und Sprache: Sehr gut geschrieben!

Idee: Da hat man sich doch aus der Krimi-Thematik ein bisschen rausgemogelt. wink Interessante Umsetzung, aber von einem Krimi erwarte ich etwas anderes.

Bezug zur Themenvorgabe: Gegeben.

Bonus: Die Pointe ist natürlich klasse, hat mich sehr amüsiert.

Fazit: Guter Text, witzig und karikierend. Aber halt kein richtiger Krimi für mich.


LG,

Soraya
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The Brain
Geschlecht:weiblichReißwolf

Alter: 65
Beiträge: 1966
Wohnort: Over the rainbow


Beitrag02.08.2010 23:19

von The Brain
Antworten mit Zitat

Hallo,

das hat mich jetzt leider nicht so richtig gepackt ....


_________________
Dinge wahrzunehmen,
der Keim der Intelligenz

(Laotse)

***********

Die Kindheit endet nicht mit dem Erwachsenwerden.
Sie begleitet dich durch all deine Lebenstage.

***********

Alle Bücher dieser Welt
Bringen dir kein Glück,
Doch sie weisen dich geheim
In dich selbst zurück.

(Hermann Hesse)
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Old
Geschlecht:männlichEselsohr

Alter: 68
Beiträge: 351
Wohnort: Georgien


Beitrag03.08.2010 09:04

von Old
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Der Vorhang öffnet sich. Der Lärm beginnt abzuflachen.
Ich trete mit einem vierköpfigen Team auf die Bühne. Wir nehmen an den vor uns stehenden Tischen platz. Hin und wieder ein räuspern aus dem Publikum, so dass ich mich gezwungen sehe, einen stechenden Blick hinunter zu schicken. Befriedigend nehme ich zur Kenntnis, dass der letzte Räusper, verschreckt im Hals stecken geblieben ist.  

Darf ich vorstellen, das Bewertungs-Komitee.
Zu meiner Rechten, Frau Schlauberger.
Daneben, Herr Besserwisser.  
Zu meiner Linken, Frau Dr. Prosa
Und Herr Schund

Wenn ich kurz die Kriterien erläutern darf. Jeder Kandidat bekommt grundsätzlich 3 Punkte, es denn, beim Lesen der Kurzgeschichten wird einem vom Bewertungs-Komitee so übel, das er oder sie, einen unnatürlichen Farbton annimmt.
Außer Bewertung steht vorab das Zählen der Wörter. Dafür ist Hilfsbewerter Nihil zuständig. Später wird dann, unabhängig, der Klasse des Textes, über eine Disqualifizierung entschieden.

Wieder ein räuspern, wieder ein entschiedener Blick der sofort für Ruhe sorgt.

Weitere Punkte gibt es für den Begriff „Urlaub“, im weitesten Sinn.
Für die Bezugnahme auf das vorgegebene Bild.
Für das Szenario Verbrechen
Für Spannung, oder Witz.
Für die Idee.
Für Logik und Glaubwürdigkeit
Maximal sind somit 9 Punkte zu erreichen.

Wir fahren fort mit: „Osaka Blues“

Begriff „Urlaub“, im weitesten Sinn. - 1,0 Punkte
Bezugnahme auf das vorgegebene Bild. - 0,5 Punkte
Szenario Verbrechen. - 0,2 Punkte
Spannung, oder Witz. - 0,3 Punkte
Idee. - 0,4 Punkte
Logik und Glaubwürdigkeit. - 0,5 Punkte   ->   2,9 + 3 = 5,9

Der Komitee-Leiter erhebt sich und gibt eine kurze Bemerkung ab:

Nur der Einspruch von Frau Dr. Prosa, verhinderte eine schwächere Wertung.

Der Saal jubelt, das Komitee erhebt sich. Kurze Pause.
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Alogius
Geschlecht:männlichKinnbeber

Alter: 47
Beiträge: 3206

Die Goldene Bushaltestelle Goldene Feder Prosa (Anzahl: 2)


Vom Verschwinden der Muse
Beitrag03.08.2010 12:58

von Alogius
Antworten mit Zitat

Hi,

ich beschränke mich ob der Textmenge auf kurze Kommentare. Falls notwendig, kann ich später detaillierter werden.

Sehr toll geschrieben, sehr stimmungsvoll, mit vielen Details. Mehr muss ich nicht sagen: ein Favorit.

Gruß,

Tom


_________________
Aus einem Traum:
Entsetzter Gartenzwerg: Es gibt immer noch ein nullteres Fußballfeld. Wir werden viele Evolutionen verpassen.
Busfahrer: Tröste dich. Mit etwas Glück sehen wir den Tentakel des Yankeespielers, wie er den Ereignishorizont des Schwarzen Loches verlässt.
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Lejonina
Geschlecht:weiblichWortedrechsler

Alter: 41
Beiträge: 80
Wohnort: Volos, Griechenland


Beitrag03.08.2010 14:44

von Lejonina
Antworten mit Zitat

Hallo unbekannte(r) AutorIn!

In Deinem Text erzeugst Du eine gut nachvollziehbare Großstadt-Stimmung, man kann direkt eintauchen. Deine Sprache finde ich teilweise sehr ansprechend.
Von dem Ende bin ich leider etwas enttäuscht. Alle Aufregung umsonst, es ist gar nichts passiert. Wie schade!

Ein paar kleine Anmerkungen:
Zitat:
Toshiro von der Osaka-Kriminalpolizei hustete eine Zigarette neben mir.
Kann man Zigaretten husten? Da erscheint in meinem Kopf ein Bild von einem Mann, der bei einem Hustenanfall Zigaretten hervorwürgt... Sicherlich soll der Satz andeuten, dass der Mann neben "ihm" raucht und dann hustet, oder?
Zitat:
Ja, das Verbrechen war mir selbst in meinen Urlaub gefolgt. Im Moment saß es im Hotel in Amerika-mura, beschwerte sich, dass es nirgendwo etwas Richtiges zu essen gäbe, und feuerte wahrscheinlich gerade den Ehering wutentbrannt in eine Ecke des Raumes, wo sie ihn gut wiederfinden würde. Wenigstens bewirkte ihre üble Laune, dass sie mich nicht mehr »mein Kommisar-Rex-Schnauzi-Bautzelchen« nannte. Mein Name war Reginald. nicht Rex.
Aus diesem Absatz würde ich schließen, dass die Ehefrau das Verbrechen ist. Das ist aber wahrscheinlich eher nicht gemeint, oder?

Eins würde mich noch interessieren. Kannst Du wirklich japanisch? Smile

Im Vergleich mit den anderen Beiträgen ordne ich Deinen Text dem Mittelfeld zu.

LG, Lejo
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Sir Charles Blackwood
Gast






Beitrag03.08.2010 15:55

von Sir Charles Blackwood
Antworten mit Zitat

Für mich leider kein Krimi. Schwer zu lesen.

LG Sir Charles
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gepuzzelt
Eselsohr
G


Beiträge: 289
Wohnort: Australien


G
Beitrag03.08.2010 16:23

von gepuzzelt
Antworten mit Zitat

seltsam enttäuschender Handlungsstrang. Ich nehme dir aber ab, dass du Osaka schon zu Gesicht bekommen hast, denn kleinen Details haben mich wieder an meine Zeit dort erinnern lassen. Aber leider erleben die Eindrücke eher eine Aufzählung und nicht wirklich eine Tiefe.
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sweety1610
Geschlecht:weiblichGänsefüßchen

Alter: 49
Beiträge: 47
Wohnort: 48496


Beitrag03.08.2010 18:42
Kein Verbrechen?
von sweety1610
Antworten mit Zitat

Schwierig zu lesen durch komplizierte Worte und japanische Namen. Die Handlung bleibt mir unklar und die Stimmung springt nicht auf mich über. Vielleicht habe ich den Text einfach nicht verstanden, sorry.
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Gast3
Klammeraffe
G


Beiträge: 794
Wohnort: BY


G
Beitrag03.08.2010 19:03

von Gast3
Antworten mit Zitat

Liebe/r Autor/in,

hier bin ich gerade ein wenig überfordert. Soll das jetzt ironisch sein, dass der Prota mit Tempura gefoltert wird oder dass die unglaubliche Gefahr in der Bahia darin besteht, eine Frage mit "Nein" beantwortet zu bekommen? Mir erschließt sich auch die Handlung nicht wirklich.
Tut mir leid, aber mein Fall ist das leider nicht.

Lieben Gruß
schneestern


_________________
Sich vergleichen, ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit.
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BlueNote
Geschlecht:männlichStimme der Vernunft


Beiträge: 7304
Wohnort: NBY



Beitrag03.08.2010 20:05

von BlueNote
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Man erkennt zwar große Schreibroutine, meiner Meinung nach leidet der Text aber darunter, dass er zu viel „will“. Ständig die japanischen Ausdrücke die Fachwissen „simulieren“, dann der Tierkopf (Klasse, Schreibaufgabe übererfüllt!), überall Extravaganzen im Sprachlichen. Nicht schlecht geschrieben, aber too much für so einen kurzen Text
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Gast







Beitrag03.08.2010 20:34

von Gast
Antworten mit Zitat

Liebe/r Autor/in,

Deine Story ist bisher für mein Empfinden die Beste. Ich habe mich köstlich amüsiert. Sätze wie:
Zitat:
„Mein Japanisch war verdammt gut, es waren die heimtückischen Japaner, die hinter meinem Rücken andauernd ihre Sprache veränderten.“
oder
Zitat:
„Ein singender Tierschädel war inklusive eines deutschen Professors, seinem Besitzer, von einer Forensik-Konferenz gestohlen worden und eine Spur aus Brotkrumen führte direkt in die Bahia.“

find ich einfach klasse!

Gerne gelesen

Liebe Grüße
Monika
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Dienstwerk
Geschlecht:weiblichReißwolf

Alter: 55
Beiträge: 1254
Wohnort: Gera/Markkleeberg
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Beitrag03.08.2010 21:17

von Dienstwerk
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Zuviel Sake vorm Schreiben getrunken??? lol

Ich finde den Text göttlich, mit einigen ungereimten Überflüssigkeiten!
Die Erwähnung der Ehefrau könnte weggelassen oder gekürzt werden, stattdessen die Freundschaft zu Toshibo und dem Professor besser  hervorgehoben werden.

Dieser Satz ist klasse:
Zitat:
Toshiro von der Osaka-Kriminalpolizei hustete eine Zigarette neben mir.


Fehlt hier nicht eigentlich ein "eigentlich"?
Zitat:
Mein Japanisch war verdammt gut, es waren die heimtückischen Japaner, die hinter meinem Rücken andauernd ihre Sprache veränderten.


Spur aus Brotkrumen?
Mannomann, stell Dir mal vor, die Hexe hätte Hänsel und Gretel Sake und Sushi statt Pfefferkuchen serviert. Nicht auszudenken!!!  wink

LG, Ana
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andrea jutta
Geschlecht:weiblichWortedrechsler
A


Beiträge: 68
Wohnort: Nürnberg


A
Beitrag04.08.2010 01:09

von andrea jutta
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Hi,

mit der Wahl des Ortes hast du eine ganz interessante Stimmung geschaffen. Als Leserin fand ich die Story irgendwie nicht so ganz einfach nachzuvollzienen. Da wusste der Autor mehr als die Leserin. Kann natürlich auch sein, dass ich den Handlungstrang irgendwie nicht gerafft habe und die anderen sehen da kein Problem drin. Also ich gebe dir mal 2 Punkte. Es gibt sicher Leser, die da anderer Meinung sind.
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Nihil
{ }

Moderator
Alter: 34
Beiträge: 6039



Beitrag04.08.2010 09:50

von Nihil
Antworten mit Zitat

Liebe/r Autor/in von „Osaka Blues“,
dies waren die Kriterien, die meine Bewertung beeinflusst haben:
1) Umgang mit dem vorgegebenen Thema
(Einbindung der Vorgaben, Einfallsreichtum)
2) Dramaturgie
(ansprechender und sinnvoller Titel, Organisation der Handlung, Spannung)
3) Form und Sprache
(Rechtschreib- und Grammatikfehler, Wortschatz, stringenter Stil, Perspektive)
4) Fazit
(Vergleich mit anderen Einsendungen, persönliche Meinung)

1)
Einen richtigen Krimi erkenne ich in Deiner Geschichte nicht. Du schreibst zwar von einem Verbrechen, aber der Text liest sich eher ein Auszug aus einem Charakter- oder Entwicklungsroman. Prinzipiell finde ich das sogar gut, zur Aufgabe hätte es aber besser gepasst, wenn die Aufklärung des Verbrechens im Vordergrund gestanden hätte. Positiv bewerte ich hingegen, dass sich deine Geschichte, die nicht in Klischees oder erzwungen überraschenden Wendungen erstarrt, sich auch wirklich in 450 Worten erzählen lässt.

2)
Von Spannung würde ich in Zusammenhang mit Deinem Text zwar nicht reden (s.o., es ist für mich kein Krimi im eigentlichen Sinn), aber er war interessant. Die Art und Weise wie Du die Geschichte mit Anekdoten und Gedankengängen vorantreibst, finde ich ansprechend und ich hätte mir gut vorstellen können, dass Du das ohne Weiteres noch hättest ausbauen können, wenn die Wortbegrenzung nicht dagewesen wäre. Einzig den Wendepunkt deiner Geschichte bzw. das eigentliche Verbrechen fand ich seltsam. Zum einen weil ich nicht weiß, was ich mir unter einem „singenden Tierschädel“ vorzustellen habe, zum anderen weil ich die ganze Aktion nicht verstehe. Ist der Protagonist ein Workaholic, der auch im Urlaub arbeitet und deshalb von seinen japanischen Kollegen erst in diese „Falle“ gelockt werden muss? Das ist meiner Meinung nach eine mögliche Deutung, die mir auch gefallen würde, aber dennoch hätte es ich es besser gefunden, wenn du dich etwas ausführlicher zu den Motiven der Kollegen und überhaupt zum Protagonisten selbst geäußert hättest. Sind es überhaupt „Kollegen“? Ist er überhaupt selbst Polizist? Ich mag es schon, mir auch selbst meine Gedanken machen zu müssen, aber ein paar mehr Andeutungen in die Richtung hätten es meiner Meinung nach schon sein dürfen.  

3)
Zwei Dinge haben mir gleichzeitig gefallen und nicht gefallen: Die japanischen Vokabeln, die zwar einerseits für Atmosphäre sorgen, manchmal aber etwas übertrieben werden wie etwa hier:
Zitat:
Wir betraten die Bahia. Alte, niedrige Häuser, übriggeblieben, direkt unter der Hanshin-Expressway-Chou-Kreuzung. Das Zentrum des portugiesischen Castella-Kuchen-Schmuggels während des Togukawa-Shogunats.
Den Sinn des Satzes verstehe ich darüber hinaus auch nicht. Das Zweite ist dein Humor. Die Tiraden über die Ehefrau finde ich eher klischeehaft, auch die „Folter“ im Restarant finde ich etwas witzlos. Gleichzeitig gefiel mir aber:
Zitat:
»Let's go. Itadakimasu!«, sagte ich und schlug den Kragen meines Mantels hoch. Toshiro verdrehte die Augen. Mein Japanisch war verdammt gut, es waren die heimtückischen Japaner, die hinter meinem Rücken andauernd ihre Sprache veränderten. […]Erst kürzlich war ein Geschäftsmann unabsichtlich in das Viertel geraten, hatte lediglich einen Bahia-Bewohner gefragt, ob der den Weg zur U-Bahn-Station wisse. »Nein«, wurde ihm geantwortet. Wie können Menschen nur so grausam sein.

Eigentlich sind es sogar drei Dinge, die ich gleichzeitig gut und nicht gut finde. Der erste Absatz zählt nämlich auch dazu. Beim ersten Lesen gefiel mir der Rhythmus, die Abwechslung zwischen langen Sätzen und Ein-Wort-Ellipsen. Beim zweiten Mal aber sehe ich die Relevanz dieses Abschnitts nicht. Atmosphäre erzeugen kann nicht sein Zweck sein, dafür ist mir die Stimmung im restlichene Text zu schalkhaft. Außerdem kann man keine Zigaretten „husten“. Insgesamt gefällt mir aber die Art und Weise, wie Du den Text sprachlich gestaltet hast.

4)
Insgesamt hat mir Deine Geschichte gut gefallen, auch wenn sie streng genommen kein Krimi ist und nur am Rand von einem Verbrechen berichtet. Die Aufklärung des Verbrechens, mögliche Motive oder die Suche nach einem Täter stehen ebenfalls nicht im Vordergrund. Dafür fließt Dein Text gemächlich dahin, was auch Spaß macht, aber eher nicht zum Wettbewerb passt. Deswegen muss ich ein, zwei Punkte abziehen, obwohl ich Deinen Text ansonsten als einen der besseren des Wettbewerbs einstufen würde.
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EdgarAllanPoe
Geschlecht:männlichPoepulistischer Plattfüßler

Alter: 32
Beiträge: 2356
Wohnort: Greifswald
Bronzene Harfe Die Goldene Bushaltestelle
Goldene Feder Lyrik


Die Tauben
Beitrag04.08.2010 10:34

von EdgarAllanPoe
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Hallo Autor,

eine Geschichte, die ich nicht so recht verstehe: Warum wird Reginald am Ende gefoltert? Welchen Sinn hat das? Pure Bosheit wäre wohl zu simpel.
Mir gefallen jedoch die ausführlichen Beschreibungen zu Anfang. So kann man sich von der Handlung ein Bild machen. Jedoch flacht dein Kurzkrimi am Ende ab. Die Handlung, die bislang kaum fortgeschritten ist, nimmt nun einen riesigen Sprung. Das wirkt geradewegs so, als hättest du nur noch die Wortanzahl einhalten wollen - zum Nachteil deiner doch schönen Idee, die Erzählung in Japan spielen zu lassen. Auch hättest du zum Beispiel die Episode mit dem Geschäftsmann auslassen können, da sie nicht wesentlich ist.
Was den Autor anbelangt, habe ich auch schon - wenn ich den ersten Absatz betrachte - einen konkreten Verdacht, den ich allerdings noch nicht auszusprechen wage, da er mir zu diffus erscheint.
Mir gefällt dein Text bis auf das hastig geschriebene Ende. Dennoch kann ich dir nur eine durchschnittliche Wertung geben, da gerade der Schluss bei einem Krimi ja wichtig ist.
Fünf Federn.

Liebe Grüße,

Eddie


_________________
(...) Das Gedicht will zu einem Andern, es braucht dieses Andere, es braucht ein Gegenüber. Paul Celan

Life is what happens while you are busy making other plans.
- JOHN LENNON, "Beautiful Boy"

Uns gefällt Ihr Sound nicht. Gitarrengruppen sind von gestern. (Aus der Begründung der Plattenfirma Decca, die 1962 die Beatles ablehnte.)
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Leene
Eselsohr


Beiträge: 448



Beitrag04.08.2010 16:59

von Leene
Antworten mit Zitat

Im ersten Moment fühlte mich an Qiu Xiaolong erinnert. Schöne Bilder, tolle Stimmung erzeugt. Dann triftet die Geschichte ins Sarkastische, Absurde - auch spannend zu lesen. Das Ende will aber nicht recht passen, ist mir für den Anfang nicht gut genug. Und ein Verbrechen? Nun ja… hmm
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*Gast*
Klammeraffe
*


Beiträge: 504
Wohnort: Rheinland-Pfalz


*
Beitrag04.08.2010 18:37

von *Gast*
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Ein schönes Japan-Gemälde. Sprachlich gefällt mir der Text gut, er hat eine dichte Atmosphäre und der Autor verwendet eingängige Bilder. Was mir abgeht, ist die Spannung, die Geschichte plätschert ohne Steigerung einfach so dahin. Zwar könnte ich auch ohne diese leben, und würde gerne weiter lesen, aber bei einem Krimi erwarte ich sie. Gehört für mich aber auf jeden Fall zu den guten Geschichten des Wettbewerbs, auch ohne Mord.

LG
Sabine
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Jocelyn
Bernsteinzimmer

Alter: 59
Beiträge: 2251
Wohnort: Königstein im Taunus
Das Silberne Fahrrad Ei 1



Beitrag04.08.2010 20:04

von Jocelyn
Antworten mit Zitat

Verworren.
Etwas nominallastig.
Die vielen Eigennamen haben mich überflutet.

4 Federn


_________________
If you dig it, do it. If you really dig it, do it twice.
(Jim Croce)

Die beständigen Dinge vergeuden sich nicht, sie brauchen nichts als eine einzige, ewig gleiche Beziehung zur Welt.
(Aus: Atemschaukel von Herta Müller, Carl Hanser Verlag, München 2009, Seite 198)

"Si Dieu n'existait pas, il faudrait l'inventer."
(Voltaire)
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Aknaib
Geschlecht:weiblichKlammeraffe

Alter: 64
Beiträge: 740
Wohnort: Dresden
DSFo-Sponsor Lezepo IV


Beitrag04.08.2010 22:10

von Aknaib
Antworten mit Zitat

Hallo unbekannte Verfasserin oder Verfasser dieses Textes,

bei der Bewertung bin ich davon ausgegangen, wie wurden die Wettbewerbsbedingungen umgesetzt, bezogen auf: ist der Urlaub vorhanden, erkenne ich eine Inspiration zum Bild,
Erfüllung des Genre Krimi; Idee und Umsetzung

Urlaub:  vorhanden

Bildbezug: vorhanden

Genre: Ein Krimi ist gekennzeichnet durch: Täter/Opfer +Verbrechen–Motiv- Aufklärung
Es gibt ledglich ein Schein-Verbrechen mit einem Scheinopfer

Idee und Umsetzung:
Uff, die japanischen Namen/Worte erschweren mir die Lesbarkeit.
Der Einleitungssatz ist zu unübersichtlich.
Im Text folgen an Sätze angehängte Worte, die für mich keinen Sinn ergeben wie im ersten Satz mit den zerplatzen Gedanken, da fehlt ein bindendes Wort zum ersten Teil des Satzes.

Dann folgt die Einleitung zum Verbrechen, was jedoch keines ist und nichts mit dem Scheinverbrechen zu tun hat.
Zitat:
Ja, das Verbrechen war mir selbst in meinen Urlaub gefolgt. Im Moment saß es im Hotel in Amerika-mura, beschwerte sich, dass es nirgendwo etwas Richtiges zu essen gäbe, …


Am Ende stellt sich alles als Flop heraus.
Tut mir leid, zu diesem Text kann ich keinen Zugang finden und ein Krimi ist er für mich nicht.
Nicht einmal eine kleine Schlusspointe gibt es.

Herzliche Grüße
Bianka
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Liesette
Geschlecht:weiblichLeseratte

Alter: 52
Beiträge: 147
Wohnort: Dinklage


Beitrag05.08.2010 09:45

von Liesette
Antworten mit Zitat

Ich muß ehrlich gestehen, dass ich unter normalen Umständen deinen Text nicht gelesen hätte, da ich kein Asien-Fan bin. Noch ehrlicher muß ich gestehen, dass mir dann eine tolle Geschichte entgangen wäre.
Dein Schreibstil ist flüssig, du bringst Atmosphäre und Bilder sehr gut in Einklang. Hat eine wilde Mischung aus Sam Spade und Sin City, ein gefühlter Erzähler mit dunkler Stimme und Kippe in der Schnute.

Einzig die japanischen Begriffe reißen mich raus, was, wie gesagt, an meinem nicht-vorhandenen Interessensgebiet liegt.


_________________
"Unser Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung ändern kann" Francis Picabia
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Nemo
Geschlecht:männlichKlammeraffe

Alter: 38
Beiträge: 963
Wohnort: Dresden
Pokapro 2016 Pokapro III & Lezepo I
Postkartenprosa II


Beitrag05.08.2010 12:09

von Nemo
Antworten mit Zitat

Liebe Autorin oder lieber Autor,

ich finde das Szenario sehr interessant. Auch sprachlich kommt der Text sehr eindrücklich daher. Das ist gut gemacht. Nur in die Handlung konnte ich irgendwie nicht einsteigen. Die habe ich nicht verstanden. Ich glaube, da steckt eine gute Idee dahinter, aber sie ist nicht zu mir vorgedrungen. Vielelicht schreibst Du nach dem Wettbewerb noch etwas zu Deinen Gedanken zur Geschichte. Mich würde wirklich interessieren, was dahinter steckt. Zumindest ehrliches Interesse hat der Text bei mir wecken können.

Beste Grüße
Nemo


_________________
Kunst ist Leben. Also lebe!
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