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Liesette Leseratte
Alter: 52 Beiträge: 147 Wohnort: Dinklage
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05.07.2010 13:30 Ein trüber Tag von Liesette
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So, nun möchte ich mir auch etwas Prügel abholen
Diese Geschichte war eine Aufgabe, 80 Zeilen, folgende Situation: Sie stehen an einem trüben Tag in ihrem Wohnort vor einer Telefonzelle. Ohne dass Sie es wollen, schnappen Sie Gesprächsfetzen
(blau war die Vorgabe) auf:
„...ja, jeden Tag über 30 Grad ... strahlend blau von morgens
bis abends ... jede Menge Palmen, sogar hier vor der Zelle, Dattelpalmen, nehm ich an ... Braun werden, wer will den heute noch
braun werden? ... Das mit dem Handy? Hab ich dir doch geschrieben ... Wie nicht angekommen?...
Ich muss Schluss machen, es steht jemand vor der Zelle ... Ich dich auch, Papa ... Tschüss!“
Nein, ich stand nicht vor sondern hinter der Zelle als ich die vertraute Stimme meiner fünfzehnjährigen Tochter wahrnahm.
Ich schlüpfte zwischen den bepflanzten Blumenkübeln hindurch, da tauchte auch schon Emilys schwarz gekleidete Gestalt
unter dem Vordach der Telefonsäule vor mir auf.
„Ich glaub, ich spinne! Was machst du denn hier?“ völlig perplex starrte ich meine Tochter an. “Du wolltest doch auf Studienfahrt in
Spanien sein?“
Erschrocken fuhr Emily zusammen, offensichtlich rechnete sie nicht damit mich vormittags im Dorf anzutreffen.
„Oh Shit...!“ Sie warf ihren Kopf in den Nacken und verdrehte die Augen. Ihre pinkschwarze Mähne fiel zurück und gab
für einen kurzen Moment ihr bleiches Gesicht frei. Ihr Blick wanderte an mir vorbei, hinüber zu ihrem Freund David,
der langsam vom Rückenteil der Parkbank aufstand und sich in unsere Richtung bewegte.
„Erkläre mir bitte, was du hier machst! Dein Vater und ich sind der Meinung, dass du seit einer Woche mit Maria in Spanien bist
und stattdessen treibst du dich hier rum!“
„Mum, nun komm mal wieder runter...“
„Komm mal wieder runter? Ich glaub, mein Hamster bohnert! Wo warst du in den vergangenen Tagen?“ Meine
wütende Stimme glich dem Fauchen eines angreifenden Panters.
Seit Emily in der Pubertät steckte mutierte sie von einem blonden Engel in einen tasmanischen Teufel, ständig im Kampf mit dem Umfeld,
allen voran mit uns. Manfred und ich hatten ihr die Studienfahrt spendiert in der Hoffnung, die Situation entspanne sich ein wenig.
Stattdessen setzte unsere Tochter noch einen drauf.
„Hast du mal daran gedacht, was dir alles hätte passieren können wenn du dich herumtreibst?“
David stand mittlerweile hinter ihr: „Sie treibt sich nicht rum...Emily wohnt bei mir...“
„Davon träumst du wohl! Also, warum bist du nicht in Spanien?“
Das grüne Auge, das nicht von ihrem fransigen Pony verdeckt wurde, funkelte mich trotzig an.“Ich wollte bei David bleiben,
hab mich für die Fahrt nicht angemeldet...“
„Bist du verrückt geworden? Wir haben die Rechnung bezahlt, die Überweisung ist abgebucht worden.“
„Na ja...Ich weiß, wo das Passwort steht und da hab ich sie auf Davids Konto umgeleitet...“
Das war zu viel, wütend griff ich ihren Arm und zerrte sie in Richtung meines Autos: „Darüber sprechen wir zu Haus!
Ich bin mir sicher, dass es deinen Vater brennend interessieren wird. Und du,“ wandte ich mich an David, „wirst dich
ab sofort von ihr fernhalten!“
„Mum, warte doch mal...Ich kann jetzt nicht mit nach Haus.“ Ihr trotziger Widerstand war einer Verzweiflung gewichen
die mich aufhorchen ließ.
„Ich hab gleich einen Termin bei Doktor Müller...“
„Der Gynäkologe Müller?“ Fassungslos schaute ich von einem zum anderen: “Vergiss es, du bist erst fünfzehn, kommt gar nicht in die Tüte!
Unsere Einwilligung für die Pille bekommst du nicht, dafür ist es zu früh.“
Verlegen schaute sie auf das Kopfsteinpflaster, mit ihrer rechten Fußspitze zog sie einen Halbkreis:
“Nein, dafür ist es nicht zu früh...“ wisperte sie.
„Es ist zu spät...“
Weitere Werke von Liesette:
_________________ "Unser Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung ändern kann" Francis Picabia |
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Rheinsberg écrivaine émigrée
Alter: 64 Beiträge: 2251 NaNoWriMo: 35000 Wohnort: Amman
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05.07.2010 13:54
von Rheinsberg
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Uff, Mamas Alptraum?
Ich spendiere dir vielleicht noch so ein, zwei Kommas.
Aber Prügel gibts dafür nicht.
Schöne Dialoge, sehr lebendig. Die Pointe war mir vielleicht eine Spur zu vorhersehbar.
Verbesserungsbedürftig vielleicht dieser Absatz:
Zitat: | Seit Emily in der Pubertät steckte mutierte sie von einem blonden Engel in einen tasmanischen Teufel, ständig im Kampf mit dem Umfeld,
allen voran mit uns. Manfred und ich hatten ihr die Studienfahrt spendiert in der Hoffnung, die Situation entspanne sich ein wenig. |
Der blonde Engel und der tasmanische Teufel sind mir etwas zu viel. Dann vielleicht:
Manfred und ich hatten ihr die Studienfahrt spendiert, in der Hoffnung, die Situation etwas zu entspannen.
Und das Rückenteil der Parkbank würde ich persönlich als Lehne bezeichnen.
Aber sonst - gern gelesen. Und gegruselt. Als auch-Mama.
_________________ "Write what should not be forgotten…" Isabel Allende
"Books are written with blood, tears, laughter and kisses. " - Isabel Allende
"Die größte Gefahr ist die Selbstzensur. Dass ich Texte zu bestimmten Themen gar nicht schreibe, weil ich ahnen kann, welche Reaktionen sie hervorrufen." - Ingrid Brodnig |
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Liesette Leseratte
Alter: 52 Beiträge: 147 Wohnort: Dinklage
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05.07.2010 13:58
von Liesette
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Danke Rheinsberg - ich habe mich durch die Vorlage qequält, ich wollte das Klischee vom untreuen Ehemann nicht erfüllen .
Ich hab dir übrigens eine PN geschickt, ich hätte da mal ´ne Frage....
_________________ "Unser Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung ändern kann" Francis Picabia |
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The Brain Reißwolf
Alter: 65 Beiträge: 1966 Wohnort: Over the rainbow
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05.07.2010 14:02
von The Brain
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Hallo,Lisette,
Fein! Habe es schmunzelnd gelesen .... Auf´s Erbsen zählen verzichte ich mal .... "HITZEFREI!"
Liebe Grüße
The Brain
_________________ Dinge wahrzunehmen,
der Keim der Intelligenz
(Laotse)
***********
Die Kindheit endet nicht mit dem Erwachsenwerden.
Sie begleitet dich durch all deine Lebenstage.
***********
Alle Bücher dieser Welt
Bringen dir kein Glück,
Doch sie weisen dich geheim
In dich selbst zurück.
(Hermann Hesse) |
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Ilona Klammeraffe
I
Beiträge: 558 Wohnort: irgendwo in Hessen
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I 05.07.2010 14:28
von Ilona
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Hi
eine sehr elegante Lösung, das Telefonat schreit ja auf den ersten Blick nach untreuem Ehemann oder ähnlichem. Sehr lebendig hast Du geschrieben.
Grüße
Ilona
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i-Punkt Klammeraffe
Alter: 46 Beiträge: 512 Wohnort: Baden-Württemberg
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05.07.2010 14:37
von i-Punkt
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Hallo Liesette,
gefällt mir eigentlich ganz gut. Eine nette Pointe und so der klassische Fall von "Hach-wir-Mütter-Kolumne", wo man nickt und sich persönlich rein versetzen kann. (Ich habe auch schon Sachen gesagt wie: Die hat ihrer Tochter die Pille geholt. Mit 14!!! Und dann gedacht: Okay, aber wenn mein kleines Mädchen irgendwann mal kommt, sag ich einfach ? - Und wenn sie dann schwanger ist, statt enthaltsam?)
Allerdings habe ich natürlich wie immer, auch was zu mäkeln... (Es sieht aber schlimmer aus, als es ist. Manches sind nur Kommafehler.)
Zitat: | Nein, ich stand nicht vor sondern hinter der Zelle, als ich die vertraute Stimme meiner fünfzehnjährigen Tochter wahrnahm.
Ich schlüpfte zwischen den bepflanzten Blumenkübeln hindurch, da tauchte auch schon Emilys schwarz gekleidete Gestalt
unter dem Vordach der Telefonsäule vor mir auf. |
Das ist mir etwas verwirrend. Sie ist hinter, nicht vor der Zelle, schlüpft zwischen Kübeln durch - nach vorne oder hinten? Denn sie trifft ja vor dem Vordach - also vorne, oder? - auf ihre Tochter. Die Blumenkübel kämen mit übrigens noch gelegen für einen kleinen Kalauer in Richtung: "Von wegen Dattelpalmen - echte niederbayrische Geranien". Aber, zugegeben ich übertreibe auch manchmal.
Zitat: | „Ich glaub, ich spinne! Was machst du denn hier?“ Völlig perplex starrte ich meine Tochter an. |
Zitat: | Erschrocken fuhr Emily zusammen. Offensichtlich rechnete sie nicht damit mich vormittags im Dorf anzutreffen. |
Niemals verschenke ich ohne Not die Möglichkeit, einen Punkt zu setzen. Warum rechnet die Tochter nicht mit ihrer Mutter. Berufstätig? Talkshowsüchtig? Ich nehme an, du brauchst eine Erklärung, warum das Mädel überhaupt riskiert vormittags im Heimatort rumzulaufen. Was ist denn wirklich mit ihrem Handy? Und der Freund? Hat der eine eigene Wohnung? Ohne Telefon? Nummern kann man doch überall unterdrücken.
Zitat: | Seit Emily in der Pubertät steckte, mutierte sie von einem blonden Engel zu einem tasmanischen Teufel |
Zitat: | „Hast du mal daran gedacht, was dir alles hätte passieren können, wenn du dich herumtreibst?“ |
Zitat: | „Na ja...Ich weiß, wo das Passwort steht, und da hab ich sie auf Davids Konto umgeleitet...“ |
Zitat: | Das war zu viel. Wütend griff ich ihren Arm und zerrte sie in Richtung meines Autos. |
Zitat: | Ihr trotziger Widerstand war einer Verzweiflung gewichen, die mich aufhorchen ließ. |
Grundsätzlich kannst du dir meiner Meinung nach die Doppelpunkte vor der wörtlichen Rede sparen, wenn du nicht irgendwas wie "er schrie:.." schreibst, sondern irgendeine Handlung der sprechenden Person.
Achja, warum sind da diese seltsamen Zeilenumbrüche innerhalb eines Absatzes? Und manchmal sind die "Gänsefüßchen unten" nach oben gerutscht.
Gruß, I.
_________________ Schreiben ist einfach, man setzt sich nur hin, starrt auf ein weißes Blatt Papier, bis sich Blutstropfen auf der Stirn bilden. |
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Liesette Leseratte
Alter: 52 Beiträge: 147 Wohnort: Dinklage
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05.07.2010 15:03
von Liesette
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Vielen Dank für eure Hilfe, ich freu mich sehr.
Ich bin keine Mutter und werde es auch nie sein, habe aber trotzdem versucht, mich in diese Situation hinein zu denken.
I-Punkt... Du schaffst mich Ich fand die ganze vorgegebene Situation blöd, aber was solls? Die Zeilenumbrüche habe ich nachträglich eingefügt, der Text kam mir in der Vorschau so ellenlang vor, hatte auf etwas mehr Lesbarkeit gehofft - gut, ist daneben gegangen (schreib ich mir hinter die Löffel).
Zwei Kommafehler habe ich im Nachhinein gefunden, der Rest fällt mir leider nie so auf, ich arbeite daran.
LG,
Silke
_________________ "Unser Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung ändern kann" Francis Picabia |
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Leene Eselsohr
Beiträge: 448
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05.07.2010 18:05
von Leene
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Hallo Liesette,
habe ich gern gelesen, Deine Geschichte! Was mir gefiel:
Die Handlung wird durch die Gespräche gut vorangetrieben. Der Konflikt steigert sich und entlädt sich in der Pointe - einem zweiten, dem eigentlichen Konflikt.
Die Interpunktion könnte man überarbeiten. Ein paar Kommata fehlen; und ich persönlich mag auch nicht so viele Ausrufezeichen und Auslassungspunkte (und die Geschichte kommt auch ohne gut aus). Letzteres ist natürlich Geschmackssache.
Grüße
Leene
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Liesette Leseratte
Alter: 52 Beiträge: 147 Wohnort: Dinklage
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05.07.2010 20:04
von Liesette
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Auch dir vielen Dank Leene. In der ursprünglichen Version war Emily um etliches rotziger, da ich aber nur 80 Zeilen zur Verfügung hatte, musste ich mich auf das Wesentliche beschränken.
_________________ "Unser Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung ändern kann" Francis Picabia |
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Maya Gänsefüßchen
Alter: 48 Beiträge: 22
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06.07.2010 21:37
von Maya
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Hallöchen Lisette,
das Thema kam mir irgendwie bekannt vor; glaube, du machst den selben Fernkurs wie meine Mom. Aber dafür , dass du noch nicht als Mutter in dieser Situation gewesen bist, ziehe ich den Hut als Mutter, dies so genial, ob der doofen Vorgaben, darzustellen. Konnte mir vorstellen, wie du aus der Fassung gerätst und habe echt gelacht.
Mir sind nichtsdestotrotz auch die Schnitzer aufgefallen und ich schließe mich i- punkt an. Gut geschrieben. Liebe Grüße Maya
_________________ "Alles was du sagst sei ehrlich - Aber nicht alles was ehrlich ist, mußt du sagen."- Heinrich Zille |
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Liesette Leseratte
Alter: 52 Beiträge: 147 Wohnort: Dinklage
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07.07.2010 10:41
von Liesette
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Hallo Maya,
es kann gut möglich sein, dass deine Mom und ich "Kollegen" sind, einige der Teilnehmer sind hier gelandet. Die Kritik ist hier um längen offener, deshalb sind mir die Kommentare sehr wichtig.
Vielen Dank
_________________ "Unser Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung ändern kann" Francis Picabia |
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Alexandro Erklärbär
A Alter: 46 Beiträge: 4
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A 07.07.2010 15:56
von Alexandro
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Hi,
so ich hab mir jetzt auch mal was von dir durchgelesen, und muss sagen, du hast einen wirlich lockeren Schreibstil, der mir wirklich gut gefällt. Besonders das Ende, hat mir gut gefallen. Überraschend irgendwie ... aber gut umgesetzt.
Gruß Alex
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