18 Jahre Schriftstellerforum!
 
Suchen
Suchabfrage:
erweiterte Suche

Login

Jetzt erhältlich! Eine Anthologie von und mit unseren Usern. Jetzt bestellen! Die erste, offizielle DSFo-Anthologie! Lyrikwerkstatt Das DSFo.de DSFopedia


Deutsches Schriftstellerforum Foren-Übersicht -> Agenten, Verlage und Verleger
Es ist nicht der Anspruch des Lektorats, ein Buch zu ändern

 
 
Gehe zu Seite Zurück  1, 2, 3, 4  Weiter
Neues Thema eröffnen   Neue Antwort erstellen
 Vorheriges Thema anzeigen :: Nächstes Thema anzeigen  « | »  
Autor Nachricht
helo
Geschlecht:männlichLeseratte
H


Beiträge: 195
Wohnort: Balearen


H
Beitrag03.06.2010 19:39

von helo
Antworten mit Zitat

Reines lamentieren und wunschdenken führt nicht unbedingt weiter. Ob ein sog. Bestseller literarisches Potential hat oder nicht, ist doch vollkommen egal. Wenn der glückliche Autor den Zeitgeist getroffen hat, das Buch gut über die Theke geht, wird der Rest ein Selbstläufer.
Die Frage ist: Wie geht ein Buch über die Theke?
Durch Bewerbung des Produktes. Ob lediglich ein Grossverlag diese Werbung betreibt, halte ich für fraglich, da ein grosses Verlagshaus eine Unmenge von Werbemassnahmen durchführen muss und es durchaus möglich ist, dass der Neuautor etwas neben der Strecke bleibt.
Es bleibt dem Autor daher nur der Schritt nach vorne, mit der Folge, dass er sein eigener Medienprofi sein muss.
Jeder Selbstständige muss dafür Sorge tragen, dass sein Produkt verkauft wird, warum nicht auch Autoren?


_________________
Zwei Dinge sind unendlich: Das Universum und die menschliche Dummheit. Beim Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher. ( Einstein )
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
DasProjekt
Geschlecht:weiblichExposéadler


Beiträge: 2898
Wohnort: Ørbæk, Nyborg, Dänemark


Beitrag03.06.2010 19:57

von DasProjekt
Antworten mit Zitat

helo hat Folgendes geschrieben:

Jeder Selbstständige muss dafür Sorge tragen, dass sein Produkt verkauft wird, warum nicht auch Autoren?


Weil Autoren in der Regel erst dann "Selbständige" sind, wenn sie "Selbstläufer" beim Großverlag platziert bekommen. Und die meisten sind es nicht mal dann, sondern verdienen weiterhin ihr Miet- und Brötchengeld in ganz normalen Jobs. Und haben keine Zeit für ausgedehnte Buchbewerbungsreisen.


_________________
25. Mai 2017 - Kim Henry "Be Mine Forever"
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden Website dieses Benutzers besuchen
pna
Geschlecht:männlichGrauzonenjunkie

Alter: 59
Beiträge: 1603
Wohnort: Wien, Ottakring


Paterson
Beitrag03.06.2010 21:03

von pna
Antworten mit Zitat

helo hat Folgendes geschrieben:
Reines lamentieren und wunschdenken führt nicht unbedingt weiter. Ob ein sog. Bestseller literarisches Potential hat oder nicht, ist doch vollkommen egal. Wenn der glückliche Autor den Zeitgeist getroffen hat, das Buch gut über die Theke geht, wird der Rest ein Selbstläufer.
Die Frage ist: Wie geht ein Buch über die Theke?
Durch Bewerbung des Produktes. Ob lediglich ein Grossverlag diese Werbung betreibt, halte ich für fraglich, da ein grosses Verlagshaus eine Unmenge von Werbemassnahmen durchführen muss und es durchaus möglich ist, dass der Neuautor etwas neben der Strecke bleibt.
Es bleibt dem Autor daher nur der Schritt nach vorne, mit der Folge, dass er sein eigener Medienprofi sein muss.
Jeder Selbstständige muss dafür Sorge tragen, dass sein Produkt verkauft wird, warum nicht auch Autoren?


Wer lamentiert denn?

Der Autor muss durchaus dafür Sorge tragen, dass er das bestmögliche Produkt erstellt und es dann verkaufen - an den Verlag, an die Literaturagentur. Damit ist sein Teil getan. Ok, es kommen dann noch Lesungen und Vorträge und pipapo. Klappern gehört zum Handwerk.

Die Medienprofispielerei mit der sich manche selbst vermarkten wollen, führt üblicherweise zu gehäuften Rundschreiben, Kurzaufenthalten in diversen Foren, billig produzierten Flyern und intensiviertem Alkoholkonsum. Schwankt zwischen maßloser Selbstüberschätzung und zutiefst betrübter Erkenntnis am Ende der Monatsrechnung.

Wer für jetzt und für die rasche Kohle werken will, sollte Immobilien auf Mallorca verkaufen, die brauchen dort jeden selbstbewussten Selbstvermarkter, den sie kriegen können. Wer sich hinsetzt und schreibt um Geld zu verdienen, schreibt nie, weil er was zu erzählen hat. Sondern, weil er verdienen will, und genauso beliebig liest es sich dann auch, Diese Nachuntennivellierung der literarischen Qualität mag einem Vermarktungsprofi einen feuchten Schritt bescheren, reguliert sich aber mittelfristig von selbst.

Schreiben ist ein langfristiges Geschäft, eine Leidenschaft, ein Lebensinhalt. Autoren wissen das. Lektoren und Verlage wissen das. Leser spüren das. Du scheinbar nicht.

lg/Peter


_________________

Mensch sein heißt, an dem Ort zu stehen, wo ein neugieriger Affe einem stürzenden Engel begegnet.
(Terry Pratchett)
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden Website dieses Benutzers besuchen
zenta
Leseratte
Z


Beiträge: 117



Z
Beitrag04.06.2010 12:24

von zenta
Antworten mit Zitat

Kleinverlage sind Nischenverlage. Sie schnappen nach den Bröseln, die vom Tische der Reichen abfallen. Zu diesen Nischen gehören u. a.: Rechtsradikales, Linskaradikales , Pornogafisches, Schwules, Lesbisches, Feministisches, Politisches, Mundartliches, Lokales, Fachspezifisches. Soweit es diese "Nischen" in Großverlagen auch gibt, konkurriert man zwar, kann aber ganz offenbar nebeneinander existieren.
Ob eine Schrift ein so genannter "Erfolg" wird, hängt zum allergeringsten Teil von ihrem künstlerischen Wert, sondern in erster Linie davon ab, in welchem Maß man sie protegiert.
Die Zeiten, in denen die Verlage mit größtmöglichem Aufwand ihre Produkte selbst bewarben, sind vorbei. Sie überlassen diese Arbeit inzwischen längst den Medien. Es gibt kaum eine Fernseh- oder Radiosendung, in der nicht auf ein Buch oder einen Autor aufmerksam gemacht wird, keine Zeitschrift, die nicht über Bücher oder deren Autoren berichtete - vorausgesetzt, es findet sich genug "Interessantes". Qualität als solche ist dabei kaum ein Kriterium. Das Verkaufen von Büchern unterscheidet sich nur insoweit vom Auto- oder Eierhandel, als bei letzteren beiden tatsächlich die Qualität im Vordergrund steht. Der Buchhandel dagegen ist dort angelangt, wo sich Lady Gaga räkelt und zwar Kochsendungen guckt, in Wirklichkeit aber nur aus der Froste und der Mikrowelle lebt.

"Cogito ergo sum" ist längst keine Basis für die "erfolgreiche" Schriftstellerei mehr. Heute heißt es "transmittor ergo sum" - wer nicht gesendet wird, verhungert.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Merlinor
Geschlecht:männlichArt & Brain

Alter: 72
Beiträge: 8672
Wohnort: Bayern
DSFo-Sponsor


Beitrag04.06.2010 12:26

von Merlinor
Antworten mit Zitat

Ich halte nichts davon, zu diesem Thema "grundsätzliche" Aussagen zu machen, weil die Ausgangslagen der verschiedenen Autoren doch völlig unterschiedlich sind.
Und schon gar nichts halte ich davon, hier grundsätzliche Wertungen anzufügen, à la "Kleinverlag=gut versus Großverlag=böse", denn auch die Verlage, ob klein oder groß, unterscheiden sich in wesentlichen Teilen deutlich voneinander.

Der Lyriker, der allzu häufig kaum eine Chance hat, überhaupt einen Verlag zu finden, wird sich wohl oder übel dafür entscheiden müssen, einen großen Anteil der Vermarktung seiner Werke selbst in die Wege zu leiten. Er wird häufig das Buch im Selbstverlag erstellen müssen und alle zur Bewerbung dienenden Lesungen und sonstigen Events selbst organisieren.

Der Autor eines Krimis hingegen, der sich an ein breites Massenpublikum wendet, darf sich zu Recht glücklich schätzen, wenn ihn ein großer Publikumsverlag mit seiner geballten Marktmacht unter die Fittiche nimmt.
Auch dort sind es im Übrigen Menschen, die die Bücher und ihre Autoren betreuen. Das Vorurteil, als unbekannter Autor würde man dort schneller durch den Rost fallen, ist daher in aller Regel unbegründet. Der Lektor eines Großverlages, der ein Buch betreut, will dessen Erfolg.

Kleinere und mittlere Verlage hingegen haben häufig eine Nische im Markt entdeckt, die sie wesentlich wirkungsvoller besetzen und abdecken, als es irgendein Großverlag je könnte, und die Autoren, die in dieser Nische schreiben, werden eben diese Tatsache glücklich und zufrieden zur Kenntnis nehmen und alles daran setzen, um genau dort verlegt zu werden.

Wo ist also das Problem?
Der Literaturmarkt ist weit und Qualität wie auch Banales gibt es in allen seinen Verzweigungen.
Platz für pauschalisierte Wertungen und Verallgemeinerungen bietet er daher nicht ... smile

LG Merlinor


_________________
„Ich bin fromm geworden, weil ich zu Ende gedacht habe und nicht mehr weiter denken konnte.
Als Physiker sage ich Ihnen nach meinen Erforschungen des Atoms:
Es gibt keine Materie an sich, Geist ist der Urgrund der Materie.“

MAX PLANCK (1858-1947), Mailand, 1942
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Murmel
Geschlecht:weiblichSchlichter und Stänker

Alter: 68
Beiträge: 6367
Wohnort: USA
DSFo-Sponsor


Beitrag04.06.2010 13:11

von Murmel
Antworten mit Zitat

Merlinor hat Folgendes geschrieben:
Ich halte nichts davon, zu diesem Thema "grundsätzliche" Aussagen zu machen, weil die Ausgangslagen der verschiedenen Autoren doch völlig unterschiedlich sind.
Und schon gar nichts halte ich davon, hier grundsätzliche Wertungen anzufügen, à la "Kleinverlag=gut versus Großverlag=böse", denn auch die Verlage, ob klein oder groß, unterscheiden sich in wesentlichen Teilen deutlich voneinander.


Das ist richtig, denn beide Verlagsformen haben ihre Daseinsberechtigung und egal ob Nische oder Massenmarkt, der Autor hat durch die Existenz einer Varietät von Verlagen eine viel größere Chance, als wenn's eben nur den Großverlag gäbe.

Mein obiger Kommentar der Zustimmung von pna ist daher so zu lesen, dass es auch die Umkehr "Großverlag = gut" und "Kleinverlag = böse" nicht gibt.

Auch der Schluss "Dienstleister = schlecht" ist nicht zulässig, da es auch hier Fälle gibt, für die ein POD oder BOD genau das Richtige ist.


Merlinor hat Folgendes geschrieben:

Auch dort sind es im Übrigen Menschen, die die Bücher und ihre Autoren betreuen. Das Vorurteil, als unbekannter Autor würde man dort schneller durch den Rost fallen, ist daher in aller Regel unbegründet.


Das ist meiner Beobachtung nach nicht richtig. Ein unbekannter Autor bedeutet einen höheren Bewerbungsaufwand als ein Autor mit einem bekannten Namen (egal ob er den aufgrund seiner Bücher oder seines Berufs hat). Das Verlaglektorat hat ein Budget, und das will verwaltet werden. Ein unbekannter Autor wird daher immer mit den bekannten konkurrieren müssen, da der Lektor entweder zwei Neuautoren verlegen kann mit ungewissen Erfolg, oder vier bekannte Autoren mit garantiertem Erfolg.

Letzthin habe ich folgende Zahlen gelesen: ein Kleinverlag bekommt 1000 Manuskripte von Neuautoren im Jahr, davon wählt er einen bis maximal drei aus, und macht ein Buch daraus. Der Verlag verlegt dreißig Bücher insgesamt pro Jahr. Der Prozentanteil von verlegten Neuautoren ist somit nicht gerade ermutigend, aber dürfte der Marktgepflogenheit entsprechen, egal welcher Verlage welcher Größe.


_________________
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden Website dieses Benutzers besuchen
Valerie J. Long
Eselsohr


Beiträge: 261



Beitrag04.06.2010 13:46

von Valerie J. Long
Antworten mit Zitat

Wie ich lese, habt ihr alle die Punkte gefunden, die mir auch aufgefallen sind. Ich fand es einfach, neben all den nützlichen Diskussionen, die hier immer mal wieder aufkommen, recht spannend, mal die Verlagsseite zu lesen.

Ach ja - das war ein X-Post, den ich in einem anderen Forum gefunden hatte.


_________________
Die Zoe-Lionheart-Saga auf stores.lulu.com/ValerieJLong : eine Frau findet ihre Herkunft und ihre Bestimmung auf dem harten Weg.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
zenta
Leseratte
Z


Beiträge: 117



Z
Beitrag04.06.2010 14:46

von zenta
Antworten mit Zitat

"Bekannte Autoren", die ihre Popularität aus ihren Werken selbst schöpften (Modell: "Cogito ergo sum"), gibt es unter den lebenden Deutschen ungefähr zwei Dutzend, nicht mehr. Alle anderen "bekannten" repräsentieren das Modell "transmittor ergo sum" und gehen zwischenzeitlich in die Tausende. Ihre Bekanntheit schöpfen sie nicht aus ihrer literarischen Begabung, sondern aus dem Beiwerk: Politiker, Mörder, Schau- und Fußballspieler, trunksüchtige PastorInnen, Ärzte, Scharlatane, Wissenschaftler und so weiter.
Daneben vegetieren dann noch ein paar zehntausend "echte" Schriftsteller, die viel schreiben und die viel verlegt, aber nie bekannt werden. Es sind dies die so genannten "Gebrauchslyriker", die pro Jahr hundert Artikel und zwei bis drei Groschenromane schreiben müssen, um damit sich und ihren Verlag über Wasser zu halten. Sie verstehen ihr Handwerk und können (fast) alles schreiben, ohne je wirklich "entdeckt" zu werden. Sie sind wie die Kühe und Schafe auf den Weiden, an denen der Urlauber per Auto oder Zug vorbeifährt und die für den Käse sorgen, der ihm auf seiner Pizza begenet.
Jedoch gilt auch oder gerade auf diesen Spielwiesen: Stimmt die Milchleistung nicht, kommt der Metzger...
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
pna
Geschlecht:männlichGrauzonenjunkie

Alter: 59
Beiträge: 1603
Wohnort: Wien, Ottakring


Paterson
Beitrag04.06.2010 17:43

von pna
Antworten mit Zitat

zenta hat Folgendes geschrieben:
"Bekannte Autoren", die ihre Popularität aus ihren Werken selbst schöpften (Modell: "Cogito ergo sum"), gibt es unter den lebenden Deutschen ungefähr zwei Dutzend, nicht mehr. Alle anderen "bekannten" repräsentieren das Modell "transmittor ergo sum" und gehen zwischenzeitlich in die Tausende. Ihre Bekanntheit schöpfen sie nicht aus ihrer literarischen Begabung, sondern aus dem Beiwerk: Politiker, Mörder, Schau- und Fußballspieler, trunksüchtige PastorInnen, Ärzte, Scharlatane, Wissenschaftler und so weiter.
Daneben vegetieren dann noch ein paar zehntausend "echte" Schriftsteller, die viel schreiben und die viel verlegt, aber nie bekannt werden. Es sind dies die so genannten "Gebrauchslyriker", die pro Jahr hundert Artikel und zwei bis drei Groschenromane schreiben müssen, um damit sich und ihren Verlag über Wasser zu halten. Sie verstehen ihr Handwerk und können (fast) alles schreiben, ohne je wirklich "entdeckt" zu werden. Sie sind wie die Kühe und Schafe auf den Weiden, an denen der Urlauber per Auto oder Zug vorbeifährt und die für den Käse sorgen, der ihm auf seiner Pizza begenet.
Jedoch gilt auch oder gerade auf diesen Spielwiesen: Stimmt die Milchleistung nicht, kommt der Metzger...


Was hat dieser sehr (um nicht zu sagen äußerst) allgemein gehaltene Einwurf Deinerseits noch mit dem zur Diskussion stehenden Artikel zu tun?

lg/Peter


_________________

Mensch sein heißt, an dem Ort zu stehen, wo ein neugieriger Affe einem stürzenden Engel begegnet.
(Terry Pratchett)
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden Website dieses Benutzers besuchen
zenta
Leseratte
Z


Beiträge: 117



Z
Beitrag04.06.2010 18:15

von zenta
Antworten mit Zitat

Mein Statement bezieht sich direkt u. a. auf folgenden Eintrag:

Zitat:
Wer lamentiert denn?

Der Autor muss durchaus dafür Sorge tragen, dass er das bestmögliche Produkt erstellt und es dann verkaufen - an den Verlag, an die Literaturagentur. Damit ist sein Teil getan. Ok, es kommen dann noch Lesungen und Vorträge und pipapo. Klappern gehört zum Handwerk.

Die Medienprofispielerei mit der sich manche selbst vermarkten wollen, führt üblicherweise zu gehäuften Rundschreiben, Kurzaufenthalten in diversen Foren, billig produzierten Flyern und intensiviertem Alkoholkonsum. Schwankt zwischen maßloser Selbstüberschätzung und zutiefst betrübter Erkenntnis am Ende der Monatsrechnung.

Wer für jetzt und für die rasche Kohle werken will, sollte Immobilien auf Mallorca verkaufen, die brauchen dort jeden selbstbewussten Selbstvermarkter, den sie kriegen können. Wer sich hinsetzt und schreibt um Geld zu verdienen, schreibt nie, weil er was zu erzählen hat. Sondern, weil er verdienen will, und genauso beliebig liest es sich dann auch, Diese Nachuntennivellierung der literarischen Qualität mag einem Vermarktungsprofi einen feuchten Schritt bescheren, reguliert sich aber mittelfristig von selbst.

Schreiben ist ein langfristiges Geschäft, eine Leidenschaft, ein Lebensinhalt. Autoren wissen das. Lektoren und Verlage wissen das. Leser spüren das. Du scheinbar nicht.

Ich füge dem hinzu, dass jeder Frisör, jeder Schreiner, Bäcker, Arzt oder Dorfschullehrer für sich geltend machen kann, dass seine Arbeit
Zitat:
ein langfristiges Geschäft, eine Leidenschaft, ein Lebensinhalt
wäre.

Was am Schriftstellern im Vergleich zum Brezelbacken so besonders sein sollte, weiß ich nicht so recht - es gibt gute und schlechte Bäcker, so wie es gute und schlechte Autoren gibt. Nur: Die schlecht gebackene Brezel verkauft sich nicht, wohl aber geschriebener Schund, wie uns Jens Lehmanns "Der Wahnsinn liegt auf dem Platz", Frau Käßmanns "Der Himmel öffnet uns die Tür" oder Anne Golons "Angelique"-Romane deutlich machen.
Wenn Bücherschreiben eine Kunst sein soll, dann ist Brezelbacken erst recht eine. Auch wenn man sich selbst zu Höchstem berufen fühlt, sollte man die Meister nicht verachten. Die haben oft viel mehr drauf, als mancher denkt: Die können die Brezeln nämlich nicht nur backen, sondern sogar recht gut verkaufen.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
pna
Geschlecht:männlichGrauzonenjunkie

Alter: 59
Beiträge: 1603
Wohnort: Wien, Ottakring


Paterson
Beitrag04.06.2010 18:37

von pna
Antworten mit Zitat

Weil ich für die Schriftstellerei in Anspruch nehme, dass sie ein langfristiges Geschäft, eine Leidenschaft, ein Lebensinhalt sei, streite ich dies doch nicht dadurch für andere Berufe ab. Wie kommst Du denn auf dieses schmale Brett?

Hier gehts nun mal ums Schriftstellern und dem damit verbundenen kreativen Schaffensprozess, in dem man in der Endrunde, wenns gut geht, einen kongenialen Partner mit hinzuzieht, den Lektor.

Der Vergleich mit den Brezen entschließt sich mir nicht ganz: Bücher haben durchaus das Zeug, Menschen, Schicksale und Geschichte nachhaltig zu beeinflussen. Von Brezen habe ich das noch nie gehört.

Apfelkuchen, ja. Man sagt ja, dass die Hölle einem schwer verdaulichem Stück Apfelkuchen entsprungen sein muss Smile

lg/Peter


_________________

Mensch sein heißt, an dem Ort zu stehen, wo ein neugieriger Affe einem stürzenden Engel begegnet.
(Terry Pratchett)
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden Website dieses Benutzers besuchen
Gast







Beitrag04.06.2010 19:09

von Gast
Antworten mit Zitat

pna hat Folgendes geschrieben:
ich wäre glücklich und froh, wenn die Verlagsriesen zerschmettert, und noch viel mehr Kleinverlage entstehen würden, die allesamt ihre Aufgabe ernst nähmen, Literatur zu publizieren, egal wie trashig sie auch sein mag.

Was auch immer "Trash" ist, das müßte ja erst noch definiert werden. Denn oftmals ist es ja nur eine abweichende Meinung, die für die einen das Buch zu Trash, für die anderen zu einem hochliterarischen Werk macht.

Aber abgesehen davon wären viele kleine Verlage natürlich wünschenswerter als nur wenige große, denn das brächte auf jeden Fall mehr Vielfalt.

Jedoch muß man auch bedenken, daß es nicht nur die großen Verlage sind, die den Literaturmarkt zum Teil kaputtmachen, sondern auch die großen Buchhändler. Bei "Thalia" zum Beispiel wird man kaum ein Buch von einem kleinen Verlag finden, es sei denn, man bestellt es extra. Und da kann es so viele Kleinverlage geben wie man will, solange es noch einen großen gibt, werden sie den bevorzugen.

Dennoch weiß ich aus eigener Erfahrung, daß sich ein guter Lektor in einem großen Verlag oft nicht durchsetzen kann, weil er nicht die Entscheidungsfreiheit hat oder nicht so ernstgenommen wird, wie es seiner Fachkompetenz entspricht. Somit also weiterhin mein Votum für die kleinen und mittleren Verlage. Aus Autorensicht auf jeden Fall die bessere Wahl.

zenta hat Folgendes geschrieben:
Was am Schriftstellern im Vergleich zum Brezelbacken so besonders sein sollte, weiß ich nicht so recht

Und was jemand, der eine solche Aussage macht, in einem Schriftstellerforum zu suchen hat, erschließt sich mir nicht.  Cool Ich glaube, Du bist ein kleiner Troll, zenta, der hier irgendwelche Allgemeinplätze klopft. Da ich professionelle Schriftstellerin bin, kann ich darüber nur den Kopf schütteln, denn Du weißt offensichtlich nicht, wovon Du sprichst.

Wovon Peter gesprochen hat, darum geht es, Du jedoch hast keine Ahnung. Gut, ich schreibe, um Geld zu verdienen, und manchmal leidet darunter auch die Qualität, das sehe ich selbst. Aber hin und wieder gelingt mir ein richtig gutes Buch, und ich empfinde das nicht als Gebäck, sondern es ist mehr wie mein eigenes Kind. Und seine Kinder ißt man nicht als anständiger Mensch. Wink

Und was die Definition eines "Bestsellers" betrifft: Manche große Verlage bezeichnen Bücher, die gerade einmal 5.000 Exemplare verkauft haben, schon als Bestseller. Dann hätte ich schon viele Bestseller geschrieben ...  Razz
Nach oben
zenta
Leseratte
Z


Beiträge: 117



Z
Beitrag05.06.2010 15:26

von zenta
Antworten mit Zitat

Offenbar hält sich Frau @Angela für eine Instanz, die über wertes und unwertes Forenleben zu entscheiden hätte. Ich bin mir aber recht sicher, dass die hier geäußerte persönliche Ansicht einer nach eigenem Bekunden sehr erfolgreichen Deutschen Schriftstellerin jenen Fragestellern nicht weiterhilft, die gern wissen möchten, wie man im Literaturbetrieb genauso berühmt und erfolgreich wird wie diese Dame.
Ein vernünftiger Lektor dient seinem Verlag und sonst niemandem. Ein guter weiß schon nach den ersten viereinhalb Sätzen eines unaufgefordert eingesandten Exposés, ob er weiterlesen muss oder nicht – in der Regel muss er nicht, denn meist sind die Fehlertoleranzen bei Weitem überschritten, oder das Gerne passt überhaupt nicht in die Verlagslandschaft.
Wer unter professionellem „Bücherschreiben“ à priori etwas anderes verstehen will als ein Handwerk, das beherrscht werden muss, hat schon verloren. Kunst, persönlicher Stil und besondere Gedanken, die „Literatur“ ausmachen sollen, sind Dreingaben, auf die ein Verlag, der im Geschäft bleiben will, pfeift. Ihm sind die Lehmanns, die Roches, die Hegemanns und die Jack Unterwegers mit ihren Genres und Maschen am liebsten. Oder Stoffe, die einen aktuellen Bezug haben und handwerklich sauber gefertigt sind. Alles andere, insbesondere die lyrische Inbrunst, wird von ganz, ganz wenigen Ausnahmen abgesehen, im Müll landen.
Veritable Schriftsteller schätzen eine gute Brezel mindestens so hoch ein wie das "book on demand", das sie termingerecht abzusondern haben. Und ein veritabler Bäcker hält "Lillebror und Karlsson vom Dach" für ein gutes Buch. Nur Pfuscher tun sich schwer mit der gegenseitigen Wertschätzung.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
pna
Geschlecht:männlichGrauzonenjunkie

Alter: 59
Beiträge: 1603
Wohnort: Wien, Ottakring


Paterson
Beitrag05.06.2010 17:03

von pna
Antworten mit Zitat

Und wieder: Du versteifst Dich auf Verkäuflichkeit und nicht auf Qualität. Und so, wie Bretzen backen, geniale Bretzen backen mehr als nur handwerk ist, so ist ein wirklich guter Roman stets mehr als nur Handwerk.

Dein Dogma in allen Ehren, viel Spielraum zur Debatte lässt es allerdings nicht zu Smile

lg/Peter

PS: Auch wenn Du noch vierhundert mal schreibst, dass Kunst, persönlicher Stil und besondere Gedanken, die „Literatur“ ausmachen sollen, nur Dreingaben sind: Jemand, dem es ernst damit ist, das Bestmögliche zu schreiben, wird immer klar sein, dass es etwas erfahrenswertes jenseits der Handwerksmentalität gibt, das nur schwer zu messen, dafür aber in fast jedem wirklich über Jahrhunderte hinweg großem Buch zu finden ist. Kränerseelen werden dies nie finden, und die, die es gefunden haben und in ihr Handwerksleben als Autoren integrieren konnten, belächeln all jene, die den Wert eines Buches allein an seiner Verkäuflichkeit festmachen.


_________________

Mensch sein heißt, an dem Ort zu stehen, wo ein neugieriger Affe einem stürzenden Engel begegnet.
(Terry Pratchett)
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden Website dieses Benutzers besuchen
Valerie J. Long
Eselsohr


Beiträge: 261



Beitrag05.06.2010 18:27

von Valerie J. Long
Antworten mit Zitat

Wenn das Schreiben so einfach wäre wie das Brezelbacken, könnte man es automatisieren. Die große Fabrik, die am Fließband Krimis absondert?

Ohne die handwerklichen Grundlagen geht es nicht, okay. Aber jeder kann das Backen von Brezeln lernen. Nicht jeder kann sich eine spannende Geschichte ausdenken. Das ist der Unterschied.

Ich bin sicher - ein Exposé, das nur Handwerk und keinerlei Imagination bietet (die "Brezel"), wird auch bei keinem ordentlichen Verlag landen. Selbst Serienschreiber wie Herr Brown müssen sich jedes Mal ein bisschen was Neues einfallen lassen.


_________________
Die Zoe-Lionheart-Saga auf stores.lulu.com/ValerieJLong : eine Frau findet ihre Herkunft und ihre Bestimmung auf dem harten Weg.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
zenta
Leseratte
Z


Beiträge: 117



Z
Beitrag05.06.2010 20:52

von zenta
Antworten mit Zitat

Am besten Geschichten ausdenken können sich Kinder im Vorschulalter; sie zu Papier zu bringen lernen sie später. Leider werden sie dabei von ungeschickten Lehrern und ebenso ungeschickten Eltern ihrer angeborenen Fantasie so weit beraubt, dass sie später in aller Regel nichts Gescheites mehr zu Wege bringen.
Dass das Backen von Brezeln, das Herstellen von Plockwurst oder die Fertigung eines Wohnzimmerschrankes die im Vergleich zum Erfinden eines Fantasy-, Kriminal- oder Arztromanes mindere schöpferische Tätigkeit sei, jedenfalls aber die "einfachere", kann nur vermuten, wer weder von Ackerbau und Viehzucht noch vom Schreiben große Ahnung hat.
Ich glaube nicht, dass sich die Deutsche Schriftstellerei der letzten paar hundert Jahre, von ein paar Ausnahmen abgesehen, wesentlich vom Brezelbacken unterschieden hätte: In den Regalen der Stadtbibliotheken, bei Hugendubel's oder auf den Wühltischen der Antiquariate wimmelt's nur so von Brezeln, aber die meisten sind entweder zu fad oder versalzen oder ganz aus der Form. Sonderbarer Weise vertreten die Verlage und die Zeitschriftenredaktionen mehrheitlich die Auffassung, etwas anderes sei dem Leser nicht zuzumuten.
Darum Kopf hoch! Nicht jedes "Werk", das bei einem Verlag auf Ablehnung stößt, muss ein mieses sein - es kann manchmal sogar zu gut sein für diese Welt!
Dass wir uns alle für etwas ganz Besonderes halten und jedes Fürzlein, das wir zu Papier bringen, für so gelungen halten wie die Ilias und den Zauberberg in einem, versteht sich von selbst. Dumm nur, dass die böhsen Onkelz in den Lektoraten nicht erkennen wollen, dass Bukowski im Vergleich zu uns ein Leimsieder und Bernhard ein Langweiler ist...
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Merlinor
Geschlecht:männlichArt & Brain

Alter: 72
Beiträge: 8672
Wohnort: Bayern
DSFo-Sponsor


Beitrag05.06.2010 22:20

von Merlinor
Antworten mit Zitat

Hallo zenta.

Mir ist ehrlich gesagt trotz Deiner vielen Worte noch nicht klar, worauf Du eigentlich hinaus willst.

LG Merlinor


_________________
„Ich bin fromm geworden, weil ich zu Ende gedacht habe und nicht mehr weiter denken konnte.
Als Physiker sage ich Ihnen nach meinen Erforschungen des Atoms:
Es gibt keine Materie an sich, Geist ist der Urgrund der Materie.“

MAX PLANCK (1858-1947), Mailand, 1942
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
chriffie
Geschlecht:weiblichLeseratte
C


Beiträge: 163
Wohnort: Nordschwaben


C
Beitrag06.06.2010 09:52

von chriffie
Antworten mit Zitat

Wenn Lektoren das Beste aus einem Manuskript herausholen und das Buch das ein Meilenstein für den Verlag wird, macht er seinen Job wirklich gut. Wenn er das Manuskript in ein Schema pressen muss, damit es sich verkauft, dann kommt eben Einheitsbrei heraus.

"Fließbandproduktion" gibt es auch bei der Brezel. Sonst ist sie nämlich zu teuer und verursacht mehr Kosten als Erlös. Trotzdem ist der Teig das Geheimnis des Bäckers. Die Handarbeit bleibt, denn nach wie vor wird die Brezel per Hand auf das Backblech geschwungen. Ist übrigens eoin faszinierender Anblick, in welcher Geschwindigkeit vier, fünf Bäcker und Gesellen in Windeseile ein Backblech mit Brezeln vollmachen. Trotzdem sieht man als Laie Unterschiede: Der Lehrling tut sich schwer, die "alten Hasen" haben fast automatische Abläufe.

Schreiben ist auch ein Handwerk. Richtig zu schreiben, logisch zu bleiben und die Grammatik zu beherrschen, ist tatsächlich Handwerk. Spannend zu schreiben, kann man in Lehrgängen lernen. Da gibt es genügend Angebote und Lektoratsangebote.
Das macht aber noch keine geniale Idee aus. Und die fesselt den Lektor.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
lil
Gänsefüßchen
L


Beiträge: 33



L
Beitrag06.06.2010 10:10

von lil
Antworten mit Zitat

Das mag auf die sogenannte "Unterhaltungsliteratur" zutreffen; zu schreiben wie Thomas Mann, Pynchon, Grass, Lenz oder Oz lässt sich allerdings nicht in irgendwelchen Kursen erlernen.

Dazu gehört nämlich Lebenserfahrung, Intelligenz, Talent und Genie.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
chriffie
Geschlecht:weiblichLeseratte
C


Beiträge: 163
Wohnort: Nordschwaben


C
Beitrag06.06.2010 10:27

von chriffie
Antworten mit Zitat

So genannte große Schriftsteller wie Thomas Mann, Günther Grass oder Hugo von Hofmannsthals haben auch ziemlich viel Müll produziert. Nur leider verklären viele Literaturwissenschaftler und Fans diesen Müll zum Nonplusultra. Aber - sie haben sich einen Namen geschaffen und werden aus diesem Grund schon gelesen.

Mit einem Buch einen Knaller zu landen, eine klassische Eintagsfliege, ist leichter, als über mehrere Jahre hinweg auf literarisch hohem Niveau zu schreiben. Und dann ist immer noch die Frage nach der Anpassung. Einerseits wird bei einem bekannten Autor fast alles an nachfolgenden Büchern gedruckt, auf der anderen Seite passt er sich irgendwann dem Leser so an. Ob er dann sein Niveau hält, ist fraglich. Schließlich steht er unter dem Druck, ein nächstes Buch abliefern zu müssen. Die Vorstellung, dass ein guter Schriftsteller alle vier Jahre einen Bestseller schreibt und davon leben kann, ist wunderschön, aber unrealistisch. Und sich dem Literaturbetrieb fast komplett zu entziehen, grenzt an Selbstmord für den Autor.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Hoody
Geschlecht:männlichExposéadler


Beiträge: 2273
Wohnort: Alpen


Beitrag06.06.2010 11:34

von Hoody
Antworten mit Zitat

Melde:

Zitat:
Dazu gehört nämlich Lebenserfahrung, Intelligenz, Talent und Genie.


Bullshit.
Wenn man sich ausgiebig mit dem Schreiben beschäftigt, dann kann man auch so schreiben bzw hat halt auch so eine eigene Schreibart.
Klar wird man nicht wie der zweite Mann oder Kafka schreiben können, dafür hat man seinen eigenen Stil und wenn man sich anstrengt, dann kann man genauso weit kommen.


_________________
Nennt mich einfach Hubi oder J-da oder Huvi : D

Ich bin wie eine Runde Tetris. Nichts will passen.

"Ein schlechter Schriftsteller wird manchmal ein guter Kritiker, genauso wie man aus einem schlechten Wein einen guten Essig machen kann."
Henry de Montherlant

"Wenn die anderen glauben, man ist am Ende, so muss man erst richtig anfangen."
Konrad Adenauer
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
zenta
Leseratte
Z


Beiträge: 117



Z
Beitrag06.06.2010 12:28

von zenta
Antworten mit Zitat

Der Thread beginnt mit dem Hinweis auf ein Interview, das die Lektorin eines Verlages gegeben hat. Sie weist in diesem Interview darauf hin, dass es völlig sinnlos sei, ein Manuskript unaufgefordert an einen seriösen Verlag zu senden, und dass ein Lektorat ganz andere Aufgaben habe als das Ausbessern dilettantischer  Manuskripte.
Dem pflichten zunächst mehrere Teilnehmer bei (@Xumandar, @Harald, @VanessaD).
Eine @Angela erweitert die Diskussion damit, dass sie die Behauptung aufstellt, für eine Durchschnittsschriftstellerin sei ein Kleinverlag der „bessere“, weil der sich mehr auf sie konzentrieren könne. Dem pflichten @Sapna und @Isabelle bei.
@René Achilles wirft demgegenüber ein, es sei nicht die Größe des Verlages, sondern dessen Programm das entscheidende Kriterium der Wahl. @Merlinor bemerkt dazu, dass für ihn nicht die Lebenswirklichkeit eines Tagesgeschäftes, sondern das „Gefühl“ entscheidend sei, dem sich ein Autor hingeben könne, und dass dies systemimmanent wäre.
@helo missversteht den gesamten bisherigen Ansatz und behauptet, als Nobody habe man bei einem „Kleinverlag“ grundsätzlich die größeren Chancen, weil, wie er mutmaßt, dieser einen „Flop“ leichter verkraften würde als ein großer.
Dem setzt @pna entgegen, die Stärke der Kleinverlage beruhe auf ihrer Intimität, die von den großen nicht zu erzeugen und demnach von „Spezialisten“ nicht auszunutzen wäre. Im Übrigen erkennt er im „Großverlag“ einen Feind, den es zu vernichten gelte. @Murmel, @Tiefgang und @Leon bekräftigen dies.
Dem widerspricht @jyqq heftig und meint, dass „groß“ und „klein“ hier keine brauchbaren Kriterien seien, wenn es um literarischen Erfolg ginge. @pna erregt sich darüber und behauptet weiterhin, die Kleinverlage seien die Keimzellen der Deutschen Literatur, nicht die Bertelsmann AG. @Harald stößt in das gleiche Horn und postuliert, der Bestseller sei à priori Schund im Vergleich zur Herausgabe eines Kleinverlegers.
@helo führt die Debatte hinüber auf kaufmännisches Gebiet und erkennt, dass im Grunde genommen jedes Produkt zu werben wäre, ganz gleich, ob es Qualität habe oder nicht. @projekt hält dem entgegen, ein Autor sei nichts als ein Autor und könne sich deshalb nicht um die Auslobung seiner Produkte kümmern. @pna pflichtet dem teilweise bei und mutmaßt, Eigenwerbung lohne nicht. Gleichzeitig stellt er einen neuen Ansatz in den Raum: Wer schreibe, um Geld zu verdienen, sagt er, habe nichts zu schreiben.
Zu alledem habe ich folgendes gesagt:
Zitat:
Kleinverlage sind Nischenverlage. Sie schnappen nach den Bröseln, die vom Tische der Reichen abfallen. Zu diesen Nischen gehören u. a.: Rechtsradikales, Linksradikales , Pornografisches, Schwules, Lesbisches, Feministisches, Politisches, Mundartliches, Lokales, Fachspezifisches. Soweit es diese "Nischen" in Großverlagen auch gibt, konkurriert man zwar, kann aber ganz offenbar nebeneinander existieren.
Ob eine Schrift ein so genannter "Erfolg" wird, hängt zum allergeringsten Teil von ihrem künstlerischen Wert, sondern in erster Linie davon ab, in welchem Maß man sie protegiert.
Die Zeiten, in denen die Verlage mit größtmöglichem Aufwand ihre Produkte selbst bewarben, sind vorbei. Sie überlassen diese Arbeit inzwischen längst den Medien. Es gibt kaum eine Fernseh- oder Radiosendung, in der nicht auf ein Buch oder einen Autor aufmerksam gemacht wird, keine Zeitschrift, die nicht über Bücher oder deren Autoren berichtete - vorausgesetzt, es findet sich genug "Interessantes". Qualität als solche ist dabei kaum ein Kriterium. Das Verkaufen von Büchern unterscheidet sich nur insoweit vom Auto- oder Eierhandel, als bei letzteren beiden tatsächlich die Qualität im Vordergrund steht. Der Buchhandel dagegen ist dort angelangt, wo sich Lady Gaga räkelt und zwar Kochsendungen guckt, in Wirklichkeit aber nur aus der Froste und der Mikrowelle lebt.

"Cogito ergo sum" ist längst keine Basis für die "erfolgreiche" Schriftstellerei mehr. Heute heißt es "transmittor ergo sum" - wer nicht gesendet wird, verhungert.
@Merlinor antwortet mir darauf nicht direkt, sondern erklärt, dass er grundsätzlich nichts grundsätzliches sage, behauptet im gleichen Atemzug aber, dass der „Lyriker“ zwangsläufig ein Selbstvermarkter, der Krimiautor dagegen Bestandteil einer Massenproduktion sei. Hinsichtlich der „Nischenverlage“ ist er im Übrigen der gleich Ansicht wie ich.
@Murmel relativiert seine krassen Aussprüche zur Verdammungswürdigkeit der Großverlage und mutmaßt im Weiteren, ein „kleiner“ Autor bedeute einen höheren Werbeaufwand als ein „großer“. Er macht eine Milchmädchenrechnung auf, wonach die „kleinen“ zu kurz kommen. Folglich, so meint er, wäre ein Kleinverlag für einen „kleinen“ das Bessere: Da käme der „groß“ heraus. Ob diese Aussage relativ oder absolut verstanden werden soll, erfahren wir nicht.
Danach habe ich geschrieben:
Zitat:
"Bekannte Autoren", die ihre Popularität aus ihren Werken selbst schöpften (Modell: "Cogito ergo sum"), gibt es unter den lebenden Deutschen ungefähr zwei Dutzend, nicht mehr. Alle anderen "bekannten" repräsentieren das Modell "transmittor ergo sum" und gehen zwischenzeitlich in die Tausende. Ihre Bekanntheit schöpfen sie nicht aus ihrer literarischen Begabung, sondern aus dem Beiwerk: Politiker, Mörder, Schau- und Fußballspieler, trunksüchtige PastorInnen, Ärzte, Scharlatane, Wissenschaftler und so weiter.
Daneben vegetieren dann noch ein paar zehntausend "echte" Schriftsteller, die viel schreiben und die viel verlegt, aber nie bekannt werden. Es sind dies die so genannten "Gebrauchslyriker", die pro Jahr hundert Artikel und zwei bis drei Groschenromane schreiben müssen, um damit sich und ihren Verlag über Wasser zu halten. Sie verstehen ihr Handwerk und können (fast) alles schreiben, ohne je wirklich "entdeckt" zu werden. Sie sind wie die Kühe und Schafe auf den Weiden, an denen der Urlauber per Auto oder Zug vorbeifährt und die für den Käse sorgen, der ihm auf seiner Pizza begenet.
Jedoch gilt auch oder gerade auf diesen Spielwiesen: Stimmt die Milchleistung nicht, kommt der Metzger...

Auf Rückfrage @pnas habe ich dieses Statement wie folgt ergänzt:
Zitat:
Ich füge dem hinzu, dass jeder Frisör, jeder Schreiner, Bäcker, Arzt oder Dorfschullehrer für sich geltend machen kann, dass seine Arbeit
Zitat:
Zitat:
ein langfristiges Geschäft, eine Leidenschaft, ein Lebensinhalt

wäre.
Was am Schriftstellern im Vergleich zum Brezelbacken so besonders sein sollte, weiß ich nicht so recht - es gibt gute und schlechte Bäcker, so wie es gute und schlechte Autoren gibt. Nur: Die schlecht gebackene Brezel verkauft sich nicht, wohl aber geschriebener Schund, wie uns Jens Lehmanns "Der Wahnsinn liegt auf dem Platz", Frau Käßmanns "Der Himmel öffnet uns die Tür" oder Anne Golons "Angelique"-Romane deutlich machen.
Wenn Bücherschreiben eine Kunst sein soll, dann ist Brezelbacken erst recht eine. Auch wenn man sich selbst zu Höchstem berufen fühlt, sollte man die Meister nicht verachten. Die haben oft viel mehr drauf, als mancher denkt: Die können die Brezeln nämlich nicht nur backen, sondern sogar recht gut verkaufen.

@Angela spricht mir unter Hinweis auf ihre literarischen Erfolge als deutsche Großschriftstellerin jedes Urteilsvermögen ab und beleidigt  mich als „Troll“; @pna verwahrt sich dagegen, Schriftstellerei als bloßes Handwerk anzusehen und führt dazu den Begriff „Wirklich guter Roman“ ein, der ohne Inspiration und spezifisches Ausdrucksvermögen nicht denkbar sei. @Valerie springt ihm bei und sagt, entscheidend bei der Schriftstellerei sei nicht das Aufschreiben, sondern das Ausdenken, und das sei nun mal nicht zu automatisieren. Dem habe ich geantwortet:
Zitat:
Am besten Geschichten ausdenken können sich Kinder im Vorschulalter; sie zu Papier zu bringen lernen sie später. Leider werden sie dabei von ungeschickten Lehrern und ebenso ungeschickten Eltern ihrer angeborenen Fantasie so weit beraubt, dass sie später in aller Regel nichts Gescheites mehr zu Wege bringen.
Dass das Backen von Brezeln, das Herstellen von Plockwurst oder die Fertigung eines Wohnzimmerschrankes die im Vergleich zum Erfinden eines Fantasy-, Kriminal- oder Arztromanes mindere schöpferische Tätigkeit sei, jedenfalls aber die "einfachere", kann nur vermuten, wer weder von Ackerbau und Viehzucht noch vom Schreiben große Ahnung hat.
Ich glaube nicht, dass sich die Deutsche Schriftstellerei der letzten paar hundert Jahre, von ein paar Ausnahmen abgesehen, wesentlich vom Brezelbacken unterschieden hätte: In den Regalen der Stadtbibliotheken, bei Hugendubel's oder auf den Wühltischen der Antiquariate wimmelt es nur so von Brezeln, aber die meisten sind entweder zu fad oder versalzen oder ganz aus der Form. Sonderbarer Weise vertreten die Verlage und die Zeitschriftenredaktionen mehrheitlich die Auffassung, etwas anderes sei dem Leser nicht zuzumuten.
Darum Kopf hoch! Nicht jedes "Werk", das bei einem Verlag auf Ablehnung stößt, muss ein mieses sein - es kann manchmal sogar zu gut sein für diese Welt!
Dass wir uns alle für etwas ganz Besonderes halten und jedes Fürzlein, das wir zu Papier bringen, für so gelungen halten wie die Ilias und den Zauberberg in einem, versteht sich von selbst. Dumm nur, dass die böhsen Onkelz in den Lektoraten nicht erkennen wollen, dass Bukowski im Vergleich zu uns ein Leimsieder und Bernhard ein Langweiler ist...

@chriffie hat den Eingangslink wohl nicht (genau) gelesen und meint deshalb nach wie vor, dass (Verlags)Lektoren das Bestmögliche aus einem Manuskript herausholen würden, statt nur das für den Verlag beste Manuskript anzuehmen, konzediert aber immerhin, dass es gute und schlechte Brezeln ebenso gibt wie gute und schlechte Texte. Allerdings hofft auch er, der „gute Roman“ beruhe auf einer genialen Idee. @lil macht dann den beliebten Schlenker zu den Großschriftstellern und unterstellt, Literatur beginne erst bei Thomas Mann, nicht irgendwo davor. @chriffie kontert auf ebenso beliebte Manier, dass auch Nobelpreisträger einmal ein schwaches Stündchen hätten und im Übrigen in der Regel völlig überbewertet wären. Er wärmt die Sache mit dem „Besteller“ („Knaller“) wieder auf, in dem er unterstellt, dieser sei Folge von Kunst und Können, nicht von geschickter Vermarktung.
@Jarda schließlich vertritt die kühne Theorie, schreiben sei noch einfacher als Brezel backen. Man brauche weder Talent noch Genie, und schon gar keine Erfahrung – es ginge alles von ganz allein, wenn man sich nur genügend anstrenge.

So weit, so gut, @Merlinor.

Ich halte diesen Thread für ein gelungenes Beispiel sog. „Multitaskings“. Wenn Du mir konkret sagst, was dir am Inhalt aller Zuschriften und an obiger Herleitung unverständlich ist – sag es mir, und ich werde versuchen, es Dir zu erklären.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Beiträge der letzten Zeit anzeigen:   
Neues Thema eröffnen   Neue Antwort erstellen
Seite 2 von 4 Gehe zu Seite Zurück  1, 2, 3, 4  Weiter

Deutsches Schriftstellerforum Foren-Übersicht -> Agenten, Verlage und Verleger
Du kannst keine Beiträge in dieses Forum schreiben.
Du kannst auf Beiträge in diesem Forum nicht antworten.
Du kannst Deine Beiträge in diesem Forum nicht bearbeiten.
Du kannst Deine Beiträge in diesem Forum nicht löschen.
Du kannst an Umfragen in diesem Forum nicht teilnehmen.
In diesem Forum darfst Du keine Ereignisse posten
Du kannst Dateien in diesem Forum nicht posten
Du kannst Dateien in diesem Forum nicht herunterladen
 Foren-Übersicht Gehe zu:  


Ähnliche Beiträge
Thema Autor Forum Antworten Verfasst am
Keine neuen Beiträge Genre, Stil, Technik, Sprache ...
Wann perfekt in der direkten Rede ein...
von Golovin
Golovin Genre, Stil, Technik, Sprache ... 3 28.04.2024 09:10 Letzten Beitrag anzeigen
Keine neuen Beiträge Roter Teppich & Check-In
Ein freundliches "Hallo" ...
von Mademoiselle_Mel
Mademoiselle_Mel Roter Teppich & Check-In 3 26.04.2024 11:58 Letzten Beitrag anzeigen
Keine neuen Beiträge Roter Teppich & Check-In
Ein freundliches Hallo einer Hufflepuff!
von Elli.Evans
Elli.Evans Roter Teppich & Check-In 5 25.04.2024 20:24 Letzten Beitrag anzeigen
Keine neuen Beiträge Kurse, Weiterbildung / Literatur, Links
Neue Seminare des BVjA
von Raven1303
Raven1303 Kurse, Weiterbildung / Literatur, Links 0 24.04.2024 21:00 Letzten Beitrag anzeigen
Keine neuen Beiträge Trash
Stricken ist so ein schönes Hobby
von Inkognito
Inkognito Trash 1 24.04.2024 19:11 Letzten Beitrag anzeigen

EmpfehlungEmpfehlungEmpfehlungEmpfehlungEmpfehlungEmpfehlungEmpfehlungBuchBuchBuch

von CAMIR

von Fao

von Boro

von Noelia

von Mercedes de Bonaventura

von nicolailevin

von Valerie J. Long

von preusse

von denLars

von fancy

Impressum Datenschutz Marketing AGBs Links
Du hast noch keinen Account? Klicke hier um Dich jetzt kostenlos zu registrieren!