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EdgarAllanPoe Poepulistischer Plattfüßler
Alter: 32 Beiträge: 2356 Wohnort: Greifswald
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03.05.2010 19:04 Heute nicht und morgen nicht von EdgarAllanPoe
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Das Licht kroch zurück unter seine Decken. Mücken flirrten über den See, in dem Grasinseln schwammen. Die Farben am Himmel dösten.
Wir saßen auf einem Picknicktuch. Mein Vater rauchte seine allabendliche Zigarre. Meine Mutter entkorkte die Weinflasche. Meine Freundin hatte sich an mich geschmiegt, einen Arm auf meine Brust gelegt, mein Herz spürend.
- In der Öffentlichkeit, schnalzte mein Vater. Sohn.
Der Wind umschlich uns, kam über die blaue Ebene, zerzauste das Gras.
Hastig kippte meine Mutter ein Glas Wein. Rote Flüssigkeit floss ihr über das Kinn. Sie lächelte.
- Sieh dir diese Dame mal an, sagte mein Vater, die Knöchel weiß, die Augen rot; sieh sie dir an, meine Liebe.
Meine Mutter bekam Schluckauf.
Tränen flossen meiner Freundin über die Wangen.
Ich dachte daran, dass die Liebe bei uns am Stock ging.
Mein Vater stopfte sich ein Stück Weißbrot zwischen die Zähne. Er erinnerte mich an einen Wolf.
Meine Mutter stand auf und taumelte durch das Gras. Sie steckte sich den Finger in den Mund, der Rotwein floss in die Büsche; sie kam zurück und setzte sich.
- Teufel noch mal, schrie mein Vater, nun sag doch was, nun sag doch was.
Seine Augen glitten über die Ebene, über den kalten See, die verdorrten Grasinseln. Er nahm die Weinflasche und warf sie ins Wasser. Meine Freundin begann zu schluchzen. Ich saß starr. Meine Mutter drehte ihr Haar mit den Fingern. Sie lächelte. Ich sah in die Ferne. Mein Vater drehte sich um und ging.
Weitere Werke von EdgarAllanPoe:
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*Gast* Klammeraffe
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Beiträge: 504 Wohnort: Rheinland-Pfalz
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* 03.05.2010 21:31
von *Gast*
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Viel Gefühl, starke Bilder. Am Anfang kommen die Sätze etwas schwer in Gang, wirken gleichförmig und abgehackt, doch dann nimmt mich beim Lesen die Stimmung gefangen. Die Mutter trinkt, ist es das, was den Vater so aufbringt? Die Hilflosigkeit, das Unglück, die konnte man beim Lesen sehr gut spüren.
LG
Sabine
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Alogius Kinnbeber
Alter: 47 Beiträge: 3206
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03.05.2010 21:35
von Alogius
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Hallo,
eigenartige Geschichte. Dennoch hat sie was, ganz eindeutig. Man liest sie mehrfach. Und doch bleiben Rätsel. Ich mag diesen Text, eindeutig. Vielleicht einen ganz kleinen Hauch Klarheit, dann wäre sie noch besser. Beziehe die Klarheit auf die Sprache; manche Bezüge fehlen oder bleiben zu unklar.
Lg
Tom
(Ich werte, weil Wettbewerb, etwas strenger als sonst. Der Kommentar ist relativ kurz gehalten, und meine Federung setzt sich zusammen aus: Sprache und Stil, Inhalt, Umsetzung der Aufgabe, eventuelle Fehler. Falls später Fragen sind, kommentiere ich gern ausführlicher.)
_________________ Aus einem Traum:
Entsetzter Gartenzwerg: Es gibt immer noch ein nullteres Fußballfeld. Wir werden viele Evolutionen verpassen.
Busfahrer: Tröste dich. Mit etwas Glück sehen wir den Tentakel des Yankeespielers, wie er den Ereignishorizont des Schwarzen Loches verlässt. |
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Noelia Pippi
Alter: 39 Beiträge: 1298 Wohnort: Villa Kunterbunt
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03.05.2010 21:40
von Noelia
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Wow, schwierig.
Ich mag ihn.
Handwerklich wirklich gut, nur habe ich irgendwie Verständnisprobleme.
ich finde die Aufgabenstellung gelungen und interessant eingebaut.
Herzlichst
Nölchen
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Gast
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03.05.2010 21:48
von Gast
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Hallo lieber Wettbewerbsteilnehmer,
aus Gründen der Übersichtlichkeit gibt's von mir dieses Mal auch ein Bewertungsschema, allerdings ohne Angabe der Federnanzahl - die ändere ich erfahrungsgemäß garantiert noch ein paarmal...
Stil und Sprache: Dialoge - oder Aussagen einzelner Personen - mag ich traditionell gekennzeichnet einfach lieber. Ansonsten ist das solide geschrieben in meinen Augen.
Idee: Hmm. Ich weiß nicht, aber ich kapier' nicht so wirklich, was mit dieser Geschichte ausgesagt werden soll. Hab' sie jetzt mehrmals gelesen, aber bin immer noch nicht schlauer. Die Situation ist unangenehm, die Familie zerrüttet, nehm' ich an. Aber mehr kann ich daraus nicht entnehmen. Da fehlt mir also was. (Sollte sich der Nebel in meinem Gehirn noch verziehen, dann melde ich mich nochmal zu Wort.)
Fazit: Löst nicht wirklich etwas aus, und kommt bei mir demzufolge - obwohl ordentlich geschrieben - nicht so gut an.
LG,
Soraya
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anuphti Trostkeks
Alter: 58 Beiträge: 4320 Wohnort: Isarstrand
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03.05.2010 23:35
von anuphti
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Deprimierend.
Immerhin leben noch alle.
Aber in dieser Familie ist das fast schlimmer.
5 Federn
_________________ Pronomen: sie/ihr
Learn from the mistakes of others. You don´t live long enough to make all of them yourself. (Eleanor Roosevelt)
You don´t have to fight to live as you wish; live as you wish and pay whatever price is required. (Richard Bach) |
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Dienstwerk Reißwolf
Alter: 55 Beiträge: 1254 Wohnort: Gera/Markkleeberg
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03.05.2010 23:42
von Dienstwerk
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erschreckend real.
Gut und packend geschrieben, man spürt die Zerissenheit des Sohnes.
Gefällt mir.
LG, Ana
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mondblume Reißwolf
Alter: 45 Beiträge: 1138 Wohnort: Costa Brava
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04.05.2010 15:50
von mondblume
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Die Geschichte berührt mich leider gar nicht. Der Anfang möchte gerne poetisch sein, benutzt aber etwas seltsame Metaphern. Der Mittelteil ist zu abgehackt, das Ende ist reichlich kryptisch. Tut mir echt leid, vielleicht sehe ich den versteckten Sinn einfach nicht.
_________________ Die Frau des Spatzen
Die Spanien-Saga:
Wir sind für die Ewigkeit - Hoffnung
Wir sind für die Ewigkeit - Erinnerung
Wir sind für die Ewigkeit - Berührung
Dort, wo die Feuer brennen (Tolino Media Newcomerpreis 2022) |
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BlueNote Stimme der Vernunft
Beiträge: 7304 Wohnort: NBY
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04.05.2010 20:35
von BlueNote
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Bei dieser Geschichte frage ich mich, warum machen die Leute das alles, was sie tun?
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Andrea F. Leseratte
A
Beiträge: 154 Wohnort: München
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A 04.05.2010 20:44
von Andrea F.
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Es tut mir leid, aber das trifft meinen Geschmack jetzt leider gar nicht.
Aber der Satz hier hat mir trotzdem sehr gut gefallen:
Die Farben am Himmel dösten.
LG
Andrea
_________________ Lesen ist in einer immer schneller lebenden Welt die einzige Methode der Verlangsamung. |
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Leene Eselsohr
Beiträge: 448
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04.05.2010 20:48
von Leene
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Schöner Rahmen durch die Mutter, die lächelt. Das macht die auch ansonsten gut erzählte Geschichte rund, wie sagt man, spannt den Bogen?
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Sir Charles Blackwood Gast
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05.05.2010 07:35
von Sir Charles Blackwood
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Gut geschrieben. Szenen, wie sie (leider) tagtäglich passieren. Es liegt hier viel Dramatik und Tiefgründigkeit im Beitrag.
Viele Grüße
Sir Charles Blackwood
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Bananenfischin Show-don't-Tellefant
Moderatorin
Beiträge: 5336 Wohnort: NRW
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05.05.2010 13:00
von Bananenfischin
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Eine verstörende Szene, der Stil trifft meinen Geschmack. Schönster Satz: Zitat: | Ich dachte daran, dass die Liebe bei uns am Stock ging. |
Mir gefällt, dass hier Vieles unklar bleibt, teilweise ist es jedoch auch für mein Empfinden ein bissl ZU viel der Unklarheit.
_________________ Schriftstellerin, Lektorin, Hundebespaßerin – gern auch in umgekehrter Reihenfolge
Aktuelles Buch: Geliebte Orlando. Virginia Woolf und Vita Sackville-West: Eine Leidenschaft
I assure you, all my novels were first rate before they were written. (Virginia Woolf) |
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i-Punkt Klammeraffe
Alter: 46 Beiträge: 512 Wohnort: Baden-Württemberg
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05.05.2010 14:18
von i-Punkt
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Sehr stimmungsvoll mit manch schönem Bild wie den dösenden Farben. Gleich das erste Bild hakt für mich aber irgendwie - vielleicht wäre es schon besser, wenn das Licht nur eine Decke hätte und nicht Decken.
Daneben ist ein zentraler Satz wie "Die Liebe geht am Stock" allerdings fast abgedroschen vom Ausdruck.
Schön finde ich den kalten Windhauch, der die Picknickszene mit Wein, kariertem Tischtuch, Zigarre und verliebtem Pärchen plötzlich trifft, bis der See kalt und das Gras verdorrt ist.
Kleines Logikproblem. Die Mama trinkt ein Glas aus der gerade entkorkten Flasche. Dann wirft Papa die Flasche in den See. Geht das ohne allzu große Sauerei? Größeres Logikproblem. Warum geht der Vater am Schluss. Für mich entsteht eher das Bild eines Unruhestifters, der so lange nörgelt und alle quält, bis sich jeder schlecht fühlt. Von so einer Person würde ich nicht erwarten, dass sie wortlos geht (und die anderen von ihrer Anwesenheit erlöst) Wenn er schon nicht bleibt und seine heulenden, kotzenden Lieben darauf hinweist, wie grauenvoll ein Abend mit ihnen ist, würde ich erwarten, dass er mit irgendeiner weiteren Bosheit geht.
Ansonsten schöne Geschichte, Vorlage befriedigend eingebaut.
I.
_________________ Schreiben ist einfach, man setzt sich nur hin, starrt auf ein weißes Blatt Papier, bis sich Blutstropfen auf der Stirn bilden. |
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pripri Eselsohr
Alter: 51 Beiträge: 281 Wohnort: Schweiz (Zürich)
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06.05.2010 11:34
von pripri
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Die bedrückende Stimmung kommt hier sehr gut rüber. Das hast Du sehr schön hinbekommen. Sprachlich astrein geschrieben.
Nur leider ist es einer dieser Texte, wo ich einfach nicht hinter den Sinn der Geschichte komme, sorry
lg pripri
_________________ -Das Herz des Sternenbringers - März 2014 (Thienemann)
-Die Herrscher von Dhaleth/Der Feueropal - August 2014 (Thienemann)
-TBN - Frühjahr 2017 (Droemer/Knaur) |
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lupus Bücherwurm
Alter: 56 Beiträge: 3913 Wohnort: wien
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06.05.2010 11:56
von lupus
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lapidare Sprache erhält die Distanziertheit trotz des plastisch dargestellten Problems.
gerade diese Distanz zum Geschehen schafft Emotion und wenn es nur die Ratlosigkeit is.
Die Messsage is mir nicht ganz klar, wenn es denn eine gibt. Hoffe nur es is nicht die 'kehrt vor eurer eigenen Tür'-Message. Wär schade.
Eben weil die Message nicht klar is ....
_________________ lg Wolfgang
gott ist nicht tot noch nicht aber auf seinem rückzug vom schlachtfeld des krieges den er begonnen hat spielt er verbrannte erde mit meinem leben
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"Ich bin leicht zu verführen. Da muss nur ein fremder Mann herkommen, mir eine Eiskugel kaufen und schon liebe ich ihn, da bin ich recht naiv. " (c) by Hubi |
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derSibirier Reißwolf
D
Beiträge: 1250
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D 06.05.2010 17:30
von derSibirier
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Oha, ein sehr guter Text.
derSibirier grüßt
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halcyonzocalo Einsamer Trancer
Alter: 34 Beiträge: 1202 Wohnort: Irgendwo im Nirgendwo
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06.05.2010 19:52
von halcyonzocalo
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Hola, eine ungewöhnliche Geschichte.
Die sprachliche Gestaltung finde ich unglaublich interessant und ansprechend. Sehr überzeugend.
Auch die Stimmung finde ich sehr gelungen. So einen nüchternen, gefühlskargen Text habe ich lange nicht mehr gelesen.
Was mir besonders gefällt, ist, dass ich schon nach dem ersten Lesen mehrere Möglichkeiten sehe, den text zu interpretieren.
(Verkorkstes Stelldichein, Vergleich vom Verhältnis Vater-Mutter zu Prota-Freundin etc.)
Insgesamt ein ungewöhnlicher, aber gelungener Text, der nachwirkt!
Starke 8 Federn
_________________ Die minimaldeterministische Metaphernstruktur mit ihrer mytophoben Phrasierung spiegelt den ideeimmanent abwesenden Bedeutungsraum. |
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Gabi Reißwolf
Alter: 54 Beiträge: 1216 Wohnort: Köln
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06.05.2010 20:48
von Gabi
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Vielleicht sollte der Sohn beim nächsten Mal seine Eltern zu Hause lassen. Bei diesem Text findet das Wort "Fremdschämen" seine Bedeutung.
Schön geschrieben.
L.G.
Gabi
_________________ "Das hier ist mein Dach und mein Tag!" (Oma Thea macht die Fliege) |
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Tamar Leseratte
Beiträge: 123
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06.05.2010 21:33
von Tamar
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Ein sehr schöner Text, gern gelesen. Du hast die Stimmung und die Verzweiflung der einzelnen Personen wunderbar eingefangen.
Zitat: | Ich dachte daran, dass die Liebe bei uns am Stock ging. |
treffende Metapher.
An einigen Stellen kam es mir sprachlich etwas ungeschliffen vor. z.b.
Zitat: | Ich sah in die Ferne. Mein Vater drehte sich um und ging. | Dadurch wurde meine Lesefluss unterbrochen.
Aber abgesehn davon... prima!
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Biggi Klammeraffe
Alter: 52 Beiträge: 782 Wohnort: BY
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06.05.2010 22:40
von Biggi
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Liebe(r) Autor(in),
eine menschlich grausame Geschichte, erzählt in Bruchstücken, die sich zu einem Bild zusammenfügen lassen.
Die Natur ist mir fast zu liebevoll unterwegs im Text.
Sprachlich sauber.
Im Endergebnis nicht ganz mitreißend, was am Thema liegen mag.
Gruß,
Biggi
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Traumtänzerin Fähnchen Fieselschreib
Alter: 30 Beiträge: 1178
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07.05.2010 12:17
von Traumtänzerin
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Sehr schöner Stil. Am Anfang etwas zu stark parataktisch, was sich im Nachhinein bessert.
Allerdings hat mich der Text etwas verwirrt --> Mutter?
Liegt vielleicht daran, dass ich etwas groggy bin und es überlesen habe.
Hat gefallen.
LG,
Traumtänzerin
_________________ Title sponsored by Boro, (c) by Alogius
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Es genügt nicht, keine Meinung zu haben. Man muss auch unfähig sein, sie auszudrücken.
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Eine spitze Zunge ist in manchen Ländern schon unerlaubter Waffenbesitz.
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Dem wird befohlen, der sich selbst nicht gehorchen kann. (Nietzsche)
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Inquisition war in der frühen Neuzeit der ganz große Burner. |
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