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Lalala, quelle triste histoire...


 
 
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anna_blume
Schneckenpost
A

Alter: 32
Beiträge: 5
Wohnort: Aschaffenburg


A
Beitrag02.05.2010 23:57
Lalala, quelle triste histoire...
von anna_blume
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

triste mais belle surtout


Liebe auf den ersten Blick. Vielleicht sogar schon davor. Vielleicht waren sie schon als unförmige, seelenlose Zellhaufen für einander bestimmt gewesen, vielleicht waren ihre Atome seit dem Urknall auf der Suche nach einander, wer weiß das schon, wer will das schon wissen? Sie sahen sich, wussten, dass es echt und rein ist, sie trafen sich einige Male, Herzkribbeln, Aufregung, Angst, unbändige Freude, die ganze Gefühlspalette, so gehört es sich doch.

Sie wollten sich nahe sein, näher, immer näher, dafür hat Gott schließlich den Sex erschaffen. Für kurze Zeit waren die Beiden wieder ein gemeinsamer Menschenklumpen, untrennbar miteinander verbunden. Doch sie wollten mehr. Stundenlang hielten sie sich umschlungen, wollten, konnten sich nicht los lassen, weil sie doch eins waren, sich gefunden hatten in diesem Tohuwabohu, welcher fühlende Mensch riskiert es schon, das zu verlieren?
Aber das Leben, die Welt, das Schicksal, die Gesellschaft und der ganze dreckige Rest verstand sie nicht, vielleicht aus Eifersucht, vielleicht aus Angst, oder einfach nur aus purer Bosheit.
Er musste morgens arbeiten gehen, sie musste zur Uni, wenn sie sich abends trafen, waren Beide müde, gestresst, ausgelaugt vom verdammten Alltag. Und selbst wenn sie sich für einige Stunden unendlich nahe waren, wussten sie doch immer, dass sie sich am nächsten Tag wieder alleine, halb und verletzlich, durch die Welt schlagen mussten. Ein grausamer Abschied, jeden Tag.
Irgendwann entschieden sie, dass sie das nicht mehr ertragen konnten. Und doch begann alles ganz harmlos.

„Ich könnte eine Haarsträhne von dir um den Hals tragen, dann wärst du immer bei mir.“
Wie klassisch, wie tragisch, wie romantisch!
„Aber du könntest die verlieren, dann bist du wieder alleine...Iss die Strähne, dann bin ich für immer in dir.“
So besiegelten sie ihre Liebe, schnitten sich gegenseitig ein kleines Büschel Haare ab und aßen es. Tatsächlich fühlten sie sich nicht mehr so verlassen, denn auch wenn das Leben auf sie einprügelte, sie waren stärker, sie waren vereint.
Aber wenn schon ein kleiner Haufen Proteine so eine Sicherheit auslösen kann, wäre es dann nicht viel schöner, dieses Gefühl noch zu verstärken?
Am Anfang war es einfach. Ihre Haare wurden immer kürzer, sie knabberten sich gegenseitig an den Fingernägeln, versuchten, möglichst viel vom anderen in sich aufzunehmen.
Als er zum ersten Mal das Messer nahm, hatte sie ein bisschen Angst, doch er war sehr zärtlich. Voller Liebe schnitt er ein Stückchen ihres kleinen Zehs ab, kaute es langsam und leckte danach fürsorglich ihr Blut und ihre Tränen auf. Trotzdem war es nicht genug, Nähe ist eine Sucht. Sie konnten einfach nicht genug von einander bekommen.
Bald verließen sie die Wohnung nicht mehr, die Welt konnte sie mal. Sie hatten eine Möglichkeit gefunden, ihre Liebe zu zelebrieren, nicht das dämliche „lieben und ehren bis das der Tod euch scheidet“, sondern eins sein, in Körper und Geist. Was kümmerte sie die Welt, was kümmerte sie der Tod?

Sie war glücklich, ihm zu gehören, in ihm zu sein, ein Teil seines Körpers. Auch wenn sie Angst hatte, er könnte sie hässlich finden, mit all den Wunden, blutigen Verbänden, ohne Finger und Zehen, ohne Haare. Als er ihre Augen aß, war ihre Angst besonders groß. Er hatte ihre rehbraunen Augen doch immer so geliebt, jetzt sah er nur noch zwei blutige Löcher.
Doch er beruhigte sie, erklärte, dass er alle geliebten Körperteile in sich fühlte, unter seinem Herzen und jetzt, da sie auch ein Teil von ihm waren, liebte er sie sogar noch mehr.
Während sie immer schwächer wurde, wurde er immer stärker, immer mehr von ihrer Lebensenergie ging in ihm auf. Schließlich waren sie beide jetzt vereint in einem Körper, er musste nur noch den letzten Schritt tun und ihr wichtigstes Organ verspeisen, damit endlich endlich endlich auch ihre Herzen, die sich doch seit Anbeginn der Welt gesucht hatten, wieder vereint waren.

Er tat es langsam und liebevoll. Während sie auf dem Bett lag und darauf wartete, dass der schreckliche Schmerz endlich aufhörte, freute sie sich darauf, endlich nicht mehr in dieser Hülle, die sie beide trennte, gefangen zu sein. Das letzte bisschen Leben sickerte langsam aus ihr heraus und sie dachte an alles, was sie erlebt hatten und an die gemeinsame Zeit, die noch vor ihnen lag. Er spürte, wie ihre Augen in ihm leuchteten und wie ihre Lippen sich zu einem Lächeln verzogen, sodass auch er lächeln musste. Gemeinsam hoben sie das noch schlagende Herz aus ihrem Brustkorb, bissen sanft hinein und kauten genüsslich. Und das Herz, dass so lange Zeit alleine gewesen war, suchte sich seinen Weg, durch den Körper, zu seinem Herzen, und blieb dort, für immer, bis zum Ende aller Welten, vielleicht auch noch länger, wer weiß das schon? Wer will das schon wissen?

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*Gast*
Klammeraffe
*


Beiträge: 504
Wohnort: Rheinland-Pfalz


*
Beitrag12.05.2010 14:15

von *Gast*
Antworten mit Zitat

Hallo Anna,

Deine Geschichte steht schon einige Zeit auf meiner Merkliste.

Das Skurile darin gefällt mir, auch wenn ich die Aussage nicht mag. Dass er sie vereinnahmt, verschlingt und daran erstarkt, und das noch von ihr gebilligt, ja sogar gewünscht wird, das ist im Übertragenen eine Selbstaufopferung, ein "Sich selbst verleugnen" bis zur Vernichtung.
Dabei hatten sie gemeinsam damit begonnen, jeder ein Stückchen vom anderen. Gewünscht hätte ich mir, dass sie ihm das Messer aus der Hand nimmt und selbst stark wird, oder dass am Ende zwei Rümpfe mit nur je einer Messerhand sich gegenseitig das Leben nehmen.

Auf jeden Fall eine bemerkenswerte Geschichte!

Lieben Gruß
Sabine
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Cogito
Geschlecht:männlichWortedrechsler


Beiträge: 86
Wohnort: Dystopia


Beitrag14.05.2010 00:31

von Cogito
Antworten mit Zitat

Hallo, Anna.

Viele werden diese Geschichte wohl abstoßend, widerlich, vielleicht sogar krank finden.
Ich für meinen Teil bin fasziniert. Die Idee dahinter ist sehr interessant (obwohl von Selbstversuchen doch stark abzuraten ist). Very Happy
Vielleicht könnte man die Gefühlsebene aber noch ein wenig ausbauen. D.h. ich würde gerne mehr über die Protagonistin erfahren. Klar, Grundgedanken sind schon da. Aber für mich fehlt die Würze noch ein wenig.


Beste Grüße,
Hendrik
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MagicMushroomTea
Geschlecht:weiblichKlammeraffe

Alter: 34
Beiträge: 525
Wohnort: München


Beitrag02.06.2010 17:55

von MagicMushroomTea
Antworten mit Zitat

Hallo Anna!

Deine Geschichte ist skuril, romantisch, spannend, ekelerregend und zugleich herzergeifend.
Ich finde die Kernaussage deiner Geschichte grausam. Sich gegenseitig zu verstümmeln und aufzuessen ... dafür gibt es das Wort Kanibalismus, dennoch hat "triste mais belle surtout" nur am Rande etwas mit Kanibalismus zu tun. So grausam es ist, über die Verstümmelung einer jungen Frau zu lesen, die jene auch noch über sich ergehen lässt, weil sie ihren Geliebten für immer bei sich haben will und umgekehrt, so ist es doch eine bemerkenswerte Geschichte zweiter Liebender.
Einzigartig. Schauderhaft. Roh.
Ich gratuliere dir dennoch zu diesem Werk.

LG
Magic


_________________
"The story of life is quicker than the wink of an eye.
The story of life is 'Hello' and 'Goodbye' until we meet again."­
Jimi Hendrix
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